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kaum zu bezweifeln, dafs er in seiner Jugend wie die vornehmen Römer der damaligen Zeit erzogen und gebildet worden ist 1; die Benutzung griechischer. Schriftsteller, sowie viele Andeutungen in seinem Werke weisen darauf hin, dafs er mit griechischer Sprache und Litteratur vertraut war 2 und die Werke eines Plato 3, Xenophon4, Demosthenes 5 u. a. wohl kannte; seine wissenschaftlichen Studien, seine Darstellung und die Benutzung seiner Schriften durch spätere Rhetoren weisen darauf hin, dafs er selbst eine rhetorisch - philosophische Bildung erhalten hatte. Doch scheint ihn schon früh auch die Geschichte, zunächst wohl die seiner Vaterstadt und Oberitaliens, mit welcher er genauer bekannt ist, angezogen und beschäftigt zu haben. Ob er in der Absicht, die Geschichte der Römer zu schreiben und durch die Anschauung des Lebens, der Verhältnisse, der Denkmäler und Lokalitäten sich für seinen Zweck zu bilden, nach Rom übergesiedelt, oder ob diese Idee erst durch seinen Aufenthalt in der Stadt angeregt worden sei, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden; aber wenngleich die ihm vorgeworfene Patavinitas einen längeren Aufenthalt in seiner Vaterstadt,. deren Andenken er auch später bewahrte, vermuten läfst, so erscheint er doch schon 725 d. St. in Rom vollkommen eingebürgert, indem er viele Einrichtungen und Örtlichkeiten so bezeichnet, dafs die Kenntnis derselben aus unmittelbarer Anschauung kaum bezweifelt werden kann 8. Hier scheint er bald 9 die Augen des Augustus, der selbst ein geschichtliches Werk verfafst hat 10 und Geschichtschreiber nicht weniger als Dichter förderte 11, auf sich gezogen zu haben und später in nähere Berührung mit ihm gekommen zu sein; wenigstens läfst darauf die Äufserung des Tacitus Ann. 4, 34: T. Livius Cn. Pompeium tantis laudibus tulit, ut Pompeianum eum Augustus appellaret; neque id amicitiae eorum offecit und die Teilnahme des Augustus an dem Werke des Livius 12 schliefsen; da letzterer aufserdem auf die wissenschaftliche Beschäftigung des nachmaligen Kaisers Claudius Einflufs gewann 13, so kann man vermuten, dass er bis in sein hohes Alter mit der Familie des Herrschers in Verbindung geblieben

19, 36, 3. 5 3, 68, 9; 9, 18, 7.

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27, 11, 5. 35, 4, 4; 26, 22, 14.
1, 1, 2; 5, 33, 5; 10, 2, 1.

49, 17, 6. 7 10, 2, 15.

8 1, 4, 5. 8, 5. 26, 13: id hodie quoque publice semper refectum manet; sororium tigillum vocant. 30, 2. 41, 4. 44, 4. 48, 6. 55, 9; 2, 7, 12; 5, 54, 3 u. a. m.

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4, 20, 7. 10 Suet. Aug. 85. 11 Suet. Aug. 89. 12 4, 20, 7. 13 Suet. Claud. 41: historiam in adulescentia hortante T. Livio.. scribere adgressus est.

sei. Im übrigen ist von den Verhältnissen des Livius wenig bekannt. Einen Sohn desselben erwähnen Plinius 1 und Quin- 5 tilian 2, einen Schwiegersohn Seneca 3. Öffentliche Ämter hat Livius nicht bekleidet und sich überhaupt von politischer Thatigkeit fern gehalten, wenigstens scheint dies teils aus manchen Andeutungen von ihm selbst, teils aus dem Schweigen anderer ziemlich sicher hervorzugehen; er lebte also wohl, wie so viele ausgezeichnete Männer dieser Zeit, zurückgezogen, doch den geistreichen Kreisen, die sich unter Augustus bald zu bilden anfingen, nicht fremd, mit dem Werke beschäftigt, welches er sich zur Aufgabe seines Lebens gemacht hatte. Ob er immer in Rom selbst gewohnt und gearbeitet oder sich auch an anderen Orten, etwa zu Neapolis, wie angenommen wird, aufgehalten hat, läfst sich nicht bestimmt ermitteln, da seine Anwesenheit in Kampanien, die er selbst 38, 56, 3 erwähnt, eine nur vorübergehende gewesen sein kann. Vielleicht hat er sich in seinen späteren Lebensjahren, nach dem Tode des Augustus, in seine Heimat Patavium zurückgezogen; wenigstens darf man dieser müfste denn bei einem zufälligen Aufenthalte daselbst vom Tode ereilt worden sein nach der Angabe des Hieronymus Ol. 199, 1770/71 d. St. 17 n. Chr. Livius historicus Patavii moritur annehmen. Er hat also ein Alter von 76 Jahren erreicht. In Padua, wo auch Nachkommen des Historikers ihren Wohnsitz gehabt haben müssen, glaubte man, als im Jahr 1344 oder 1364 in der Nähe des Klosters oder der Kirche der h. Iustina eine Inschrift, die ein Freigelassener der Livia Quarta, der Tochter eines T. Livius, sich und den Seinen hatte setzen lassen, aufgefunden wurde, in dieser ein Denkmal des Historikers selbst und in einer nicht weit davon im Jahre 1413 ausgegrabenen Kiste auch die Gebeine desselben entdeckt zu haben; die Stadt liefs ein glänzendes Mausoleum errichten, in welchem jene Überreste beigesetzt wurden und im Jahre 1547 auch die Inschrift eine Stelle fand 5.

