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her ist es denn auch falsch, aus dem Vortragen der Beile vor den Königen in der Stadt zu folgern, dass die Könige auch intra pomerium das Imperium hatten; sie hatten in Wahrheit nur das jus vitae et necis. 1 Der Satz, dass es in Rom keinen Feldherrn giebt, ist in der That "so alt wie Rom selbst", er galt unter den Königen so gut wie während der Republik, und wir werden später sehen, dass er die Republik überlebte.

Das Verständniss dieser Frage ist ein wenig erschwert worden durch den Umstand, dass die beiden Consuln sich in die Gesammtzahl der Lictoren theilten; sie tritt deutlicher ins Licht, sobald wir die einheitliche Führung durch König oder Dictator ins Auge fassen. Dann erkennt man sofort, dass nicht die Beile entscheidend sind, sondern die Zahl der Beile.

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Von dem Dictator wird uns nämlich häufig gesagt, dass er 24 Fasces führe, 2 trotzdem berichtet der Epitomator des Livius, 89, dass Sulla als Dictator mit 24 Fasces einhergezogen sei, quod nemo unquam fecerat", und Lydus behauptet, dass der Dictator nur 12 Fasces führe. Mommsen 3 hat bereits vermuthet, dass diese Widersprüche so zu lösen seien, dass dem Dictator innerhalb der Stadt 12, ausserhalb der Stadt 24 Fasces zustanden und dass Sullas Benehmen nur darin ungewöhnlich war, dass er mit den 24 Fasces innerhalb der Stadt erschien. Diese Vermuthung hat zweifellos das Richtige getroffen, und wenn Mommsen sie vertieft hätte, so wäre er gradeswegs zu dem Unterschied

1 Dionys 2, 2. 9.

2 Dionys 10, 24. Polybius 3, 87.

3 Staatsrecht 1, 367.

zwischen Civil- und Militärmagistrat und zur Bloslegung des Jus pomerii geführt worden. Sullas Neuerung bestand in der That darin, dass er sich das Imperium militare in Rom beilegte, mit 24 Fasces in der Stadt erschien. Aber ganz derselbe Unterschied bestand zur Zeit der Könige, auch der König hat 12 Fasces, wenn man von ihm intra pomerium spricht, er hat 24, sobald man ihn als Heerführer extra pomerium darstellt. Appian bell. civ. 1,100 ist keineswegs, wie Mommsen glaubt, durch Analogie zwischen Königthum und Dictatur getäuscht, sondern die Dictatur zeigt auch hier deutlich die Züge des alten Königthums.

Das Jus pomerii duldete also innerhalb der Stadt weder Truppen noch Truppenführer, mit andern Worten: das Jus pomerii war der Grundpfeiler der bürgerlichen Freiheit. Die Staatsregierung, der Senat, war rechtlich durchaus gegen die Möglichkeit geschützt, dass ihm ein Militär gegenüber treten und statt sachlicher Erwägungen sein Schwert in die Wage legen konnte; sie hatte nur mit Civilmagistraten zu rechnen, die ohne sie keine Truppengewalt erlangen konnten und auch nachher nicht befugt waren, den Sitz der Regierung an der Spitze von Truppen zu betreten. Was immer in Rom selbst, „domi" geschah, dass lag in den Händen von Civilmagistraten und stand der „militia" so abgeschnitten gegenüber, dass für kein städtisches Geschäft, auch nicht für Wahlen, Justiz oder Heerbildung das Imperium militare in Betracht kam. Wie klar man sich dieses Verhältnisses bewusst war, das zeigt uns deutlich eine Aeusserung

Ciceros. Er spricht davon, 1 dass Antonius erklärt habe, er werde trotz seines Imperium in Rom aus- und eingehen; das, sagt Cicero, heisst „Romae servitutem denunciare". Auf der Achtung des Jus pomerii beruhte die Freiheit Roms.

Mit dieser Freiheit der Regierung ging die Freiheit der Individuen Hand in Hand; auch sie waren geschützt dagegen, dass die furchtbare Strenge des römischen Militärbefehls ihnen intra Pomerium begegne. So weit wir uns auf die Tradition verlassen können, sollte schon zur Königszeit kein Römer innerhalb der Urbs geschlagen werden; nur der Landesfeind hatte den Schutz des Tempelfriedens nicht, wer von ihm kam, wurde daher auch in die Stadt nicht hineingelassen. 2 Und wenn der Einzelne von der Gemeinschaft ausgestossen, zum Landesfeind, zum perduellis erklärt war, dann war auch ihm der Schutz des Templum entzogen; von ihm sagte das carmen nefarium aus alter Zeit: „verberato vel intra pomerium vel extra pomerium.“ 3 Wer nicht hostis war, der mochte draussen bestraft werden, aber innerhalb des Pomerium stand er im Frieden. Das ist die geschichtliche Wurzel jener Rechtssätze geworden, welche später die Magistratur beschränkten; die Provokationsgesetze gaben im Jus wieder, was schon das alte Fas gebot.

