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will, dafs schon Coelius den Polybios benutzt hat, was chronologisch nicht gerade unmöglich, aber bei dem Fehlen bestimmterer Anzeichen unwahrscheinlich ist; diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dafs wir ein ähnliches Verhältnis bei Diodor beobachten können, bei dem Polybios anfangs hier und da berücksichtigt, später vollständig zu Grunde gelegt wird.

In ausgedehnterem Mafse folgt Livius dem Polybios in der 39 4. und 5. Dekade, welche dem gröfseren Teile nach die Verhältnisse schildern, in welche Rom zu Griechenland, Macedonien, Syrien, Pergamum, Ägypten u. a. Ländern getreten war, für die nach Livius' eigener Erklärung Polybios die sicherste Quelle war. Livius hat in diesen Büchern fast alles, was die Römer in den erwähnten Ländern gethan und verhandelt haben, nach Polybios dargestellt; auch manches speziell die griechischen Angelegenheiten Betreffende, das zwar mit den römischen Verhältnissen nicht in Beziehung stand, aber ein ethisches Interesse hatte 2, ist aus diesem aufgenommen, bisweilen auch für die Verhandlungen der Angelegenheiten des Ostens in Rom, seltener für Ereignisse, die an anderen Orten vorgefallen sind, das Polybianische Werk benutzt 3. Je bedeutender aber und umfangreicher in dieser Zeit die Begebenheiten im Oriente sind, um so ausgedehnter ist die Anwendung dieser Quelle, wie in den macedonischen, dem ätolischen und syrischen Kriege; sie tritt weniger hervor, wo andere Gegenden der Schauplatz der wichtigsten Ereignisse sind, wie in den Zwischenräumen der erwähnten Kriege, besonders im 39.-41. Buche. Da ferner Polybios sich eine ganz andere Aufgabe als Livius gestellt und, während dieser nur die römische Geschichte, aber diese in ihrem ganzen Umfange darstellte, eine Universalgeschichte für einen beschränkten, aber wichtigen Zeitraum ausgeführt hatte, so mufste vieles von dem, was für ihn von Bedeutung war, von Livius, weil es seinem Zwecke und den römischen Verhältnissen fern lag, als fremdartig bei Seite gelassen werden, z. B. alles, was nur die östlichen Staaten, ihre inneren Verhältnisse und gegenseitigen Beziehungen betraf, und anderes, was damit in Verbindung stand. Auch vieles, was Polybios für das Verständnis und die Beurteilung des Geschehenen als notwendig betrachtete, wie die Erörterungen über den Zusammenhang der

1 33, 10, 10: nos Polybium secuti sumus, non incertum auctorem cum omnium Romanarum rerum tum praecipue in Graecia gestarum. 238, 32 f.; 39, 49; 40, 4 f. 3 37, 52 f.; 39, 33; 33, 45 f.; 34, 57 f. u. a.

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Ereignisse, über politische, militärische, geographische, kommerzielle Verhältnisse, hat Livius, weil es für seine Art der Geschichtsdarstellung nicht geeignet, zu ausführlich oder schwierig zu verstehen war, übergangen, anderes auch wohl, weil es den Römern bekannt war, nur kurz und oberflächlich berührt, bisweilen nicht ohne Nachteil für die Übersichtlichkeit der Darstellung und die klare Einsicht in den Gang der Ereignisse.

