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auffallende Erscheinungen, um auf die Menge zu wirken, als Wunder darstellen. Dafs Livius selbst, vielleicht nach der 19 Lehre der Stoiker, geglaubt habe, der Wille der Gottheit könne aus solchen äufseren Zeichen erkannt werden, lässt sich aus den Äufserungen desselben über den Unglauben seiner Zeit 2, sowie aus den Stellen, wo er die Bestätigung von Wunderzeichen erwähnt oder von Orakelsprüchen 4, allerdings abnehmen; doch erkennt er, wie aus den oben angeführten Stellen 5 hervorgeht, nur ungewöhnliche Erscheinungen als vorbedeutend an und läfst neben den äufseren Zeichen eine gewisse Vorahnung des Zukünftigen gelten 6.

Mit der Angabe der Prodigien ist eng verbunden die Erwähnung der Sühnungsmittel des in denselben sich offenbarenden Zornes der Götter; deshalb berichtet Livius in gleicher Weise die Sühnopfer, Supplikationen, Lektisternien, die Gelobung von Spielen und Tempeln u. a. Die Götter selbst erscheinen bei ihm als wirksame Mächte, die den Staat und den Einzelnen, wenn er es verdient, schützen und segnen und als Zeugen alles dessen, was der Mensch thut, den, welcher sie nicht achtet, verblenden 7, die, wenn sie auch nicht unmittelbar selbst eingreifen 8, doch Gelegenheit geben, ihn zu bestrafen, und die Verletzung heiliger Gesetze rächen 10. Allein von den einzelnen Göttern, die ihm deshalb überall als dieselben erscheinen 11, unterscheidet er nach der Ansicht der Stoiker 12 das in ihnen und durch sie Thätige, alles Beherrschende und Leitende, was er bald numen, bald fatum (fata) oder necessitas, bald fors oder fortuna nennt. So ist es das numen, welches in allen menschlichen Dingen waltet 13, welches Rom schützt 14, welches zürnt 15 und das Böse straft 16, prava religio inserit deos - mures in aede lovis aurum rosisse; vgl. 28, 11, 7; 40, 2, 3 u. a.

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1, 19, 5; 8, 6,3; 26, 19, 4; 26, 45, 9: hoc cura ac ratione compertum in prodigium ac deos vertens. z. B. 10, 40, 4; 43, 13, 1: eadem neglegentia, qua nihil deos portendere vulgo nunc credant. 31, 39, 1; 27, 23, 4; 41, 18, 14: super tam evidentem tristis ominis eventum. 8, 24, 1; vgl. 26, 6, 16. 9. S. 18 Anm. 2. * 25, 35, 3: maestum quoddam silentium erat et tacita divinatio, qualis iam praesagientibus animis inminentis mali esse solet; vgl. 26, 20, 5. 41, 19; 45, 1, 4. 79, 9, 10. 8 5, 11, 7. 4, 28, 4; 27, 16, 4.

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10 21, 10, 9; 30, 42, 21; 42, 28, 12 u. s. w. 11 28, 12, 3; 42, 3, 9: tamquam non idem ubique di immortales sint. 12 Seneca de ben. 4, 8, 3: sic nunc naturam voca, fatum, fortunam, omnia eiusdem dei nomina sunt varie utentis sua potestate. 13 1, 21, 1: cum interesse rebus humanis caeleste numen videretur. 14 10, 36, 12: numen etiam deorum respexisse nomen Romanum visum. 15 2, 42, 10: motique ira numinis.

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1, 23, 4.

