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historisches Werk in 40 Büchern, von denen die beiden ersten als Einleitung eine gedrängte Übersicht der älteren Geschichte Roms und Karthagos und der achäischen Verhältnisse enthielten, die übrigen die Zeit vom Beginne des zweiten punischen Krieges bis zur Zerstörung Karthagos und Korinths so erzählten, dafs es klar wurde, wie durch die frühere und damalige Lage der Staaten, durch ihre Beziehungen zu einander, durch ihre Verfassung und ihre Mittel die Herrschaft der Römer über die das Mittelmeer umwohnenden Völker herbeigeführt werden musste. Infolge gründlicher Untersuchung der Quellen mit den politischen, militärischen, finanziellen und geographischen Verhältnissen der Staaten im weitesten Umfange vertraut und seiner Aufgabe sich deutlich bewufst, war er imstande, den reichen Stoff künstlerisch zu ordnen und so zu gruppieren, dafs die Kausalverbindung der einzelnen Ereignisse unter sich und ihr Zusammenhang mit dem 34 letzten Erfolge zur Anschauung kam. Wahrheitsliebend, unparteiisch, sicher urteilend, dabei einfach, klar, schmucklos im Ausdruck, bisweilen wohl trocken und bei der Neigung zu lehrhaften Reflexionen weitschweifig, hat Polybios ein Werk geschaffen, welches nicht allein dem praktischen Staatsmanne, denn auch in diesem Sinne sollte es pragmatisch sein, durch die Nachweisung der Gründe und Folgen des Geschehenen ein sicherer Führer sein konnte, sondern auch dem Geschichtsforscher und Geschichtsfreunde einen reichen Stoff in der besten Ordnung darbot. Es ist daher nicht zu verwundern, dafs Livius den Polybios fast für den ganzen Zeitraum, den dieser behandelt, mehr benutzt hat als die römischen Historiker.

Dafs Livius für die spätere Zeit nicht alle Geschichtschreiber verglichen hat, deutet er selbst zuweilen an 1, auch geht es daraus hervor, dafs er gerade dort, wo er seine Quellen genauer angiebt, nur wenige nennt 2; es wäre auffallend, wenn er die seine Erzählung bestätigenden oder von ihr abweichenden Angaben nur bei den Annalisten, die er mit Namen nennt, gefunden hätte, wie es auch nicht zu glauben ist, dafs er den Cassius Hemina, Sempronius Tuditanus, Fannius, Gellius, Vennonius u. a. benutzt haben sollte, ohne je ihres Namens Erwähnung

1 32, 6, 8: ceteri Graeci Latinique auctores, quorum quidem ego legi annales, eine Beschränkung, die auch an anderen Stellen, wie 4, 20, 5: omnis ante me auctores seculus; 7, 21, 6: per omnium annalium monumenta; 3, 23, 7; 8, 6, 3: 10, 30, 7; 21, 38, 6; 22, 31, 8: omnium prope annales; 30, 3, 6; 42, 11, 1 u. a. hinzuzudenken ist. 2 4, 23, 1 f.; 39, 52, 1; vgl. 39, 50, 10.

zu thun. Ebensowenig wird er alle für einen Zeitraum gebrauchten Annalisten, schon bevor die Ausführung begann, vollständig durchgearbeitet und das Aufzunehmende sich aufgezeichnet haben. Ein solches Verfahren wäre von dem gewöhnlichen Brauch ganz verschieden gewesen: die Abweichung der Quellen von einander trat ihm als etwas Neues entgegen. Selbst ein Werk wie die Origines Catos. scheint er erst von der 4. Dekade an, wo dieser selbst handelnd auftritt, verglichen zu haben1. Durch Ausdrücke ferner wie tradunt, traditur, tradiderunt, me- 35 moria traditum oder proditum est u. a.2 oder durch fama est3 wird nur die historische Überlieferung bezeichnet, die sich auf die gerade benutzten Gewährsmänner stützt, wobei auch ein quidam oder alii tradidere mit unterläuft, wenn nur ein Autor gemeint ist. In derselben Weise wird ferunt, fertur, dicitur u. a. oft gebraucht, nicht um etwas als Sage zu bezeichnen, sondern um mitten unter historischen Thatsachen einzelnes hervorzuheben, besonders kurze Äufserungen, oder um Reden einzuführen, die sich der Form nach wenigstens bei einzelnen oder mehreren Annalisten fanden 5.