Während Livius also vieles aus dem Werke des Polybios für seine Zwecke nicht verwenden konnte, mufste er auf der anderen Seite manches vermissen, was für eine Universalgeschichte von untergeordneter Bedeutung, für die römische nicht ohne Wichtigkeit und für römische Leser notwendig oder interessant erschien. Dahin gehören die Wahlen der Magistrate und Priester, die Verteilung der Amtsbezirke; die Prodigien und deren Sühnung, Supplikationen, Lektisternien, Spiele; die Feldzüge in Hispanien, Gallien, Ligurien; die Triumphe der Feldherren u. s. w. Fast alle diese Gegenstände waren von Polybios nicht berührt oder nicht eingehend behandelt, viele aber wahrscheinlich schon in den Annales maximi kurz aufgezeichnet, dann von den Annalisten entweder einfach wiedergegeben oder durch erdichtete Schilderungen und Reden erweitert und ausgeschmückt worden. Diesen ganzen Stoff glaubte Livius nicht übergehen zu dürfen, er betrachtete ihn als einen notwendigen Teil der römischen Geschichte. Daher berichtet er in der Regel nach dem Amtsantritte der Magistrate die Verteilung der Provinzen und Heere, die Prodigien, die Einführung fremder Gesandten in den Senat und die daran sich knüpfenden Verhandlungen, die Feier der latinischen Ferien, den Abgang der Feldherren in ihre Provinzen u. a. m.; am Ende des Jahres die Wahl der neuen Magistrate, Weihung von Tempeln, Spiele, den Tod von Priestern u. s. w. In der Darstellung dieser Verhältnisse und Ereignisse folgt Livius den Annalisten und zwar, wie es scheint, vorzugsweise den späteren, Valerius Antias und Claudius, und obgleich er bisweilen auf die Widersprüche in denselben hinweist und die Übertreibungen in den Schlachtenschilderungen und Siegesberichten auffallend findet, so hat er doch darauf verzichtet, andere, zuverlässigere Quellen aufzusuchen. Das in Bezug auf Polybios beobachtete Verfahren läfst vermuten, dafs er sich auch da, wo ihm dieser nicht mehr Führer sein konnte, in höherem Mafse an die historischen als an die annalistischen Quellen gehalten, je näher er seiner Zeit kam, um so mehr die gleichzeitige Litteratur benutzt und das,

was er selbst erlebt hatte, freier und selbständiger auch nach der eigenen Erinnerung behandelt hat.

Die eben bezeichnete Art, wie Livius den geschichtlichen Stoff aus seinen Quellen zusammentrug, so verschieden sie von der Weise der modernen Geschichtschreibung ist, entsprach doch im ganzen dem Verfahren, welches überhaupt im Altertum, bei den klassischen und orientalischen Völkern, ebenso in Mittelalter gewöhnlich war, insofern der Chroniken- oder Ge- .. schichtschreiber für die Zeit, die er selbst nicht erlebt hatte, das Werk eines Vorgängers, ohne ihn zu nennen, dem seinigen zu Grunde legte, dieses nach Stoff und Form verbesserte und erst die gleichzeitige Geschichte selbständig bearbeitet hinzufügte. Die nur mit Mühe zu handhabenden Rollen, ohne Abschnitte, 41 ohne Wortabteilung, ohne Indices, erschwerten die gleichzeitige Benutzung mehrerer Werke nebeneinander; deshalb zog man eine Schrift vor und trug in diese die nötigen Veränderungen und Zusätze ein. Dafs auch die römischen Annalisten so gearbeitet haben, zeigen teils einige Fragmente aus ihren Schriften, teils die bisweilen wörtliche Übereinstimmung zwischen Livius und Dionysios in einzelnen Partieen, die nachweislich aus Annalisten entlehnt sind. Livius jedoch verfährt insofern selbständiger, als er nicht einen Annalisten durchgängig zu Grunde legt, sondern bald dem einen, bald dem anderen sich anschliefst. So hat er zwar im ersten Buche den Stoff freier behandelt; allein in den folgenden Büchern hält er sich, soweit wir erkennen können, an einen Führer so lange, bis ihn die Unklarheit oder Trockenheit des Berichtes oder der Verdacht der Unzuverlässigkeit oder andere Gründe bestimmen, einen anderen Gewährsmann zu suchen. Doch wird weder dieser noch der frühere bestimmt bezeichnet, sondern nur gelegentlich erwähnt, auch wohl am Ende des Abschnittes oder sonst an passender Stelle eine abweichende Nachricht aus anderen Annalisten angemerkt. Der Inhalt des aus einer Quelle Aufgenommenen bleibt hierbei meist unverändert, nicht aber die Form: das Unpassende wird entfernt, Ausdruck und Satzbau werden verbessert und veredelt, wie dies einzelne Stellen aus Coelius und Claudius beweisen, die wir mit den entsprechenden bei Livius vergleichen können. Am deutlichsten tritt dieses Verfahren in der Art, wie Polybios benutzt wird, hervor. In der 3. Dekade wird der Bericht über Heereseinrichtungen, Kriegszüge, Schlachten, Begebenheiten in aufseritalischen Ländern häufig nach Polybios gegeben und in die, wie es scheint, ursprünglich nicht sehr ausführliche Darstellung

