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schiedenen Ansichten, welche die Zeit selbst allmählich herbeizuführen im stande ist, eine fester begründete Übereinstimmung erlangt werden wird.

Pheidias ist im Beginne des 5. Jahrhunderts als Athener geboren, und scheint schon früh die Künste der Malerei sowohl als der Skulptur in seiner Vaterstadt betrieben zu haben. Bald scheint er sich mehr ausschliesslich der Skulptur zugewandt zu haben, und er wurde der anerkannte Schüler des attischen Bildhauers Hegias oder Hegesias. Diesen einheimischen Lehrer verliefs er jedoch, um bei einem andern Künstler, dem Bildhauer Ageladas von Argos, in die Lehre zu gehen. Dieser argivische Bildhauer scheint im Altertum sich eines verbreiteten Rufes als Lehrer erfreut zu haben, wie dies schon aus der Thatsache erhellt, dafs so verschiedene Künstler (deren jeder in seiner Epoche den ersten Rang behauptete) wie Myron, Pheidias und Polykleitos, bei ihm die Kunst erlernten. Wir dürfen vorgreifend darauf hinweisen, wie günstig für die neuernde und befreiende Richtung des Pheidias die erweiternde Lehre von zwei verschiedenen, vielleicht in ihrer Richtung entgegengesetzten Meistern gewesen sein mufs. Pheidias' produktive Thätigkeit scheint schon früh begonnen zu haben; wahrscheinlich erfreute er sich schon in der Zeit des Kimon eines Rufes, welcher ihm zu gröfseren öffentlichen Aufträgen verhalf.

Seit Preller wird seine künstlerische Thätigkeit, werden demgemäfs seine Werke in drei Abschnitte eingeteilt: 1. Die vorperikleische Periode unter Kimon, 2. die perikleische Periode und die Wirksamkeit am Parthenon, und 3. der Aufenthalt in Olympia und die Erschaffung des olympischen Zeus.

I. Was öffentliche Bauten anbetrifft, zeichnet sich Athen unter Themistokles dadurch aus, dafs die gemeinsame Energie, welche nach der Zerstörung der Stadt durch die Perser hervorgerufen wurde, naturgemäfs zuerst auf das Beschaffen des Notwendigen gerichtet war. Dies bestand in dem Wiederaufbau der zerstörten Wohnlichkeiten und der Herstellung von Befestigungswerken, welche die Stadt gegen künftige Angriffe schützen sollten. In unglaublich kurzer Zeit, und vielleicht mit einiger Hast, wurde diesem Bedürfnis abgeholfen. In der Zeit des Kimon herrschte nur dieser Geist, welcher zuvörderst mit dem Nachklang der kriegerischen Begebenheiten erfüllt war, vor; jedoch äufsert sich zugleich schon hier das Bedürfnis nach der künstlerischen Verschönerung der Stadt, welches zum Wiederaufbau der Tempel und sonstigen öffentlichen Gebäude drängt; ein Bestreben, welches indessen erst in der folgenden perikleischen Periode zum vollkommenen Durchbruch kommt und das ganze nationale Bewusstsein des Volkes zu beherrschen scheint.

In der Übersicht der Werke des Pheidias ist man nun zur Ansicht gelangt, dafs alle jene Werke,

welche, sei es in der Wahl des Gegenstandes, oder im Geiste der Durchführung, oder aus zeitlichen Gründen einen Zusammenhang mit der kriegerischen Periode nach den Perserkriegen und dem entsprechenden Geiste kundgeben, zu dieser Periode gehören. Während also die Werke der ersten Hälfte seines Lebens in Athen das Vorwiegen des kriegerischen Geistes direkt bezeugen, hat in den Werken des perikleischen Zeitalters dieser Geist seinen unmittelbar kriegerischen Charakter verloren und bleibt nur in dem erhabenen nationalen Bewusstsein, welches dieses Zeitalter auszeichnet, fühlbar.

