Immagini della pagina
PDF
ePub

die Zeit, in welcher die Geschichte der bedeutendsten Völker mit der der Römer verknüpft war, über den immer mehr sich häufenden Stoff die Übersicht zu erhalten oder zu erleichtern.

Doch hat Livius von dieser Behandlungsweise einen anderen Gebrauch gemacht in der früheren, nur nach den Annalisten erzählten Zeit, als in der späteren; in jener beginnt jedesmal ein Buch mit einem neuen Magistratsjahre, in dieser nur wenige, nämlich das 26., 30., 32., 36., 37., 40., 42.; nach kurzen Einleitungen das 22. und 25.; selbst die beiden ersten Bücher der beiden grofsen Abteilungen, das 21. und 31., fangen nicht mit. vollen Jahren an, sondern greifen weiter zurück, so dafs erst 54 21, 6, 3 und 31, 5, 1 die Konsuln genannt werden. In der früheren Zeit konnten die wenigen oder kürzer dargestellten Begebenheiten leicht mit dem Jahre abgeschlossen werden; in der späteren war es teils, um die grofse Fülle der Ereignisse durch die Trennung übersichtlicher zu machen, angemessen, sie in verschiedene Bücher zu verteilen, indem bald das, was in verschiedenen Ländern 1, oder, wie bei Polybios, was in verschiedenen Jahreszeiten geschieht 2, oder was von verschiedenen Parteien ausgeführt ist, abgesondert dargestellt wird, teils aber auch, um die Bücher selbst, indem sie in einander übergreifen, als Teile eines gröfseren Ganzen erscheinen zu lassen. Schon aus den Einleitungen zu einzelnen Büchern 3, denen wir, wie man aus Plinius N. H. pr. 16 sieht, mehrere andere hinzufügen könnten, wenn das ganze Werk erhalten wäre, sowie aus der Überschrift von Per. 109-116: qui est civilis belli primus, secundus u. s. w. geht hervor, dafs Livius die einzelnen Bücher nicht einfach an einander gereiht, sondern zu gröfseren Ganzen vereinigt hat. Ob es seine Absicht war, das Werk nach Dekaden zu ordnen, mufs wenigstens zweifelhaft erscheinen; für den letzten Teil desselben ist diese Annahme geradezu abzuweisen. Denn wenn das 109.-116. Buch eine Gruppe für sich bildeten, so konnten die vorhergehenden und folgenden nicht nach Dekaden eingeteilt sein. Aber auch in den früheren Büchern können nur in beschränktem Masse Dekaden nachgewiesen werden. So sind die ersten 10 Bücher, von denen überdies das 2. und 6. mit besonderen Vorreden beginnen, so dafs das 1., das 2.-5. und das 6.-10. als besondere Teile bezeichnet werden, kein abgeschlossenes Ganze, sondern es mufs das 11. als Abschlufs der samnitischen Kriege 5 hinzugenommen werden, und so konnten 233; 44; vgl. 22. 3 2, 1; 4 Vgl. S. 11.

1 25; 27; 35; 37; 38; 39; 43. 6, 1 (vgl. 7, 29); 21, 1; 31, 1.

7, 29, 2.

[ocr errors]

das 12.-20. Buch gleichfalls keine Dekade sein; wohl aber sind die Bücher 21-30 eine vollständige Dekade. Dagegen kann wieder das 40. Buch nicht als Schlufs einer Dekade betrachtet werden; schon 39, 23, 5 tritt der Krieg mit Perseus in den Vordergrund; der Tod Philipps wird 40, 57, 2 nicht als Abschlufs des Vorhergehenden erwähnt, sondern: peropportuna mors Philippi fuit ad dilationem et ad vires bello contrahendas; der Abschlufs erfolgt erst im 45. Buche. Der Anfang des dritten punischen Krieges war im 49., das Ende im 51. Buch erzählt; sollte derselbe in zwei Dekaden zerstückelt gewesen, der hier gerade so bedeutende Inhalt einer blofsen Form geopfert worden sein? Auch im 60. Buche findet sich schwerlich ein Moment, das be- 55 deutend genug wäre, um den Schlufs eines gröfseren Ganzen zu motivieren; vielmehr würden die in diesem und dem folgenden Buche geschilderten Unternehmungen des Ti. Gracchus durch die Annahme desselben in zwei Teile zerstreut. Wahrscheinlicher ist, dafs der Bundesgenossenkrieg im 71. bis 80. Buche eine Dekade bildete. Dagegen hält es wieder schwer zu glauben, dafs mit dem 90. Buch deshalb eine Dekade schlofs, weil im Anfang desselben der Tod Sullas berichtet wurde, da dann der Anfang des sertorianischen Krieges von der Fortsetzung desselben getrennt werden würde; ebenso eng ist das 100. Buch mit dem folgenden verbunden, da in jenem Pompeius den Oberbefehl gegen Mithridates erhält, in diesem aber den Krieg führt. Diese Übelstände würden noch schärfer hervortreten, wenn man die Dekadeneinteilung nicht als eine blofse Form betrachten, sondern ihr eine praktische Bedeutung geben und annehmen wollte, dafs jede einzelne Dekade für sich herausgegeben und so auch für die Leser das Zusammengehörige zerstückelt worden sei. Livius selbst spricht, wo er auf die bereits von ihm bearbeiteten Teile zurückblickt 2, nicht von Dekaden, sondern fafst je 15 Bücher, von denen die erste Reihe schwerlich in eine ganze und eine halbe, eher in eine halbe und eine ganze Dekade geteilt war, zusammen, um den grofsen Unterschied der in diesen beiden gleich grofsen Abteilungen behandelten Zeiträume recht anschaulich zu machen. Ebenso wenig kennen die Grammatiker die Dekaden, sondern sie werden nur in einem Briefe des Papstes Gelasius vom J. 496 erwähnt. Da Livius sein Werk nach und nach in einzelnen Teilen herausgab, so konnte es ihm wohl passend scheinen, einzelne Partieen, die sich dazu eigne