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Livius' wissenschaftliche Thätigkeit war teils der Philosophie zugewandt 6, teils, und wohl noch in höherem Masse,

1 N. H. 1, lib. V und VI. 2 10, 1, 39: Livius in epistula ad filium scripta. 3 Controv. 10, pr. 2, p. 459, 16 K: pertinere autem ad rem non puto, quo modo L. Magius, gener T. Livi, declamaverit, quamvis aliquo tempore suum populum habuerit, cum illum homines non in ipsius honorem laudarent, sed in soceri ferrent. 4 Praef. 5 CIL. V 1, 282. • Senec. Epist. 16, 5 (100), 9: nomina adhuc Livium. scripsit enim et dialogos, quos non magis philosophiae adnu

6 der Rhetorik. Dies geht sowohl aus der ganzen Darstellungsform in seinem Geschichtswerke, besonders in den Reden, als auch aus Stellen bei anderen Schriftstellern hervor, in welchen von ihm gegebene Regeln und Anweisungen über rhetorische Verhältnisse angeführt werden 1. Dafs Livius auch später diesen Studien nicht fremd geworden sei, zeigt die Stelle aus einer Zuschrift von ihm an seinen Sohn bei Quintilian 10, 1, 39: fuit igitur brevitas illa tutissima, quae est apud Livium in epistula ad filium scripta, legendos Demosthenen atque Ciceronem, tum ita, ut quisque esset Demostheni et Ciceroni simillimus; dagegen läfst sich nicht mit Sicherheit behaupten, dafs er selbst einmal als Lehrer der Rhetorik und Philosophie thätig gewesen sei. Am meisten und längsten hat ihn natürlich seine Geschichte des römischen Volkes beschäftigt, welcher er mit immer gleicher Hingebung seine Zeit und Kraft widmete.

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Das Werk beginnt mit der Ankunft des Aeneas in Italien und reichte wahrscheinlich bis zum Tode des Drusus, 745 d. St. 9 v. Chr.; denn dies ist das letzte Ereignis, welches aus demselben erwähnt wird, und es liegt kein bestimmter Beweis vor, dafs Livius über diesen Zeitpunkt hinausgegangen. Zwar hat man daraus, dafs das Kompendium des Florus bis zum Tode des Augustus reicht, schliefsen wollen, dafs auch die Geschichte des Livius erst hier aufgehört habe; allein es ist nicht zu übersehen, dafs Florus fast in jedem Abschnitte neben Livius andere Quellen benutzte, also die wenigen Thatsachen, welche er nach dem Tode des Drusus hinzugefügt hat, aus diesen entlehnen konnte, sich auch in der Stelle nichts findet, was darauf hinführte, dafs es aus Livius genommen sei. Dagegen ist zu bezweifeln, dafs Livius die Geschichte nur bis zum Tode des Drusus habe fortführen wollen, da dies Ereignis nicht so bedeutend ist, dafs es als würdiger Schlufspunkt eines so grofsen Werkes betrachtet

merare possis quam historiae, et ex professo philosophiam continentis libros, wo ihm die nächste Stelle neben Cicero, nach dessen Muster vielleicht diese Schriften verfafst waren, und neben Asinius Pollio eingeräumt wird.

1 z. B. Quint. 2, 5, 20: Cicero et iucundus incipientibus quoque et apertus est satis nec prodesse tantum sed etiam amari potest, tum quemadmodum Livius praecipit — ut quisque erit Ciceroni simillimus; vgl. 8, 2, 18; Seneca contr. 9, 2 (25), 26, p. 410, 21 K: Livius de oratoribus, qui verba antiqua et sordida consectantur et orationis obscuritatem severitatem putant, aiebat Miltiaden rhetorem eleganter dixisse: ἐπὶ τὸ λεξικὸν (τὸ δεξιὸν Hertz, Madvig; τῶν λέξεων Haase, Haupt) μaivovτai; vgl. 9, 1 (24), 14, p. 399, 4 K.

werden könnte; vielmehr scheint er durch den Tod oder andere Verhältnisse gehindert worden zu sein, sein Werk abzuschliefsen. Als Ziel hatte er sich allerdings wohl den Tod des T Augustus gesetzt, ein Ereignis, welches auch Tacitus als so wichtig betrachtete, dafs er seine Annalen mit demselben begann, das Livius aber um so lieber als den Schlufsstein seiner Geschichte wählen mochte, je mehr er Augustus als den Begründer der neuen Ordnung der Dinge und als seinen Freund und Beschützer achtete und seine Verdienste um den Staat anerkannte. Auch die Zahl der Bücher würde so mehr abgerundet, vielleicht bis auf 150 gestiegen sein, während sich jetzt nur Spuren von 142 volumina oder libri finden. Indes ist schon diese Zahl so bedeutend, dafs sie kaum in einer anderen Schrift des Altertums erreicht wird, und die Bemerkung Martials Ep. 14, 190:

pellibus exiguis artatur Livius ingens,

quem mea non totum bibliotheca capit

vollkommen gerechtfertigt erscheint.