des Coelius (das 1. Buch desselben umfafste materiell so viel, wie das 21. und 22. Buch des Livius) in der Art verwoben, dafs eine äufserlich kaum mehr wahrnehmbare Verschmelzung der beiden Quellen erfolgte. In der 4. und 5. Dekade dagegen nimmt Livius grofse Abschnitte, nur selten durch anderswoher entlehnte Nachrichten unterbrochen, aus Polybios und begnügt sich oft, dieselben frei, nicht nach den Worten, sondern nach 42 dem Sinne zu übersetzen; er gestaltete auch wohl dies oder jenes nach sprachlichen oder rhetorischen Gesichtspunkten um, so dafs er die Gedanken bald in derselben Folge, wie er sie fand, an einander reiht, bald, besonders in den Reden, anders ordnet, bald einfach den Inhalt des Originals wiedergiebt, bald einzelnes übergeht, anderes durch erklärende Zusätze erweitert, vorzüglich aber sich bemüht, die einfache, nach Wahrheit strebende Darstellung des Polybios durch eine auf Effekt berechnete zu ersetzen, wobei Mifsverständnisse und infolge des lebhaften. Nationalgefühls des Schriftstellers auch Entstellungen unterlaufen. An diese Abschnitte reiht er dann, ohne den Wechsel in der Quelle immer zu bezeichnen, Stücke aus einem Annalisten. Diese Stücke stehen neben den aus Polybios genommenen, obgleich in Form und Sprache gleich gestaltet, doch unvermittelt, weil hier die Gegenstände anders als in jenen behandelt sind, weil in ihnen die bei Polybios herrschende Wahrheit und Sicherheit der Angaben fehlt, weil überhaupt denselben ganz andere Anschauungen zu Grunde liegen, so dafs man leicht den verschiedenen Ursprung beider erkennen kann, während die nur aus Annalisten geschöpften Abschnitte in den früheren Büchern, da sie im ganzen gleichartig waren, leichter und enger mit einander verknüpft werden konnten.

Eine Folge dieser Art den Stoff zusammenzustellen ist die Ungenauigkeit, die sich mehrfach in der Darstellung bei Livius findet. Denn da er die Quellen nicht im Zusammenhange las,

So sind in der 4. und 5. Dekade teils Valerius Antias, teils Claudius entnommen: 31, 1, 6-14, 2. 19, 1-22, 3. 47, 4-50, 11; 32, 1, 1-3, 7. 6, 5-9, 5. 26, 1-31, 6; 33, 21, 6-27, 4. 36, 1—37, 12. 42, 1-45, 5; 34, 1, 1-10, 7. 15, 9-16, 2. 22, 1-3. 41, 8-48, 1. 52, 4 -57, 1; 35, 1, 1-11, 13. 20, 1-24, 8. 40, 2-41, 10; 36, 1, 1-4, 10. 36, 1-40, 14. 45, 9; 37, 1, 1—4, 5. 46, 1-52, 6. 57, 1-59, 6; 38, 17, 1-20. 35, 1-36, 10. 42, 1-60, 10; 39, 1, 1-23, 4. 29, 4-32, 15. 38, 1-46, 5. 54, 1-56, 7; 40, 1, 1-2, 5. 16, 4-19, 11. 25, 1-53, 6; 41, 1, 1-18, 14. 21, 1-22, 3. 26, 1-28, 11; 42, 1, 1-4, 5. 6, 4-11, 3. 18, 6-28, 13. 30, 8-36, 8; 43, 1, 4-17, 1; 44, 13, 12-22, 3; 45, 1, 6-4, 1. 12, 9-18, 8. 20, 4-25, 2. 35, 1-40, 5. 42, 2-44, 18.