welches verehrt oder vernachlässigt und durch die Götter gerächt wird 2. Das fatum ist das Ewige und Unveränderliche, eine unergründliche Macht, der die Götter und Menschen unterliegen 3, gegen welche alle menschliche Vorsicht nichts vermag'. 20 Durch die einzelnen Äufserungen desselben treten die wichtigsten Momente ein: nach dem fatum mufs Aeneas nach Italien kommen 5, Rom gegründet werden, Fabius das Völkerrecht verletzen, Rom in wichtigen Kriegen den Sieg davon tragen 8, in grofsen Schlachten unterliegen 9. In ähnlicher Weise wie das fatum neben und über den Göttern steht 10, erscheint neben denselben, zuweilen ihnen gleichgestellt, die fortuna 11 (casus, fors), als das Unstäte und Wechselnde, als die dunkle Macht, auf welche die Wechselfälle des menschlichen Lebens zurückgeführt werden, wo sich die tiefer liegenden Gründe dem Auge entziehen 12, welcher der Mensch nicht entgehen kann 13, die alles Menschliche ungewifs macht 14. Allein ungeachtet dieser Mächte ist der Mensch frei, Tugend und Schuld ist sein Werk: nur der Erfolg und die Strafe sind der höheren Macht anheimgegeben 15. Jene höchste göttliche Macht setzt aber dem Menschen Schranken, mahnt ihn an seine Schwäche, hält ihn ab von Übermut oder straft denselben; und je höher der Einzelne sich erhebt, um so mehr hat er sie zu fürchten 16, je tüchtiger und tugendhafter er ist, um so sicherer darf er auf ihren Beistand hoffen 17.

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15, 51, 4. 52, 1. 2 7, 6, 11: vindicasse ipsos (deos) suum numen; 39, 16, 11. 35, 32, 7: deorum monita ingruente fato spreta; 9, 4, 16: pareatur necessitati, quam ne dii quidem superant; 25, 6, 6. 41, 42, 2: nec rupit tamen (Servius) fati necessitatem humanis consiliis; 8, 24, 11; 25, 16, 4: nulla providentia fatum imminens moveri potuit. 1, 1, 4. 6 1, 4, 1. 75, 32, 7; 5, 36, 6: iam urgentibus Romanam urbem fatis. 8 5, 22, 8; 9, 22, 5; 26, 41, 9. 22, 43, 9 u. s. w. 10 2, 44, 12: cetera.. fata et deos gesturos; 5, 16, 8. 11 5, 11, 14: non fortunam aut quemquam deorum; 6, 9, 3: diis cordi fuisse; ebend. § 4: eo vim Camilli ab Antio fortuna avertit; 45, 8, 5: sive errore humano, seu casu, seu necessitate. 12 4, 57, 8; 5, 19, 3; 8, 29, 8; 9, 17, 3: fortuna per omnia humana, maxime in res bellicas potens; 44, 40, 3 u. a. 13 5, 37, 1: adeo obcaecat animos fortuna, ubi vim suam ingruentem refringi non vult. 14 30, 31, 6 u. s. w. 15 25, 6, 6: si non deum ira nec fato, cuius lege immobilis rerum humanarum ordo seritur, sed culpa periimus ad Cannas, cuius tandem ea culpa fuit?; 37, 45, 11: Romani ex iis, quae in deum inmortalium potestate erant, ea habemus, quae dii dederunt; animos, qui nostrae mentis sunt, eosdem in omni fortuna gessimus gerimusque; 45, 8, 6. 23, 1; vgl. Cic. d. n. d. 3, 86. 16 9, 17, 5; 10, 13, 6: et fortunam ipsam vereri, ne cui deorum nimia iam in se et constantior, quam velint humanae res, videatur; 45, 41, 8. 17 38, 51, 9: (diis) gratiam agam, quod mihi et hoc die et saepe

