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als Bilder für gewisse Erscheinungen, sondern dem Glauben der

Urzeit gemäss als in der Natur lebende und sich in den verschie-

denen Naturerscheinungen bekundende Wesen. Damit legt es

zugleich die „reale" Grundlage, auf der der Götterglaube der

Griechen und Deutschen überhaupt und mittelbar auch der der

übrigen Völker erwachsen ist, indem durch ein gelegentliches

Hineinziehen der anderen Mythologien sich auch für diese die-

selbe Grundlage erweist. Daher der umfassendere Titel „der

Ursprung der Mythologie dargelegt an griechischer und deut-

scher Sage".

Schon ein einfacher Blick in den Index ergiebt, dass Wol-

ken, Sturm, Blitz, Donner, dann auch Regen und Regenbogen
in der mannigfaltigsten Auffassung als Symptome der Wesen
und des Treibens einer andern Welt den Mittelpunkt aller my-
thologischen Gestaltung gebildet haben. Die Erde nahm der
Mensch hin als etwas, was er instinctmässig gleichsam be-
herrschte; selbst das Gehen und Kommen der Himmelskörper
liess die Gewohnheit ruhiger hinnehmen; aber jene ab und zu
auftretenden, geheimmnissvollen, wunderbaren Erscheinungen
und Wandlungen erregten seine Aufmerksamkeit und Phantasie,
und indem er sie nach den irdischen Verhältnissen deutete, er-
zeugten sie in bunter, von Geschlecht zu Geschlecht sich er-
neuender oder wenigstens modificirender Anschauung immer neue
mythologische Glaubenselemente, die je nach der Verbindung,
in welche sie die Naturerscheinungen selbst brachten, sich zu
einer zwar mehr oder minder lückenhaften, aber bei aller Ba-
rockheit der Anschauung doch grossartig phantasievollen „Ge-
schichte des Himmels" gestalteten, deren durch die Tradition
getragene Reminiscenzen die Mythen sind. Barock erscheint

von dem Fortrücken der Sage, von der Perspective auf die Cultur und Geschichte

der Urzeit, welche die Mythologie, so aufgefasst, eröffnet; von der wilden Jagd

als Sturm- und Windsbrauttreiben, dem Eber als Sturmesthier und der Schlange

als Blitz.

es dem über die Naturerscheinungen aufgeklärteren Verstande, die grosse Gewitterwolke als ein an den himmlischen Regenwassern heraufkommendes Wasserthier, eine Fischotter oder Robbe, den Blitz als einen in dem Himmelsmeer hin- und herschiessenden Hecht oder eine Schlange, den Regenbogen als den Schmuck oder gar den Ring der Himmelswesen anzusehen, die grosse Gewitterwolke für einen Riesenkopf, die kleine für einen Zwerg zu halten, vor dem Verstande hat dies Alles nicht mehr Bestand, aber dennoch sind es höchst poetische Anschauungen, die zum Theil noch bei unsern Dichtern wiederklingen, vor Allem sind sie dasjenige, woran der menschliche Glaube und auch das menschliche Denken über diese Dinge überhaupt sich zunächst angelehnt und entwickelt hat.

Wenn aber so von Anfang an thier- und menschenähnliche Auffassung neben einander Platz greifen konnte, tritt doch zu Anfang ein Ueberwiegen der ersteren hervor, und so bildet sie denn auch im folgenden Buche überall den Ausgangspunkt der Untersuchung, wenn gleich die ganze übrige Masse der Mythologie, Zwerg-, Riesen-, Heroen- und Göttersage, sich als eng verwachsen mit diesen Urelementen ergiebt. Denn selbst die entwickelteste Naturbetrachtung knüpfte an die Glaubenselemente an, die sie vorfand, und wenn sie auch bei zunehmender Beobachtung und der Erkenntniss von Beziehungen und Regelmässigkeit in der Natur, namentlich durch das Hineinziehen der Himmelskörper in ihre Betrachtung der Veränderungen in der Natur, allmählich die Vorstellung göttlicher Wesen bildete, hafteten doch auch an diesen noch immer Formen der ersten Vorstellung. Dieser Stufengang der Naturbetrachtung und Mythenbildung bricht deshalb auch im Folgenden schon stellenweise hervor, ja es ergeben sich auch hier schon fast alle Grundelemente der griechischen und deutschen Heroen- und Göttersage innerhalb des der Untersuchung gesteckten Kreises. Beides weiter fortzuführen muss weiteren Untersuchungen vor

behalten bleiben, namentlich gedenke ich bald die gelegentlich schon hier entwickelten Elemente der Siegfried - so wie der Odysseus-Sage zu einem Kreise zu gruppiren, und in ihnen die fortgeschrittene Naturbetrachtung in Verbindung mit der mythologischen Schöpfung der Heroensagen darzustellen. Wenn diese sich aber noch zum Theil inmitten des riesenhaften und zwergartigen Charakters der mythischen Wesen bewegen, würde dann die Darstellung der Herausbildung der göttlichen Gestalten, mit dem die Mythologie erst ihren Abschluss erreicht, die dritte und letzte Aufgabe einer Schöpfungsgeschichte der Mythologie sein, wie sie mir vorschwebt.

