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aus jener zeit stammen die deckengemälde, wie die namenszeichen Wilhelms und seiner gemahlin Renata von Lothringen, sowie die am deckbalken stehende jahreszahl 1576 beweisen. die wände waren ursprünglich wie die der anderen fürstlichen wohnräume getäfelt. diese vertäfelung wurde bei der restauration, welche der kurfürst Ferdinand Maria (1651-1679) vornehmen liefs, entfernt und durch die jetzigen von dem maler Franz Geiger ausgeführten wandbilder ersetzt. ihre vollendung bezeichnet die in der fensternische angebrachte jahreszahl 1672. damals stand Calderon in seinem 71 jahre. dass das gemälde unter dem einfluss seiner religiösen dramen entstanden sei, lässt sich weder beweisen noch widerlegen. kam die anregung würklich von Calderons dichtung, woher die künstlerisch durch nichts motivierte abweichung? war Calderons dichtung die quelle nicht, woher kannte der maler die sage? woher kannte sie Calderon? woher der teppichwürker von 1566 oder vielmehr der künstler, der das originalbild entwarf? wo ist die gemeinsame quelle für alle diese darstellungen? so gibt auch uns die königin noch immer ihre rätsel auf.

Der gegenstand muss im 16 und 17 jh. populär gewesen sein; das beweisen die bildwerke. aber für das kinderrätsel, wenn es nicht unmittelbar dem Midrasch entnommen ist, fehlt uns die nächste quelle so gut wie für das blumenrätsel, das aufser bei Calderon nur auf den beiden teppichen und dem Landshuter wandbild vorkommt. umsonst waren alle nachforschungen in der erzählungslitteratur des späteren mittelalters und des 16 jhs., in historienbibeln, legendarien, weltchroniken und sammlungen von sagen, anekdoten und schwänken. vielleicht findet auch hier der absichtlose, was dem eifrig suchenden versagt bleibt. München im mai 1882. WILHELM HERTZ.

DIE SPRÜCHE DES BREMISCHEN RATSSTUHLS.

Die noch ungedruckte bremische chronik Johann Renners († um 1580), deren original sich auf der bremischen stadtbibliothek (manuscr. 1a. 17) befindet, meldet zum j. 1405 So wort ok Z. F. D. A. XXVII. N. F. XV.

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de verkante Stuel des Rades mit Bilden und herlichen Sproeken geziret, welchs schene antosehnde was. De Sproeke averst, so runt herumb daran, buten und binnen, gestanden, sint van Worden to Worden disses Inholdes. nun folgen die sprüche und die namen der auf diesem vierkantigen gestühl ausgeschnitzten männer, welche dieselben auf spruchbändern an sich trugen. dieser stuhl ist bereits in den Denkmalen der geschichte und kunst der stadt Bremen 1 s. 9ff und auch von mir im Bremischen jahrb. 1, 68 ff besprochen worden, aber er bedarf erneuter betrachtung.

Ähnliche prachtvolle ratsgestühle, wie der bremische war, kannten auch andere städte, insbesondere Hamburg und vielleicht auch Lübeck. eine miniatur zum hamburgischen stadtrecht v. j. 1497 zeigt uns 24 ratmannen, die in einem eingehegten raum, in dem wesentlich vierkantigen ratsstuhl sitzen, an dem jedoch 2 ecken etwas abgeschrägt sind. 1 in wie weit der Bremer stuhl mit dem der hanseatischen abgeordneten im hansesaal zu Lübeck, welchen Deneken 2 dessen vorbild nennt, übereinstimmte, kann ich nicht entscheiden. Donandt 3 dagegen hält die dem fränkischen recht eigentümlichen, schon vom salischen gesetz erwähnten 4 bänke' des vogtsgerichts, die allerdings auch in Bremen eingeführt waren, für die urform, aber auffällig bleibt dann nur dass Lübeck und Hamburg, welche die einrichtung und bezeichnung der '4 bänke' nicht kennen, doch auch solche vierkantige stühle besafsen. 4 so unsicher, wie der ursprung der allgemeinen form dieser holzschnitzarbeiten, ist auch die herkunft der speciellen gestaltung des bremischen ratsstuhls. wer bedenkt dass dieser nicht nur ein künstlerisches, sondern zugleich ein litterarisches denkmal war, kann sich kaum enthalten, in dem nach beiden richtungen hin mit ungewöhnlicher tatkraft würkenden bürgermeister jener zeit, Johann Hemeling († 1428), den geistigen urheber desselben zu vermuten, der der führer nicht nur des staates, sondern auch der bildung sein wollte. als domherr liefs er 1398 für den chor seiner kirche mehrere vergoldete und mit reliefs geschmückte reliquien tafeln aus silber und 1400 einen silbernen reliquienschrein zu ehren der heiligen Cosmas und

JMLappenberg Die miniaturen zu dem hamburgischen stadtrecht s. 27 tafel 3. 2 Deneken Geschichte des rathauses in Bremen s. 21. Bremisches jahrb. 5, 3 ff. Donandt aao. s. 4. Müller Zs. f. deutsche kulturgeschichte n. f. 2, 652.

