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in eine des Göttlichen unwürdige Mährchenhaftigkeit, und in Leerheit und Bedeutungslosigkeit des Inhaltes aus. Dieses Zeugnifs gibt Dionysius von Halikarnafs ausdrücklich der Römischen Religion Antiq. Rom. II. 67. wo er folgendes Urtheil hierüber, und über den ernstern besonnenern Geist des Römischen Cultus ausspricht:,,Es erzählen die Römer weder dafs Uranos von seinen Kindern verschnitten worden, noch dafs Kronos seine Kinder verschlungen habe, weil er ihre Nachstellungen gefürchtet, noch dafs Zeus den Kronos vom Thron gestürzt, und im Kerker des Tartaros seinen Vater verschlossen habe. Auch hört man bei ihnen nicht von Kriegen, Wunden, Fesseln, Arbeiten der Götter bei den Menschen. Ebenso wenig findet man bei ihnen ein trauriges und klagendes Fest, wo Weiber heulen und klagen über verschwundene Götter, wie die Griechen es wegen des Raubes der Persephone und des Todes des Diony sos feiern. Ja man wird auch, wiewohl die Sitten jezt schon verderbt sind, nie bei ihnen jene Schautragungen eines Gottes, jene korybantisch - Wahnsinnigen, jene Bacchanalien und geheimen Weihen, jene Nachtwachen der Männer und Weiber zusammen in den Tempeln der Götter erblicken, noch ähnliche solche Gaukeleien, vielmehr zeugen alle auf die Gottheit Bezug habenden Handlungen und Reden von einer Frömmigkeit, wie sie weder bei den Hellenen noch Barbaren sich findet. Und was ich besonders bewundert habe, wiewohl eine unzählige Menge Völker in die Stadt gekommen sind, welche sich genöthigt sahen, die vaterländischen Götter mit den hergebrachten Förmlichkeiten zu ehren, so hat doch die Stadt öffentlich keine jener fremden Religionen angenommen, wie dies bei sovielen andern geschehen ist, sondern wenn auch in Folge eines Orakelspruchs

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fremde Heiligthümer aufgenommen wurden, so hat sie dieselben doch ihren eigenen Einrichtungen angepafst, und alles Fabelhafte davon entfernt. Dies zeigt sich z. B. bei der Götter - Mutter. Opfer und Festspiele stellen ihr die Prätoren nach den Römischen Gesezen alljährlich an, Priester und Priesterin ist aber dabei ein Phrygier nnd eine Phrygierin. Diese ziehen durch die Stadt, und fodern nach ihrer Sitte alle Monate ihre Allmosen, Bildchen vor der Brust tragend und die Trommel schlagend, während die nachfolgende Menge die Gesänge der Götter Mutter hersingt. Allein von den eingebornen Römern bettelt keiner die monatlichen Allmosen, noch läfst er hinter sich her singen, noch trägt er den bunten Mantel, noch feiert er der Göttin mit Phrygischem Ritus, was weder das Volk noch der Senat verlangt. So vorsichtig benimmt sich der Staat in Hinsicht der fremden Gebräuche, und verschmäht jeden Mythus, der nicht anständig ist." Die bedeutendsten Veränderungen der althergebrachten Denkart und Sitte der Römer auch in Hinsicht der Religion mufsten, wie von selbst zu erwarten ist, in diejenige Periode fallen, in welcher die Römer in nähere Bekanntschaft und Berührung mit den Griechen und andern Völkern kamen. Es schien nicht blofs von Interesse zu seyn, Griechisches und Römisches in gegenseitige Uebereinstimmung zu bringen, sondern es zeigt sich auch gleich anfangs eine auffallende Neigung, besonders die sinnlichern und rohern Arten des fremden Cultus sich anzueignen. Auf diese Art äufserte sich, nachdem die strenge, ehrwürdige Religiosität, die von den alten Römern gerühmt wird, verschwunden war, die einreifsende Sittenverderbnifs bei der grössern Volksmasse, welche in Rom niemals einen höhern Grad allgemeiner Bildung zu erreichen vermochte, auch in Beziehung auf die Religion. Die

