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dieser Formel den ganzen Abend- und Frühgottesdienst wie um feste Angel sich bewegen zu lassen, läßt uns jene Vorausseßung mit ziemlicher Sicherheit machen.

Jedenfalls schwebte durch die Anordnung der Phylakterien, des Skapuliers und der Mesusah dem Isracliten jeden Tag und jede Stunde sein Glaube und seine Pflicht der Ergebung gegen Gott auf’s eindringlichste vor.

Dieß kann um so weniger verkannt werden, da diese drei äußerlichen Darstellungen der Religiosität so bestimmt und klar auf Innerliches zurückgeführt und ihnen die Deutung so bestimmt beigegeben. wird, wie in feinem andern Falle.

Wir sind bei allen übrigen Handlungen und Zeichen des Privatgottesdienstes wie des öffentlichen Cultus zunächst nur an das Äußere angewiesen, die Bedeutung müssen wir und mußte wohl der Israelit aus dem Zusammenhang entnehmen; nur das konnte bei allen äußerlichen Anordnungen sogleich auch vom rohesten Israeliten erkannt werden, es seien diese äußerlichen Handlungen, wenn auch ihr Grund ganz verborgen blieb, Gelegenheiten zur Übung des Gehorsams gegen Gott, nachdem sie von Gott geboten worden.

So verhält es sich mit den Speise- und. Reinigkeitsgeseßen, bei denen wir indessen einen weitern Grund leicht entdecken.

§. 15.

c) Die Speisegeseze verbieten dem Israeliten den Genuß 1) des Blutes und blutiger Fleischstücke, 2) der fetten Theile, 3) des Böckleins, das in der Milch der Mutter gekocht ist, 4) des Erstickten, oder vom Wild Zerrissenen, 5) einer Menge von Thieren, welche (Lev. 11, 1–31. Deut. 14, 1—20.) im Geseze näher bestimmt sind, besonders des Schweines; endlich 6) des heidnischen Opferfleisches. Diese Verfügungen waren sehr geeignet, die Erinnerung an einen göttlichen Geseßgeber mit dem ganzen Leben zu verflechten. Selbst ohne die zum Theil sehr lästigen und kleinlichen Verfügungen, welche später theils als Tradition von Moses her, theils als Sazungen der Weisen sich geltend machten, mußte dieses Gesez immer und überall den Israeliten erinnern: Du haft auf den Willen eines Gottes Acht zu geben, welchem du über das Große und Kleine Rechenschaft schuldig bist. Auf solche Art wären diese Geseze zweckmäßig, wenn ihnen auch gar kein innerer

Speise- und Reinigkeitsgeseße.

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Grund zugeschrieben werden könnte. Ein solcher bietet sich aber, wenigstens hinsichtlich der ersten fünf obengenannten Gruppen von verbotenen Fleischarten leicht dar. Thiere, welche sich von Aas nähren, oder selber zu Aas geworden sind, dann jene Theile, welche besonders im Orient leicht sich zersetzen (Blut und Fett) sollen nicht gegessen werden. Der Leib des Israeliten soll sich soviel wie möglich von der Verwesung, welche das Bild der Sünde, ja die wirkliche Folge der Sünde ist, ferne halten. Andere Thiere, die sich von Kräutern nähren, deren Fleisch aber eine von den gebildeten Völkern wohl vermöge eines richtigen Instinktes verworfene Nahrung bildet, sind wohl aus dem nahe liegenden Grunde verboten, weil die Israeliten als ein priesterliches, königliches Volk sich vom Besten, was die Erde als Nahrung bietet, sättigen sollen. Dieser Grund, welcher sich an den vorhergehenden enge anschließt, ist den Worten der heiligen Schrift selbst entnommen: „Verunreinigt euch selbst nicht und rühret nichts davon an, damit ihr nicht unrein werdet; denn ich bin der Herr, euer Gott, seid heilig, weil ich heilig bin. Verunreinigt euch selbst nicht mit irgend einem Ungeziefer, das auf Erden kriecht; denn ich bin der Herr, der euch herausgeführet aus dem Lande Egypten, damit ich euer Gott sei. Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig" (Lev. 11, 43 f.). *)

Daß das Priestervolk, welches dem wahren Gotte dient, an heidnischen Opfermahlzeiten sich in keiner Weise betheiligen soll, ist natürlich.

