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§. 13.

Das Zaudern einiger Kirchen hinsichtlich der Aufnahme der genannten Briefe könnte uns allein schon eine gute Bürgschaft für die Gewissenhaftigkeit geben, womit das christliche Alterthum über das canonische Ansehen von apostolischen Schriften wachte und entschied. Es war von frühester Zeit an eine hochwichtige Angelegenheit, falschen Schriften den Eingang zu verwehren und die ächten zu bewahren. Die nämlichen Authoritäten, welche für die Thatsachen des Christen thums eintraten und durch deren Zeugniß dieses auf die str Generationen herabkam, verbürgten, wie der heilige Frenäus benatt, auch die Ächtheit der apostolischen Schriften, namentlich der Com gelien: „Durch Niemand anders haben wir die Anordnungen des Heiles kennen gelernt, als durch Jene, durch welche auch das Evangelium zu uns gelangt ist." *)

§. 14.

Die Kirche hatte guten Grund zu so strenger Wachsamkeit, dem schon von den apostolischen Zeiten an wucherte eine so üppige Satt falscher Schriften, insbesondere im Kreise der gnostischen Sekten, daß bereits Frenäus sagen konnte, es gebe eine unermeßliche Apokrypher Literatur. **) Andererseits waren schon vor der Entstehung des Christen thums, vorzüglich unter den Essenern, wie es scheint, viele Schrifte entstanden, welche vorgeblich alten Patriarchen, wie Adam, Seth, he noch, Joseph, zugeschrieben wurden; salomonische Schriften mannig fachen, insbesondere magischen Inhalts waren in Umlauf geseht Verfälschte Evangelien erschienen, bald ohne bestimmte Namen no Verfassern, bald unter solchen, bald mit Zugrundelegung eines co nischen Evangeliums, bald unabhängig davon. Die jüdischen G stiker erkoren sich das Evangelium Matthäi, die egyptisch - heidnisca jenes des Lukas zur Basis ihrer phantastischen Luftgebäude. Neben

Colossä. Sonst könnte man fragen, warum denn nicht auch diesen Briej das gleiche Schicksal getroffen habe.

*) Iren. III. 1.

**) Πρὸς δὲ τούτοις ἀμύθητον πλῆθος ἀποκρύφων καὶ νόθων γραφών, ἃς αὐτοὶ ἔπλασαν παρεισφέρουσιν εἰς κατάπληξιν τῶν ἀνοήτων καὶ τα τῆς ἀληθείας μὴ ἐπισταμένων γράμματα. Adv. haer. I. c. 20.

Apogrypha, Henoch u. s. w.

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den häretischen Tendenzschriften dieser Art zeigen sich unschuldigere Sagenbücher, Produkte einer wundersüchtigen, träumerischen Seelenrichtung. Der gelehrte Fabricius hat mit großem Fleiße eine ansehnliche Sammlung solcher Schriften, und Bruchstücke davon zusam= mengetragen. *)

§. 15.

Unter den Apokryphen des alten Testamentes nähern sich, was das Ansehen betrifft, den canonischen Büchern am meisten: das Buch Henoch und das dritte Buch der Maccabäer. Das erstere wird bekanntlich bereits im Briefe Judä citirt und hat darum in manchen Kirchen der ältesten Zeit große Verehrung genossen; Origenes zweifelt, ob es nicht als canonisch anzunehmen sei, so groß 2 war in Alexandria die Hochachtung gegen dasselbe; von dort aus nahm es die abyssinische Kirche in ihren Canon auf. Nachdem es durch die Väter des vierten Jahrhunderts entschieden unter die Apokrypha verwiesen worden war, haben sich in griechischer Sprache nur Bruchstücke erhalten; das Ganze wurde in neuester Zeit aus Äthiopien in der abyssinischen (Geez-) Sprache nach Europa gebracht und von Lawrence edirt. **) Es muß ursprünglich aramäisch gewesen sein; in dieser Sprache scheint es der Verfasser des Sohar zu kennen, der sich öfters darauf beruft. ***) Nach Catafago's Untersuchungen über die noßairische Literatur weist das „Buch der Scheiche" auf die Bücher von Seth, Henoch (Idris), Noe und Abraham in syrischer Sprache hin. †)

Das dritte Buch der Maccabäer wird in den apostolischen Canonen als ein Theil der heiligen Schrift genannt und als solcher von der griechischen Kirche angenommen. Die ältesten Handschriften der alexandrinischen Version (LXX.) enthalten es. Es erzählt die Geschichte von der Judenverfolgung, welche Ptolemäus Philopator nach seinem Siege über Antiochus den Großen in Alexandria zu

*) Codex pseudoepigraphus Veteris Testamenti, coll. a Jo. Alb. Fabricio. 17, 22. 2 Bände. Codex apocryphus Novi Testam. Hamb. 1719. 3 Theile.

