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Folgen des Falles. Opfer.

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verfügung, welche dem Weibe bitteren Krieg durch giftiges Ungeziefer verkündet und die Geburtswehen auferlegt, die Verheißung einer einstigen Erlösung: „Feindschaft will ich bringen zwischen dich und das Weib und zwischen deinen Saamen und ihren Saamen. Der soll dir den Kopf zertreten und du wirst ihm die Ferse verwunden." *)

Dadurch, daß die Natur spröde und karg den Forderungen des Menschen entspricht und die glatte Freundschaft des Verführers in Schlangengestalt sich in offene Feindschaft verwandelt, wird die Luft zugleich gestraft und geheilt.

Ob der Mensch sogleich mit vollkommener Klarheit erkannt habe, daß die schmerzliche Entsagung der Weg zur Wiedervereinigung mit Gott sei und darum selbst das Opfer eingeführt und zum Ausdrucke der Selbst- und Gotteserkenntniß, wie der Huldigung gemacht habe, oder ob es von Gott durch besondere Offenbarung sei angeordnet worden, läßt sich nicht entscheiden. Wir finden diese wichtige religiöse Handlung in der ersten Familie, bald nach der Vertreibung aus dem Paradiese. Kain, der unselige, bringt ein unblutiges; Abel, der gottselige, ein blutiges Opfer. Der erstere versäumte es, außer der Entsagung und Huldigung auch ein lautes Bekenntniß der Sündhaftigkeit zu üben, denn dieses fehlte dem unblutigen Opfer. Das Opfer Kains wurde von Gott nicht angenommen, d. h. es fiel nicht Feuer vom Himmel, wodurch es wäre verzehrt worden, wie jenes von Abel. Die Sündhaftigkeit, welche im blutigen Opfer zu bekennen Kain unterlassen hatte, brach aber bald mit wilder Macht hervor, indem er seinen Bruder Abel aus Neid und Haß ermordete. Mit dieser That ist die ganze Offenbarung der Sünde erschöpft. Alles, was bis dahin als Sünde erschienen ist, läßt sich nun auf Folgendes zurückführen: 1) Mißtrauen gegen Gottes Verfügung, Hingebung an eine verführende Irrlehre. Zweifel und Unglaube, mit abergläubischem Vertrauen auf ein dunkles

*) Genef. 3, 15. Der Zertreter der Schlange ist im Hebräischen mit & Er bezeichnet. Da bekanntlich bei Moses auch auf Frauen sich beziehen. kann, so ist grammatischer Seits nichts gegen die Überseßung der Vulgata: Ipsa conteret caput tuum einzuwenden. Übrigens ist im Wesentlichen dasselbe gesagt: „Sie die Mutter des Erlösers — wird dir den Kopf zertreten"; oder: „Er der Erlöser - wird dir den Kopf zertreten." Die Mutter des Erlösers nur durch ihren Sohn als Zertreterin der bösen Schlange gedacht werden. Protevangelion“.

kann

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Man nennt diese tröstliche Verheißung das

Wesen. 2) Lüsterner Mißbrauch der Natur, in Folge davon Unordnung in den geschlechtlichen Verhältnissen. 3) Hochmüthiges Verlangen, Gott gleich zu sein. Falsche Freiheitsliebe und Stolz. 4) Haß gegen Brüder und Schwestern. Solche Strebungen gewannen im Menschen Geltung. Durch die Vollbringung ward die Sünde eine Macht im Menschen, doch keine zwingende. Die Macht der Sünde ist schön ausgedrückt in den Worten, welche Gott zu Kain — durch seinen Vater Adam oder durch besondere Offenbarung? sprach: „Wenn du tugendhaft sein willst, so erhebst du dich; willst du aber nicht tugendhaft sein, so ist an der Pforte die Sünde als lauernder Löwe, nach dir geht sein Verlangen; doch du kannst herrschen über ihn“ (4, 7.).

Diese Mittheilungen über die Entwickelung der Sünde am Anfange der Menschheit reichen hin, um die Art der folgenden Führung des Menschengeschlechtes zu begreifen. Je näher der Mensch dem Befige der anfänglichen Naturkraft war, desto gewaltiger mußte das Leben seiner Sinnlichkeit sein. *) Da nun neben dem Hange zur Lüsternheit, zum Stolze, zum Aberglauben und Bruderhaffe doch wieder eine Gotteserkenntniß vorhanden und die Freiheit nicht aufgehoben war, so muß wohl

K. IV. das Zeitalter der ältesten Patriarchen bis zur Fluth als eine Zeit riesenhafter Leidenschaften gedacht werden. Die Schrift giebt uns nur über den Anfang und das Ende dieser Zeit ausführliche Kunde. Aber aus diesem Anfange und Ende können wir mit ziemlicher Sicherheit auf manches dazwischen Liegende schließen, besonders, wenn wir das lange Leben jener ältesten Patriarchen gehörig würdigen. Fassen wir zunächst die Thatsache in's Auge.

