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keit, wenigstens einen Versuch zu wagen, an seiner Stelle eine philosophische Reisebeschreibung zu verfertigen. Alles bestärkte mich in diesem Unternehmen, welches nun nicht mehr in Seiner Willkühr stand; ja ich sah es als eine Pflicht an, die wir dem Publikum schuldig waren. Ich hatte hinreichende Materialien während der Reise gesammelt, und fing mit eben so gutem Muthe an, als je ein Reisender, der selbst geschrieben, oder ein Stoppler, der je bestochen worden, die Nachrichten Andrer zu verstümmeln. Kein Vergleich band mir die Hånde, und selbst derjenige, den mein Vater eingegangen, erwähnte Meiner nicht mit einem Worte, und entzog mir nicht im mindesten seinen Beistand. Bei jedem wichtigen Vorfall habe ich also seine Lagebücher zu Rathe gezogen, und solchergestalt eine Erzählung, der genauesten historischen Wahrheit gemäß, bewerkstelligt.

Zwei Ungenannte haben schon etwas von unsrer Reise geschrieben; allein in diesem erleuchteten Jahrhundert glaubt ́man keine Mährchen mehr, die nach der romantischen Einbildungskraft unsrer Vorfahren schmecken. Die Begebenheiten unsrer Reise sind so mannigfaltig und wichtig, daß sie keines erdichteten Zusages bedürfen. Unfre Seefahrt war wechselsweise reich und arm an Vorfällen; doch wie der fleißige Landmann selbst das unfruchtbarste Feld zu nuhen weiß, so kann auch die ödeste Wildniß einem forschenden Geiste Veranlassung zum Unterricht geben.

Eine andre Beschreibung eben dieser Reise um die Welt, ist aus den Papieren des Capitain Jacob Cook zusammengetragen, unter dessen Führung sie vollbracht ist. Die Admiralitat hat diese Beschreibung mit einer großen Anzahl Kupferstiche versehen lassen, welche theils Ansichten der Länder, theils Abbildungen der Eingebornen, ihrer Böte, Waffen und Werkzeuge vorstellen, theils auch aus Special-Charten der verschiedenen Lånder bestehen; und eben diese Platten sind es, welche gedachtes Collegium meinem Vater und dem Capitain Cook ehemals gemeinschaftlich versprochen hatte.

Beim ersten Anblick können vielleicht zwei Nachrichten v einer und derselben Reise überflüssig scheinen; allein man n in Erwägung ziehen, daß sie aus einer Reihe wichtiger Vorfa bestehen, welche immer durch die verschiedne Erzählung zwe Personen in stárkeres Licht geseht werden. Auch waren unster Beschäftigungen im Hafen sehr verschieden; Capitain Cook hatte

alle Hände voll zu thun, um das Schiff mit Lebensmitteln zu versehen und wieder in Stand zu sehen; dagegen ich den mannigfaltigen Gegenständen nachging, welche die Natur auf dem Lande ausgestreut hatte. Hieraus ergibt sich von selbst, daß unfre Vorfälle und Gegenstände sehr oft verschieden gewesen sein müssen, und daß folglich auch unsre Beobachtungen oft nicht das mindeste mit einander gemein haben. Vor allen Dingen aber ist zu bemerken, daß man einerlei Dinge oft aus verschiedenen Gesichtspunkten ansieht, und daß dieselben Vorfälle oft ganz verschiedne Ideen hervorbringen. Dem Seefahrer, der von Kindesbeinen an mit dem rauhen Elemente bekannt geworden, muß Manches alltäglich und unbemerkenswerth dünken, was dem Landmann, der auf dem festen Lande lebt, neu und unterhaltend scheinen wird. Jener sieht am Lande Manches mit beståndiger Rücksicht aufs Seewesen; dieser hingegen beobachtet es nur, in so weit es einen ökonomischen Nugen haben kann. Mit einem Wort, die Verschiedenheit unsrer Wissenschaften, unsrer Köpfe und unsrer Herzen haben nothwendigerweise eine Verschiedenheit in unsern Empfindungen, Betrachtungen und Ausdrücken hervorbringen müssen. Unsre Beschreibungen sind noch in einem andern Umstande sehr wesentlich von einander verschieden; weil ich über alles, was die innere Haushaltung des Schiffs und der Matrosen betrifft, kurz weggegangen bin. Auch habe ich mich, mit gutem Bedacht, aller Erzählung der Schiff Mandvres enthalten, und nicht zu bestimmen gewagt, wie oft wir bei stürmischem Wetter die Segel einrefften oder gar einbüßten, wie viel Wendungen wir machten, um eine Landspiße zu umfahren, und wie oft das Schiff unserm Palinurus zum Trog ungehorsam ward, oder nicht folgen wollte. Die Winkel, Lage und Entfernung der Vorgebirge, Bergspißen, Hügel, Höhen, Baien, Hafen und Buchten, nebst ihren Beobachtungen in verschiednen Stunden des Tages, sind gleichfalls weggelassen; denn solche lehrreiche Kleinigkeiten gehören eigentlich blos für Seefahrer. Die Geschichte von Capitain Cooks erster Reise um die Welt *), ward mit großer Begierde gelesen, sie ward aber, hier England, mit allgemeinem Tadel, ich möchte fast sagen, mit