sondern die Abschnitte, die er gerade bearbeiten wollte, einzeln zur Hand nahm und, ohne vor- und rückwärts zu blicken, sich auf den Gegenstand, mit dem er beschäftigt war, beschränkte, hat er es nicht immer vermieden, dieselbe Sache zweimal, bisweilen in verschiedener Weise zu erzählen, wenn die Annalen, denen er an den einzelnen Stellen folgte, sie unter verschiedenen Jahren berichteten 1; oder er kommt mit sich selbst in Widerspruch 2, oder er verwechselt die Personen 3. Auch sonst 43 stimmen die Angaben an verschiedenen Stellen nicht überein 4; manches erwähnt er als bekannt, hat es aber vorher auszuführen vergessen 5. An anderen Stellen wird auf etwas Künftiges hingewiesen, dies aber dann anders erzählt oder übergangen. Wo er Polybios benutzt, hat er an manchen Stellen den griechischen Ausdruck aus Unkenntnis oder Mangel an Sorgfalt nicht verstanden oder unrichtig wiedergegeben 7; an anderen Stellen ist durch Umänderungen, Umstellung der Wörter, Zusätze oder Weglassungen der Sinn des Originals verändert oder durch ungenaue Übersetzung, durch Suchen nach einer schönen Wendung oder Pointe getrübt und entstellt. Selten nur hat er aus Unkenntnis des Ausdruckes oder der

12, 16, 8. und 30, 19, 10; 29, 8 und 41, 6; 45, 15, 8 u. a.

17, 7 und 22, 1. 25, 5; 21, 7 und 27, 5; 29, 38, 1 29, 22, 10 und 34, 44, 6; 36, 21, 10 und 39, 1; 39, 43, 9, 4 f. und 43, 18, 5 f.; 43, 15, 6 f. und 44, 16, 8; 2 wie 5, 18, 2, wo die Konsulartribunen andere sind als die 5, 12, 10 und 13, 3. 34, 30, 12 und 30, 15. 31, 1; 6, 6, 13 und 9, 5; 27, 7, 11 und 10, 12. 22, 5; 33, 21, 9 und 32, 28, 2 u. a. So giebt er 4, 29, 6 den Grund des Beinamens Imperiosus anders an als 7, 4, 5; 24, 10, 3 wird ein Prätor in Gallien erwähnt im Widerspruch mit 23, 25, 6; 23, 30, 8 wird Lokri karthagisch, 24, 1, 2 ist es noch römisch; 26, 16, 8 f. und 34, 2 f. wird über die Strafe der Kampaner Verschiedenes berichtet; 39, 44, 11 hat der Konsul Porcius gegen die Ligurer nichts gethan, 40, 34, 4 aber in einer Schlacht einen Tempel gelobt; vgl. 21, 25, 3; 30, 19, 7 und 27, 21, 10; 34, 53, 7 und 35, 41, 8; 30, 44, 4 und 32, 2, 1. 3; 40, 34, 14 u. a. 5 Der Senat besteht z. B. 2, 1, 10 aus 300 Mitgliedern, obgleich diese Zahl vorher nicht angegeben ist; 26, 33, 10 und 27, 9, 7 werden Satricum und Sutrium als Kolonieen erwähnt, aber 9, 28, 7 (vgl. 9, 16, 2) übergangen; ebenso die Expedition des Prätors P. Furius 23, 21, 2, das eine der 29, 11, 3; 30, 23, 5 erwähnten Konsulate des Laevinus, die Einführung der sibyllinischen Bücher, der Ädilität und andere Einrichtungen, späterhin das Plebiscit 27, 6, 7, die lex Oppia 34, 6, 2 u. a. Namentlich sind die Veränderungen in der Verteilung der Provinzen und Legionen nicht immer genau angegeben; s. 24, 10, 3. 44, 6; 25, 41, 13; 26, 17, 1; 31, 50, 11 u. s. w. 6 6, 42, 6 und 7, 10, 5. 7 33, 8, 13. 13, 7 (vgl. 35, 35, 18); 38, 7, 10; ebenso 33, 5, 12 (vgl. Pol. 18, 18, 14); 33, 12, 5 (vgl. Pol. 18, 37, 1); 36, 29, 1 (vgl. Pol. 20, 10, 15) u. a.

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