Im innigsten Zusammenhange mit den Speisegeseßen sind die

§. 16.

d) Reinigkeitsgeseße. Nach ihnen ist jede menschliche Leiche unrein; jeder Mensch, der mit Aussag behaftet ist oder eine jener Absonderungen erfahren hat, die mit dem Geschlechtsleben zusammenhängen. Überdieß ist alles, jedoch in verschiedenen Graden unrein, was mit Leichen

*) Der leßtere Ausdruck: „der euch herausgeführt aus dem Lande Egypten," kann nicht für die Meinung ausgebeutet werden, daß die Rücksicht auf die Thierverehrung der Egyptier der Grund der meisten Speisegeseße sei, denn sonst müßte auch der Stier verboten sein. Es würde uns zu weit führen, manche von uns abweichende künstliche Deutungen zu widerlegen.

oder unreinen Personen in Berührung kommt. Die Unreinheit durch Bes rührung fordert kurze Absonderung mit Waschung oder Waschung allein; *) die Unreinheit durch einen Zustand, z. B. Aussaß, fordert Absonderung bis zum Aufhören dieses Zustandes, dann nach Verlauf eines nach Umständen verschiedenen Termines Waschung; beim Aussaße indeß findet eine ganz besondere Ceremonie statt (Lev. 14.). Die Grundanschauung, welche in diesen Verfügungen herrscht, stimmt mit jener in den Speisegeseßen überein. Die Verwesung, möge sie am Ende des Lebens, in einer Krankheit oder in jener Gährung auf-. treten, welche mit dem Geschlechtsleben zusammenhängt, ist mit der Sünde verwandt, mahnt an eine Trennung von Gott, welcher das Leben ist. Indem die mit irgend welcher Unreinigkeit Behafteten nicht bloß die froheren und festlichen Kreise des Lebens fliehen, sondern sich unfähig zeigen, religiöse Handlungen vorzunehmen, **) be= kennen sie eine Gottentfremdung und das mit Recht, da in einem ganz ungestörten Leben in Gott und aus Gott kein Zeichen der Verwesung sein könnte. Diesem gemäß sollte man freilich erwarten, daß auch im Christenthum die levitischen Geseße über Reinigkeit Geltung behalten hätten, und wirklich fehlt es nicht an einzelnen canonischen Bestimmungen, besonders in der orientalischen Kirche, wonach geschlechtliche Verunreinigung ohne alle persönliche Schuld vom Empfange der Communion ausschließt; allein nach dem Grundsage, daß aller unwillkührliche Zusammenhang mit einer alten Erbschuld früherer Geschlechter durch die Erlösung aufgehoben ist, mußte jene levitische Anordnung ihre Kraft

verlieren.

So lange aber diese Geseze bestanden, waren sie das laute Bekenntniß eines allgemeinen Zustandes der Unwürdigkeit, eines Zustandes, der den Menschen unfähig mache, Gott zu nahen, auch ohne aus eigenem freiem Willen hervorgegangene Abkehr von Gott. Die Reis nigkeitsgeseße bekennen die Lehre von der Erbsünde. Zugleich sprechen fie im Laufe des wirklichen Lebens den Gehorsam gegen Gott aus, können also zu den Mitteln der Gottesverehrung und zwar der häus

*) Wer eine Leiche, oder etwas mit ihr in Berührung Gekommenes berührt hatte, mußte vermittelst eines Ysopstengels mit Weihwaffer besprengt werden. Num. 19, 2 ff.

**) Ich habe nicht gemeines Brod bei der Hand, sondern nur heiliges Brod,

wenn nur die Jünglinge rein find, besonders von den Weibern. 1 Sam. 21, 4.

Öffentlicher Gottesdienst. Cultusstätte.

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lichen, persönlichen, gerechnet werden. Zum Theil führen sie freilich auch zum öffentlichen Gottesdienste, insofern einzelne dieser Geseße öffentliche Reinigungsakte forderten. Sie können also den Übergang zur öffentlichen Gottesverehrung bilden.

II. Der öffentliche Gottesdienst forderte

§. 17.

1) heilige Orte zur Vollbringung heiliger Handlungen. Vor Moses war die Wahl der Cultusstätten, wie es scheint, dem Urtheile der Stammeshäupter überlassen; außer wo eine eigene Offenbarung dazwischen trat (Genes. 22, 1.). Ereignisse, welche an einen Ort heilige Erinnerungen knüpften, empfahlen ihn zur Opferstätte; so baute Jakob zu Luza einen Altar und nannte den Namen des Ortes: Gotteshaus (Bethel), weil ihm daselbst Gott erschienen war, da er vor seinem Bruder floh (das. 35, 7 vgl. mit 28, 11 ff.). Seitdem das israelitische Volk geeint war und durch Moses die Bestimmung erhielt, in festgeschlossener Einheit als Volk der Offenbarung zu bestehen, wurde es dringendes Bedürfniß, für die Verrichtung der öffentlichen heiligen Handlungen einen gemeinsamen Ort zu bezeichnen. Da aber die Wohnsize noch nicht festbestimmt waren, so wurden heilige Geräthe gefertigt, die jeden Ort, an welchen sie niedergestellt wurden, zur Einen Cultusstätte, zum sichtbaren Mittelpunkte des religiösen Lebens Israels erhoben.