*) In der Endeavour in den Jahren 1768-1771 vollführt und be, grieben von Dr. Hawkesworth, drei Bände in gr. 4. mit 62 Kupf. und Karten. Berlin bei Haude und Spener.

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Verachtung aufgenommen. Sie war von einem Manne aufge seßt, der die Reise nicht mitgemacht hatte; und ihre üble Auf nahme wurde seinen geringhaltigen Beobachtungen, seinen unno thigen Ausschweifungen und seinen sophistischen Grundsägen zu geschrieben; obgleich wenige Leser zu bestimmen im Stande sein möchten, mit wie vielem Recht oder Unrecht solches geschehen sei. Die Geschäftigkeit des Capitain Cook und sein unermüde ter Entdeckungsgeist haben ihn abermals gehindert, den Abdruc seines Tagebuchs selbst zu besorgen; er hat also auch jest wie der einen Dollmetscher annehmen müssen, der an seiner Statt mit dem Publikum reden könnte. Außer dieser Unannehmlich keit hat seine Beschreibung gegenwärtiger Reise noch einen andern Fehler mit der vorigen gemein, diesen nemlich, daß aus derselben, auf gut französisch, manche Umstände und Bemer Eungen weggelassen worden, die man auf eine oder die andr Art für nachtheilig ansah. Ein höherer Befehl blies den Herri von Bougainville von der Insel Juan Fernandez weg und brachte die englischen Kanonen zum Stillschweigen, als die En deavour die portugiesische Festung auf Madera beschoß *). Ohn. mich weiter in diese Vergleichung einzulassen, will ich nur be merken, daß aus dem hisher Gesagten genugsam abzunehmen wie die Authenticitåt einer Reisebeschreibung beschaffen sein kann die vor dem Abdruck Censur und Verstümmlung über sich erge hen lassen muß!

Die Philosophen dieses Jahrhunderts, denen die anscheinen den Widersprüche verschiedner Reisenden sehr misfielen, wählter sich gewisse Schriftsteller, welche sie den übrigen vorzogen, ihne allen Glauben beimaßen, hingegen alle andre für fabelhaft ansa hen. Ohne hinreichende Kenntniß warfen sie sich zu Richter auf, nahmen gewisse Säge für wahr an, (die sie noch da nach eignem Gutdünken verstellten,) und bauten sich auf die Art Systeme, die von fern ins Auge fallen, aber, bei näher

*) Die hier berührten Umstände find notorische Facta, aber in di bekanntgemachten Reisen unterdrückt. Herr von Bougainville hielt f* einige Zeit auf Juan Fernandez auf und nahm daselbst Erfrischung ein, ob er gleich zu verstehen gibt, daß ihn widrige Winde gehinder diese Insel zu berühren. Capitain Cook in der Endeavour, und eine englische Fregatte beschossen das Loo - Fort auf Madera, um die Ehre de bristtischen Flagge aufrecht zu erhalten, ohne daß dieser Umstand in Har keworths Sammlung auch nur mit einem Worte berührt worden wäre.

Untersuchung, uns wie ein Traum mit falschen Erscheinungen betrügen. Endlich wurden es die Gelehrten müde, durch Declamation und sophistische Gründe hingerissen zu werden, und verlangten überlaut, daß man doch nur Thatsachen sammlen follte. Ihr Wunsch ward erfüllt; in allen Welttheilen trieb man Thatsachen auf, und bei dem Allem stand es um ihre Wissenschaft nichts besser. Sie bekamen einen vermischten Haufen loser einzelner Glieder, woraus sich durch keine Kunst ein Ganzes hervorbringen ließ; und indem sie bis zum Unsinn nach Facten jagten, verloren sie jedes andre Augenmerk, und wurden unfähig, auch nur einen einzigen Sah zu bestimmen und zu abstrahiren; so wie jene Mikrologen, die ihr ganzes Leben auf die Anatomie einer Mücke verwenden, aus der sich doch für Menschen und Vieh nicht die geringste Folge ziehen läßt. Außerdem haben selten zwei Reisende einerlei Gegenstand auf gleiche Weise gesehen, sondern jeder gab, nach Maßgabe seiner Empfindung und Denkungsart, eine besondere Nachricht davon. Man mußte also erst mit dem Beobachter bekannt sein, ehe man von feinen Bemerkungen Gebrauch machen konnte. Ein Reisender, der nach meinem Begriffe alle Erwartungen erfüllen wollte, müßte Rechtschaffenheit genug haben, einzelne Gegenstände richtig und in ihrem wahren Lichte zu beobachten, aber auch Scharffinn genug, dieselben zu verbinden, allgemeine Folgerungen daraus zu ziehen, um dadurch sich und seinen Lesern den Weg zu neuen Entdeckungen und künftigen Untersuchungen zu bahnen.

