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Werke, die nicht im rechtfertigenden Glauben gethan werden, fromm zu nennen, zu einer Reihe von Werken, durch die der Glaube selbst geschwächt wird.

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Diesen Gründen gegenüber können nun gewisse Wendungen, welche man der Heiligenanrufung zu geben gesucht hat, schwerlich sich halten. Hier tritt uns die schon vom romischen Katechismus und von Bossuet *) und neuerlich von Möhler **) geltend gemachte Vergleichung mit der Fürbitte der Glieder der streitenden Kirche für einander entgegen. Die Unrufung der Heiligen ist ja, sagen diese Vertheidiger, nichts Anderes, als was täglich geschieht unter christlichen Brüdern, mit dem einzigen Unterschiede, daß von jenen als den bereits zum Siege Gelangten eine um so kräftigere Gewährung unserer Bitte erwartet werden kann. Allein_angenommen, daß die Heiligen nie um etwas Underes als um ihre Fürbitte angerufen werden sollen: wie wenig schwer sollte es sein, den Unterschied zu erkennen, der zwischen "diefen beiden Arten von Bitten obwaltet. Wir bitten für einander und die Heiligen bitten für uns. Aber wir bitten einander um die Fürbitte gerade deshalb, weil wir beiderseits Glieder der streitenden Kirche sind, weil wir unsere beidersei

*) Exposition, art. 4. l'église, en nous enseignant, qu'il est utile de prier les saints, nous enseigne à les prier dans ce même esprit de charité, et selon cet ordre de société fraternelle qui nous porte à demander le secours de nos fréres vivans sur la terre, et le catechisme du concile de Trente conclut de cette doctrine, que si la qualité de médiateur, que l'écriture donne à Jésus-Christ, recevoit quelque préjudice de l'intercession des saints, qui régnent avec Dieu, elle n'en reçevroit pas moins de l'intercession des fidéles, qui vivent avec nous.

**) Symbolik 2te Ausg. S. 432: ,, Greift übrigens die Fürbitte

der Heiligen in das Mittleramt Christi ein: so muß alle Fürbitte und Bitte um Fürbitte auch unter Lebenden schlechthin verworfen werden.“

tigen Bedürfnisse kennen, weil wir, von der Liebe gedrungen, die uns menschlich-irdisch kundgewordenen Zustände des Anderen als die unsrigen mitfühlen, weil wir uns auch in dem gemeinschaftlichen, obwohl persönlich verschiedenen, Kampfe, der uns verordnet ist, als Einen Leib wissen, in welchem die Erquickung des einen Gliedes in dem Maaße dem Anderen zu Theil wird, als das eine dem anderen durch innigere betende Liebe bekannt und verbunden ist. Die Bitte um Fürbitte ist eine Liebe, die wir dem Anderen erweisen, ein Ausdruck des Vertrauens, der seine Liebe und Kraft im Drucke des Lebens erhöht. Ueber diesen Druck und Kampf find die Heiligen im Himmel hinweg, und darum können und werden sie für uns beten, auch wenn sie nicht durch unsere Bitte dazu aufgefordert werden. Gerade auf Bitte etwas thun, seht entweder den Zustand der endlichen Beschränkung oder die Vollkommenheit der göalichen Gnade voraus. In jenem find die Heiligen nicht mehr; zu diesem können sie nie gelangen. Sollte die Vergleichung für den angegebenen Zweck passend sein: so müßten auch die Heiligen uns bitten, auch für sie zu bitten, oder man müßte die Geistesgemeinschaft, in der man mit allen wahren Gläubigen auf Erden steht, auch das hin ausdehnen zu können meinen, daß man sie anriefe um ihre Fürbitte, auch ohne sich ihnen sinnlich zu erkennen geben zu können. Dieses geschieht so wenig als jenes. Wie man also ungeachtet persönlicher Unkunde von einander doch gewiß ist, mit allen wahren Gliedern Christi auf der ganzen Erde innigst Eins zu sein im Geiste des Herrn, ja auch von ihren Gebeten seinen Segen mit zu erlangen: so genügt es, sich des verklärten, feligen, betenden Lebens der Heiligen bewußt, und durch Andenken und Betrachtung mit ihnen verbunden zu bleiben, ohne sie anzurufen *).

*) Und hiemit ist schon beantwortet, was Möhler sagt S. 431, wenn er die Idee der Gemeinschaft zwischen der triumfirenden und streitenden Kirche bei den Protestanten eine völlig

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Es muß aber ferner beachtet werden, daß die von Vielen gerühmte Beschränkung aller Anrufung der Heiligen lediglich auf die Bitte um ihre Fürbitte in der That und Wahrheit gar nicht Statt findet, und nicht Statt finden kann. Denn die Vorstellung einer solchen Macht und eines solchen Wissens in ihnen, vermöge deren sie in jedem Augenblicke die Gebete aller Gläubigen in der Christenheit vernehmen können, läßt sich nicht festhalten, ohne ihnen auch Macht, für die Bedürfnisse dieser Gläubigen in mehr_irdischer Beziehung sorgen zu können, zuzuschreiben. Daher die feit dem Aufkommen der Heiligenanrufung bis auf den heutigen Tag Statt findende Gewohnheit, den Heiligen allerlei Bitten um Güter, die nur einen bedingten Werth haben, vorzutragen, als Heilung, Erhaltung der Verwandten, Bewahrung vor Unfall *). • Auf_diese Weise ist der Untergott ziemlich vollständig vorhanden, wenn was hilft es zu sagen, auch in Bezug darauf würden die Heiligen nur um ihre Fürbitte angerufen. Sobald der Gedanke vorhanden ist, durch die Fürbitte der Heiligen, als welche theilnehmender seien an solchen persönlichen Bedürfnissen, würde man ihre