Durch die sittliche und religiöse Gemütsrichtung sind end- 21 lich auch die politischen Grundsätze des Livius und seine Ansichten über den Staat und dessen Verfassung bedingt. In der Republik haben sich alle Vorzüge und Tugenden des römischen Charakters entwickelt, haben die Götter die grofsen Männer, welche die Stützen und Träger des Staates waren, mit glänzenden Erfolgen gesegnet und den Staat selbst zum höchsten Gipfel der Macht emporgehoben; daher konnte sich Livius, namentlich dem Verfalle seiner Zeit gegenüber, keine andere Verfassung für sein Vaterland denken, als die republikanische, die ihm, nachdem sie unter der Herrschaft der Könige vorbereitet und durch deren Vertreibung errungen war, für alle Zeit gegründet schien2. Obgleich nun schon zu seiner Zeit der Übergang in die Monarchie erfolgte und er sich nicht verbergen konnte, dass unter und neben den republikanischen Formen der Despotismus, das von den Römern so gefürchtete, nur von den Machthabern selbst gepriesene regnum 3 über das Volk hereinbrach, so hält ihn doch dies nicht ab, seine Überzeugung entschieden auszusprechen *. Einem Gewaltherrscher und seinen Launen zu dienen ist des Menschen unwürdig, einem Römer unerträglich 5. Die Könige selbst erscheinen ihm mit wenigen Ausnahmen 6 und obwohl er den königlichen Sinn als etwas Erhabenes anerkennt, so, wie sie in den aus der Monarchie Alexanders des Grofsen hervorgegangenen Reichen im Orient und bei anderen barbarischen Nationen sich zeigten, d. h. als zur Tyrannenherrschaft geneigt, ungerecht, grausam und übermütig. Die Freiheit ist die Zierde tapferer Männer 10, sie hat ihren Reiz in sich selbst 11 und wird. von allen mit Jubel begrüfst 12. Allein eine solche libertas ist nicht die Herrschaft des grofsen Haufens 13, dieser erscheint unstät und unzuverlässig, bald kriechend, bald übermütig, immer alias egregie gerendae reipublicae mentem facultatemque dederunt; 44, 1, 11: favere.. pietati fideique deos, per quae populus Romanus ad tantum fastigii venerit.

1 1, 46, 1; 2, 1, 3. 22, 15, 3: eam esse voluntatem omnium, ut, qui libertati erit in illa urbe finis, idem urbi sit. 3 2, 3, 3. 9, 3. 427, 19, 4: regium nomen, alibi magnum, Romae intolerabile esse; 37, 54, 6: non animi nostri.. nos, sed rerum natura, quae potentissima est, disiungit, ut nos liberi etiam aliorum libertatis causam agamus, reges serva omnia et subiecta imperio suo esse velint; 44, 24, 2: natura inimica inter se esse liberam civitatem et regem. 5 1, 59, 9; 2, 10, 8. 12, 2; 4, 15, 3; 6, 20, 5; 23, 3, 5 u. a. 61, 48, 8; 24, 5, 1; 35, 15, 3. 7 27, 19, 5; 31, 16, 1 u. a. 8 24, 4, 2. 9 2, 3, 4; 9, 18, 4; 31, 18, 7; 10 28, 19, 14. 12 24, 21, 3; 33, 32, 9.

35, 15, 4.

13 2, 1, 4.

11 2, 9, 3.

22 dem Schlechteren zugewandt, ist unfähig sich selbst zu beherrschen und die wahre Freiheit zu besitzen 2; die libertas zeigt sich nicht in der zügellosen Neuerungssucht der Tribunen oder in dem starren Festhalten des Parteistandpunktes, wie bei Appius Claudius, oder in der rücksichtslosen Opposition eines Flaminius, Terentius Varro u. a.; sie beruht vielmehr auf der Unterordnung der Magistrate unter das Gesetz und die Sitte der Vorfahren, auf dem jährlichen Wechsel der Staatsbeamten 3, auf der Gesetzlichkeit, dem Patriotismus und Rechtssinne der Bürger, auf einer zweckmäfsigen Gliederung der Stände und ihrer Eintracht 5, besonders aber auf einer gemäfsigten, kraft- und einsichtsvollen Aristokratie, wie sie in der besten Zeit des Staates von dem Senat repräsentiert wurde. Livius mochte wie viele andere glauben, dafs diese alte Verfassung, diese würdevolle Optimatenherrschaft im Gegensatz sowohl zu dem wilden Treiben der Tribunen als zu der Herrschsucht Caesars durch Pompeius und seine Partei vertreten worden sei; er mochte die Aristokratie jener Zeit, die er nicht aus eigener Anschauung kannte, für weit edler und würdiger halten, als sie wirklich gewesen war, und deshalb nicht allein Pompeius, sondern auch dessen Anhänger Scipio und Afranius mit Lob erwähnen 6. Über Cäsar sprach er sich dahin aus: in incerto esse, utrum illum nasci magis reipublicae profuerit, an non nasci. Da diese Ansicht mehr als ein Ausdruck des Gefühls und der Bewunderung, nicht als die Frucht politischer Einsicht und fester Überzeugung anzusehen ist und Livius gewifs weit davon entfernt war, dem Kaiser und seinen Plänen entgegenzuarbeiten, so läfst sich erklären, wie Augustus, während er andere Historiker verfolgte, Livius zwar einen Pompejaner genannt haben soll, ihm jedoch gewogen blieb und jene Äufserungen nur mit einer gewissen Ironie als den Ausdruck gutmütiger Sentimentalität oder als Schwärmerei für einen nicht vorhanden gewesenen oder längst verschwun