Die Sage von der Gründung der Stadt, welche viele Annalisten mit grofser Ausführlichkeit und durch spätere, von Griechen erfundene Fabeln entstellt erzählten, hat Livius nach Piso, Tubero und anderen (vielleicht auch hier und dort in direktem Anschluss an den Dichter Ennius) kurz und einfach dargestellt; ebenso die Geschichte der Könige. Für die erste Zeit der Republik hatte er nach manchen Andeutungen zunächst Fabius erwählt; aber die Verwirrung in der Chronologie, wohl auch die Dürftigkeit der Nachrichten, bewog ihn bald, sich den jüngeren Annalisten zuzuwenden. Der gröfsere Teil des Erzählten, u. a. die Geschichte der Fabier, wird mittelbar auf Fabius zurückzuführen sein; im ganzen aber, so scheint es, folgt Livius auch 45, 25, 2; Periocha 49.

1 34, 5, 8; 36, 17, 1. 18, 1. 21, 5; 2 2, 7, 2. 8, 8. 40, 10; 3, 39, 2. 70, 14; 4, 12, 7. 37, 1; 5, 31, 3; 8, 10, 8. 26, 6; 44, 13, 12; 45, 40, 2 u. a. 2, 32, 3: ea frequentior fama est, quam cuius Piso auctor est; 21, 46, 10: et plures tradidere auctores et fama obtinuit; 23, 12, 2: fama tenuit, quae propior vero est; vgl. 1, 1, 6; 7, 6, 6; 8, 20, 6; 23, 12, 2; 25, 17, 4; 40, 58, 3 u. a. 54, 24, 8: quam

48, 39, 16; vgl. 8, 40, 3; 37, 34, 6; 45, 3, 3. rem ipsum ingenti animo tulisse ferunt; vgl. 4, 29, 3. 56, 3; 5, 13, 7; 6, 8, 3; 7, 6, 3; 26, 4, 10; 30, 44, 3. 4; 10, 19, 7: dicitur Appius precatus esse; 1, 48, 5: creditur satis constat; 1, 48, 7: traditur fertur; 2, 41, 10-11: constat sunt qui ferant .. invenio apud quosdam idque propius fidem est; 3, 57, 10: sunt qui scribant u. v. a. 2, 21, 4. 72, 19, 1. 20, 1.

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hier nur jüngeren Quellen (wie Piso und Valerius) und zieht die ältere Darstellung des Fabius nur gelegentlich hinzu, vielleicht auch nur auf Grund der bei seinen Vorgängern gefundenen Angaben. Bestimmter tritt die Benutzung der späteren und spätesten Annalisten im dritten und vierten Buche hervor, in denen Valerius Antias, Licinius Macer und Tubero gerade dort als Gewährsmänner genannt sind, wo es Livius darauf ankommt, seine Quellen genauer anzugeben 2; doch sind auch andere 36 Annalisten benutzt. Im fünften und sechsten Buche gehört die Schilderung der Verdienste der Licinier und des langen Parteikampfes wohl besonders Macer an, während die kurzen annalistischen Notizen hier und in den anderen Büchern mittelbar wohl auf Fabius und die Annales maximi zurückgehen und die Geschichte von dem Einfall der Gallier vermutlich dem erst 6, 42, 5 erwähnten Claudius entlehnt ist. In den folgenden Büchern der ersten Dekade sind die das Fabische Geschlecht betreffenden Erzählungen ursprünglich sicher von Fabius ausgegangen, der 8, 30, 9; 10, 37, 14 erwähnt, an anderen Stellen angedeutet wird 4; dafs aber Livius den Fabius direkt benutzt habe, läfst sich auch hier weder nachweisen, noch überhaupt wahrscheinlich machen. Für die zahlreichen Kriegsberichte scheint Claudius 5, für diese und die Schilderungen der Grofsthaten der Valerier der hier nicht genannte Valerius Antias, für die inneren Verhältnisse aufser Piso 6 auch Licinius Macer und Aelius Tubero 8 benutzt zu sein. An manchen Stellen ist die Annahme nicht ausgeschlossen, dafs Livius auch andere Annalisten eingesehen hat, deren Namen er nicht nennt 9; aber ein sicherer Schlufs ist hier unmöglich: bereits in Livius' Vorlagen konnte auf frühere Darstellungen Bezug genommen sein, und schon die schwierige und umständliche Benutzung der Bücherrollen macht es unwahrscheinlich, dafs Livius sehr viele Autoren in den Kreis seiner Beobachtung gezogen hat. Dagegen spricht auch der Umstand, dafs in den verlorenen Büchern 11-20, wie sich aus der Vergleichung einzelner Anführungen bei Späteren, die aus Livius geschöpft haben, mit den Periochac ergiebt, dieselben