Damianus anfertigen, der jetzt in der SMichaeliskirche zu München steht. 1 1407 betrieb er besonders eifrig den bau der Friedeburg an der Unterweser, welche die Friesen zwingen sollte,2 1420 verlegte er das grofse grab der 14 erzbischöfe im dome, das erzbischof Adelbert errichtet hatte. 3 um 1410 legte er das wichtige diplomatar der bremischen domkirche an. 4 endlich war er nach Koppmanns vermutung jener gute freund der beiden chronisten Rynesberch und Schene, der sie zur abfassung ihrer so wertvollen chronik veranlasste, uppe dat de stat van Bremen der mochte ere und bilde utnemen. 5 nimmt man hinzu dass der dom einen mit zahlreichen teilweise erhaltenen reliefschnitzereien gezierten chorstuhl aus dem jahre 1366 besafs, 6 so liegt der gedanke nahe dass ein geistig so angeregter und anregender mann, wie der domherr Johann Hemeling, als er später zum bürgermeister erhoben wurde, für den 1405-1410 ausgeführten neuen bau des rathauses, an dem er nach den baurechnungen sich auch als holzlieferant beteiligte, ein ähnlich kunstreiches gestühl erdachte, wie es das domcapitel schon hatte; wobei überhaupt zu bemerken ist dass die anlage und ausstattung der mittelalterlichen chorstühle und rats- oder gerichtsstühle vielfach übereinstimmt. da das gesetz von 1398, nach welchem der bremische rat fortan nicht mehr aus 36, sondern aus 24 mitgliedern bestehen sollte, mit dem j. 1404 ins leben trat, so enthielt denn nun auch der neue ratsstuhl, der allerdings wol nicht schon 1405, wie Renner berichtet, sondern einige jahre später gefertigt wurde, 9 24 binnensitze, während die 12 aufsensitze vielleicht an die 12 ausgeschiedenen ratsherren erinnern sollten.

Der Bremer ratsstuhl ist bis auf zwei lehnenhälften zur zeit der französischen herschaft im anfang unseres jahrhunderts zerstört worden; um so wichtiger ist die erhaltung der sprüche und der namen der angeblichen autoren derselben. die erste, mit der innenwand nordwärts, mit der bild- und spruchlosen aufsenseite südwärts gewendete bank war mit den sogenannten propheten geschmückt:

s. 136. 137.

1 Brem. jahrb. 6, LXXXVI.
3 Brem. jahrb. 6, xiv.
262 ff. Hans. geschichtsblätter 1871 s. 69.
7 Brem. jahrb. 2, 316. 400.
9 Brem. jahrb. 3, 432.

2 Geschichtsquellen hg. von Lappenberg
4 Brem. jahrb. 6, xxxv.

5 Brem. jahrb. 6, jahrb. 6, LXXXI.

brem. stadtrechts 1,292 ff.

6 Brem.

8 Donandt Gesch. des

1. Moses:

2. Isaias:

3. David:

4. Salomon:

5. Esechiel:

Hebbe Rechtferdicheit vor Got dinen herrn.
Sonder vortoch doth recht Richte.

Salich sint, de dar don Rechtferdicheit to allen
tiden.

Gaven vorblinden de ogen der Richtere. Rechtferdicheit vorloset de Selen und Juwe Richte sy apenbar.

6. Ecclesiast: Vor de Rechtferdicheit kiwe bet In den doth. Die zweite, mit der binnenwand nach osten gerichtete bank zierten die philosophen:

7. Aristoteles: Ein Richter sy thovorne Recht,

8. Plato:

9. Seneca:

10. Cato:

11. Socrates:

12. Boetius:

Angelus:

de richte hern sam den knecht.

We Im Rechte beschonet sinen frundt,
de is der Ehren und sinnen blindt.
Im Rade nemande themet,

de gud vor ehre nemet.

Im torne richte nene Sake,

Hoet dy vor hetischer Wrake.

Richte nicht eines mannes Wort,

de wedderrede sy gehort.

Wat (1. Wol dh. Wer?) mach saken hat und nidt,

de richte Jo In korter tidt.

Richtet Jo Inn der Rechtferdicheit.

An diese ecke, die ein engel verzierte, welcher der ersten ecke gefehlt zu haben scheint, schliefst sich die nach norden blickende binnenbank mit den dichtern:

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Der zweite engel: Im richtenden provet Juw sulven führt uns zu der vierten, an die ostwand des saales gelehnten bank, zu den theologen:

18. Petrus:

19. Paulus:

Wes gnedich unde guth,

de gnade dy nicht vorderven duth.
Nemandt duth unrechte,

wan der Sunden Knechte.

20. Jacobus:

Doth Jo barmherticheit,

dat hemmelrike Juw apen steit.

21. Gregorius: Volget der barmherticheit,

So sint de Engele Juw bereit.

22. Ambrosius: Wol unrecht wil to Rechte han,

de muth vor Gade to Rechte stan.

23. Hieronymus: Nein levent is so guth,

als dar men Recht Inne duth.

24. Augustinus: Lath dy unrecht nicht mede gahn,

wiltu na guth und ehren stahn.

Der dritte engel schliefst diese letzte reihe der binnensitze

mit dem spruche: Bekennet Juw Inn der wisheit.

aufsenwände des stuhles enthielten nun noch:

25. Julius:

26. Tobias:

27. Tullius:

28. Primas:

29. David:

Wol wil to wilder selschop gahn,
de schal idt wislick ane fahn.
Gelick und heel up rechten sinn,
dat wart Inn ehren din gewinn.
Ane frage Jo weinich sprick.
Wes wol bescheden, dat rade Ick.
Des minschen witte ende hat,
wann em de grote torn bestaet.
Wol wil na hoger Ehren streven,
de schal gar dogentlich leven.
Wol kann vormiden bosen rath,
dem wert vorhoget wol sin gradt.
Dwinge dinen sinn up wise worth,
so wert din rede wol gehort.
Flit dy an othmodicheit,
alle dogede sint dy bereit.
Hoet dy vor hoverdige Daeth,

Nidt, hat, torn van dy gaeth.
Tein Gades boet beschreven stat,

de holdet baven alle rath.

Die letzte reihe eröffnet:

30. Secundus:

Hoet dy vor Dunckelguden sinn,

zwei der

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