Das erste uns so bekannte Werk des Pheidias, welches unzweifelhaft zu der ersten Periode gehört, ist das Weihgeschenk der dreizehn bronzenen Figuren zu Delphi (s. Overbeck, Schriftquellen etc. N. 633), welches aus Miltiades mit Athena und Apollon zu beiden Seiten, und dann je fünf attischen Heroen (Theseus, Kodros etc.) rechts und links, bestand. Die Figuren waren wahrscheinlich im Halbkreis aufgestellt. Dieses Werk hat einen direkten Zu. sammenhang mit den Perserkriegen, indem es ein Denkmal des Marathonischen Sieges ist. Auch die ganze Idee einer solchen Zusammenstellung von Figuren erinnert uns an die älteren Traditionen der Werke eines Onatas von Aegina (s. oben S. 332) und eines Aristomedon von Argos. Die folgenden Werke aus dieser ersten Periode des Pheidias sind alle Statuen der Athena. Dieses Hervorheben der Athena stimmt mit unserer Ansicht überein, dass der Kultus dieser Göttin als ausgesprochener Nationalgöttin von Athen, von Peisistratos angeregt, durch Kimon auf die Spitze getrieben ward und sich in dieser Stellung seit jener Zeit behauptet, worauf er durch Athens Hegemonie auch im übrigen Griechenland an Bedeutung gewinnt. Unter diese Statuen von Pheidias wird, seit der Hypothese von Beulé (La jeunesse de Phidias p. 16), die goldelfenbeinerne Statue zu Pellene in Achaia gerechnet, die vielleicht schon dem jungen Künstler, als er noch mit Ageladas zu Argos arbeitete, anvertraut wurde. Weitere Berichte über dieses Werk fehlen. Die zweite Athenastatue in dieser Reihe ist die akrolithe (die Gewandung etc. aus vergoldetem Holze und die nackten Teile aus Marmor) Athena Areia zu Platää. Die Kosten dieser Statue wurden aus den 80 Talenten, die von den übrigen Staaten den Platacern nach der Schlacht als Tapferkeitspreis (apioτeîov) zuerkannt waren, bestritten. Die Maler Polygnot und Onasias waren an der bemalten Dekoration der Statue beschäftigt. Man darf sich, wie Overbeck bemerkt, die Statue nicht zu gross vorstellen, da die Summe von achtzig Talenten (nicht ganz eine halbe Million Mark) zu einer kolossalen Statue nicht ausreichen würde. Collignon meint, dafs, da man erst 460 an der Statue arbeiten konnte, vielleicht die

Arbeit wegen Mangels an Geldmitteln etwas verzögert wurde. Die dritte und letzte Athenastatue dieser Periode war das kolossale Erzbild der Göttin, welches auf Staatskosten auf der Akropolis zur Erinnerung an die Überwindung der Perser geweiht werden sollte. Demosthenes (De Falsa Legat. p. 428 § 272) nennt sie die Grofser (τὴν μεγάλην). Später wurde ihr der Name Promachos, die Vorkämpferin, unter welchem sie am meisten bekannt ist, beigegeben. Obgleich die Statue der Plataeischen gegenüber als kolossal bezeichnet ist, und mithin weit über Lebensgröfse war, hat man sich einen übertriebenen Begriff von ihrer Höhe gemacht. Dieser unrichtige Begriff ist teilweise aus einem Mifsverständnisse einer Stelle des Pausanias (I, 28, 2), teilweise aus der unrichtigen Würdigung der Höhenverhältnisse der Statue zur Akropolis selber und dem Parthenon hervorgegangen, wie sie ohne jeden Anspruch auf Genauigkeit auf

den Zeichnungen des Parrhasios eine Kentauromachie auf dem Schilde ziselierte. Von Pausanias und anderen Autoren wird die Statue als aus dem Zehnten des Marathonischen Sieges errichtet angeführt. Wenn diese Nachricht auch angezweifelt wird, so ist das Werk doch der ersten, Kimonischen Periode zuzuschreiben. Damit schliefst die Reihe der frühesten Werke des Künstlers. Es dürfte höchstens noch die von Overbeck dieser Periode zugeschriebene Statue eines Hermes zu Theben angeführt werden, die nicht wohl in eine spätere Zeit pafst.

II. Die zweite Periode in dem Leben und Wirken des Pheidias umschliefst seine einflussreiche Wirksamkeit in Athen, sein Freundschaftsverhältnis mit Perikles, und seine Schöpfungen am Parthenon, sowie das Werk der goldelfenbeinernen Statue der Athena Parthenos. In der grofsartigen künstlerischen Thätigkeit, die sich unter Perikles in Athen

