Immagini della pagina
PDF
ePub

denjenigen

gibt

von Athen gleich 1). Den Umfang von Athen aber des Asty, ohne die langen Mauern und die Hafenstadt Thucydides auf 43 Stadien (etwas über eine geographische Meile) an ). Bei dem damaligen Nom stand dieser höchst beträchtliche Umfang natürlich in keinem Verhältniß zur Einwohnerzahl, denn noch zur Zeit des zweiten punischen Kriegs reichte das Areal der servischen Stadt für die inzwischen außerordentlich gestiegene Bevölkerung hin. Allein die Mauer- und Befestigungslinie mußte schon damals so weitläufig gezogen werden, wenn sie, was doch ihr Zweck war, alle die zerstreuten Ansiedelungen der römischen Hügel einschließen sollte ). Sie gewährte durch die Einschließung so weitläufiger, zum Theil unbewohnter Näume zugleich den Vortheil, daß sie dem Landmann und seinen Heerden eine sichere Zuflucht im Kriege darbot ). Immerhin aber erscheint der großartige Bau als der Gedanke eines vorschauenden Geistes, der auf das Wachsthum der Stadt zählte, und der Größe ihrer Geschicke vertraute. Die Ausführung eines so kostspieligen Unternehmens beweist zugleich, daß Nom zu jener Zeit die Hauptstadt eines großen und blühenden Reiches gewesen sein muß. Die blühendsten etrurischen Städte, deren Mauertrümmer wir kennen 5), hatten einen kleineren Umfang, als das servische Nom: Veji allein ausgenommen, dessen Flächeninhalt Dionysius ebenfalls demjenigen von Athen gleichseßt ®).

14. In der auswärtigen Politik des Servius Tullius bildet vorzüglich sein Verhältniß zu Latium einen lichten Punkt. Er weiß

so erzählt die Sage - die latinischen Edeln, mit denen er Gastfreundschaft knüpft, durch vielfältiges Zureden zur gemeinsamen Erbauung des aventinischen Dianentempels zu bewegen, worin eine stillschweigende Anerkennung der römischen Vorstandschaft lag. Dieses Verfahren des Servins Tullius will sich nun freilich nicht recht

1) Dionys. IV, 13. p. 219, 13: oυ nolly tivi pellwv. IX, 68. p. 624, 14. 2) Thucyd. II, 13. Vgl. Leake Topogr. Athens, übers. von Baiter und Sauppe S. 313.

3) Nur der Aventin scheint damals noch nicht bewohnt gewesen zu sein: er konnte aber, ein hoher, schroffer, schwer anzugreifender und leicht zu behauptender Hügel, nicht außerhalb der Befestigung gelassen werden.

4) Vgl. z. B. Liv. III, 6: terrore populationis pecora agrestesque in urbem accepti.

5) Vgl. D. Müller Etr. I, 251 f.

6) Dionys. II, 54. p. 116, 49.

reimen, wenn es wahr ist, daß schon Tarquinius Priscus ganz Latium unterworfen hatte 1): die von ihm eingeschlagene Politik erscheint aber vollkommen erklärlich, wenn die Darstellungen der Geschichtschreiber, nach denen schon Tullus Hostilius auf die Oberherrlichkeit in Latium Anspruch macht, und Tarquinius Priscus diesen Anspruch mit Waffengewalt durchsetzt, anachronistische Erdichtungen sind. Das sind sie aber ohne allen Zweifel: denn die größeren und bedeutenderen Städte Latiums, Tusculum, Gabii, Aricia, Ardea, Tibur, Präneste waren sicherlich den Nömern damals noch nicht unterthan, wie in Beziehung auf Gabii und Tusculum die spätere Geschichte beweist; sondern es bestand, unabhängig von Rom, eine latinische Föderation, die ihre Landsgemeinden beim Hain und Quell der Ferentina hielt 2). Mit diesem latinischen Staatenbunde nun, dem Nom bis dahin fremd, meist feindlich gegenübergestanden hatte, schloß Servius Tullius (etwa auf ähnlichen Grundlagen, wie später Sp. Cassius) ein Bündniß, durch welches er zu ihm in ein Verhältniß der Eidgenossenschaft trat 3): denn daß eben nur dieß das Ziel seiner Bestrebungen war, ist aus seinem Verfahren und Benehmen, wie die Tradition es darstellt, deutlich zu ersehen. Eine Anerkennung der römischen Hegemonie wenigstens, wie die römischen Geschichtschreiber irrthümlich voraussetzen *), lag in dem auf Bundeskosten veranstalteten Bau des aventinischen Dianiums nicht 5).. Es gab in Latium mehrere solche gemeinsame Cultstätten und Bundesheiligthümer 6), ohne daß sich an den betreffen

1) Liv. I, 38: omne nomen latinum domuit. Dionys. III, 54. p. 191, 2. 15. c. 57. p. 193, 17. c. 65. p. 198, 42.

2) Eincius (der Antiquar) bei Fest. p. 241 Praetor: Alba diruta usque ad P. Decium Murem cos. populos latinos ad caput Ferentinae, quod est sub monte albano, consulere solitos, et imperium communi consilio administrare.

