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Wenn Vellejus Paterculus (*) erzehlen will, daß Plancus, einer von den Anhängern des Marcus Antonius, den Glaucus nachgemacht habe, welches ein berühmter Fischer gewesen war, von welchem die Alten glaubten, daß er in einen Triton verwandelt worden, nachdem er sich in das Meer gestürzt, weil er von einem gewissen Kraute gegessen, welches ihn rasend gemacht hatte: so sagt dieser Geschichtschreiber, daß Plancus in einen Meergott verkleidet, auf den Knien gegangen sey und das Abendtheuer des Glaucus getanzt habe. Cæruleatus & nudus, caputque redimitus arundine & caudam trahens, genibus innixus, Glaucum faltaffet. Ein Mensch aber, welcher auf den Knien wirklich getanzt hätte, würde ein sehr närrischer Anblick gewesen feyn.

Das was Quintilian sagt, wenn er beweisen will, wie nothwendig es sey, die Kinder in die Schulen zu schicken, wo sie die Kunst der Saltation lernen könnten, könnte allein hinreichend seyn, zu beweisen, daß die Kunst der Gebehrden der vornehmste Theil derselben gewesen sey. Man muß sich nicht schåmen, sagt dieser Schriftnak steller, dasjenige zu lernen, was man einmal ausüben muß. Uebrigens, fügt er hinzu, ist die a Chironomie, welches die eigentliche Kunst der Gebehrden bedeutet, eine Kunst, welche schon feit den heroischen Zeiten bekannt ist. Die größ23

(*) Libr. fecundo Hift.

ten

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ten Männer Griechenlands, nnd Sokrates selbst, haben sie gebilliget. Sehen wir nicht noch aus der alten Stiftung der tanzenden Priester des Mars, daß unsere alten Römer diese Kunst nicht für unanständig müssen gehalten haben? Und ist dieser Gebrauch nicht bis auf uns, ohne jemals getadelt zu werden, fortgepflanzet wors den? Doch aber muß man den Lehrmeister hierinne nicht länger behalten, als die Jahre der Kindheit hindurch, und sich von dieser Uebang nichts natürlich machen, als die Anmuth und das leichte Tragen des Körpers. Die Gebehrden des Redners müssen von den Gebehrden des Tänzers sehr unterschieden seyn. (*) Et certe quod facere oporteat non indignum eft difcere, cum præfertim hæc Chironomia, quæ eft, ut nomine ipfo declaratur, lex geftus, & ab illis heroicis temporibus orta fit, & a fummis Græciæ viris & ab ipfo etiam Socrate probata Neque id veteribus Romanis dedecori fuit. Argumentum eft facerdotum nomine durans ad hoc tempus, faltatio. Cujus etiam disciplinæ ufus in noftram ufque ætatem fine reprehenfione defcendit. A me autem non ultra pueriles annos retinebitur, nec in his ipfis diu. Neque enim geftum Oratoris componi ad fimilitudinem faltatoris volo, fed fubeffe aliquid ex hac exercitatione.

Quint. Inft, lib. pr. cap. 13.

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Gleichwohl hat uns Macrobius das Fragment einer Rede des Scipio Aemilianus aufbehalten, in welcher dieser Zerstöhrer Karthagos sehr heftig wider die Linbequemlichkeiten redet, von wels chen man nicht leicht die Schulen, in welchen man die Kunst der Gebehrden lehrte, befreyen konnte. Unfre jungen Leute, sagt Scipio, gehen zu den Komödianten in die Schule, um von ihnen recitiren zu lernen, eine Liebung, welche unsere Voråltern als eine Profeßion der Skla ven betrachtet haben.. Ja was noch mehr ist, freygebohrne Knaben und Mädchen besuchen die Schulen, wo man die Kunst der Saltation, lehret. In was für einer Gesellschaft befinden fie sich wohl daselbst? (*) Eunt in ludum hiftrionum, difcunt cantare, quod majores noftri ingenuis probro duci voluerunt. Eunt, inquam, in ludum faltatorium inter Cinados, virgines puerique ingenui. Auch aus der Res de des Cicero für den Murena, welchem Cats das Tanzen vorgeworfen hatte, kann man sehen, daß es an gefeßten Männern nur unter gewissen Umständen geduldet wurde.