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den die Statue darstellenden Münzen Athens erscheinen. Die Stelle des Pausanias besagt, dafs den nach Athen Heimkehrenden der Helmbusch und die Spitze der Lanze dieses Bildwerkes schon sichtbar werden, wenn sie von Sunion gegen Athen heransegeln. Nun steht, wenn man auf der Höhe von Sunion sich zu Schiff befindet, der Hymettos zwischen der Akropolis und Sunion, und man erblickt die Burg Athens erst, nachdem man das Kap Zoster umschifft hat. Man darf also des Periegeten Ausspruch nicht wörtlich nehmen. Auf jeden Fall aber war es ein kolossales Erzbild, welches Michaelis (Mitteil. d. Athen. Inst. II, 87) auf etwa neun Meter in der Höhe berechnet. Die Statue dieser kriegerischen Athena stand wahrscheinlich zwischen Parthenon und Erechtheion, den Propyläen zugewendet (die Basis derselben hat man vermutungsweise in neuester Zeit auf der Akropolis identifizieren wollen), und war mit Helm, Speer und Schild bewaffnet. Die Lanze hielt die Göttin senkrecht auf die Erde gestemmt in der Hand; sie war nicht, wie man vermutet hat, in vorschreitender Stellung mit in die Höhe geschwungener Lanze gebildet. Ob der Schild in der andern Hand erhoben war oder ihr zur Seite ruhte, läfst sich nicht bestimmen. Die beifolgenden Münzen (Abb. 1451-1454, nach Michaelis, Parthenon Taf. XV N. 28-31) geben darüber keinen Aufschlufs (Lange, Arch. Ztg. 1881 S. 196 ff.). Wir wissen, dafs in späterer Zeit Mys nach

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entfaltete, steht Pheidias durchaus als der Mittelpunkt da. Wir erfahren, namentlich aus Plutarch im Leben des Perikles, dafs Pheidias mit dem politischen Oberhaupte Athens nicht nur in dem gemeinsamen Streben nach der geistigen Erhebung des attischen Volkes, sondern auch durch ein engeres persönliches Freundschaftsverhältnis verbunden war. Ein ähnliches Verhältnis auf anderem geistigen Gebiete bestand zwischen Perikles und dem Philosophen Anaxagoras. Wie uns Plutarch erzählt, stand Perikles an der Spitze aller grofsen Unternehmungen zur Schmückung der Stadt, und Pheidias, sein künstlerischer Beirat, war nicht nur als grofser Bildhauer beschäftigt, sondern wurde unter Perikles mit der Oberaufsicht und Direktion aller Arbeiten betraut, vertrat somit gewissermafsen die Stelle eines Ministers für Kunst und öffentliche Arbeiten. Eine solche hervorragende Stellung in unmittelbarer Nähe des politischen Leiters brachte indessen Gefahren mit sich; die Gegner, welche noch nicht wagten, den mächtigen Parteiführer persönlich anzugreifen, versuchten wenigstens, ihn durch Angriffe auf seine Berater und Freunde zu bekämpfen und in den Augen des Volkes zu schädigen. So wurde Pheidias verfolgt und angeklagt, wie der andere Freund des Perikles, Anaxagoras, der Anklage wegen Atheismus unterlag und in die Verbannung wandern mufste. Die Nachrichten über die Anklagen gegen Pheidias und deren

Folgen für das Geschick des Künstlers widersprechen sich; und obgleich bei ihrer Erörterung auf die Arbeiten am olympischen Zeus und sogar auf das Lebensende des Pheidias vorgegriffen wird, so müssen sie an dieser Stelle kurz in ihrem Zusammenhange aufge führt werden, weil die Zeitbestimmung des Parthenon und der Athena Parthenos sich je nach der Annahme der einen oder der andern Tradition ändert.