**) Hoffmann hat es theils aus dem Englischen des Lawrence, theils aus dem äthiopischen Terte überseßt. Das Buch Henoch. Jena 1833. 1838.

***) 3: B. I. 34. Sulzb. 180. das.

†) Journal Asiatique, Juillet 1848. S. 76.

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verhängen anfieng, an deren Durchführung er aber wunderbarer Weise gehindert wurde. *) Die nächste Stelle nimmt das dritte Buch Esra ein, eine Art Umarbeitung vom ersten canonischen Buche Esra sammt Einleitung und Auszügen aus der Chronik.

Während die Zusäße an diesem Esra den Einfluß griechischer Redefünste verrathen, athmet das vierte Buch Esra durchaus den Geist jüdischer Spekulation. Es war ohne Zweifel ursprünglich hebräisch, oder chaldäisch; wir besigen eine lateinische, aber keine griechische Überseßung. Es wird von Barnabas, **) nach Einiger sogar von Christus selbst citirt. ***) Auch Ambrosius führt es m.) Es ist in vielen Ausgaben der Vulgata im Anhange neben dritten Buche Esra beigefügt. Gewöhnlich steht ein kleines apoin phes Stück dabei, welches Gebet des Manasses heißt. Be kanntlich gerieth dieser König unter affyrischer Obhut in eine baby lonische Gefangenschaft, und dieselbe Stelle der Schrift, welche uns diese Thatsache berichtet (2 Chron. 33, 11.), sagt auch, daß der früher gottlose König bei der Freilassung zu Gott gebetet und sich bekehrt habe. Im alexandrinischen Texte der LXX. findet sich dieses Gebet nach den Psalmen. Diesen ist auch in manchen Ausgaben ein Lied beigefügt, welches der 151. Psalm heißt und worin der Hirt David seine Gefühle über seine erste Salbung und die Besiegung des Goliath ausdrückt. ††)

*) S. Joseph. Ant. XII. 1. 1. und oben S. 407. und S. 438.

**) Barnabas c. XII. gl. 4 sta 5, 5.

***) Matth. 23, 37. Vgl. 4 Esra 1, 30.

†) Comment. in Lucam 1. II. u. de bono mortis c. 10. u. c. 11. ††) 1. Μικρὸς ἤμην ἐν τοῖς ἀδελφοῖς μου· καὶ νεώτερος ἐν τῷ οἴκῳ τοῦ

πατρός μου.

2. Ἐποίμαινον τὰ πρόβατα τοῦ πατρός μου, αἱ χεῖρές μου ἐποίησαν
ὄργανον· καὶ οἱ δακτυλοί μου ἥρμοσαν ψαλτήριον.

3. Καὶ τίς ἀναγγελεῖ τῷ κυρίῳ μου; αὐτὸς κύριος, αὐτὸς εἰςακούει.
4. Αὐτὸς ἐξαπέστειλε τὸν ἄγγελον αὐτοῦ καὶ ἦρέ με ἐκ τῶν προβάτων
τοῦ πατρός μου καὶ ἔχρισέ με ἐν τῷ ἐλαίῳ τῆς χρίσεως αὐτοῦ.
5. Οἱ ἀδελφοί μου καλοὶ καὶ μεγάλοι καὶ οὐκ εὐδόκησεν ἐν αὐτοῖς
κύριος.

6. Ἐξῆλθον εἰς συνάντησιν τῷ ἀλλοφύλῳ καὶ ἐπικατηράσατό με
τοῖς εἰδώλοις αὐτοῦ.

7. Ἐγὼ δὲ σπασάμενος τὴν παρ' αὐτοῦ μάχαιραν ἀπεκεφάλισα αυτό καὶ ἦρα ὄνειδος ἐξ υἱῶν ̓Ισραήλ.