Für moderne Vorstellungen war man damit an

1 Philipp. 5, 21.

2 Livius 42, 36.

3 Livius 1, 26, 6. Karlowa 1, 87 ist jetzt auf diese Worte aufmerksam geworden, die m. W. trotz aller Erörterungen über die Perduellio bislang nicht beachtet sind. Ich glaube nicht, dass Karlowa richtiger Weise auch das Henken intra pomerium gestattet.

eine Grenze gelangt, welche die Freiheit des Individuum auf Kosten der Ordnung und Autorität gewährleistete. Stellen wir uns vor, was es bedeutet, wenn das Publikum der Strasse, geschützt und gestützt durch stachelnde Volkstribunen, mit einem „provoco!" den Arm der Executive hemmen kann. Dass man mit solchen Sätzen leben konnte, ist wohl das grossartigste Zeugniss ernster Gesittung. Andrerseits freilich hatte der staatskluge Sinn für den Fall des Missbrauchs vorgesorgt: wenn Provokation und Intercession unerträglich wurden, dann schob der Senat sie bei Seite und machte die Magistrate souverän, enthob sie der gesetzlichen Schranken. Aber auch bei solchem Senatusconsultum ultimum blieben die Magistrate Civil beamte; es gab gegen sie keine Provokation und Intercession, mochten dreinschlagen und tödten, sie mochten mit der vox ultima die gutgesinnten Bürger zur Unterstützung aufrufen, aber weder waren sie Heerführer, noch die ihnen folgenden Bürger Soldaten. Das Senatusconsultum ultimum gab nicht das Imperium militare, sondern nur das Jus vitae et necis; es liess das Jus pomerii unberührt. Wir sehen das deutlich bei dem Beginn des Bürgerkriegs: der Senat hat das Consultum ultimum ausgesprochen, aber trotzdem bleibt Pompejus ausserhalb der Stadt, um nicht durch das Betreten des Pomerium sein Imperium einzubüssen. 1 Militär und Militärgewalt blieben auch dann noch von Rom ausgeschlossen. 2

sie

Zwei Stellen stehen hiermit freilich im Widerspruch.

1 Asconius Milon. § 67.

2 Mein Justitium S. 94. Cicero pro Milone 70: „versiculum, quo semper satis armati fuerunt consules etiam nullis armis datis."

Cäsar bellum civ. 1, 7, 4 und Sallust Catilina 29, 3 sagen, dass durch das Senatusconsultum ultimum das Volk zu den Waffen gerufen und die Consuln zu Krieg und Frieden ermächtigt werden. Allein diese Sätze stehen mit der ganzen übrigen Ueberlieferung so wenig im Einklang, dass ich nicht anstehe, sie für unrichtige Zusätze aus spätrer Zeit zu halten, was ja bereits von manchen Philologen angenommen ist. Ciceros Fall zeigt zu deutlich das Gegentheil; er schritt gegen die Catilinarier auf Grund eines Senatusconsultum ultimum ein, er gebrauchte das ihm durch Aufhebung der Provokation und Intercession zugefallene jus vitae et necis, aber er hatte kein Imperium militare, er blieb Civilmagistrat, togatus, dessen er sich unausgesetzt berühmt. Weil aber das Senatusconsultum ultimum die Magistrate in ihrer civilen Amtsstellung beliess, deshalb ist es nicht gerechtfertigt, wenn man annimmt, dass die Dictatur durch das Senatusconsultum ultimum verdrängt, ersetzt sei. Die Magistrate standen doch nur einem Dictator gleich, der noch ohne lex curiata war; regelmässig sollte der Dictator aber an die Spitze der Truppen treten und von dort aus ist denn auch (aus den Gründen, die wir früher betrachteten,) zu erklären, weshalb die Dictatur in Abbrauch kam.

§ 11.

Das Pomerium, so sahen wir, scheidet Civil- und Militärautorität. Aber das Pomerium war ein sakraler Streifen, wir müssen daher noch die Frage erörtern, an welche Linie, ob an die innere oder an die äussere sich diese Abgrenzung ansetzte, oder ob gar der Streifen

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