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dem dafür zu sorgen, dass ihre Anordnungen nicht zerstört oder verdunkelt werden, sie müssen ihre Linien mit Steinen „cippi" versehen. Nach dem Gesagten kann es sich dabei nur um zwei Linien handeln, nämlich um die Begrenzung des Pomerium innen und aussen, und es ist wohl auch ohne directes Zeugniss anzunehmen, dass beide Linien versteint worden sind; voraussichtlich so, dass die cippi pomerii ihre Inschrift der Stadt resp. dem Lande zukehrten, um der Ueberschreitung von beiden Seiten her sichtbaren Widerspruch entgegen zu setzen. Da auf dem Pomerium selbst kein Verkehr gestattet war, so hätte eine dorthin gerichtete Inschrift kaum einen Zweck gehabt. Aber die innere Linie unterscheidet sich insofern erheblich von der äusseren, als für sie und ihre Cippi später ein Ersatz geschaffen wird, der ihre besondere Markirung überflüssig macht. Die erbauten Häuser selbst markiren die Linie unzweifelhaft durch die Bauflucht, und es liegt daher für die Erhaltung dieser Cippi kein weiterer Grund vor; sie werden ausgegraben oder vielleicht in die Häuser eingemauert sein. Dies scheint mir der Sinn einer Stelle des Varro zu sein. Er führt 5, 42 unter den Beweisen. für die Existenz einer alten Urbs Saturnia auf dem Kapitolium den Umstand auf, dass die hinter dem Saturnustempel belegenen Häuser in ihren Verkaufsacten mit „muri postici" erwähnt würden. Müller 1 hat dies von der postica pars einer alten Stadt verstanden, dem scheint mir stehen Bedenken aus der Tempel-Orientirung entgegen. Nissen 2 bezieht es auf Häuser, welche

1 Archaeologie und Kunst (Böttiger) 1 S. 78.

2 Pompej. Studien 472.

Nissen, Beiträge z. rëm. Staatsrecht.

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ausserhalb des Pomerium gelegen hätten; mir scheint das würde „aedes", nicht „muri" fordern, auch vermag ich einen Zusammenhang zwischen posticus und aussen nach dem Pomerium zu gelegen nicht zu erkennen. Ich möchte glauben, dass die Hausmauern, welche die innere Linie des Pomerium berührten, selbst wenn sie etwa die Fronten der Häuser bildeten, als postici bezeichnet wurden, weil sie vom Mittelpunkt des Stadttemplum aus die hintersten waren, die man in den Kaufverträgen der Baubeschränkung halber ausdrücklich bezeichnete.

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Die zweite, d. h. die äussere Linie des Pomerium, wurde, wie wir sehen, durch die Pflugfurche gebildet und die Cippi Pomerii standen daher in ihr. Selbst wenn man die Angaben des Tacitus erschüttern könnte: dass nämlich der „sulcus designandi oppidi" das romulische Pomerium angebe und „certis spatiis interjecti lapides" ihn bezeichneten, so würde der oben schon berührte Stein von Capua 1 für jeden Unbefangenen nicht den geringsten Zweifel lassen, dass die Grenze zwischen dem urbi effatus ager und der übrigen Feldmark durch Steine in der fossa abgemarkt war. Nissen, pompej. Studien 474 nimmt Anstoss daran, dass Tacitus das Auspflügen des Mauerrings auf die Terminirung des Pomerium übertrage; und Mommsen erklärt es für unmöglich, dass Pomeriensteine in der fossa gestanden hätten. Aber sobald man sich nur vergegenwärtigt,

1 „jussu imp. Caesaris, qua aratrum ductum est“ I. R. N. 3590.

dass der Pflug nicht den Mauerring, sondern die sakrale Mauer schuf und dass die fossa nicht der Stadtgraben, sondern die heilige Pflugfurche war, dann wird man die angegebenen Zeugnisse durchaus correct finden.