Adam lebte 930, Seth 912, Enos 905, Kenan 910, Mahalaleel 895, Jared 962, Enoch 365, Methuschelach (Mathusala) 969, Lamech 777, Noah oder Noe 950 Jahre.

Daß unter diesen Jahren Perioden von zwölf Monaten verstanden sein wollen, erhellt schon aus dem Berichte von der Sündfluth, wo

*) Räthselhaft ist das Zeichen, welches dem Kain auf sein Verlangen von Gott aufgedrückt wird. Soll man an solche Zeichen denken, wie sie von den Bekennern der Vischnu- und Siva - Lehre in Indien an der Stirne getragen werden? Bemerkenswerth ist, was R. Abba nach dem Sohar III. f. 75. b. ed. amst. auf einer Reise in Kappadocien will gesehen haben. Ein Mensch mit einem Zeichen an der Stirne wird ihm Aufforderung zur Buße.

Gährung der Sünde in der Urzeit.

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die Monate des Jahres gezählt werden. *) Der Bericht über die Sündfluth bildet fast einen und denselben Text mit den Angaben über die Lebenszeit jener Patriarchen.

Bestätigt werden diese Angaben ferners unter anderm dadurch, daß Jakob in der Unterredung mit Pharao sich beklagt, daß seine Lebensjahreer war damals 130 Jahre alt nicht an die Dauer der Wallfahrt seiner Väter hinanreiche (Gen. 47, 9.), allerdings mit einer unmittelbaren Beziehung auf seinen Vater und Großvater.

Überdieß stimmen mit den Angaben der Schrift hierin im Allgemeinen die Sagen mehrerer alter Völker überein, so zwar, daß bereits Schriftsteller des Alterthums sich aufgefordert fühlten, diese Sagen zu deuten. **)

Der Grund des außerordentlich langen Lebens jener Väter muß in mehrern Umständen gesucht werden. Die Natur war vor der Sündfluth ***) wohl frischer und lebensvoller. Jene Väter standen dem Anfange des Menschengeschlechtes und damit der vollen Quelle natürlicher Kraft am nächsten, endlich war ihre Lebensart ohne Zweifel einfach. Wenigstens nimmt nach der Sündfluth die Lebensdauer immer mehr ab, ohne daß jedoch einzelne Schwankungen, welche von der Lebensart †) und besondern Leibesbeschaffenheit Einzelner abhängen, ausgeschlossen wären:

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**) So Varro nach Laktantius de origine erroris 1. II. c. 12. Varro argumentari nixus est cur putarentur antiqui mille annos victitasse. Fl. Josephus (Antiq. 1. I. c. 3. §. 9.) führt mehrere alte Schriftsteller an, welche die biblische Nachricht von dem langen Leben der Patriarchen in ihrer Weise bestätigen.

***) Ist durch die Sündfluth die höhere Pflanzenwelt des Paradieses und damit ein heilsamer Einfluß auf die Atmosphäre zerstört worden?

†) Moderne Beispiele langen Lebens s. bei Andr. Wagner, Geschichte der Urwelt. S. 523.