1 wie 2, 18, 5 bei der Ansetzung der Diktatur. vgl. 3, 5, 12; 4, 7, 12.

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2 4, 23, 1-3; 34, 48, 5; vgl. 3, 23, 7. 26, 9. 47, 5. 57, 4 10, 46, 7. 5 8, 19, 13; 9, 5, 2; 10, 9, 12. 7, 9, 4; 9, 38, 16. 46, 3; 97, 18, 2. 21, 6. 22,

7

8, 6, 3. 30, 7; 9, 15, 9-11. 23, 5. 29, 5-6. 36, 3;
17, 12. 18, 7. 25, 12. 26, 5-13.

3. 27, 9. 42, 1;

10, 3, 4. 5, 14.

Annalisten, wie in den vorhergehenden, die Gewährsmänner des Livius waren: so die Angaben des Fabius, wohl besonders für die gallischen Kriege1, des Claudius 2 und Aelius Tubero 3.

Während Livius für die frühere Zeit die Annalisten als seine einzige Quelle betrachtet, stellt er sie zurück, sobald er den erzählten Ereignissen gleichzeitige Bearbeitungen der Geschichte vorfindet. Diese werden nunmehr seine Führer; nur hier und da giebt er abweichende Nachrichten der Annalisten an oder erzählt nach ihnen, was jene übergangen haben. Da der 97 zweite punische Krieg von Coelius in einer Weise behandelt worden war, die den Beifall Ciceros 4 und gewifs auch den des gebildeten Publikums überhaupt gefunden hatte, so lag es für Livius nahe, gerade diesen seiner Darstellung zu Grunde zu legen, und sowohl die Nachrichten, die andere Schriftsteller aus Coelius mitteilen, als auch die häufigen Anführungen desselben bei Livius selbst, wenn sie auch meist Abweichungen von den von ihm bevorzugten Angaben betreffen 5, erheben die Annahme beinahe zur Gewifsheit, dafs Coelius die ganze dritte Dekade hindurch von Livius in ausgedehnter Weise benutzt ist. Die von Coelius abweichenden Nachrichten hat er teils bei vielen' gefunden, teils bei 'mehreren'; namentlich erwähnt werden: Fabius, Cincius 9, Claudius 1o, Piso 11, Clodius Licinus 12, am häufigsten Valerius Antias 13. Es ist also neben Coelius eine Reihe von Annalisten benutzt worden; in welchem Umfange dies aber geschehen, lässt sich nicht feststellen, ebensowenig, ob die mit Namen Genannten nur an diesen Stellen und nicht auch sonst eingesehen oder hinwiederum unter den quidam und alii häufig mit einbegriffen zu denken sind. Nicht gerade glaublich z. B. scheint es, dafs Livius den Fabius für diese Zeit, die jener als Augenzeuge geschildert hatte, nur einmal zu Rate gezogen, nicht gerade an der Hand der Fabischen Relation manches, was Coelius nach Silenos anders erzählt hatte, in Schutz genommen haben würde 14, wenn er überhaupt das Werk des Fabius zur

