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diese Schrift nicht mehr Anspruch auf den Titel: Buch der Weisheit machen, als der Prediger oder die Sprüchwörter. *)

§. 30.

Das Buch der Weisheit ist nach dem bisher Gesagten in dogmatischer Hinsicht von großer Bedeutung.

Es steht der griechischen Philosophie mit jener Hoheit gegenüber, welche eines inspirirten Werkes würdig ist. Es berührt die großen in's Leben eingreifenden Irrthümer des Epikuräismus und des heidnischen Aberglaubens und sucht beide zu stürzen, vergißt aber auch nicht, neben dieser negativen Thätigkeit eine positive zu entfalten, indem es Freiheit des Menschen, Nothwendigkeit und Wirkung der göttlichen Gnade, Unsterblichkeit und das persönliche Leben Gottes lehrt. Tausend Schulfragen blieben allerdings dabei unberührt.

$. 31.

Denkende Juden mußten sich veranlaßt fühlen, einen nähern Verkehr mit der griechischen Philosophie einzugehen. Am meisten mußte die stoische von Seite ihres sittlichen Ernstes und dann durch eine Richtung anziehen, welche den Juden apologetische Vortheile versprach. Wir meinen die Handhabung der Allegorie, welche von den Stoikern zur Deutung der heidnischen Götterlehre geübt wurde, als ein Mittel, die Philosophie mit dem Volksglauben zu versöhnen. Die Art, wie sie die Götter und ihre Mythen deuteten, war verschieden, bald physiologisch, bald psychologisch, bald mit Hülfe der Etymologie, bald durch irgend welche geistreiche Entwickelung; auch war früher schon manches durch Anwendung der Allegorie versucht, z. B. von Sokrates, wenn er die Verwandlung der Gefährten des Ulysses in Schweine auf die Herabwürdigung der Seele durch niedere Leidenschaften deutet; **) - aber immerhin bleibt die Einführung der alle

*) Öfters wird der Name Sapientia auf die Sprüchwörter, den Prediger und unser Buch angewendet. Im Missale Romanum wird noch jezt eine Lektion aus den Sprüchwörtern als aus Sapientia genommen angeführt (Commune nec virg. nec mart.). Sohar (I. Sulzb. p. I amst. L. f. 12p. b. aus 171 1700) citirt Koheleth als 87027 Weisheit.

**) Xen. Memor. I. 3. 7. f. Eustathius, Odyss. X. 136 ff. Dionyf. v. Halik. flagt sie platonifer an, fie hätten αλληγορίας μακρὰς καὶ πολλὰς οὔτε μέτρον ἐχούσας οὔτε καιρόν. Εp. ad Cn. Pomp.

Der allegorisirende Alexandrinismus.

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gorischen Behandlung der Götterlehre eine Eigenthümlichkeit der Stoa. *)

Diese allegorisirende Weise mußte den Juden in mehrfacher Hinsicht sich empfehlen. Allerdings wurde das stoische Bemühen, die den Resultaten des Geistes widersprechenden Erscheinungen des Heidenthums durch Allegorie zu idealisiren, von einer Schule gehemmt, welche aus einem mit den egyptischen Juden in naher Beziehung stehenden Gebiete ihren Hauptvertreter gewann (Karneades aus Cyrene blühte um 150 v. Chr. als Nachfolger des Arkesilaus, des Stifters der neuen Akademie); **) aber in Alexandrien mußte diese Richtung schon darum Eingang finden, weil dort die Symbolik eine alte, durch religiöse und profane Anwendung gleich befestigte Art der Ideenmittheilung war. ***)

Die Metaphysik der Stoiker, großentheils aus der aristotelischen gebildet, brachte die Juden in die Lage, manche ihrer Gebräuche und historischen Nachrichten rechtfertigen zu müssen. Viele Stellen der heiligen Schrift schienen mit den siegenden Resultaten der griechischen Philosophie überhaupt nicht bloß der stoischen unvereinbar, sie schienen dem abergläubischen Materialismus des Heidenthums befreundet; die Allegorie war das Mittel, sie zu rechtfertigen. Die Anwendung der Allegorie zur Rechtfertigung der väterlichen Lehren war die Folge von der Billigung der Grundgeseße der griechischen Philosophie. Eine gute Strecke weit konnten und mußten denkende Juden das Zusammenwirken der griechischen Philosophie mit der mosaischen Religion anerkennen; beiderseits wurde das rohe Heidenthum

