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Zeit des Tiberius zurückgeführt. Der Dichter stand aber auch in persönlicher Beziehung zum Hofe. Er spricht nicht nur vom Caesar, sondern redet ihn auch wiederholt an mein Herr Caesar' und 'Augustus'; genaueres ergibt das Eingangsgedicht zum zweiten Buch seiner Epigramme, wo er es offen ausspricht, von Nero mit Geld unterstützt worden zu sein.1)

Zwei seiner Werke, welche Stephanos Byz. p. 604, 10 nennt, kommen für uns in Betracht, weil sie nachweisbare Bedeutung für die Schulüberlieferung erlangt haben. Das eine ist die gelehrte Schrift über das Alphabet (лɛоì roaμμátov). In einer Madrider Handschrift trägt ein Alphabet mit vielartigen Formen der einzelnen Buchstaben die Ueberschrift Ταῦτα Λούκιος ὁ Ταρραῖος παρατίθεται.3) Es stammt aus einem Commentar zu Dionysios Thrax. In den vorzüglichen Scholien, die Cramer aus einer Handschr. des British Museum ausgezogen, findet sich genau dieselbe Ueberschrift in rother Tinte, aber statt die Buchstabenformen mühsam nachzumalen, hat der Schreiber es bequemer gefunden, eine Seite leer zu lassen. Diese Bemerkung steht aber dort mitten in den Erörterungen über die Geschichte der griechischen Schrift (40 IV 318, 13-325, 11). Es ist mehr als wahrscheinlich 3), dass die meisten geschichtlichen Nachrichten dieser Art in den Dionysiosscholien aus Lukillos stammen. Priscianus, der mit den gelehrten Hilfsmitteln der älteren. Byzantinischen Schule arbeitet, entlehnt dem L. eine Nachricht über die Form griechischer Zahlzeichen.*) Sogar die

1) Καίσαρ Α XI 247, 5 δέσποτα Καῖσαρ ΧΙ 116. 132. 185 Σεβαστέ ΧΙ 75. Die entscheidende Stelle IX 572, 7 οὐκ ἂν ἐσώθην, εἰ μή μοι Καῖσαρ χαλκὸν ἔδωκε Νέρων.

2) Iriarte Catal. codd. Matrit. p. 296; Cramer Anecd. Ox. IV p. 322, 28 vgl. Hörschelmann in den Acta soc. phil. Lips. IV p. 338 ff.

3) s. besonders BAG p. 777-789 und Hörschelmann a. O. 334 ff. 4) GL III p. 407, 2.

Anleihen, welche die musikalische Notenschrift von dem alten Alphabet gemacht hatte, scheinen in dem Buche des L. berücksichtigt worden zu sein: ein Epigramm des Lukillos vergleicht einmal die Denkzeichen eines übel zerhauenen Faustkämpfers mit γράμματα τῶν λυρικῶν Λύδια καὶ Φρύγια (AP XI 78, 4).

Das andere Werk wird von Stephanos mit dem bedeutsamen Ausdruck τεχνικά γλαφυρώτατα umschrieben, ein Lehrbuch der Grammatik, dessen klare und lichtvolle Darstellung hochgeschätzt gewesen sein muss. Dies war die Quelle jener Viertheilung der Künste, die wir oben kennen lernten. Ein Widerschein peripatetischer Lehre ist in derselben nicht zu verkennen, aber er genügt nicht, den Lukillos darum zumı Peripatetiker zu machen.') Nicht einmal dazu reicht er aus, diese Viertheilung als unmittelbar aus Tyrannion entlehnt zu betrachten. Denn mit dieser Eintheilung der Künste sind wir schon ganz in das Fahrwasser der späteren Schule geführt, die sich in logischer Begriffsklitterung behagt und es als Pflicht betrachtet nicht nur die Begriffe, sondern auch die Vorbegriffe der tézyn roauμatian breit zu erörtern. Diese Richtung ist die Folge der Einführung des Aristoteles und Platon in den Jugendunterricht und der dadurch veranlassten philosophischen Durchschnittsbildung, die schon im zweiten Jahrhundert so greifbar hervortritt. Wir sind überrascht, diese Wirkung schon bei Lukillos wahrzunehmen, aber wir können es verstehen, wenn wir an die lebhaften Debatten denken,

1) R. Westphal, der in der 'Metrik der Griechen' (II. Aufl. 1867) I p. 3 f. den Zusammenhang richtig erkannt hat, nennt den 'Lucius Tarrhaeus' ohne weiteres Commentator der Aristotelischen Kategorien'. Als solchen kennen wir allerdings einen Lukios, dessen fortlaufende Polemik gegen Aristoteles Simplikios schildert (in Brandis' Scholia p. 40a 23 ff.) und oft berücksichtigt (s. Brandis in den Abhandl. der Berl. Ak. 1833 S. 278 f.); aber er war allem Anschein nach Stoiker und zwar des II. Jahrh., s. Zeller Phil. d. Gr. III 13 S. 48 f. u. 691.