Aber wie gesagt, auch innerhalb dieses Buches entfaltet sich uns schon der Himmel als ein nicht bloss von Thieren, sondern auch von menschenähnlichen Wesen bevölkertes Land, die sich als die Zwerge, Riesen, Helden und Götter der Sage darstellen. Bald ist es ein aufblühender Blumengarten, den der Glaube in den sich entwickelnden Wolkenbildungen fand, bald schienen gewaltige Wolkenbäume mit leuchtenden Blüthen und Früchten am Himmel zu entstehen; in allen möglichen Spielarten schienen die Pflanzen, schienen diese Bäume zu schillern, je nachdem diese oder jene Himmelserscheinung dieses oder jenes Analogon bot. Dort am Himmel erblühte u. A. der Narkissos mit seinen hundert Dolden, den Persephone brach, der Himmel und Erde mit seinem betäubenden Dufte erfüllt hatte, dort die Blumen, welche die Sonnenrosse weideten, dort des Kronos Garten; dort liess Zeus den Hesperiden-Baum mit seinen goldnen Aepfeln entstehn, als er sich der Hera im Gewitter nahte. Dort entstand des Zeus,prophetische" Eiche, in Analogie zu der finnischen Himmelseiche, die Sonne und Mond verbarg. Am Himmel erblühte anderseits auch die Mistel, durch die Baldur im Gewitterkampf fiel; dort sah man in den Blitzen himmlische Rankengewächse, Epheu- und Weinreben, in den Blitzestropfen speciell dann nach griechischer Sage rothe Beeren leuchten, oder

nach deutscher himmlische Erbsen blitzen in den Feldern dort oben, welche die Gewitterzwerge bestahlen, bis ihnen die Nebelkappen abgeschlagen wurden, dass sie verschwanden, und dergl. mehr. Dann war es aber wieder kein Garten, sondern Wolkenberge, die dem Blick sich zeigten, oder der Regen weckte die Vorstellung von himmlischen Seen und Flüssen, so dass zu einem Wasserreich die Landschaft verwandelt schien. Derartig war das Terrain, wo dann wieder im Sturm, Blitz und Donner die himmlischen Schlangen und Wölfe, Stiere und Pferde, Böcke und Hasen auftraten, die Wolkenvögel geflogen kamen oder als Wolkenschwäne zu den himmlischen Wassern herbeikamen, sich zu baden. Wenn aber hierbei der Regenbogen z. B. als Schwanring galt oder als Gürtel des im Sturm dahin heulenden, die Wolken zerreissenden Werwolfs, ward er anderseits zum Gürtel der Aphrodite wie der Freyja, oder galt als Gürtel, den sich die Himmlischen überhaupt als Stärkegürtel umschnallen, wie besonders beim Thor hervortritt, oder als Gegenstand des im Gewitter dort oben losbrechenden Kampfes. Aber nicht bloss diesem Gürtel oder dem im Gewitter leuchtenden Himmelsschatze gilt dieser Kampf, das sind wieder schon mehr Anschauungen innerhalb eines bloss menschlich gedachten Kreises: dem furchtbaren Gewitterdrachen an sich, dem Sturmeswolf, dem Donnerbullen galt ebenso dieser Kampf. Da entwickeln sich die Heldengestalten eines Siegfried und Herakles, und zeigen sich als die Prototype des Thor so wie des Zeus und Apollo. Und wenn diese Gestalten sich an die himmlischen Schlangenungeheuer anlehnen, so schliessen sich den im Donnergalopp einherjagenden Himmelsrossen Poseidon, Hades und auch Zeus wieder in anderer Weise an, grade wie Odhin und Baldur. Zeus, Poseidon und Hades, sie alle fahren mit diesen Rossen oder nehmen, wie Poseidon und Kronos, ihre Gestalt an, aber je nach der Scenerie, in der sie auftreten, werden sie dabei in anderer Weise aufgefasst und ausgestattet. Poseidon buhlt einfach im Unwet

ter mit der Demeter, wie Kronos mit der Philyra; mit seinen Donnerrossen kommt der als Unterwelt- oder Todtengott gedachte Hades am Himmel heraufgefahren und entführt die Persephone, und der ganze Gewitterhimmel versinkt mit ihm wieder in die Tiefe und bevölkert die griechische Unterwelt, wie die der deutschen Hel. Während aber in des Poseidon Hand, als des Herrn der himmlischen Wasser, der Blitz als Dreizack erscheint, galt er in des Hades Hand als Stab, mit dem dieser die Schaaren der Todten lenkt, die im Sturm und Unwetter als die finsteren Gesellen dahinziehen. Er hat auch noch den unsichtbar machenden Wolkenhelm, den deutschen Oegishelm oder die Tarnkappe; bei ihm hat er freilich keine Bedeutung mehr, die tritt aber hervor, wenn dieses unsichtbare Wolkenwesen als Perseus wie als Siegfried mit seiner Tarnkappe den Gewitterkampf besteht. Dem vorüberziehenden Todtenreich des Hades stellt dann wieder sich der Zug des goldstabigen Hermes zur Seite, wie auch in deutscher Sage der Todtenzug der Berchtha, das Unterweltsreich der Hel, ja auch das Wassertodtenreich der Rân sich als desselben Ursprungs ergeben. Die Localisirung der Gewitterwesen im Wasser oder in der Tiefe, aus der sie erst am Horizont heraufkommen, vervielfältigte schon einfach dieselben Gestalten und liess sie sich verschieden entwickeln. Aber auch auf ganz andere Gebiete der Anschauung geht die Scene über. So ist des Dionysos Zug nur eine Spielart des Hermes oder Hades - Zuges, bei ihm ist der Blitzstab zum Thyrsos-Stab geworden, mit dem sein Gefolge geschmückt ist, er ist eine wilde Jagd ohne den Zweck der Jagd nur in der Raserei des himmlischen Treibens selbst, wie es das himmlische Nass zu erzeugen schien, welches der Gewittervogel den Himmlischen gebracht, oder das im himmlischen Braukessel gebraut oder von dem himmlischen Weinstock, der im Gewitter leuchtete, gewonnen war. Denn dort oben lebte man dem Glauben nach wie hier unten. So sehen wir Demeter und Triptolemos

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