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Der Mythus ist somit, sofern er ja auch bildlich ist, immer durch das Symbol vermittelt, oder geht auch unmittelbar aus dem Symbol hervor. Darum verdient auch, wenn der Ursprung eines Mythus erklärt werden soll, besondere Aufmerksamkeit, wenn der Mythus selbst noch an ein ursprüngliches Symbol geknüpft erscheint, wie dies besonders dann der Fall ist, wenn etwas Historisches zu Grunde liegt. Ein Beispiel dieser Art ist der schöne Mythus von dem Sänger Arion, wobei sich Herodot Lib. I. 24. ausdrücklich auf ein Weihgeschenk des Arion auf Tänaros beruft, das einen auf einem Delphin sizenden Menschen darstellte. Arion stellte nach seiner Rückkehr aus Italien zum Zeichen seiner Dankbarkeit für die Errettung aus den Gefahren, die ihm auf dem Meere drohten, an der Stelle wo er landete, das Bild eines Delphins, als Weihgeschenk, auf. Er wählte das Bild eines Delphins, weil dieser gerade mehrere für diesen Zweck besonders passende Symbole in sich vereinigte. Der Delphin war wegen seiner Schnelligkeit das Symbol einer glücklichen Seefahrt, weswegen ihn mehrere Seestädte, wie z. B. eben das alte zur See mächtige Tarent, woher Arion kam, zu ihrem Symbol hatten. Er war aber zugleich nicht blos ein sanftmüthiges, wohlwollendes Thier, das dem Menschen in Gefahren gerne seine Hülfe schenkte. sondern auch als ein dem Menschen befreundetes Wesen (piλavowлоv) empfänglich für die Anmuth des Gesanges und der Musik (piλoμ800v) und daher ein dem Dichter und Sänger eigenthümlich zukommendes Symbol. Alles dies drückte Arions Weihgeschenk auf eine sehr sprechende Weise symbolisch aus. Der Mythus aber löste die Anschauung des Symbols in eine Reihe von Handlungen auf, und bildete eine dem Anschein nach wirklich vorgefallene Geschichte, indem er jedes einzelne Merkmal der symbolischen Anschauung zu einem einzelnen Element ei

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ner Reihe von Handlungen erhob. Je mehr es uns ge lingt, die Personen und Handlungen, um welche sich der Mythus dreht, auf die symbolische Anschauung als Grundlage der Personifikation zurückzuführen, desto mehr sehen wir auch der Entstehung des Mythus auf den Grund. Als Beispiele dieser Art können hier noch genannt werden: Jl. II. 308. 4. Od. XIII. 155. sq. Paus. Attica c. 22. 2. c. 21. 5. Mythen die sich von selbst erklären, sobald man die bildliche Anschauung die sie ausdrücken, als das Erste sezt, wovon der Mythus ausgieng.

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Der Mythus also mit seinen Personen und Handlungen, die seine wesentlichen Begriffe sind, ruht auf einer bildlichen Anschauung. Wie er sich aus dieser herausbewegt, zeigt uns ein bemerkenswerthes Bei spiel bei Homer, das uns recht eigentlich den Mythus in seinen Uebergang aus. dem Symbol sehen läfs!. Es. ist die bekannte Stelle von der goldenen Kette des Zeus JI, VIII. 18. die den Begriff der Abhängigkeit aller Dinge und Kräfte von einem obersten Princip bezeichnet. Die homerische Darstellung ist noch kein Mythus (wie Creuzer Symb. 1. p. 97. sq. meint), sondern eine blofse Auseinandersezung des Symbols. Es entwickelt sich zwar schon daraus die mythische Handlung, aber diese ist blos noch innerhalb der VorstelJung, so wie dann vollends die Vorstellung zur wirk lichen Handlung, das Gedachte zu einem Geschehenen wird, so ist der vollkommene Mythus da. Zuerst also: Anschauung eines Bildes, sodann wenn die erwachende Thätigkeit des Verstandes sich von dem ruhenden Zustande der Anschauuug losreifst, Vorstellung, als ein blos noch Inneres, wird dieses hierauf nach aussen gewendet, und die Vorstellung einer Handlung die blos den bildlichen Ausdruck durch Vergleichung erläutern soll, als wirkliche Handlung gesezt, wie wenn sie nicht mehr den Zweck einer bildlichen Verglei

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chung hätte, so haben wir hief die einzelnen Hauptmomente, die sich auf dem Uebergang des Symbols zum Mythus unterscheiden lassen. Bald ist es mehr der Begriff der Handlung, bald der Begriff der Person, der bei seinem Mythus zuerst in die Augen fällt, immer aber kommt man auf eine Personifikation zurück (wie auch jene symbolische Kette bei Homer sogleich die Kette des Zeus seyn muss), und diesen dem Mythus besonders wichtigen Begriff, sey erlaubt, hier in seinem Grund und Ursprung noch an einem andern Beispiel nachzuweisen, das uns zugleich auf einige andere damit verwandte Begriffe führen wird. Herod. Lib. I. 84. erzählt: Meles, ein alter König von Sardes, habe einen in seinem Hause gebohrenen Löwen um die ganze Mauer von Sardes herumgetragen, und dadurch sey die Mauer unbezwinglich geworden, nur bei dem schon von Natur hinlänglich befestigten Theil der Stadt oder Burg habe er es unterlassen. Führen wir auch diesen Mythus zuerst auf den ihm zu Gründe liegenden, symbolisch ausgedrückten, Hauptbegriff zurück, so ist der Mythus ebendamit in der Wurzel erfafst, aus welcher er hervorwuchs. Dieser Hauptbegriff ist uns in dem Löwen gegeben, der ja, cfr. Herod. I. 50. Creuzers Briefe über Hom. S. 106. aus eben der in diesem Mythus erzählten Veranlassung das Palladium von Sardes und dem Lydischen Reich gewesen zu seyn scheint. In der symbolischen Spra che aber drückt der Löwe überall und besonders im Orient, den Begriff der Stärke und Unüberwindlichkeit aus. Wenn daher der' Mythus erzählt: Jener König habe einen Löwen um die Stadtmauer herumgetragen, so kann dies in keinem andern Sinn genommen werden, als in diesem: Dieser König führte rings um die Stadt eine feste, nicht leicht zu erobernde Mauer auf. Bei dieser Erklärung erhellt dann von selbst, warum er den Löwen nicht auch an jener Baurs Mythologie.