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Unter den Apokryphen des neuen Testamentes sind außer den von Fabricius, Thilo und Sike *) herausgegebenen die vorgeblichen Apostel-briefe bemerkenswerth, welche in der armenischen Kirche gelesen werden. Ein Brief der Korinther an Paulus sammt dessen ausführlicher Antwort, die Irrlehren der Gnostiker betreffend, ist von Lord Byron aus dem Armenischen in's Englische übersezt worden. **)

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Selbst jene Apokryphen, welche dem Ansehen der canonischen Bücher am nächsten kommen, wie Henoch und das 4. Buch Esra, enthalten Elemente, welche sich mit dem Lehrinhalte der übrigen Bücher der Schrift schwer vereinen lassen, und jedenfalls auf dem Gebiete y der träumerischen Angelologie und Eschatologie der Kabbalah sich bewegen. Im vierten Buche Esra wird die jüdische Fabel von Behemoth und Leviathan (6, 49.), wie von der wunderbaren Rückkehr der Juden durch den Euphrat (13, 12.) vorgetragen. An einer andern Stelle Hi (8, 1.) findet sich das Theologumenon: Diese Welt hat der Hocherhabene für Viele, die künftige Welt für Wenige geschaffen, womit für diejenigen, welche nicht in's übernatürliche Himmelreich kommen, eine Existenz in irdischem Wohlsein in Aussicht gestellt wäre. ***) Im Buche Henoch wird, wie in der Kabbalah, dem Namen Gottes eine magische Gewalt zugeschrieben (68, 20. 21.); die Pneumatologie erscheint in ähnlicher Art ausgedehnt, wie im Sohar; die rabbinische Lehre von den Schlägen des Leichnams ist sogar auf den Embryo ausgedehnt. †)

Die Aufnahme eines einzigen solchen Buches in die Bibel wäre hinreichend gewesen, den reinen Christenglauben in ein theosophisches Schwärmen und Träumen zu verkehren. Noch verderblicher hätte die

*) Evangelium infantiae Christi. Arab. et lat. Traj. 1697.

**) In: A Grammar Armenian and English by P. Paschal Aucher. D. D. Venice 1832. S. 145 ff.

Der darin S. 149. genannte Apopholanus scheint mir ein sicheres Indicium zu sein, woraus sich auf ein arabisches Original schließen läßt; es ist: ND 128, d. i. Vater von N. N.

***) Vgl. Frassen, Scotus Academicus t. II. S. 192.

†) 68, 18.; vgl. 68, 6. p 1. Der Ursprung dieser kabbalistischen Vorstellung ist vielleicht in der Lehre der Parsen zu suchen. Vgl. Zenday. v. Kleuker III. Th, S. 254. S. 27.

Annahme der spätern gnostischen Tendenzschriften werden müssen, über deren Verkehrtheit die gelehrten Väter Frenäus, Tertullian, Epiphanius und Hieronymus zu hören find.

Die Kirche stellte der Sündfluth der Apokryphen - Literatur einen festen Damm entgegen durch die Regel, nur das als Norm des Glaubens anzunehmen, was von den Zeugen Jesu Christi, den Aposteln seiner Rathschlüsse, sich mit Klarheit und unter der Bürgschaft jener Kirchen herleiten ließ, welche durch die apostolische Reihenfolge ihrer Hirten mit eben jenen Aposteln selbst in klarem Zusammenhange waren. Was nicht auf solche Art verbürgt war, wurde als Schrift dufler, unhistorischer Herkunft, als Apokryphon verworfen. *)

Hinsichtlich des alten Testamentes hielten sich die Christen a das Herkommen der apostolischen Kirchen, ohne die controlirende Beachtung des Gebrauches der Synagoge zu versäumen.

§. 17.

Die Reinerhaltung der biblischen Bücher hieng jedoch nicht bloß davon ab, daß nur ächte Schriften gesammelt, sondern auch davon, daß die gesammelten unverfälscht bewahrt und fort und fort in dem Sinne der Verfasser verstanden wurden.

In jeder dieser beiden Beziehungen wurde für die Bibel so ges sorgt, wie für kein anderes Buch der Welt.

K. II. Fortpflanzung und Reinbewahrung des Urtertes der heiligen Schrift.

A. Altes Testament.

§. 1.

Seit Esra waren die hebräischen und chaldäischen Bücher des alten Testamentes in der assyrischen oder Quadrat-Schrift ge schrieben. Dieß versichert uns der Talmud, **) Origenes und Hiero

*) Über den Begriff von άróxęvpov hat Movers in dem Artikel „Apokryphen“ im Herder'schen Kirchenlexikon bemerkenswerthe Erläuterungen gegeben. Dieser Artikel und der darauffolgende ist überhaupt nachzulesen.

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**) Sanhedr. f. 21. 1. 22. 1. „Anfangs wurde den Israeliten das Gefeß in hebräischer (alt phönizischer) Schrift und in heiliger Sprache gegeben; zum zweiten Male wurde es in den Tagen des Esra in affyrischer Schrift gegeben.“

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