[blocks in formation]

ten, in 10 Büchern zu veröffentlichen, ohne sich den Zwang aufzulegen, das ganze oder den gröfsten Teil desselben in dieser Weise zu zerlegen und bisweilen, um nur die Form zu retten, dem Stoffe Gewalt anzuthun.

Als Polybios in schon vorgerücktem Alter nach vielseitigen Studien und einem an den mannigfaltigsten Erfahrungen reichen Leben sein Geschichtswerk begann, konnte er einen so detaillierten Plan über die Einteilung und Anordnung des Stoffes an die Spitze stellen 1, dafs er hoffen durfte, es werde ein anderer, wenn ihm selbst die Vollendung versagt wäre, denselben aus56 führen. Man kann nicht glauben, dafs Livius, als er einige dreifsig Jahre alt, in der Rhetorschule, nicht im praktischen Staatsleben gebildet, sein Werk zu schreiben begann, einen an Umfang und Schwierigkeit den von Polybios behandelten weit überragenden Stoff so durchgearbeitet und beherrscht habe, dafs er imstande gewesen wäre, ehe er die Hand an die Ausführung legte, eine bis in das Einzelne gehende Disposition des Werkes aufzustellen. Hätte er vorher alle Teile und Unterabteilungen auf das genaueste bestimmt und die Zahl der Bücher, die jede umfassen sollte, festgesetzt, überdies beide nach einem gewissen Zahlenschema von 550, 100, 50, 34 Jahren verteilt, in einzelnen Büchern jedesmal den Tod bedeutender Männer sowohl an eine hervorragende Stelle gesetzt als auch, wenn sie in irgend einer Beziehung mit einander zu vergleichen waren, für Bücher, die in einem gewissen Zahlenverhältnis zu einander stehen, aufgespart, so müsste man gestehen, dafs er, an Umsicht und Arbeitskraft Polybios weit überlegen, in wenigen Jahren ein ungeheures Material vollständig und gründlich durchforscht und sinnreich geordnet, oder aber, dafs er ein solches Schema nach einer oberflächlichen Kenntnis des Gegenstandes entworfen und diesen nach jenem zugeschnitten habe. Im ersten Falle müfste man annehmen, er habe vor dem Beginne des Werkes alle Quellen, die er benutzen wollte, durchmustert, um die nötige Zahl der Bücher zu gewinnen und die Bücher weder zu lang noch zu kurz werden zu lassen, und das, was er aus denselben aufnehmen oder weglassen, was er hinzuthun und wie er es ordnen wolle, auf das sorgfältigste festgestellt. Dafs aber eine solche Vertrautheit mit den Quellen, eine solche Auswahl des Stoffes bei Livius nicht anzunehmen sei, zeigt das oben nur angedeutete Verfahren desselben; viele Versehen und Ungenauigkeiten würden gar nicht möglich gewesen sein, wenn er den