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schroffen Stelle der Burg herumtrug. Er führte auf dieser Seite keine Mauer auf, weil der hohe schroffe Felsen, auf welchem die Burg erbaut war, statt einer natürlichen Mauer galt. Das Symbol beschränkte sich auf den einfachen Begriff des Löwen, der Mythus aber erfoderte Handlung und handelnde Personen, darum ist es ein König in alter Zeit, der aus Sorge für das allgemeine Wohl des Reichs und der Stadt den Löwen umhergetragen, und der Löwe ist ein Sohn des Königs. So heifst er, weil die starke unüberwindliche Mauer ein Werk dieses Königs, Meles, war. Möglich wäre es sogar, dafs gerade durch den Nebenumstand, der Löwe sey der Sohn eines Kebsweibes gewesen, ursprünglich dies bezeichnet werden sollte, dafs dieser Löwe kein ächter eigentlicher Sohn des Königs war, sondern blos in einem uneigentlichen, bildlichen Sinne so genannt werde.

Jener Löwe also war in dem angegebenen Sinne ein Sohn des Königs damit ist eine neue Reihe von Begriffen eröffnet. Die logischen Verhältnisse des einen Begriffs zu einem andern, werden so wie der Begriff zu einer Person wird, selbst auch real gewendet. Daher werden die abstracten Verhältnifsbegriffe der Abhängigkeit des einen vom andern, des Subjects und der Eigenschaft, des Grundes und der Folge, der Ursache und Wirkung durch die concreten Begriffe, Zeugung, Vater oder Mutter, und Sohn oder Tochter ausgedrückt, und an die Stelle des Begriffs der Gemeinschaft und der Wechselwirkung tritt der Begriff des geschwisterlichen Verhältnisses und der der Ehe und der ehelichen Verbindung. Auf gleiche Weise werden auch für andere abstracte Begriffe concrete gesezt, welche physische und psychologische Zustände bezeichnen, und Begriffe wie z. B. die von Geburt und Tod, Liebe und Hafs, Lösung und Fesselung u. a. gehören ebenfalls in die Kategorientafel des Mythus.

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Wir erläutern dies, da sich hierüber Beispiele von selbst darbieten, nur durch Andeutung einiger Beispiele, in welchen wir diese Umänderung der Be griffe, die im Mythus zum stehenden Charakter geworden ist, gleichsam noch in ihrem ersten Keim und Werden erblicken können. Wenn Sophokles Oed. Tyr. 874. sagt: Bois quтever Tupavvov, 80 haben wir hier schon einen jener mythischen Begriffe, obgleich noch nicht in seiner festen mythischen Consistenz und Verkörperung, sondern gleichsam noch in der Mitte schwebend zwischen der logischen und mythischen Ansicht, da der Begriff in dem Zeitwort nur noch als ein Werden, noch nicht aber als ein Substantiv aufgefalst ist. Ein Sohn des Uebermuths aber heifst der Tyrann, weil Gewaltthätigkeit eine Eigenschaft des Uebermüthigen ist. cfr. Herod. VIII. 77. Κορος ύβριος ύιος. Pind. Οl. XIII. 13. Ύβρις κορα μŋtŋe 9èαovμvog. Wenn Pindar Pyth. V. 35. von einem geschichten Wagenführer sagt: 8 ταν Επιμαθεος αγών οψινού θυγατερα Προφασιν Βαττίδαν αφικετο δομές 80 will er damit sagen: derjenige, der es zu rechter Zeit an der gehörigen Besonnenheit fehlen lasse, pflege nachher allerlei Scheingründe zu seiner Entschuldigung vorzubringen. Mit der Personifikation des Mangels an Besonnenheit in Epimetheus ist zugleich auch die damit verbundene Eigenschaft als eine Tochter desselben gesezt. Herodot meldet IX. 51. die Bewohner der Gegend haben die Insel Oeroë, die sich im Flusse Asopos in Böotien gebildet, die Tochter desselben genannt. Wer erinnert sich hier nicht an denselben im A. T. sowohl von der Tochter Zions, als auch sonst von Ländern, Städten und Dörfern so oft vorkommenden bildlichen Ausdruck zur Bezeichnung des Begriffs der Abhängigkeit? Man vergl. auch Herod. V. 80. Was in diesen Beispielen als Subject und Eigenschaft genommen ist, kann zugleich auch

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