Steht uns das lange Leben der ersten Patriarchen in der Art fest, wie es von der heiligen Schrift berichtet wird, und erwägen wir den sittlichen Zustand Kains als anregende Macht von Anfang her gehörig, so können wir uns die Leidenschaften jener Zeit nur als ungeheure denken in ihrem innern Treiben und ihrer Offenbarung. Wenn nach zweihundertjähriger Erfahrung noch die Kraft des Jünglings in Leib und Seele herrschte, dann mußte überhaupt alles, was der Mensch unternahm, in einem viel größern Maaßstabe hervortreten, als jezt, das Laster wie die Tugend. Diese allgemeine Anschauung wird uns nur durch wenige Einzelheiten belebt. Nur dieß deutet die Schrift an, daß Gottes- und Menschenkinder sich gegenüberstanden, d. h. solche, die ihren Zusammenhang mit Gott im Glauben und im Leben bewahrten, und solche, die über das, was der Mensch durch sich vermag, nicht hinausgiengen. Leßtere sind die Nachkommen Kains, erstere die Nachkommen Seths. Die Kainiten bewährten ihren Weltfinn durch Erfindung und Betreibung von Handwerken und Künsten; im Geschlechte der Sethiten traten fromme Männer hervor. Schon bei dem Sohne Seths, welcher Enos hieß, sagt die Schrift: „Damals begann man den Namen Gottes zu verkünden" (Genef. 4, 26.), eine Bemerkung, welche dem Enos einen Antheil an der ersten Verkündung des Namens Gottes zuzuschreiben scheint. Wenden wir einen Ausdruck des heiligen Petrus (2. Br. 2, 5.) zur Beleuchtung dieser alten Zeit an, so würden von Enos an alle Patriarchen aus dem Stamme Seths sich damit beschäftigt haben, die Lehre von Gott zu verkünden, denn er nennt Noe den achten Herold des Glaubens, ihm gehen sieben voran: Enos, Kenan, Mahalalel, Jared, Enoch, Methuschelach, Lamech. *)

Ausdrücklich wird von der alten mosaischen Urkunde nur Enoch als ein Vertrauter Gottes dargestellt. Es wird nämlich von ihm gesagt (Genef. 5, 21-24.), daß er von seinem 65. Jahre an, nämlich seit der Geburt seines Sohnes Methuschelach, mit Gott gewandelt sei dreihundert Jahre lang. Die Bedeutung dieses „Wandelns mit Gott" wird durch den Bericht über sein Scheiden von der Welt in einer

*) Die ganze Zeit von Adam bis Noe ist durch zehn Patriarchen ausgefüllt: 1. Adam; 2. Seth; 3. Enos (I. xýęvė dixα106úvys); 4. Kenan (II.); 5. Mahalalel (III.); 6. Jared (IV.); 7. Enoch (V.); 8. Methuschelach (VI.); 9. Lamech (VII.); 10. Noe (VIII.).

Kampf des Geistes gegen das Fleisch.

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Weise erhöht, die diesen Patriarchen zum Gegenstande hoher Verehrung bis in die spätesten Zeiten erhoben hat. Während nämlich bei den übrigen Altvätern nur einfach angegeben wird, daß sie gestorben seien, wird von Enoch gar nicht gesagt, daß er gestorben sei, sondern: Und er ist nicht mehr da, oder er ist nicht zu finden, denn Gott_nahm ihn.“*) Der Ausdruck: „Er ist nicht mehr, er findet sich nicht," kann bei der Erzählung vom Lebensende nur soviel heißen, als: Es giebt kein Grab des Enoch. **) So aufgefaßt ist die weitere Bemerkung: Denn Gott nahm ihn“ nur von einer Entrückung mit Leib und Seele zu verstehen, was sicher einen hohen Grad prophetischer Vertrautheit mit Gott voraussetzt. Das von den äthiopischen Christen für heilig gehaltene Buch Enoch, worauf sich der Apostel Judas in seinem Briefe beruft, beweist jedenfalls, daß Enoch als großer Prophet unter den Juden vor Christi Geburt gefeiert wurde. Freilich ist die Verehrung gegen ihn ausschweifend geworden und hat uns des Vortheils beraubt, durch die jüdische Überlieferung über Enoch, woran sich die mohammedanische anschließt, den biblischen Bericht zu ergänzen. ***) Noch deutlicher ist Noe als Prophet dargestellt, mit welchem eine neue Zeit beginnt.

*) Schon Sirach 44, 16. nimmt dieß von einer Entrückung: uereréin; noch befimmter der Gebräerbrief: 11, 5. Πίστει 'Ενώχ μετετέθη τοῦ μὴ ἰδεῖν Tov Jávarov. Wir werden bei der Entrückung des Elias auf die christliche Vorstellung von dieser Sache eingehen.

**) Die Nachricht von dem hochgefeierten Grabe des Patriarchen Lamech im Gebirgsgau Lamghan oder Laghman, östlich von Bamian, nordöstlich von Cabul bei Masson, Reisen im Beludschistan 2c. 7-9 Thl. Stuttg. 1844. S. 164., ist aller Beachtung werth. Vgl. jedoch Ritter, Erdkunde VII. S. 228. d. 2. Ausg.

***) Die Mohammedaner nennen den Enoch Idris. S. die Sagen über ihn bei Herbelot unter d. B. Edris. Sie machen ihn zu einem Zeitgenossen des Huscheng.

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