Vor allem wurde für die Aufbewahrung der steinernen Geseßtafeln ein Behältniß gefertigt, welches das Heiligthum bildete. An deffen Seite wurde später eine Abschrift der ganzen mosaischen Geseßgebung niedergelegt, über demselben alljährlich die heiligste, feierlichste Opferhandlung vorgenommen und überdieß zeigte sich hier als sinnliches Abbild der Gegenwart Gottes zur Zeit Mosis anhaltend, später in einzelnen entscheidenden Augenblicken, ein Lichtglanz, den die spätere Schule Schechinah,*) d. i. das Wohnen, das Inwohnen, die Herab

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*) Levit. 16, 2. Erod. 22, 22. Vgl. 1 Kön. 8, 10 - 13. 1 Sam. 4, 4. 2 Sam. 6, 2. 2 Chron. 6, 1. Hebr. 9, 5. 10, 1. Wenn Gott durch Feuererscheinung seine Gegenwart anzeigt, so wird von der Schrift gesagt, er wohneda, Schachan. So Grød. 2, 2. “I besonders Grod. 24, 16. Es wohnte () die Herrlichkeit des Ewigen über dem Sinai.

laffung (Gottes zu den Menschen) nennt. So stellte diese Lade das ganze Verhältniß Gottes zu Israel dar und hieß demnach mit Recht: Bundeslade, Arche des Bundes. An sie knüpft sich jede Bewegung des Volkes: „Die Lade des Bundes Gottes gieng vor ihnen her, drei Tage lang, den Lagerort zu erspähen, und wenn sich die Lade erhob, sagte Moses: Stehe auf, Herr, daß sich zerstreuen deine Feinde, die dich hassen vor deinem Angesicht. Und wenn man sie niederließ, sagte er: Kehre wieder, o Herr, zu der Menge des Heerlagers Israels" (Num. 10, 33 ff.). Die Besignahme des Landes Canaan geschieht unter Josue durch Vortragung dieser Lade und an sie knüpft sich die wunderbare Zertheilung des Jordans beim Einzuge (Jos. 3, 11. 4, 18.). Sie wurde bei entscheidenden Kämpfen mit in's Feld genommen und als sie einmal in die Gewalt der Philister gerathen war, hieß es, die Herrlichkeit Israels sei weggenommen (1 Sam. 4, 22.). *)

Mit diesem heiligsten Geräthe wurden zwei Altäre, ein innerer für edle Rauchwerke, ein zweiter äußerer für blutige Opfer und für die gröbern unblutigen Darbringungen verbunden. Dazu kam noch ein Tisch, welcher eine bleibende Darbringung, (die zwölf Schaubrode) trug und endlich ein siebenarmiger Leuchter. Die Bundeslade, der innere Altar, der Leuchter und Schaubrodetisch wurden von drei Seiten durch Bretterwände, auf der vierten durch einen Vorhang eingeschlossen und unter ein Zeltdach gebracht, während der äußere Altar, neben welchem ein Waschbecken sich fand, unter freiem Himmel stand. Man nannte das viereckige Zelt, welches die erstern Geräthe einschloß: Stiftshütte, Bundeszelt und Wohnung, nämlich Gottes Wohnung. **) Es war durch einen Vorhang in zwei Abtheilungen geschieden, die hintere, zehn Ellen in's Quadrat haltend, war unerleuchtet und enthielt bloß die Bundeslade; im vordern Raume, welcher zehn Ellen hoch und breit, zwanzig Ellen lang war, fanden sich die übrigen drei Geräthe, Rauchopferaltar, Leuchter und Schaubrodetisch. Der Raum vor der Stiftshütte, in welchem der Brandopferaltar sammt dem Waschbecken stand, hieß Vorhof der Stiftshütte; er war durch eine Zeltwand eingefangen, aber oben nicht bedeckt.

.30 ,18 .Vgl. Richt גלה כבוד מישראל (*

**) Num. 9, 15. Exod. 40, 34.

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