2 Gell. 3, 8, 6; ext. 19; Per. 18. 22, 31, 8; 23,

1 Eutrop. 3, 5; Oros. 4, 13; vgl. Periocha 20. vgl. 42, 47, 6. 3 Gell. 7 (6), 3; vgl. Val. Max. 1, 8, de leg. 1, 2, 6. 21, 38, 7. 46, 10. 47, 4; 6, 8: 26, 11, 10; 27, 27, 13; 28, 46, 14; 29, 25, 3. 27, 14. 35, 2. 6 22, 31, 8: omnium prope annales; 29, 27, 14: permultis.. auctoribus. 7 21, 38, 1. 46, 10; 23, 6, 8. 16, 15. 47, 8; 25, 17, 1-3; 26, 6, 9; 27, 1, 13. 26, 13. 33, 6; 29, 21, 1. 29, 4; 30, 26, 12. 8 22, 7, 4. 9 21, 38, 3. 12 29, 22, 10. 13 25, 39, 14; 26, 49, 3. 5; 28, 46, 14; 29, 35, 2; 30, 3, 6. 19, 14 vielleicht ist an den Stellen, wo er sich auf das Zeugnis

11. 29, 7.

10 25, 39, 12.

11 25, 39, 15.

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Hand gehabt hätte, dessen Berichte er, wie Hinweise auf andere, teilweise schon in dem Colianischen Werke vorfand. Abgesehen also von Valerius Antias, der verhältnismässig häufig herangezogen ist (und zwar nicht erst in der zweiten Hälfte der dritten Dekade, wo er citiert wird), behalten die sonstigen Anführungen das Gepräge und die Geltung von gelegentlichen Citaten, welche an besonders wichtigen oder zweifelhaften Stellen die Hauptquelle (Coelius) ergänzen oder berichtigen sollten. BS Mit dem zweiten punischen Kriege begann der Hauptteil der Universalgeschichte des Polybios, und man sollte erwarten, dass Livius diese sogleich von Anfang der dritten Dekade an verglichen habe. Wirklich stimmt auch seine Darstellung in vielen Punkten mit der des Polybios überein, zum Teil sogar wörtlich, so dass man eine unmittelbare Übertragung aus ihm anzunehmen geneigt ist; aber auf der anderen Seite sind wieder die Abweichungen von dem Berichte des Polybios so zahlreich, teilweise so eigentümlich und von dem sonst bei Livius in solchen Übertragungen beobachteten Verfahren abweichend 1, dafs es zweifelhaft werden mufs, ob er den Text des Polybios vor sich gehabt habe und nicht vielmehr blofs Coelius, der aus derselben Quelle wie Polybios, nämlich aus Silenos geschöpft hatte. Obgleich die Entscheidung dieser Frage aufserordentlich schwer ist, so spricht doch die Wahrscheinlichkeit nicht gerade dafür, dafs Livius einen Schriftsteller, den er von der Zeit an, wo Macedonien und Griechenland in den Kampf verwickelt werden 2, unleugbar benutzt hat, nicht schon in den beiden vorhergehenden Büchern sollte eingesehen haben, einen Schriftsteller, dem er sich weiterhin in so ausgedehnter Weise angeschlossen hat. Da sich nun aufserdem viele der vorhandenen Abweichungen in einfacher, natürlicher Weise erklären lassen, auch die Annahme, dafs eine römische Quelle mit einer griechischen kombiniert und kontaminiert sei, nichts Auffälliges hat, weil dies Verhältnis in den folgenden Dekaden thatsächlich vorliegt, so ist es wahrscheinlich, jedenfalls möglich, dafs Livius den Bericht des Polybios, wenn er ihn auch erst 30, 45, 5 mit Namen nennt, in der ganzen dritten Dekade dazu benutzt hat, seine Hauptquelle (Coelius) teils zu ersetzen, teils zu erweitern und zu berichtigen. Diese Auffassung scheint notwendig, wenn man nicht etwa annehmen.

älterer Geschichtschreiber beruft (25, 11, 20; 29, 14, 9), Fabius gemeint, der sonst allerdings bestimmter angedeutet wird; s. 1, 44, 2; 2, 40, 10. 1 vgl. 21, 22, 5. 31, 9. 37, 2. 46, 6. 48, 1. 8. 55, 6; 22, 48, 1 u. s. w. 2 23, 33, 1.

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