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Prüfung Abrahams. Prophetischer Verkehr.

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Dieses Gebot mußte nicht nur von der Seite hart scheinen, als Menschenopfer nur dem wildesten Heidenthume angehörten, sondern noch mehr darum, weil durch den Tod Isaaks die ganze Verheißung Gottes umgestoßen scheinen mußte. In dieser Prüfung erhob sich die Seele dieses Patriarchen zum höchsten Grade der Hingebung und des Glaubens, darum nimmt, abgesehen von der vorbildlichen Bedeutung *) der beabsichtigten Opferung Isaaks, diese Thatsache eine sehr bedeutende Stelle in der ersten Begründung der Gottesführung ein. Jerusalem verdankt derselben die älteste Heiligung, indem der Berg, auf welchem Abraham seinen Sohn opfern sollte, wirklich aber einen Widder darbrachte, der Moriah, die spätere Stätte des Tempels der Juden war. **) Hier erscheint ein Engel als Bote Gottes, um die Opferung zu hindern, ***) gleichwie die Ankündigung der Geburt Isaaks durch Engel †) geschehen war, während sonst einfach Gott mit Abraham redend, und zwar den oben bemerkten Fall ausgenommen außer der Vision redend, dargestellt ist. Können wir auch die Art und Weise des prophetischen Verkehres Abrahams mit Gott nicht genau bestimmen, so scheint doch jene rein geistige Art der göttlichen Offenbarung vorherrschend gewesen zu sein, welche wir später bei Moses näher kennen lernen müssen. Jedenfalls erscheint Abraham als ein Mann, der vielfältig prophetische Erleuchtungen von Gott genoß. Das war die hohe Schule dieses Vaters der Gläubigen. ††) Doch war die Schule des Lebens und der Erfahrung nicht ausge= schlossen. Nicht bloß im gewöhnlichen Sinne erlebte Abraham vieles, indem er 175 Jahre alt wurde, sondern in außerordentlicher Weise, indem er nach einem langen Aufenthalte in Mesopotamien, im Kreise altbabylonischer Cultur nach und nach an verschiedenen Orten des nachmaligen

*) Die heiligen Väter nach der Andeutung im Hebräerbrief XI. 17 ff. fide obtulit Abraham Isaac .... arbitrans quia et a mortuis suscitare potens est Deus; unde eum et in parabolam accepit (év ragaßolň ἐκομίσατο.)

**) Genes. 22, 14.

***) Genef. 22, 11. 15.

†) Genef. 18, 1 ff. Zuerst heißt es: „Der Ewige erschien ihm in den Eichen von Mamre,“ dann: „Er sah drei Männer vor ihm stehen." Offenbar sollen diese drei Männer Stellvertreter Gottes sein.

††) Rom. 1V. 11. Εἰς τὸ εἶναι αὐτὸν πατέρα πάντων τῶν πιστευόντων.

Palästina *), in Arabien **) und in Egypten ***) mit den mannigfachsten Formen des geselligen Lebens der Menschen bekannt wurde. Durch das Wanderleben Abrahams ist jene Vielseitigkeit der hebräischen Bildung vorgezeichnet, welche wir im Verlaufe dieser Geschichte als Ergebniß der Wanderungen nach Egypten, durch Arabien und über Canaan wieder zurück in die alte Heimath Abrahams finden werden.

So erscheint also die Grundlegung der Gottesführung in Abrahams Leben des großen Gebäudes würdig, welches auf diesem Grunde sich erheben sollte. Beurtheilen wir die Stellung Abrahams nach der Geschichte des aus ihm entstandenen Volkes, so wird der Abschnitt der Schrift, welcher von ihm handelt, eine Quelle der Bewunderung Gottes. Die alten Staaten, welche Abraham besuchte, und wo er als einzelner Fremdling kaum beachtet ward, sind zusammengestürzt, das Pharaonenreich ebenso gut wie jenes des Nimrod; je mehr es den ungeheuren Anstrengungen reichbegabter Männer gelingt, aus dem Schutte der Denkmäler uns die Zeugen einstiger Größe Egyptens und Babylons zu erwecken, desto mächtiger ergreift es uns, daß dieser Eine ein Volk begründen konnte, das die ganze Erde geistig beherrschen sollte; und daß der Sieg und die Bedeutung dieses Volkes schon in der ältesten Zeit auf's Bestimmteste verkündet war.

K. II. Bildung von Stämmen, insbesondere des israelitischen Stammes aus Abrahams Nachkommen.

Erhöht wird die Bedeutung Abrahams dadurch, daß nicht bloß Isaak, als Stammvater der Israeliten und Edomiter, sondern auch Ismael als Stammvater der bedeutendsten arabischen Familien von ihm sich herleitet. Nicht nur die Bibel lehrt dieß, sondern auch eine alte arabische Tradition, die Mohammed schon vorfand; die Caaba, das alte Centralheiligthum der Araber in Mekka, wurde in der engsten

*) Genef. 12, 1. 6. u. s. w.