Dafs ein Prozefs gegen Pheidias geführt wurde, ist über jeden Zweifel erhaben. Schon bei Aristophanes (Pac. 603 ff.) hören wir von dem Unglück des Pheidias (Φειδίας πράξας κακώς), welches den Perikles dazu trieb, den Brand des peloponnesischen Krieges anzuschüren, so dass eine Flamme aufloderte, von deren Rauche die Augen ganz Griechenlands in Thränen überliefen. Über die Mifsgeschicke des Pheidias haben wir nun zwei Haupttraditionen: die erste ist die von Plutarch erzählte Geschichte, welche auf den Geschichtsschreiber Ephoros zurückgeht, die zweite wird von dem Scholiasten zu der Stelle des Aristophanes gegeben, und ist wieder auf den athenischen Historiker Philochoros zurückzuführen. Nach Plutarch hätten die Gegner des Perikles, um zu erproben, wie die Volksstimmung gegen Perikles sei, einen dem Pheidias untergeordneten Künstler Menon dazu angestachelt, sich als Schutzflehenden an den Altar der zwölf Götter zu setzen und den Pheidias vor dem Volke anzuklagen, er habe einen Teil von dem Golde der Statue der Parthenos entwendet. Diese Anklage sei freilich fehlgeschlagen, hauptsächlich weil nach des Perikles Rat das Goldgewand der Statue abnehmbar war und so leicht nachgewogen werden konnte. Ein zweiter Versuch wurde nun gemacht, indem man den Künstler der Götterlästerung (àσéBeta) beschuldigte, weil er sein eigenes Bildnis und dasjenige des Perikles auf dem Schilde der Athena Parthenos angebracht habe. Mit dieser Anklage siegten die Gegner des Perikles, und Pheidias wurde ins Gefängnis geworfen, wo er erkrankte und starb; oder, nach andern, starb er, von den Feinden des Perikles vergiftet, damit sie letzteren noch verleumden könnten. Dem Menon aber wurde vom Volke Steuerfreiheit gewährt und er wurde unter den Schutz des Strategen gestellt. (Loeschke hat aus Inschriften gezeigt, wie letztere Angabe einer anerkannten Formel entspricht, der nicht zu viel Gewicht beizulegen ist.) So die Erzählung des Plutarch. Es mufs hier sogleich darauf hingewiesen werden, dafs, so viel auch die Genauigkeit dieser Angaben angezweifelt worden ist, die antiken Belege für das Vorhandensein der Portraits auf dem Schilde der Parthenos zu gewichtig sind, um, wie es geschehen ist, geradehin als Künstlerlegenden verworfen zu werden. Wie die Erzählung entstehen konnte über die Einrichtung an der Statue, wonach dieselbe ihr Gleichgewicht verlieren und zusammenstürzen würde, wenn

an diesem Teile des Schildes eine Änderung vorgenommen würde, hat der Verfasser dieses aus der Hinweisung auf die Konstruktion solcher Werke wahrscheinlich gemacht (s. Essays on the Art of Pheidias p. 280 ff.). Einiges Gewicht ist auch dem sog. Strangford-Schilde (s. oben Abb. 65 auf S. 62), welcher eine skizzenhafte Reproduktion des Schildes der Athena Par thenos ist, beizulegen. Auf diesem Schilde erscheint der kahlköpfige Greis, der eine Art von Hammer schwingt, für jene Zeit durchaus porträthaft und aussergewöhnlich, und es ist mit Recht angenommen, dafs wir in dieser Figur den Pheidias, sowie in der sich halb das Gesicht verdeckenden Figur eines Kriegers neben ihm, den Perikles vermuten dürfen.

Die aus Philochoros geschöpfte Tradition des Scholiasten zu Aristophanes spricht von einem Prozess des Pheidias, wonach er der Entwendung des für die Parthenos erworbenen Elfenbeins überwiesen wurde. Darauf hin sei er nach Elis geflohen, wo er › wie man sagt die Statue des olympischen Zeus unternahm und nachdem er sie vollendet hatte, von den Eleern hingerichtet wurde.

Wie viel Unwahrscheinlichkeiten in jedem von diesen sich widersprechenden Berichten enthalten sind, ist schon beim Hinweis auf die unbezweifelte Inschrift am olympischen Zeus, worin sich Pheidias Athener nennt, sowie aus den Ehrenbezeugungen, die die Eleer sogar den Nachkommen des Pheidias zukommen liefsen, ferner aus der einfachen Thatsache, dafs die eleischen Priester dem Pheidias die Errichtung der goldelfenbeinernen Statue des Zeus anver trauten (welches man doch schwerlich einem gottlosen und unehrlichen Verbannten gegenüber gethan haben würde) und aus andern allgemeinen Gründen augenscheinlich. Brunn (Sitzungsber. d. bayer. Akad. etc. 1878, Bd. I S. 462) und Müller Strübing (Die Legenden vom Tode des Pheidias, Fleckeisens Jahrbücher etc. 1882 S. 289 ff.) emendieren die Stelle im Scholiasten. Letzterer, in seiner sehr interessanten Arbeit, setzt ἀποφυγών statt φυγών und schiebt θαυμαζόμενος oder τιμώμενος zwischen ἀποθανεῖν und ὑπὸ Ἠλείων ein. Die Stelle lautet dann: dafs er nach seiner Freisprechung nach Elis gekommen, die Anfertigung des Zeusbildes in Olympia übernommen habe, und nach Vollendung desselben gestorben sei, hochgeehrt von den Eleiern.