1 Pol. 1, 2. 13; 3, 1-4.

Stoff vollkommen beherrscht hätte. Und wäre er wohl über das Anwachsen des Materials so erstaunt und über das stete Zunehmen desselben so in Sorge gewesen, wie er es ausspricht, wenn er bereits alles vorher nicht allein gekannt, sondern auf das genaueste Einteilung und Zahl der Bücher disponiert gehabt hätte? Oder wie wäre seine Äufserung in der S. 11 angeführten Stelle des älteren Plinius zu erklären, wenn er bereits die Zahl der Bücher bestimmt und ein gewisses Ziel sich vorgesetzt hätte? Aber auch das Zahlenschema ist nicht ohne Bedenken. Hat wohl 57 Livius einen Abschnitt mit dem 30. Buche oder mit dem 108. geschlossen, weil hier ein Jahrhundert, dort fünf und ein halbes Jahrhundert zu Ende ging, oder weil Scipio den zweiten punischen Krieg, Caesar die Eroberung Galliens beendigt hatte und im Begriff stand, die Waffen gegen die Aristokraten zu wenden? Die in den Buchern 69 und 70 geschilderten Ereignisse mufsten zum Bundesgenossenkrieg gezogen werden, der erst im 71. beginnt, um 100 Jahre für die Zeit von dem Ende des zweiten punischen Krieges bis zu diesem zu gewinnen. Ebenso verschwindet fast die Zerstörung Karthagos, und der cimbrische Krieg tritt in Schatten, wenn man annimmt, dafs der Krieg mit Viriathus, der übrigens schon B. 47 angesetzt wird, während er erst B. 52 beginnt, gegen Numantia und Jugurtha parallel gestellt werden sollte u. a. Dafs Livius bedeutenden Männern seine besondere Teilnahme zuwendet, ist oben bemerkt, ebenso, dafs er sie bei ihrem Tode feiert; aber dafs dies am Ende der Epoche, für die sie gewirkt haben, geschehe, wird sich nicht bei vielen und bei manchen von denen, bei denen es möglich scheint, überhaupt nur künstlich nachweisen lassen. So steht das Lob des Camillus am Anfange des 7. Buches, wie das des Sulla am Anfange des 90. gestanden hat, welches überdies, wie schon oben erwähnt wurde, zu der folgenden Gruppe gehört. Dafs der Tod des Caesar, Brutus und Antonius je am Ende einer Gruppe berichtet wird, liegt in der Natur, der Sache, ebenso der des Marius; aber der des Fabius wird 2 Jahre vor dem Ende des Krieges berichtet; der des Aemilius Paulus in einem Buche, das besser zum Folgenden gezogen, denn als Schlufs der vorhergehenden Reihe betrachtet wird; eben dahin wird der Tod des Perseus gesetzt, dem wohl ebensowenig eine Laudatio zu teil geworden ist wie dem Philippus und Jugurtha.

131, 1, 5: iam provideo animo, veluti qui proximis litori vadis inducti mare pedibus ingrediuntur, quidquid progredior, in vastiorem me altitudinem ac velut profundum invehi et crescere paene opus, quod prima quaeque perficiendo minui videbatur.

Der Tod Scipios des älteren ist sogar zweimal erwähnt, und gerade an der unrechten Stelle ist ihm eine Laudatio gewidmet worden, was bei einer Disposition, wie sie vorausgesetzt wird, nicht möglich gewesen wäre. Wie aber die Annahme eines solchen Planes unter der Voraussetzung, dafs Livius den ganzen historischen Stoff beherrscht habe, bedenklich und die Durchführung desselben unsicher sein würde, so wird man auch zweifeln, dafs er bei seiner Redlichkeit und Einfachheit eine so kunstvolle Disposition ohne genaue Kenntnis des Materials blofs erdacht und sich als Fessel angelegt habe. Dagegen ist nicht zu bezweifeln, dafs er von Anfang an den Plan hatte, mit Ausschlufs der Geschichte fremder Völker 2, die des römischen Volkes in ihrem ganzen Umfange darzustellen 3, und dafs er diese in zwei Teile 58 geschieden hat. Deutlich unterscheidet er in der Vorrede durch festinantibus ad haec nova (§ 4) und nostra aetas (§ 5) die neue Zeit von der alten und bezeichnet durch haec und nostra bestimmt genug die, in welcher er selbst und seine Zeitgenossen leben. Dafs er diese von dem Beginne des Bürgerkrieges zwischen Caesar und Pompeius an rechne, ist teils an sich wahrscheinlich, da er bei dem Beginne desselben etwa das zehnte Jahr erreicht hatte, teils wird es durch die neue Überschrift dieses Teils, durch das erste Buch des Florus, welches mit dem Jahr 700 schliefst, und die S. 8 angeführte Bemerkung des Servius bestätigt. Dieselbe Einteilung wird in der Vorrede angedeutet durch donec ad haec tempora.. perventum est (§ 9) und nuper (vielleicht wie bei Sallust zur Zeit der Proskriptionen Sullas) divitiae avaritiam. . invexere (§ 12). Ebenso steht fest, dafs Livius mit Ausnahme der ersten Bücher über die republikanische Zeit, in welche er die von den späten Annalisten weitläufig ausgeführten politischen Verhandlungen aufgenommen hat, nur selten die inneren Verhältnisse, die Verfassung, das Kriegsfinanzwesen, den Handel u. s. w. berührt, vielmehr vorzugsweise die Kriege darstellt. Die wichtigeren derselben sind der Kern, um den sich das Übrige meist als Vorbereitung und Einleitung gruppiert. Ob er diese aber nach den beiden Zeitabschnitten, welche die Grundlage des Ganzen bilden, in bestimmte Unterabteilungen gesondert hat, um die Übersicht zu erleichtern und das grofse Ganze passend zu gliedern (als Mittel standen ihm dazu sowohl kurze Zusammenstellungen, wie der liber an

138, 53, 8 und 39, 50, 10; 29, 29, 5; 35, 40, 1; 39, 48, 6.

2 8, 24, 18;

vgl. 52, 1 und 9.
3 Pr. 1; 21, 1, 1; 31, 1, 2.

« IndietroContinua »