welche seit der Zeit des Augustus die Aristotelischen Kategorien erregten1), und uns an Thrasyllos' Einführung in die Lectüre Platons erinnern. Für Tyrannion, der noch mitten im Strome selbständiger Forschung steht, ist solch schulmässiges Ausholen nicht wohl denkbar. Jene Eintheilung der Künste hat also Lukillos den Viertheilungen des Tyrannion nicht entlehnt, sondern nachgebildet. Aber er war es, der, was von Tyrannions Lehre in der späteren Schulüberlieferung fortlebt, dieser durch sein Lehrbuch übermittelt und zu gelegentlichem Wetteifer in Viertheilungen, wie wir das oben S. 643 beobachten konnten, die Anregung gegeben hat. Seinem Einfluss ist es auch zu danken, dass trotz des herrschenden Schulbuchs die Grundeintheilung von Tyrannions System unvergessen blieb. Noch manches andere kann man auf Lukillos zurückführen. So wird in der Einleitung zu Dionysios Tyrannions Lehre von den μion und ögyava in einer ausführlichen Erörterung über die für jede Kunst geltenden Gesichtspunkte verwerthet, BAG 656, 10 Iotέov δὲ ὅτι περὶ πᾶσαν τέχνην ὀκτώ τινα θεωρεῖται, εἰσὶ δὲ ταῦτα· αἴτιον ἀρχή ἔννοια ὕλη, μέρη ἔργα όργανα τέλος, was dann im einzelnen näher besprochen wird (bis 659, 14): diese Erörterung schliesst sich eng an die Viertheilung der Künste an und theilt mit ihr die Form der Tetrade.

Es wäre ein Irrthum zu glauben, dass Lukillos in seinem Lehrbuche nur das System des Tyrannion schulgemäss gestaltet und fortgebildet habe. Seine Wirkung auf die Byzantinischen Erklärer des Dionysios Thrax wird erklärlich nur unter der Annahme, dass schon er sich diesem Schulbuch angeschlossen und ihm die für alle Folgezeit maassgebende Stelle angewiesen hat. Und Lukillos' Einfluss und Vorbild hat den Zeitgenossen Q. Remmius Palaemon zu seiner eng an Dionysios sich anlehnenden Gestaltung der lateinischen.

1) s. Brandis in den Abh. d. Berl. Ak. 1833 S. 273 ff.

Schulgrammatik bestimmt, welche die Grundlage der späteren artes wurde.) In seiner Ausgabe des Dionysios, einem bewundernswerthen Werke treuester Hingebung und Gründlichkeit, hat G. Uhlig jetzt es jedem leicht gemacht, den Einfluss dieses Handbuchs auf die grammatischen Begriffe von Griechen, Lateinern und selbst Orientalen sozusagen von Wort zu Wort zu überblicken.

1) Die methodisch und scharfsinnig durchgeführte Analyse, welcher Felix Bölte die späteren lateinischen artes unterzogen hat (De artium scriptoribus latinis quaestiones, Bonner Diss. 1886 und in Fleckeisens Jahrb. 1888 S. 401 ff.), führt zu diesem Endergebniss.

Oeffentliche Sitzung

zu Ehren Seiner Majestät des Königs und Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten

am 15. November 1892.

Die Sitzung wurde durch einleitende Worte des Präsidenten Herrn von Pettenkofer eröffnet, welche in den Sitzungsberichten der mathematisch-physikalischen Classe zum Abdruck gelangen. Es wurde dabei mitgetheilt, dass die Akademie ihre silberne Verdienstmedaille Herrn Gutsbesitzer Friedrich Winkelmann in Pfünz bei Eichstädt verliehen habe wegen seiner Verdienste um Ausgrabung und Erforschung des dortigen Römercastells. Hierauf erfolgte die Verkündigung der am 16. Juli von der Akademie vollzogenen und am 19. Oktober von Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzregenten bestätigten Neuwahlen.

Es wurden gewählt und bestätigt:

I. als Ehrenmitglied:

Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Therese von Bayern. II. für die philosophisch-philologische Classe: A. als auswärtige Mitglieder:

Herr Viggo Fausböll, Professor des Sanskrit an der Universität Kopenhagen.

Herr Dr. August Leskien, o. Professor für slavische Sprachen an der Universität Leipzig.

1892. Philos.-philol. u. hist. Cl. 4.

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