**) In Gerâr, dem Gebiete des Königs Abimelech (Genes. 20, 1.). Diese Erzählung ist übrigens wohl nur darum so spät geseßt, weil fie der folgenden, wo Sarah ebenfalls eine Hauptrolle spielt, zur Einleitung dient. Nach 26, 1 ff. zog Isaak in dasselbe Land Gerâr und fand dort dieselbe Gefahr für sein Weib wie Abraham. S. auch Genef. 12, 9.

***) Genef. 12, 10. Daß Sarah fich für die Schwester Abrahams ausgab, war keine Lüge, wenn sie die Tochter seines in Babylonien gestorbenen Bruders Haran, also Schwester Lots war.

Abraham als großer Stammvater. Isaak.

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Beziehung nicht bloß zu Ismael, sondern auch zu Abraham gedacht. *) Die Araber behaupteten schon vor der Entstehung des Islam sogar den Brunnen noch zu wissen, welchen der Engel der erschöpften Hagar gezeigt habe. **)

Die Bibel führt unter den Nachkommen Ismaels (Genef. 25, 13.) die bedeutendsten arabischen Stämme, wie Nabatäer, Kedar, Duma, Thema und Massa und Andere auf. Überdieß entsprangen von Abraham durch seine Verbindung mit Keturah (welche indeß im Targum Jonathans für identisch mit Hagar gehalten wird, so daß Abraham nur die früher Verstoßene wieder zu sich genommen hätte) auch noch andere arabische Geschlechter, wie Scheba, Dedan und Andere (25, 1 ff.). So ist es begreiflich, daß später Mohammed sein ganzes religiöses Unternehmen auf den Gedanken bauen konnte: Es solle die Religion Abrahams wieder hergestellt werden. Er erkennt zwar die prophetische Predigt Salehs unter den alten Arabern, namentlich unter dem Stamme Themud an, rühmt auch die prophetische Thätigkeit seines Bruders Hud, d. i. Heber bei dem Stamme Ad, stellt aber die Wirksamkeit beider als vergeblich dar, so daß nur soviel wahres Geistesgut in dem Volke der Araber lebte, als sie von Abraham geerbt hätten. ***) Jedenfalls gehört Abraham zu den größten Menschen, die auf Erden gelebt haben; er ist durch seine persönlichen Eigenschaften groß, noch mehr aber dadurch, daß eine höhere Hand sich seiner bediente, um in ihm eine göttliche Führung des Menschenge= schlechts zu begründen. So reich ist der Segen, der auf ihm ruhte, daß außer den Christen und Juden viele Millionen Mohammedaner davon zehren. Schon die Schriftsteller des alten Testamentes weisen darauf hin, daß in der Führung Abrahams die Stärke des Reiches Gottes auf Erden sich kundgegeben habe. †) Da Abraham noch die Geburt seines Enkels Jakob überlebte, so tritt die Bedeutung Isaaks, seines Sohnes, ziemlich in den Hintergrund; Isaak wird in das Leben Abrahams eingeschlossen gedacht. ††) Isaaks Leben ist nur dadurch

*) S. Koran, Sura 37, 107. 2, 119.

**) Koran S. IX. V. 20. Dini bei Mekka.

***) Obwohl wir den Erzählungen von Hud und Saleh keinen geschichtlichen Charakter beilegen, sehen sie doch einen geschichtlichen Kern bei ihnen voraus. Saleh (y) ist nicht identisch mit Schalach.

†) Isai. 51, 2. Unum vocavi eum et benedixi et multiplicavi eum. ††) Daher Ps. 105, 12 ff. beide zusammengenommen werden. Vgl. ferner: Haneberg, biblische Offenbarung.

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bedeutsam, daß er nach dem bestimmten Willen seines Vaters eine Frau aus der Urheimath, Haran, nämlich die Rebekka erhält und daß von seinen beiden Söhnen der ältere Edom sich aus der religiösen Ordnung der Familie ausscheidet und Jakob der Jüngere in das Recht der Erstgeburt und allen Segen des erkorenen Stammes eintritt.

Mehr als Isaak tritt die für ihn aus Mesopotamien geholte Gemahlin Rebekka hervor; die Brautwerbung des treuen Knechtes Elieser ist mit unverhältnißmäßiger Ausführlichkeit erzählt; die Wichtigkeit der Ehe und der Eingehung derselben nach Gottes Gesez ist dadurch hervorgehoben.