1 2, 7, 5; 24, 31, 14; 31, 34, 3; 42, 30, 1: in liberis gentibus populisque plebs ubique omnis ferme, ut solet, deterioris erat. 224, 25, 8: haec natura multitudinis est: aut servit humiliter aut superbe dominatur; libertatem, quae media est, nec sumere modice nec habere sciunt. 32, 1, 1; 5, 6, 17, wo Appius die Tribunen und die Plebs tadelnd ausruft: ea demum Romae libertas est non senatum, non magistratus, non leges, non mores maiorum, non instituta patrum,

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disciplinam vereri militiae. 4 1, 42, 4. 57, 40, 2: nondum erant tam fortes ad sanguinem civilem, nec praeter externa noverant bella, ultimaque rabies secessio ab suis habebatur. Tacit. Ann. 4, 34.

Senec. N. Q. 5, 18, 4.

denen Zustand behandelte. In Livius selbst aber erregte die 23 Vergleichung seiner Zeit mit der Vergangenheit trotz der Ruhe und dem scheinbaren Glanze der Gegenwart eine gewisse Wehmut und Bitterkeit, die sich an vielen Stellen bald als Schmerz bald als Tadel ausspricht, vorzüglich aber auf die religiösen und sittlichen Zustände gerichtet ist, die zu heben und zu der Reinheit der alten Zeit zurückzuführen er als seine erste und wichtigste Aufgabe betrachtet.

Als nächste Forderung, die an ihn gestellt werde, bezeichnet er in der Vorrede die der Gröfse des Gegenstandes entsprechende, geschmackvolle und fesselnde Darstellung, auf die er um so höheren Wert legen zu müssen glaubt, je mehr sie in der früheren Zeit und an seinen Vorgängern vermifst, von seinen feingebildeten Zeitgenossen aber gefordert wurde. Beide Zwecke, diesen ästhetischen und jenen sittlichen, glaubte er am sichersten zu erreichen, wenn er, selbst von dem römischen Geiste beseelt, ohne den eine Geschichte des römischen Volkes nicht geschrieben werden konnte, und angeweht noch von dem Hauche des republikanischen Lebens, die hervorstechenden Züge und wesentlichen Eigenschaften des römischen Charakters, wie sie in der Vorzeit hervorgetreten waren, scharf ausprägte, die grofsen Thaten seines Volkes als nachahmungswürdige Beispiele schilderte, die grofsen Männer, die an der Spitze desselben gestanden hatten, nach ihrem Sinne und Geiste aus dem Dunkel der Vergangenheit hervorzog und dabei über das Einzelne den Glanz und Reichtum einer blühenden Darstellung verbreitete.

Wenn Livius in diesen beiden Beziehungen seinen Zweck erreichte, so konnte er des Beifalls seiner Zeitgenossen sicher sein, da diese, wie schon Cicero, die Geschichte mehr als ein opus oratorium betrachteten, dazu bestimmt, durch würdige. Schilderung der Vorzeit den Patriotismus zu beleben, das Nationalgefühl zu kräftigen, das Streben nach der Tüchtigkeit und Frömmigkeit der Vorfahren zu erwecken, während sie ausgebreitete Studien und gründliche Vorbereitung für dieselbe, sorgfältige Erforschung und Prüfung der Quellen, selbständige Verarbeitung des gefundenen Materials, wie Polybios es gefordert hatte und die moderne Geschichtschreibung es als ihre Aufgabe betrachtet, nicht erwarteten. Von der gleichen Ansicht ausgehend', hat Livius sich nicht bemüht, für die alte Zeit neue

127, 37, 13: carmen .. illa tempestate forsitan laudabile rudibus ingeniis, nunc abhorrens et inconditum.

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