Wir besitzen von dem gröfsten Geschichtswerke der Römer nur noch Bruchstücke, nämlich nur 35 von den 142 Büchern, und von diesen das 41. und 43. unvollständig; die Bücher 11-20 und 46-142 sind uns durch die Ungunst des Schicksals, wann und wie ist unbekannt, entrissen worden. Bis in das siebente Jahrh. n. Chr. finden sich einzelne Anführungen aus Büchern, die jetzt nicht mehr existieren; aber schon im Mittelalter scheint man keine anderen als die auch uns erhaltenen gekannt zu haben. Die Hoffnung, dafs hier oder dort die fehlenden Bücher sich finden würden, ist oft angeregt, aber bis jetzt immer getäuscht worden, und es lässt sich wohl kaum erwarten, dass wir je in den Besitz des ganzen Werkes kommen werden, wenn auch kleinere Stücke, wie es namentlich 1772 und mehrfach in den letzten Jahren geschehen ist, entdeckt werden mögen. Einen dürftigen Ersatz für den unersetzlichen Verlust bieten die Periochae, welche lange, aber ohne Grund, dem Florus, wahrscheinlich weil dessen Werk Epitomae de T. Livio betitelt war, beigelegt wurden. Diese Periochae sind in späterer Zeit abgefafste Inhaltsangaben, in welche für rhetorische Zwecke angelegte Verzeichnisse von hervorragenden Tugenden und Lastern verwebt sind, und erstrecken sich (von den Büchern 136 und 137 fehlen jetzt die Periochae) bis zum 142. Buche. Ein zweiter Auszug, mehr chronologischer Art, der von Iulius Obsequens bei der Aufzählung der Prodigia und von Cassiodor für seine

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Liste der Konsuln benutzt worden zu sein scheint, ist verloren gegangen.

Über den Titel des Werkes ist man lange in Zweifel gewesen. Es könnte scheinen, als ob Livius dasselbe Annales genannt habe, da er 43, 13, 2 sagt: quaedam religio tenet, quae illi prudentissimi viri publice suscipienda censuerint, ea pro indignis habere, quae in meos annales referam; aber da er vorher von Annalen (in annales referri) spricht, so giebt er durch diese Bezeichnung nur die Klasse der Schriften an, welcher er die seinige zuzählt, ohne über den Namen selbst etwas zu bestimmen. Ebenso wenig beweisen die Worte bei Plinius N. H. Pr. 16: T. Livium .. in historiarum suarum, quas repetit ab origine urbis, quodam volumine sic orsum, dafs die seit Sigonius gewöhnliche Bezeichnung: historiarum ab urbe condita libri die richtige sei, vielmehr macht es der Zusatz: quas repetit ab origine urbis wahrscheinlich, dafs der Titel anders gelautet hat. Nach einer Stelle bei Servius zu Verg. Aen. 1, 373: inter historiam et annales hoc interest: historia est eorum temporum, quae vel vidimus vel videre potuimus ..; annales vero sunt eorum temporum, quae aetas nostra non vidit, unde Livius ex annalibus et historia constat würde weder Annales noch Historiae als ein passender Titel für das Werk des Livius gelten können, ebensowenig wenn man an dem von Servius angegebenen Unterschiede beider Bezeichnungen nicht festhalten und unter Annales die der Chronik folgende Darstellung nach Jahren, unter Historiae die pragmatische Geschichte verstehen will. Livius selbst zählt an mehreren Stellen nur nach Büchern1; die ältesten und zuverlässigsten Handschriften, die Veroneser vielleicht aus dem 4. Jahrhundert, die Wiener aus dem 6. oder 7., der Putean eus gleichfalls aus dem 6. oder 7. Jahrhundert, die Bücher aus der Rezension der Nicomachi (Flavianus und Dexter) und des Victorianus, welche im Anfange des 5. Jahrhunderts vorgenommen wurde, der Bamberger Codex der 4. Dekade haben übereinstimmend unter vielen Büchern die Unterschrift: Titi Livi ab urbe condita liber I. II u. s. w.; ebenso wird das Werk in der Überschrift der ältesten Handschrift der Periochae und des Eutropius (näml. Eutropi breviarium (T. Livi) ab urbe condita) bezeichnet; in gleicher Weise endlich werden die einzelnen Bücher von Priscian und anderen Grammatikern an vielen Stellen citiert. Da nun andererseits kein Zeugnis entgegensteht, vielmehr der Eingang des

1 6, 1, 1; 10, 31, 10; 31, 1, 4.

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