Wir wollen auf den Quintilian wieder zurück kommen. Dieser Schriftsteller fagt auch noch an einem andern Orte, ein Redner müsse nicht wie ein Komödiante aussprechen, und müsse auch nicht Gebehrden machen, wie ein Tånzer. Non Comedum in pronunciatione, non fal2 4

Macrobius Saturnal, lib. 3. cap.

tatorem

tatorem in geftu facio. Allem Ansehen nach, war einer von seinen Gründen dieser.

Die Gebehrden, welche die Kunst, die man Saltatio nennte, lehrte, waren nicht immer Gebehrden, die bloß zu einer reizenden Leibesstel lung etwas beytrugen; sie waren nicht immer, wenn ich mich so ausdrücken darf, Gebehrden ohne Sinn, sondern sehr oft Gebehrden, welche etwas verständlich anzeigten, Gebehrden welche reden sollten. Nun sind aber die redenden Ge behrden von zweyerley Art. Die einen sind natürliche Gebehrden, und die andern sind künstliche Gebehrden.

Die natürlichen Gebehrden sind diejenigen, mit welchen man natürlicher Weise seine Reden begleitet, und deren man sich im Sprechen be dienet. Diejenige Gebehrde, welche, um mich eines poetischen Ausdrucks zu bedienen, dem Auge redet, giebt dem, was gesagt wird, weit mehr Nachdruck. Sie belebt zu gleicher Zeit sowohl die Person, welche redet, als die Person, welche zuhört. Man verbiete einem lebhaften Menschen, wenn er redet, Gebehrden zu machen; den Augenblick wird sein Ausdruck matt werden und das Feuer seiner Beredsamkeit wird auslöschen. Und so bewegt uns auch ein Redner, den wir zugleich sehen und hören, weit mehr, als derjenige, dessen Stimme wir zwar vernehmen, aber dessen Gebehrden wir nicht sehen. Sehr selten aber drückt die natürliche Ge

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behrde

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behrde etwas deutlich aus, wenn man sie ohne zu reven macht. Es geschieht nur in zwey Fällen. Einmal geschieht es, wenn diese natürliche Gebehrde eine Beschaffenheit anzeigt, als etwa Kopfschmerzen oder Ungeduld. Aber auch da ist die natürliche Gebehrde noch nicht zureichend, die Umstände dieser Beschaffenheit zu erkennen zu geben. Vors zweyte kann die natürliche Ge behrde, ohne Beystand der Sprache, etwas gewisses bedeuten, wenn man erkennt, daß diese Gebehrde dasjenige Bezeigen sey, welches eine gewisse Redensart gemeiniglich begleitet. Als denn seht man voraus, daß derjenige, welcher diese Gebehrde macht, die Absicht habe, dasjenige damit zu sagen, was man gemeiniglich zu sagen pflegt, wenn man sie macht. Die Ges behrden derjenigen Völker, welche uns gegen Mittage liegen, sind viel ausdrückender als unfre; man kann sie also auch viel leichter verstehen, wenn man sie, ohne etwas dabey zu hören, sieht, als man in eben demselben Falle unsere Gebehrden verstehen kann. Doch haben diese natürlichen Gebehrden immer nur eine sehr unvollkom mene, und oft auch zweyteutige Bedeutung.

Derjenige also, welcher ohne zu reden etwas mehr als eine leidende Beschaffenheit, deutlich ausdrücken will, muß zu solchen Bezeigungen und solchen künstlichen Gebehrden seine Zuflucht nehmen, welche ihre Bedeutung nicht von der Natur, sondern von der Ubrede der Menschen

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