Dasselbe tritt wieder in der Art, wie Jakob um die Töchter von Rebekkas Bruder ebenfalls im aramäischen Heimathland dient, hervor. Rachel und Leah stellen die Frau in verschiedener Würde dar, Rachel die zu sinnlicher Liebe reizende, Leah die tüchtige Mutter und Hausfrau. *) Daneben tritt das Wanderleben in Jakob auf's grellste hervor; von Palästina aus muß er nach Aram in die Heimath seiner Ahnen, von da wieder zurück und in hohem Alter endlich nach Egypten. Im Keime zeigt sich schon die Anlage des ganzen Gewächses und so im Ahnen das Schicksal der künftigen Nation. Auch darin erscheint Jakob als bedeutsamer Stammvater des Offenbarungsvolkes, daß er mannigfach in prophetischem Verkehr mit Gott steht. Nur daß bei ihm die bildliche Vermittlung höherer Anschauungen mehr, als bei frühern, z. B. bei Abraham, hervortritt. Bei der Flucht aus dem Vaterhause sieht er im Traume bei dem nachmaligen Bethel die Himmelsleiter und an ihr die Engel auf- und niedergleitend, ein Sinnbild alles priesterlichen und prophetischen, ja überhaupt alles frommen Verkehrs der Menschheit mit dem Himmel. Bei der Rückkehr aus Aram trifft er am Jabbok im Ostjordangefilde mit einem Engelwesen zusammen, welches mit ihm in der Nacht kämpft

Erod. 2, 24. foedus pepigit cum Abraham. Ezech. 33, 24. unus erat Abraham. Malach. 2, 15. Dan. 3, 35. propter Abraham dilectum. Nehem. 9, 7. Effli. 44, 20. *) Rachel ist nicht nur als Mutter Josephs, also als Ahnfrau des nachmals so mächtigen Stammes Ephraim mit Manaffe, sondern auch dadurch bedeut sam, daß sie Geräthe des Aberglaubens aus Aram herüberschmuggelte und in die Familie Jakobs einführte. Genes. 31, 19. 30. 32. 34 f. 35, 4. Vgl. 30, 14. (Alraunen.)

Verheißung an Jakob. Zwölf Söhne.

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bis zum Morgen, weshalb Jakob von nun an den Namen Israel, d. h. Gotteskämpfer, führt. Es stellte sich hiemit ohne Zweifel am Stammvater des Glaubensvolkes die Wahrheit dar, daß sich Gott in der Gründung einer freien Menschenwelt zum Menschen herablasse und ihn übe und schule, und daß der Mensch Gott den Segen gleich sam abringen müsse. *)

In diesen zwei Offenbarungen befindet sich Jakob auf der niedersten Stufe prophetischen Zustandes; höher wird er geführt da, wo ihm Gott gleichsam die Deutung zu dem dunkeln Kampfe mit dem Engelswesen am Jabbok giebt (Genes. 35, 10.): „Und Gott erschien dem Jakob abermals, als er kam aus Padan-Aram (dem obern Mesopotamien) und segnete ihn. Und Gott sprach zu ihm: Dein Name ist Jakob; nicht soll genannt werden fortan dein Name Jakob, sondern Israel sei dein Name. Und er nannte seinen Namen Israel. Und Gott sprach zu ihm: Ich bin Gott der Allmächtige, sei fruchtbar und mehre dich; Volk und Versammlung von Völkern sollen von dir herkommen und Könige hervorgehen aus deinen Lenden."

Die Hoffnung zur Erfüllung dieser Verheißung lag noch ferne. Die Möglichkeit der Erfüllung dieser Verheißung war zwar dadurch näher gerückt, daß Jakob zwölf Söhne hatte, seitdem ihm nach der Ankunft in Palästina zu den eilfen, welche schon in Mesopotamien geboren worden, Rachel den jüngsten, Benjamin, geschenkt hatte. **) Auch zeigten einige von diesen kriegerischen Sinn, indem sie blutige Rache an einem canaanitischen Fürstensohne übten, welcher Dina, eine Tochter Jakobs von Leah (30, 21.), geschändet hatte. ***) So war mensch

*) Genes. 32, 29. Vgl. 12, 4. und Sapientia 10, 12. άywva iбxvgòv ßoάßevбev avr. Daß übrigens visionäre Einflüsse auf den Menschen gerade in der Nacht am stärksten sind, ist natürlich und auch den Heiden bekannt. Vgl. Bopp, Ardschuna's Reise zu Indra's Himmel. 1824. S. 26. Text S. 46.: In der Stunde des Grau'ns wisse, sind die Geister (rakschas) erstaunlich stark. **) Die zwölf Söhne Jakobs mit ihren Müttern sind diese: Lea: Ruben, Simeon, Levi, Juda, Isachar, Zabulon. Rachel: Joseph, Benjamin. Bilha (Rachels Magd): Dan, Naftali. Silpa (Leas Magd): Gad, Ascher. Der Zeit ihrer Geburt nach folgen sie so: 1. Ruben (Gen. 29, 32.), 2. Simeon, 3. Levi, 4. Juda (daf. 33–35.), 5. Dan (30, 6.), 6. Naftali (das.), 7. Gad (30, 11.), 8. Ascher (das.), 9. Isachar (30, 18.), 10. Zabulon, 11. Joseph (30, 24.), 12. Benjamin.

***) Genes. 36, 1 f. Simeon und Levi waren die Seele der blutigen Rache gegen Sichem, den Schänder der Dina, und sein Volk.

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