Mit solchen Begriffen ging ich zur lehten Reise um die Welt zu Schiffe, und sammlete, so viel es Zeit, Umstånde und Kräfte gestatten wollten, den Stoff zu gegenwärtigem Werke. Ich habe mich immer bemüht, die Ideen zu verbinden, welche durch verschiedne Vorfälle veranlaßt wurden. Meine Absicht dabei war, die Natur des Menschen so viel möglich in mehreres Licht zu sehen und den Geist auf den Standpunkt zu erheben, aus welchem er einer ausgebreitetern Aussicht genießt, und die Wege der Vorsehung zu bewundern im Stande ist. Nun kommt es freilich darauf an, wie fern mir dieser Versuch gelungen sei oder nicht; doch habe ich das Zutrauen, man werde meine gute Absicht nicht verkennen. Zuweilen folgte ich dem Herzen und ließ meine Empfindungen reden; denn da ich von menschlichen Schwachheiten nicht frei bin, so mußten meine Leser doch wissen, wie das Glas gefärbt ist, durch welches ich gesehen habe.

Wenigstens bin ich mir bewußt, daß es nicht finster und trübe vor meinen Augen gewesen ist. Alle Völker der Erde haben gleiche Ansprüche auf meinen guten Willen. So zu denken war ich immer gewohnt. Zugleich war ich mir bewußt, daß ich verschiedne Rechte mit jedem einzelnen Menschen gemein habe; und also find meine Bemerkungen mit beständiger Rücksicht aufs allgemeine Beste gemacht worden, und mein Lob und mein Tadel sind unabhängig von National-Vorurtheilen, wie sie auch Namen haben mögen. Nicht nur die Mannigfaltigkeit der Gegenstånde, sondern auch die Reinigkeit und Anmuth des Styls bestimmen unser Urtheil und unser Vergnügen über Werke der Literatur; und wahrlich, man müßte allem Anspruch auf Geschmack und Empfindung entfagen, wenn man nicht eine flieBende Erzählung einer lahmen und langweiligen vorziehen wollte. Allein seit einiger Zeit ist die Achtung für einen zierlichen Styl so übertrieben und so sehr gemißbraucht worden, daß sich einige Schriftsteller lediglich auf die Leichtigkeit und Flüßigkeit ihrer Sprache verlassen, und um die Sache, welche sie vortragen ollten, gar nicht bekümmert haben, wobei denn am Ende das Publikum mit trocknen seichten Werklein ohne Salbung, Geist und Unterricht betrogen wurde. Solche Herren mögen sich vielleicht den Beifall einiger Virtuosen erwerben

Who haunt Parnassus but to please their ear.

Ich bin aber überzeugt, daß die mehresten und bessern Leser, in Rücksicht auf neue oder nüßliche Gegenstände, die Unvollkom menheiten des Styls gewissermaßen zu übersehen geneigt sein werden. Ich habe nicht elegant sein wollen. Mein Zweck war, deutlich und verständlich zu sein. Nur darauf habe ich meine Aufmerksamkeit eingeschränkt. Ich hoffe also Nachsicht zu finden, falls mir minder wichtige Fehler entwischt sein sollten. Die Karte, worauf unsre Entdeckungen und die Umseglungs - Linie gezeichnet worden, habe ich mit dem größten Fleiß nach den richtigsten Materialien, die am Rande angezeigt sind, entworfen *). Damit auch das deutsche Publicum neben meiner Be

*) Man hat geglaubt, die verschiedenen Karten, die den Forsterfchen Schriften beigegeben sind, in dieser Ausgabe weglassen zu dürfen, weil das Bedürfniß, das bei der ersten Erscheinung derselben obwaltete, bei dem heutigen Stande der Erdkunde wegfällt. A. d. Herausg.

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