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wärtigen. Sie geht an der Hand des Wortes „consultum" davon aus, dass der Senat nur eine berathende Stellung einnahm; dadurch wird sie dazu gedrängt, die Magistrate mit Befugnissen auszurüsten, welche dieselben quellenmässig nicht haben. Das hat dazu geführt, die Abhülfe im Fall der Noth bei den Magistraten zu suchen, wo sie nach unzweifelhaften Zeugnissen nicht zu finden ist. So treibt die Consequenz dazu, in diesem Fall der Verleihung des Imperium zur Beschwichtigung von Volksunruhen einen Rathschlag" „Rathschlag" zu erblicken, wie die Selbsthülfe am besten zu organisiren sei“. Mit staunenswerther Energie wirft diese Theorie alle unbequemen Quellenzeugnisse aus ihrem Wege; es fehlt nur, dass man es offen ausgesprochen hätte, die Verweigerung des Triumphs war ein Rathschlag: „Triumphiren Sie lieber nicht!" 1

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Die Magistrate waren zu keiner Zeit im Stande, Fragen von Bedeutung aus eigner Machtvollkommenheit zu erledigen, sie waren frei in der Berufung und Geschäftsleitung des Senats, aber die Beschränkung ihrer Macht sorgte mit politischer Weisheit dafür, dass sie von jener Freiheit den richtigen Gebrauch machten. Die sorgfältige Abwägung der Machtverhältnisse, die jährliche Hand des Staates mit dem bleibenden Haupt des Staates, 3 das allein erklärt die welterschütternden Erfolge; mit jährlich wechselnder Regierung kann man nicht einmal einen Theaterstaat leiten.

3

In allen wichtigen Fragen gab der Senat den Aus

1 Livius 10, 36, 19: Cui de triumpho agenti negatus honos. 31, 10, 3: causa triumphi negandi senatui fuit.

2 Livius 9, 18, 13.

3 caput publici consilii, Livius 5, 39, 12.

schlag und so sehen wir denn auch hier, dass ihm und nicht den Magistraten zustand, die Stadt ihrer Privilegien, die Bürger ihres rechtlichen Schutzes zu entkleiden. Nur die königliche Gewalt war von dem Senat unabhängig. Der König sollte freilich ebenfalls das Pomerium achten und militärische Massnahmen ausserhalb der Urbs halten; hören wir doch, dass er intra Pomerium nur zwölf Beile führt und dass er nicht einmal im Triumph einzieht, ohne dass der Senat ihm die Hand geboten hätte. Aber unter dem König hatte das Volk nur den Schutz des königlichen Gewissens, ihn band nur das Fas, es gab noch kein Jus pomerii, vor den Göttern und deren Priesterschaft allein hatte er es zu verantworten, ob ein Justitium verhängt werden sollte, In dieser Stellung folgte ihm später der Senat, auch er entschied nach seinem pflichtmässigen Ermessen, wann die bürgerliche Freiheit dem militärischen Zwang, die domus der militia weichen solle. Unter allen Magistraten stand dem Senat nur der Dictator cum lege curiata gleichberechtigt zur Seite, der in seinem kurzlebigen Königthum ebenso souverän war, wie ein König alter Zeit. Auch das mag dazu beigetragen haben, die Dictatur bei Seite zu lassen; der Senat war jeder Sicherheit entkleidet und der Discretion dieses Mannes gänzlich überlassen, der vielleicht der Versuchung unterliegen mochte, mit militärischem Terrorismus die Freiheit von Regierung und Bürgerschaft zu vernichten und sich an die Spitze des Staats zu drängen. Wie wohlbegründet diese Besorgniss war, das zeigt am besten Sullas Dictatur; Seneca1

1 de clem, 1, 12, 1. Valerius Maximus 3, 8, 5.

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sagt von ihm: „descenderit dictatura sua et se togae reddiderit", er trug das sagum in Rom und erschien mit den Insignien des Imperium militare, mit vierundzwanzig Fasces innerhalb des Pomerium, seine Dictatur war die Vernichtung des Jus pomerii, die ausgesprochene Säbelherrschaft.

§ 13.