Loeschcke, in einer wichtigen Arbeit (Phidias' Tod und die Chronologie des olympischen Zeus, in den Historischen Untersuchungen Arnold Schäfer gewidmet), sucht zu beweisen, dafs es nur einen Prozefs gegeben habe wegen allgemeiner Geldvergeu. dung und Religionsfrevel, und dafs Pheidias während dem Verlaufe dieses Prozesses im Gefängnis um das Jahr 438 gestorben sei. Nach dieser Ansicht vollendete Pheidias den olympischen Zeus von 448-447 und kehrte dann nach Athen zurück, wo er starb. Der

Bau des Parthenon würde somit von 447-434 gedauert haben. So viel Scharfsinniges auch in dieser Schrift enthalten ist, so ist doch der Grund der neuen Aufstellung noch zu frisch, um schon jetzt als gesichert zu gelten und allgemeine Zustimmung beanspruchen zu können. Wir dürfen hoffen, dafs die Zukunft, besonders durch weitere Funde von Inschriften, vielleicht zu einem endgültigen Resultat in dieser Frage führen wird. Bis dahin müssen wir uns hier der gewöhnlichen chronologischen Annahme anschliessen, wonach die Parthenos im Jahre 438 geweiht wurde und die Arbeit am olympischen Zeus zu Elis die letzte Periode im Leben des Pheidias ausfüllt. Was die Frage über die Anklage gegen Pheidias anbetrifft, sei hier nur bemerkt, dafs es sicher eine solche Anklage gab, die in späterer Zeit (wie dies ja selbst im Leben der Künstler aus der Renaissance der Fall ist) viele Ausschmückungen von unwissenden Fremdenführern und unkritischen Buchmachern erfuhr. Die allgemeine Betrachtung ähnlicher Anfeindungen in der griechischen Geschichte und insbesondere der politischen Verhältnisse Athens zu dieser Zeit und der Beziehung des Pheidias zu Perikles führt uns heutigen Tages notwendig dahin, den Künstler von jedem Anteil an der Schuld, die ihm vorgeworfen wurde, freizusprechen.

Das Hauptwerk in dieser zweiten athenischen Periode des künstlerischen Wirkens des Pheidias ist die goldelfenbeinerne Statue der Athena Parthenos, die im Jahre 438 geweiht wurde. Es scheint, als ob in dieser zweiten Periode gegenüber der kriegerischen Auffassung in der Behandlung der Göttin, die friedliche Anschauung vorherrschte. Es ist die jungfräuliche Göttin, die Pheidias in diesem Meisterwerke darstellte. Die Statue war etwa zwölf Meter hoch und stellte die Göttin friedlich, mit auf der linken Seite niedergestelltem Schild und Speer, als Siegesbringerin eine goldene Siegesgöttin (Nike) auf der Rechten haltend, in ihrem Tempel weilend dar. Hauptsächlich aus Pausanias (I, 24, 5) und Plinius (N. H. XXXVI, 18) entnehmen wir die Beschreibung, wonach sie auf diese Weise im bis zu den Füssen reichenden Gewande gebildet war und das ganze Werk mit dem reichsten Schmuck in getriebenen goldenen und emaillirten Reliefs verziert war. Ihre linke Hand, an die der Speer sich lehnte, ruhte auf dem Schilde, der nach aufsen mit einer Amazonenschlacht verziert war und worauf die Porträts des Pheidias und Perikles so angebracht gewesen sein sollen, dafs das ganze Werk zusammengestürzt wäre, wenn man dieselben entfernen wollte. Eine solche Darstellung der Amazonenschlacht ist nicht nur auf dem Strangford'schen Schilde angedeutet, sondern läfst sich auch auf der von Ch. Lenormant in Athen entdeckten Statuette der Athena (Abb. 1455, nach Michaelis, Parthenon Taf. XV, 1) erkennen. Auf der