*) S. über Chryfippus Diogen. Laërt. S. 83. **) Cicero, als Akademiker, ist der allegorisirenden Methode der Stoiker abgeneigt, weil sie die Wirklichkeit der Götter aufhebt und mit Keckheit das Geseg des menschlichen Geistes auf die Götterwelt anwendet. Magnam molestiam suscepit et minime necessariam primus Zeno, post Cleanthes, deinde Chrysippus, commenticiarum fabularum reddere rationem: vocabulorum, cur quique ita appellati sint, causas explicare. De Nat. D. III. 24. Vgl. 1. II. 24. Alia quoque ex ratione et quidem physica magna fluxit multitudo deorum. ... Atque hic locus a Zenone tractatus, post a Cleanthe et Chrysippo pluribus verbis explicatus est. ***) Vgl. Jablonski, Pantheon Aeg. Frcf. 1750. proleg. CXIV ff. Der ale= randrinische Bibliothekar Chäremon, Lehrer Nero's, Stoiker, spricht von ἱερατικοὶ μύθοι.

bekämpft; und wenn einerseits das Gebot Gottes zu diesem Kampfe aufforderte, so erschien auf der andern Seite der menschliche Geist als Gegner jenes Aberglaubens.

Die griechische Philosophie vollendete mit geistigen Mitteln jene Zerstörung des rohen Heidenthums, welche äußerlich von Cyrus durchgeführt worden war. So weit war der Hellenismus der Bundess genosse des Mosaismus. *) Aber es lag auch eine große Gefahr in der herrschenden griechischen Anschauung, nämlich die Verkennung des persönlichen Wesens Gottes. Oben wurde gezeigt, wie die Stoc in der Lehre von Gott dem Pantheismus verfallen fei; die reinen Peripatetiker mußten Gott zu einem abstrakten Gedanken machen, die consequenten Skeptiker in Nichts auflösen. Im Buche der Weisheit ist durch die Lehre von der ewigen Weisheit Gottes diese Gefahr beseitigt; jedoch ist der Begriff der Weisheit dem Griechen und den rein griechisch gebildeten Juden noch zu wenig zugänglich. Es war ein ächt griechischer Gedanke nöthig, um einem Grundirrthum zu be gegnen. Bei dem jüdischen Philosophen Aristobul finden wir diesen Gedanken ausgesprochen. Einerseits huldigte er der stoischen Allegorie, durch welche er in einem Commentar über den Pentateuch manches den gebildeten Griechen Anstößige zu entfernen suchte. Er erhob sich aber anderwärts auch über die griechische Philosophie und sprach die Lehre von einem persönlichen Leben Gottes und in Gott aus. Er ist der Erste, bei welchem sich das Wort und der Begriff des Logos als des persönlichen Wortes Gottes nachweisen läßt, namentlich in einem Gedichte, welches früher irrig dem Orpheus zugeschrieben wurde. Es findet sich in verschiedener Recension bei Ju stinus d. M., Eusebius und Clemens Alexandr. **) Darin heißt es: Blicke zum Logos empor, zum göttlichen, ohne Ermüden,

schau auf den einzigen König des Weltalls. ***)

*) Die Talmudisten haben keinen üblen Gedanken, wenn sie Genes. 9, 27.

.poratiglich von ber griechifchen Literatur verfiehen יפת אלהי ליפת

**) Daraus aufgenommen in Orphica, Procli Hymni etc. Tauchnit. 1829.

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S. 132 ff. Vgl. Delißsch, zur Geschichte der jüdischen Poesie, S. 210.:
„Die prüfende Vergleichung der verschiedenen Textrecensionen bringt so viel
zur Gewißheit, daß es in der obigen Gestalt von Aristobulos judenthümlich
überarbeitet sei.“ Aristobul lebte unter Ptolemäus Philometor. S. Huetius,
demonstr. ed. S. 60. Wolff, biblioth. I. S. 215.

***) Εἰς δὲ Λόγον θεῖον βλέψας τούτῳ προσέδρευε Ἰθύνων κραδίης νοερὸν

Alexandrinismus. Proselyten.

§. 32.