Cicero sagt uns, dass Etrusker über das römische Jus pomerii nicht unterrichtet sein können; er hätte hinzufügen können, dass es auch in Rom wenig Menschen gebe, welche Sinn und Bedeutung desselben kannten. Die wilden Ereignisse der sullanischen Zeit, das ungeheure Blutvergiessen mochte die Religiosität der Einzelnen gesteigert haben, den Formen der Religion kann es nur schädlich gewesen sein. Wieder und wieder klagt Cicero darüber, dass Niemand sich um Auspizien kümmere; das Beispiel des Pompejus zeigte deutlich genug, was sich ohne sie ausrichten liess. Musste doch Cicero bis auf das Jahr 591 zurückgreifen, um ein sprechendes Beispiel der Auspizien des Jus pomerii zu erlangen, und auch in jener Zeit schon wurde es einem Augur-Consul erst nach wiederholter Prüfung klar, dass er eine Vorschrift des Jus pomerii vernachlässigt habe. Die sakrale Seite des Jus pomerii kam offenbar im täglichen Leben zu Cicero's Zeit nicht mehr zur vollen Geltung; das wird sich noch deutlicher zeigen, wenn wir nun zu der Frage übergehen, wie es überhaupt zu Cicero's Zeit mit dem Pomerium bestellt war.

Livius 1, 44 stellt uns zweifellos das Pomerium seiner Zeit als einen Streifen dar, der zu beiden Seiten

der Stadtmauer frei sei oder zum mindesten frei sein solle, denn von der Stadtseite aus wurde das nicht mehr beobachtet, die Häuser stiessen schon vielfach an die Mauer an. 1 Dieser Doppelstreifen ist nach des Livius Ansicht ein nothwendiger Begleiter der Stadtmauer, beim Vorrücken der Mauer müssen auch diese geweihten Termini vorgerückt werden; daher berichtet Livius von Servius, dass er neue Hügel der Urbs Roma hinzugefügt habe, aggere et fossis et muro circumdat urbem: ita pomerium profert“.

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Für den thatsächlichen Zustand, der zu seiner Zeit bestand, müssen wir Livius wohl als klassischen Zeugen ansehen und ihm daher aufs Wort glauben, dass zu seiner Zeit das Pomerium sich zu beiden Seiten der Stadtmauer befand und auf der innern Seite meist schon überbaut war. Zwar wissen wir aus sicherer Quelle, dass zu jener Zeit der Aventinus wohl von der Mauer, aber nicht von dem Pomerium umschlossen war, dass dort also das Pomerium nicht der Mauer folgte; allein wenn Livius über diesen Umstand schweigend hinweg geht, so wird es dadurch nur um so wahrscheinlicher, dass der Umstand keine praktischen Consequenzen hatte und dass man im täglichen Leben anstandlos sagen konnte: das Pomerium liege zu beiden Seiten der Mauer. Dagegen liegt keinerlei Grund vor, Livius für seine theoretischen Argumente Glauben zu schenken. Seine Behauptung, dass Pomerium und Mauer stets zusammen seien, ist bereits durch unsre Kenntniss des Palatinischen Rom widerlegt. Wir müssen daher den Mittheilungen über die

1 Dionys 4, 43.

servianische Befestigung mit der Notiz „it a pomerium profert" mit misstrauischer Kritik entgegen treten.

Zunächst wollen wir uns über den Begriff des proferre pomerium ins Reine setzen. Es scheint der älteste technische Ausdruck zu sein, an welchen sich später promovere, ampliare, addere, augere anlehnen. Wenn jener Streifen, der die Urbs umgiebt, vorgeschoben werden soll, so könnte das auf zwiefache Weise geschehen man könnte den ganzen Streifen vorschieben, so dass er nunmehr einen grössern Innenraum umschlösse, oder man könnte die innere Grenze lassen, wo sie ist und nur die äussere vorschieben. Im letztern Fall würde die Urbs dieselbe bleiben, dem Pomerium der Urbs würde nur etwas hinzugefügt, worauf einige der eben zusammen gestellten Ausdrücke ja deutlich hinweisen. Nicht möglich wäre es dagegen, die innere Linie allein zu schieben; nach innen zu gerückt, würde sie eine Verkleinerung der Urbs bringen, während das pomerium proferre stets mit einer Vergrösserung der Urbs verbunden ist, nach aussen zu gerückt, würde sie das Pomerium verkleinern, was durch die Bezeichnungen des Actes ausgeschlossen erscheint.

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Die Behauptung des Livius: dass Servius seine Befestigung angelegt und solchergestalt das Pomerium vorgeschoben habe, erscheint nun sehr bedenklich, sobald wir erwägen, dass es von Allen als feststehend angesehen wird, dass Sulla das Pomerium Roms vorschob. Dadurch ist augenscheinlich die Mög

1 Gellius 13, 14. Dio 43, 50. Seneca, dialog. 10, 13, 8. Henzen, Bulletino 1857, S. 11. Zachariae, Sulla 2, 104. Jordan, Hermes 2, 40. Topographie 1, 259. 322 ff. Mommsen, Staatsrecht 2, 716. röm. Forschungen 2, 30.

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