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müßige, that- und kraftlose“ nennt, und das Unterlassen des Anrufens der Heiligen S. 432 ‚eine Gleichgültigkeit gegen die Fürbitten der Heiligen, die sie vernichten und alle Gemeinschaft zwischen beiden Formen der Einen Kirche völlig zerstören würde." Als wenn man für Alles gleichgültig sein müßte, um was man nicht bittet! Als wenn die Thätigkeit der Heiligen davon abhinge, daß wir in besonderen zeitlichen Andachten uns ihre Personen als Gewährende vergegenwårtigen! Gott, sagt er S. 428, erhört die Wechselbitten sei= ner Geschöpfe. Aber welches sind denn die Wechselbitten zwischen den Heiligen und uns? Doch nicht ihre Fürbitten unseren Bitten gegenüber, denn jene richten sich ja an Gott, und wenden sich nicht zu uns zurück.

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*) Diese Praxis begünstigt das tridentinische Concil dadurch, daß es råth, nicht blos ad orationes, sondern auch ad opem auxiliumque sanctorum confugere.

Befriedigung sicherer erlangen als durch die in der Dekonomie der Erlösung selbst begründete Fürbitte Christi, so ist die Umgehung Christi, so wie ein abergläubisches Vertrauen auf Verdienst und Macht der Heiligen, entschieden vorhanden. Diese ganze Neigung zum Aeußerlichen und sichtbaren Religiösen in den Werken beruht darauf, daß der Ergismus nicht den Muth hat, alle Werke, die entschieden aus dem Glauben an Christus hervorgegangen find, völlig gleich) zu sehen, dann aber auch sich die Aufgabe zu stellen, alle Kräfte und Lebensverhältnisse in den Dienst des Geistes Christi zu nehmen und zu vertrauen, daß aus allen Werken, im rechten Sinne vollbracht, unter dem Einflusse des Geistes Christi, eine lebendige Kraft der religiösen Gesinnung in die Herzen der Gläubigen zurückströmen werde, während von keinem Werke mehr erwartet zu werden braucht, daß es unsere Rechtfertigung bewirken solle. Bei einer solchen Anficht sind auch die Werke des Berufs, des täglichen Umgangs, der Ausbildung unserer Anlagen eben so christlich, nothwendig und religiós, als die kirchlichen Gemeinschaftshandlungen, und dieser weite und freie Blick auf das Leben und unsere Bestimmung, zu dem wir dadurch befähigt werden, bringt von selbst zur Auffindung des rechten Verhältnisses in dem äußeren Thun und Verknüpfen der Werke. Diesen Blick kann der Ergismus nicht haben, so lange er nicht, durch Selbstaufgebung, zu der Erkenntniß von der allein rechtfertigenden Kraft des Glaubens an Christus gelangt.

Der Ergismus hat vorzüglich seinen Sig in der rómischen Kirche; allein nicht ausschließlich. Auch in die protestantische ist er, unter den mannichfaltigsten, meist verfei: nerten Formen, eingedrungen. Namentlich befindet sich ein gutes Theil dieses Irrthums in demjenigen Gebiete der eng= lisch bischöflichen Kirche, in welchem die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben mit Gleichgültigkeit behandelt, und zugleich ein übertriebener Werth auf die Vollbringung liturgischer Werke gelegt wird.

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Zweites Kapitel.

Vom Orthodorismus.

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§. 1.

Der Orthodorismus ist diejenige Form des Literalismus, in welcher das Buchstäbliche der Orthodoxie zur Erreichung des Zwecks des Evangeliums für nöthig erachtet wird,

Der richtige Begriff des Orthodorismus kann nur in dem Maaße gefaßt werden, als die Orthodoxie, deren Entstellung der Orthodorismus ist, begriffen und anerkannt wird. Orthodorie ist die nothwendige und wesentlich gute Gefin= nung der Kirche, den Glauben in der verstandesmåßigen Ausbildung und Aussprechung des christlichen Lehrbegriffes so festzuhalten, daß dadurch allen gemeinsamen Handlungen der Kirche, und vorzüglich dem gegenseitigen Gedankenaustausche der Kirchenglieder, eine würdige begriffliche Haltung gegeben werde. Orthodoxie kann sein, so gewiß die christliche Wahrheit der Klarheit und Richtigkeit der Begriffe sich nicht versagt, sondern dieselbe schafft, und mit dem Innersten aller Begriffsbildung in wesentlicher Harmonie steht; sie muß sein, weil ohne sie das mannichfaltige Gedankenleben der Kirchenglieder keinen zusammenhaltenden Mittelpunkt haben, und der Zweck des Christenthums, eine neue religiöse Gemeinschaft aller Lebensthätigkeiten der Menschen hervorzubringen, nicht wahrhaft erreicht werden könnte. Die Orthodorie ist daher nicht nur in Uebereinstimmung mit der wahrhaft freien Gedankenentwickelung der Kirche, sondern sie ist die Bedingung derselben, da der Mangel der Orthodoxie schon ein Abirren von dem freimachenden Gehorsam des

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