Mit dem, was wir bisher betrachteten, sind die Gründungsfeierlichkeiten beendet. Was des Weiteren geschieht, ist selbständiges Thun der staatlichen Macht resp. des Bürgerthums. Ob die physische Mauer wirklich der sakralen folgt, das hängt von Umständen ab, die sich ohne concrete Kenntnisse nicht beurtheilen lassen. Es mag an Geld fehlen, es mag die ganze Gründung verwischt werden durch freiwilliges Verlassen oder durch die Macht des Feindes, der, vielleicht demselben Ritus folgend, den Pflug über die junge Stadt gehen lässt, - das sind Fragen, die von der sakralen Gründung ganz unabhängig sind. Dagegen streitet durchaus nicht, dass man bei der Gründung schon Rücksichten auf die künftige factische Befestigung nimmt und sich nach ihr richtet. Das wird besonders hinsichtlich der Breite des Pomerium geschehen sein, die offenbar wesentlich davon beeinflusst werden musste, ob und welche Befestigungen man beabsichtigte. War die Urbs klein, so konnte auch nicht von ausgedehntem Pomerium die Rede sein; lag sie etwa in natürlich geschützter Lage, z. B. auf einem Berge, so war man vielleicht von Beginn an darüber einig, dass eine physische Mauer nicht erforderlich sei; eines breiten

1 Karlowa 1, 61 meint, es sei eine constante Breite sakralrechtlich vorgeschrieben gewesen; dafür sehe ich keinen Grund.

Pomerium bedurfte es dann nicht, weil auf demselben überhaupt nicht gebaut werden sollte. Als Schema aber müssen wir ansehen, dass man das Pomerium breit genug machte, um nicht nur die Befestigung darauf anzulegen, sondern auch auf beiden Seiten so viel freies Land zu behalten, dass die Anlagen gegen den täglichen Verkehr, den Hausbau von innen, den Landbau von aussen gesichert waren. Wurde dann später Mauer und Graben aufgeführt, dann befand sich in der That das Pomerium nicht nur unter, sondern auch zu beiden Seiten der Befestigung und man konnte wohl wie Livius davon sprechen, dass die Mauer sich hinter dem Pomerium und das Pomerium sich hinter der Mauer befinde; man mochte auch von einem „, circamoerium" sprechen, ohne Gefahr zu laufen, sachlich missverstanden zu werden. Sagte doch Livius zugleich, dass der Name „Pomerium" dem Lande gegeben sei, ehe noch die Mauer auf demselben stand, damit gab er selbst den Massstab an die Hand, den man an seine philologischen Versuche anlegen sollte.

Herzog meint, es sei klar, dass der Ausdruck nur die eine der beiden freigelassenen Seiten habe bezeichnen können und auch Nissen1 glaubt, dass die sinnliche Wahrnehmung die Abstraction Lügen strafe und man für den täglichen Verkehr verschiedene Namen für die verschiedenen Seiten verwandt haben müsse, Pomerium habe vielleicht den innern, Antemerium den äussern Streifen bezeichnet, oder Pomerium den äussern und Intervallum nach Analogie des Lagers den innern. Allein es fehlt dafür durchaus an Zeugnissen und ich

1 Pompej. Studien S. 476.

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CALIFORMIN möchte nicht annehmen, dass wir Angesichts dessen berechtigt sind, jenem angeblichen Bedürfniss des täglichen Verkehrs so breiten Spielraum zu lassen. Die erforderliche Abstraction ist keineswegs so gross, dass sie zu solcher Annahme zwingt. Wir dürfen nicht übersehen, dass ein Pomerium ohne faktische Befestigung bestehen konnte und wir werden gleich sehen, dass dies in der That häufig der Fall war; aber selbst wenn dem nicht so war, so braucht man doch nur einmal verstanden zu haben, dass der Name vor der Anlage gegeben war, um jene Abstraction ohne Schwierigkeiten zu vollziehen, wie das auch heutzutage Jedermann mit dem Ausdruck Festungsterrain" thut. Wären aber auch thatsächlich verschiedene Namen gebräuchlich gewesen, so dürften sie uns doch den Begriff der Einheit nicht in irgend einer Weise verdunkeln, sonst verwischt sich uns sofort der Unterschied zwischen dem sakralen Recht und der an dasselbe sich anlehnenden Einrichtung.

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Mommsen hat, gestützt auf den Wortlaut, es für unmöglich erklärt, dass das Pomerium sich ganz oder theilweisse ausserhalb der Mauer habe befinden können. In der Hauptsache ist das durch den aufgedeckten Unterschied zwischen der faktischen und der sakralen Mauer erledigt; sogar der Wortlaut findet seine volle Befriedigung, wenn man nur keine Schlüsse von der sakralen Mauer auf die faktische Befestigung zieht. Nur Ein Punkt, auf welchen Mommsen seine Theorie mit besonderem Nachdruck stützt, bedarf noch der Erwähnung. Er sagt, dass in dem Lagerschema eine entsprechende Vorschrift über das Aussenglacis

Röm. Forsch. 2, 33, 26,

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