445

Die aristobulischen Fragmente sind leider zu wenig umfangreich, um daraus über das ganze Wesen alexandrinisch-jüdischer Religionsspekulation urtheilen zu können. Doch in Verbindung gesezt mit den Werken des alexandrinischen Juden Philo, eines Zeitgenossen Christi, sind sie uns ein wichtiger Anhaltspunkt. Bei Philo sehen wir die von Aristobul gehandhabte, wahrscheinlich den Stoikern abgeborgte allegorische Exegese der Schrift bis zum auflösendsten Spiritualismus gesteigert; daneben treffen wir bei ihm das Bemühen, durch eklektische Benüßung der griechischen Philosophie, besonders der platonischen, die hebräische Lehre von Gott, der Schöpfung und den Engeln griechisch gebildeten Lesern annehmbar zu machen. Am wichtigsten ist in seinen Schriften die Lehre von einem mehrpersönlichen Leben in Gott. Außer dem unerfaßbaren Urwesen Gottes fennt er ein in der Offenbarung hervorgetretenes, die Schöpfung und Erhaltung der Welt, so wie die Inspiration der Propheten vermittelndes, das er Logos, Wort, oder Wissen, Weisheit, sowie den erstgebornen Hohenpriester Gottes nennt. *) Sicher lagen zwischen Philo und Aristobul viele Versuche, das Judenthum vor dem Richterstuhle der griechischen Spekulation zu rechtfertigen. Sehr natürlich ist es auch, daß theils in Egypten, theils auch anderwärts die Superiorität der jüdischen Religion von vielen Menschen anerkannt wurde. Daher möchte es hier gelegen sein, die Normen kennen zu lernen, wonach die Aufnahme heidnischer Proselyten in's Judenthum geregelt wurde.

§. 33.

Das mosaische Gesez gab die Möglichkeit zur Aufnahme von Proselyten, indem es nicht nur Duldung von Fremdlingen in Israel vorschreibt, sondern solche Beisassen kennt, welche auch an den religiösen Übungen Theil nehmen würden. (Exod. 20, 10. Deut. 5, 14. 31, 12.)

κύτος, εὖ δ' ἐπέβαινε Ατραπιτού, μοῦνον δ' ἐσόρα κόσμοιο άνακτα οδει τυπωτήν. Die Móyou orequarıxoi der Stoifer (Diogen. Laërt. ed. Tauehnit. t. II. S. 64.) hängen damit nicht zusammen. Sprengel überseßt den Ausdruck mit: „Bildungsgeseßen." S. über den Móyos der Stoa Cic. de nat. D. I. 14. II. 22. Lact. Instit. IV. 9.

*) S. die Kabbala oder die Religionsphilosophie der Hebräer von A. Frank. Aus dem Französischen von Ad. Gelinek. Leipzig 1844.

Auf der Grundlage der mosaischen Anordnungen und mancher alter Beispiele von Übertritt zum Judenthume *) bildete sich unter dem zweiten Tempel ein förmliches Gesez für die Aufnahme von Proselyten aus. Man unterschied zwei Klassen, Proselyten des Thores und der Gerechtigkeit. Jeder Heide, welcher die oben angeführten sieben noachischen Gebote hielt, konnte mit den Israeliten wohnen, verkehren und wurde für einen der Seligkeit fähigen Menschen gehalten. **) Um sicher zu sein, daß ein in Palästina wohnender Heide die noachischen Gebote hielt, nahm man ihm nach einer Stelle des Talmud ***) am Jubeljahre ein Bekenntniß über jene sieben Artikel ab. Eine Übertretung dieser Gebote wurde nach den mosaischen Geseßen geahndet, wo sie ebenfalls vorkommen. Den Sabbath mußten sie wenigstens durch Nuhe mithalten.

Zum Volke Israel wurde sie nicht gezählt. Diejenigen Heiden, welche in Allem die Rechte der Israeliten genießen und ihre Pflichten übernehmen wollten, wurden Proselyten der Gerechtigkeit ge= nannt, †) öfters schlechtweg Gerim, Profelyten. Die Bedingungen zur Aufnahme waren einfach. Obenan steht natürlich Kenntniß der israelitischen Religion. Nach einer Stelle im Talmud ††) muß man dem Heiden, welcher übertreten will, die Schwierigkeiten vorstellen, welche damit verbunden sind. Darauf folgt bei Männern die Bes schneidung, welche unerläßlich ist. Ist die Wunde heil, so wird er getauft, d. h. er muß sich ganz in Wasser tauchen und dabei die Absicht zu erkennen geben, daß er Jude werden will. †††)

Bei der Taufe müssen Zeugen zugegen sein; der in's Wasser Getretene muß an einzelne Gebote erinnert werden und seine Unterwerfung unter dieselben durch Untertauchen kund geben. Bei Frauen muß für Sittsamkeit Sorge getragen werden. Endlich muß ein Brandopfer dargebracht werden.

*) Jethro, Nachab, Ruth, Naaman. S. Waehner (Kahle), Ebraeorum Prosel. Goetting. 1743. 4.

:ge בני נח n, unter bie עולם ober חסידי אומות gr tourbe unter bie (**

rechnet und konnte win, win 72 oder Tyw 72 sein. S. oben S. 36.

***) Erachin f. 29. c. 1.

.f. Kable, Ebraeor. Proselyt גרי צדק (גרי בני ברית (גרי ברית (1

Goetting. 1743. 4.

tt) Jebhamoth 47, 1.

†††) Das. 46, 1. 2. na pw. Der Name für diese Taufe ist $190.

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