3) Es stimmt hiemit ganz überein, wenn (Liv. VIII, 4) im Jahr 414 d. St. die Dauer des latinischen Bündnisses auf etwas über 200 Jahre (plus ducentos annos) angegeben wird. Die Abschließung desselben wird damit in die Regierungszeit des Servius Tullius (176–219) verlegt.

4) Liv. 1, 45: ea erat confessio, caput rerum Romam esse.

5) Niebuhr bemerkt (Vortr. über r. G. I, 187): „wenn bei den latinischen Ferien auf dem albanischen Berg das Oberhaupt der Latiner das Opfer darbrachte, und die Römer nur Theil nahmen, so ist es natürlich, daß, um die Gleichheit beider Völker darzustellen, auf der andern Seite ein Gegengewicht ge= gründet wurde, wo Rom den Vorstand bildete, und die Latiner nur Gäste waren.“ 6) So das Dianium im aricinischen Hain, Cat. ap. Prisc. p. 629 (IV, 4. Schwegler, Röm. Gesch. I. 2. 2. Aufl.

47

den Ort ein politischer Vorzug geknüpft hätte. Nur wenn die Tagsatzungen des gemeinen Latiums nach Rom verlegt worden wären, hätte man Grund, jene Angabe glaublich zu finden: allein diese wurden nach wie vor im Hain der Ferentina abgehalten 1). Nach allen Anzeichen war es erst der jüngere Tarquinius, der die Hegemonie über die Latiner an Rom gebracht hat.

15. Daß Servius Tullius vom jüngern Tarquinius mit Beihülfe der Patricier vom Thron gestürzt worden ist, und in dieser Umwälzung sein Leben verloren hat, kann als historisch gelten. Aber alles Weitere, alles Detail, womit diese Throurevolution erzählt wird, muß als durchaus unverbürgt dahingestellt bleiben. Auch die Greuel der Tullia mögen eher der dichtenden Volkssage, als der Geschichte angehören 2).

Die Regierung des Servius Tullius hat nach der geltenden Ueberlieferung sehr lange, nämlich vier und vierzig Jahre gedauert. Dieß ist jedoch unmöglich, wenn der zweite Tarquinius, wie doch die alte Ueberlieferung mit großer Einstimmigkeit und Consequenz berichtet), ein Sohn des Tarquinius Priscus gewesen ist. In

21 Krehl): lucum Dianium in nemore Aricino Egerius Laebius Tusculanus dedicavit dictator latinus. hi populi communiter, Tusculanus, Aricinus, Lanuvinus, Laurens, Coranus, Tiburtis, Pometinus, Ardeatis, Rutulus. So bas Dianium auf dem Hügel Corne, Plin. H. N. XVI, 91: est in suburbano Tusculani agri colle, qui Corne appellatur, lucus antiqua religione Dianae sacratus a Latio. So die Penatenstadt Lavinium, s. o. S. 317 f. Jn Lavinium befand fic aud ein κοινὸν τῶν Λατίνων ἱερὸν ̓Αφροδίτης, Strab. V, 3, 5. p. 232. Βεί Ardea befand sich ein Aphrodision, öns navyyvqísso Aativo, Strab. a. a. D.

1) Vgl. Liv. I, 50. Fest. p. 241 Praetor.

2) Der Vicus Sceleratus wenigstens beweist für die Geschichtlichkeit der be treffenden Sage nichts, da bekannt ist, wie die Römer Ereignisse oft willkührlich an Ortsnamen angeknüpft haben. Jener Name „die verfluchte Gasse“ (vgl. porta scelerata) könnte auch einen andern Ursprung haben, und zu dem Namen des an ihn anstoßenden (Varr. L. L. V, 159: prope vicum Cyprium vicus Sceleratus) Vicus Cyprius, der das Gegenthril bedeutete (Varr. a. a. D.: cyprum sabine bonum) in Beziehung stehen.

3) S. o. S. 49 f. Sohn des Tarquinius Priscus heißt der jüngere Tarquinius Cic. Rep. II, 21, 44. vgl. II, 21, 37. Brut. 14, 53. Strab. V, 2, 2. p. 220. V, 3, 4. p. 231. Gell. XVII, 21, 6. Aur. Vict. de vir. ill. 7, 15. Der Annalist Piso war der Erste und vor Dionysius Einzige (Пelowr raid isoonze μovos Dionys. IV, 7. p. 213, 22), der ihn, rein aus innern Gründen, und im Widerspruch mit der herrschenden Tradition, zum Enkel des ältern Tarquinius gemacht hat. Ihm folgen Dionysius (IV, 7. p. 213, 18) und Florus

diesem Falle kann Servius Tullius, wofern sich nicht die größten Ungereimtheiten herausstellen sollen 1), nur sehr kurz regiert haben: und es ist dieß auch an sich das Wahrscheinlichere. Damit soll nicht gesagt sein, jene Ueberlieferung, die den Tarquinius Superbus als Sohn des Tarquinius Priscus darstellt, sei vollkommen historisch und zweifellos: aber sie ist in jedem Falle älter und relativ glaubhafter, als die erdichtete Chronologie der römischen Könige 2).