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1456 Gemme des Aspasios. (Zu Seite 1313.) Nachbildung die hier abgebildete Statuette (Abb. 1457 u. 1458, nach Photographie), die im Jahre 1880 nahe dem Varvakeiongymnasium zu Athen ausgegraben wurde. Diese Statuette hatte noch Spuren der Bemalung, die es erleichterte, sich einen Begriff von der Wirkung des Goldes und Elfenbeins zu machen. Die soeben angeführten Einzelheiten der Komposition werden durch diese Statuette auf das Wertvollste erhellt. Jedoch ist Schreiber dieses, von den meisten Archäologen darin abweichend, immer noch der Ansicht, dafs, was die Fähigkeit einen, wenn auch nur entfernten, Begriff der künstlerischen Vorzüge der Statue des Pheidias wiederzugeben anbetrifft, die skizzenhafte Lenormant'sche Statuette dieser Replik vorzuziehen ist. Ebenso kann der Verfasser nicht der Mehrzahl der Archäologen beipflichten, die da glauben, dafs die Statue des Pheidias als Stütze der niketragenden Hand, wie in dieser athenischen Statuette, eine Säule hatte. Auch kann ihn nicht, was über die Anbringung der Inschrift gesagt worden ist, davon überzeugen. Die Gründe zu dieser Ansicht, sowie die Litteratur über die Statuette sind in des Verfassers Buch (Essays on the Art of Pheidias, Essay VIII) angegeben.

Das Material der Statue war Gold und Elfenbein. Nach verschiedenen Angaben wog das Gold 40, 44 oder sogar 50 Talente. Die nackten Teile waren

Elfenbein, die übrigen Teile der Statue Gold mit prächtiger Emailarbeit, die Augen aus Edelsteinen. Diese Kolossalstatuen bestanden aus einem Holzkern, der schon die ganze Bildung der Statue hatte und sodann mit Goldblech (welches in diesem Falle abnehmbar war) und mit kunstvoll aneinander geschmiegten Platten von Elfenbein bedeckt wurde. Das Innere einer solchen Statue war eine komplizierte Struktur, die alle Kunst eines Baumeisters und Ingenieurs in Anspruch nahm. Am lehrreichsten für den Aufbau eines solchen Werkes, das eines aus der Mitte der Basis aufsteigenden Mastbaumes bedurfte, ist eine Stelle in Lucian (Gallus 24), wo es heifst ... diese sind gleich jenen kolossalen Statuen, wie Pheidias oder Myron oder Praxiteles sie schufen; denn auch diese erscheinen, von aufsen gesehen, als ein Poseidon oder ein schöner Zeus von Gold und Elfenbein, in der Rechten den Donnerkeil oder den Blitz oder den Dreizack haltend; jedoch, wenn du dich bückst und hineinschaust, siehst du Balken, und Krampen und Nägel hineingetrieben und es festhaltend, und Klötze und Keile und Pech und Thon und viele ähnliche häfsliche Sachen. Es wird uns heute schwer, uns von Vorurteilen zu befreien und uns den grofsartigen Eindruck zu vergegenwärtigen, den solche Werke, reich an Farbenpracht sowohl als an harmonischen Formen, den Alten darboten. Um die Geschichte dieser Gattung von Kunstwerken zu verstehen, werden wir nicht fehlgehen, wenn wir darauf hinweisen, dafs die frühesten Kultbilder einförmige, von Holz geformte, puppenartige Bildwerke waren, die man (wie dies auch in christlichen Werken der Fall war) mit Kleidern behing. Wie nun das monumentale Kunstgefühl unter den Griechen wuchs, entwickelte sich aus diesen Idolen, indem der Holzkern beibehalten wurde, das Kultbild mit dem prächtigen monumentalen Goldgewand, und diese höchste Form des toreutischen Kunstwerks wurde von Pheidias aufs höchste entwickelt.

In diese Periode fällt nun auch des Pheidias Wirksamkeit am Parthenon. Man hat in neuerer Zeit daran zweifeln wollen, ob man berechtigt sei, dem Pheidias einen bedeutenden Anteil an der Schöpfung der Parthenonfiguren zuzuschreiben. Dieser hyperkritische Zweifel kann bei voller Kenntnis der überlieferten Stellung, die Pheidias bei den öffentlichen Arbeiten einnahm, wie uns dies von Plutarch berichtet ist, so wie auch bei Berücksichtigung der Sitte, grofsen Künstlern (wie dies damals von Athen aus in Delphi geschah) die plastische Ornamentik der Tempel zu übertragen, keinen Platz finden. Für die Behandlung und den Geist der plastischen Kunst des Pheidias, wie sie uns am besten aus der Betrachtung der erhaltenen Parthenonskulpturen entgegenleuchtet, mufs auf den Artikel Parthenon< hingewiesen werden.

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