Siebzehntes Buch.

Die servische Verfassung 3).

1. Ueber den ursächlichen Zusammenhang und die Beweggründe der servischen Verfassung läßt sich, wofern man die Grundthatsachen der Ucberlieferung festhält und pragmatisirend verknüpft, vermuthungsweise Folgendes aussagen.

Die Verfassungsreform des Tarquinius Priscus hatte die Mißstände, durch welche sie hervorgerufen worden war, nicht beseitigt. Noch immer stand neben der abgeschlossenen, in politischer und gottesdienstlicher Hinsicht ausschließlich berechtigten Bürgerschaft der Pa

(I, 7, 2: regnum avitum). Beider Angaben gedenken Livius (I, 46: L. Tarquinius Prisci Tarquinii regis filius neposne fuerit, parum liquet; pluribus tamen auctoribus filium ediderim), Kaiser Claudius (Tab. Lugd. 1, 16, 17. p. 191 ed. Haub.), Plutarch (Popl. 14).

1) S. o. S. 49 f. Diese chronologischen und sachlichen Unmöglichkeiten hat zuerst Dionyfius herausgestellt IV, 6 f. und 30; nach ihm Laurentius Valla in der o. S. 132. Anm. 5 angeführten Abhandlung: dann Bayle im Dict. Art. Tanaquil und Beaufort dissert. sur l'incertit. p. 119 ff. 222 ff.

2) Es ist auffallend, daß Dionysius sowohl, als Laurentius Valla und Beaufort von der traditionellen Chronologie aus gegen die Sohnschaft des jüngern Tarquinius streiten, während es doch viel näher lag, umgekehrt von der leztern aus die erstere anzugreifen und die 38 Regierungsjahre des Tarquinius Priscus, die 44 des Servius Tullius in Frage zu stellen.

3) Gerlach, die Verf. d. Serv. Tull. in ihrer Entw., Basel 1837 (auch in dessen Histor. Stud. I. 1841. S. 343-434). Derselbe, die neuesten Unters. über die serv. Verf., Histor. Stud. II. 1847. S. 203–266. Huschke, die Verf. des Serv. Tullius, Heidelb. 1838.

tricier oder Altbürger als eine ungegliederte, politisch todte Masse die Plebs. Dieser Zustand konnte nicht auf die Länge fortdauern. Schon aus administrativen Gründen mußte eine Bezirkseintheilung getroffen werden, die sich auch auf die plebejische Landschaft erstreckte: denn wie hätte ohne eine solche die Aushebung der Truppen, der Einzug des Tributums in Beziehung auf die Plebejer bewerkstelligt werden sollen? Die gleiche Nothwendigkeit ergab sich vom Gesichtspunkt der Heerverfassung aus: es war unerläßlich, daß die Plebs als organischer Bestandtheil in das Heer eingereiht wurde. Vom politischen Gesichtspunkt endlich mußte es gefährlich erscheinen, das bisherige Ausschließungssystem fortzusehen, einen so beträchtlichen, an Zahl überlegenen, geistig und moralisch keineswegs tiefer stehenden Theil der Nation ohne allen Antheil an den öffentlichen Angelegenheiten zu lassen, ihn dem Gemeinwesen geflissentlich zu entfremden, statt ihn dem staatlichen Organismus als lebendiges Glied einzuverleiben. Da nun das Lettere unter Beibehaltung der bisherigen Verfassungsformen unmöglich, eine Aufnahme der Plebejer in die Tribus und Curien der Patricier unvollziehbar war, so blieb nichts übrig, als eine neue, von einem ganz andern Prinzip ausgehende politische Gliederung der Nation vorzunehmen. Dieß waren die Aufgaben einer verständigen Politik, und Servius Tullius hat sie gelöst. Dem ersten Bedürfniß kam er durch seine Tribusverfassung, dem zweiten und dritten durch seine Classeneintheilung entgegen. Er gliederte die Gesammtheit der römischen Bürger geographisch in Tribus, militärisch in Classen, politisch in Classen und Centurien.

Vergleicht man die servische Tribus- und Centurienverfassung mit der Tribus- und Curienverfassung der alten Bürgerschaft, so springt in die Augen, daß beide Verfassungen auf einem wesentlich verschiedenen Prinzip beruhen. Es liegt zwischen ihnen eine unermeßliche Kluft, eine große geistige Umwälzung mitten inne. Das Eintheilungsprinzip der servischen Tribusverfassung ist der Raum, dasjenige der Classeneintheilung das Vermögen: beides rein äußerliche, aus rationellen Gesichtspunkten geschöpfte Eintheilungsgründe. Die patricischen Tribus und Curien dagegen beruhten auf dem Princip der Stammbürtigkeit: die Qualification, die sie erheischten, war keine äußerliche oder sachliche, sondern eine persönliche: man mußte durch die Geburt dem geweihten Kreise angehören, auf dem die Auspicien ruhten, in welchem allein sie sich forterbten. Hiemit

« IndietroContinua »