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Römischen Schriftsteller selbst machen uns auf solche Erscheinungen aufmerksam. Aus der Periode des zweiten Punischen Kriegs erzählt Livius XXV. 1. ,,quo diutius trahebatur bellum, et variabant secundae adversaeque res non fortunam magis, quam animos hominum: tanta religio, et ea magna ex parte exter, na civitatem incessit, ut aut homines aut Dii repente alii viderentur facti. Nec jam in secreto modo atque intra parietes abolebantur Romani ritus, sed in publico etiam ac foro Capitolioque mulierum turba erat, nec sacrificantium nec precantium Deos patrio more.“ Ein bekanntes noch auffallenderes Beispiel ist die unsittliche Feier der in Rom eingeführten Bacchanalien, Liv. XXXIX. 8-17. Es zeugen aber eben diese Beispiele zugleich auch von dem religiösen Ernste, mit welchem der Staat der unsittlichen Verfälschung der va terländischen Religion entgegenzuwirken bemüht war, und ebendies ist es, was als der characteristische Zug der Römischen Religion angesehen werden mufs, die enge Verbindung derselben mit dem Staat, vermöge welcher die strenge Einheit, die die innerste Tendenz des Staats und der Verfassung war, auch der Religion aufgedrückt war. Mochte auch der sinnlichere Theil der Nation sich den zügellosen Aus schweifungen eines fremden Cultus hingeben, mochten auch die philosophischen Systeme der Griechen das Epikureische, Stoische, Akademische, den Einflufs, welchen sie bei den Gebildeteren und Aufgeklärteren im praktischen Leben erhielten, auch in Beziehung auf den religiösen Glauben ausüben', mochte der herrschende Geist der Zeit mit dem formenreichen Ceremonienwesen des Römischen Cultus nicht mehr in Einklang seyn, es blieb darum doch, wie auch aus der angeführten Stelle des Dionysius zu ersehen ist, auch in der Religion dem Römer die

starke Einheit eines in der Idee des Staats festgewurzelten gemeinschaftlichen Bewufstseyns, und dieselbe zähe Lebenskraft, mit welcher der Staat auch nach dem Erlöschen seines wahren Geistes noch immer fortdauerte, sicherte auch dem uralten Cultus bis auf die spätesten Zeiten herab sein Daseyn und seine Würde. Wie aber in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung der Römische Staat überhaupt mehr und mehr eine alles in sich auflösende, jede Individualität und Nationalität verwischende Einheit wurde, so ward nun die herrschende Weltstadt auch für die verschiedenartigsten Religionsformen, welche alle in ihr zusammenflossen, ein vereinigender Mittelpunkt, ein gemeinschaftliches Pantheon, eine cultrix numinum cunctorum, wie sie Arnobius adv. Gentes VI. nennt, oder vielmehr, wie Tacitus Annal. XV. 44. sagt: Urbs, quo cuncta undique atrocia aut pudenda confluunt, celebranturque. Derselbe Syncretismus, welchen wir als eigenthümlichen Character der lezten Periode der Griechischen Religionsgeschichte bemerkt, und von Alexandrien ausgehen gesehen haben, hatte, obwohl nur nach seiner unedleren, sinnlicheren, äufserlicheren Seite, seinen Siz auch in der andern Hauptstadt der damaligen Welt, und erscheint uns hier wie dort in der näch sten Berührung mit dem Christenthum.

Aus diesem kurzen Umrifs der Haupt-Epochen des mythischen Glaubens ergeben sich uns, wenn wir die allgemeinsten Momente ins Auge fassen, noch einige Bemerkungen, durch welche wir die oben gegebene Charakteristik des Orientalismus und Hellenismus vervollständigen können. Durch das Symbol haben wir nemlich die vorherrschende Eigenthümlichkeit des Orients bezeichnet, durch den Mythus die des Occidents. Wenn wir nun die Characteristik beider auch in der Hinsicht fortsezen wollen, wie

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sich sowohl die eine als die andere Form auch in ihrer zeitlichen Entwicklung gestaltet hat, so sehen wir das ursprünglich reine Symbol im Orient ebenso in der materiellen Realität des Idols sich verkörpern, wie sich im Occident der anfangs durch das Symbol bedeutsamé Mythus in Begriffe aufgelöst hat, die der wahren Realität ermangeln. Dort also ein Fortgang vom Bilde zur blofsen Anschauung, hier ein Fortgang vom Bilde zum anschauungslosen Begriff, aber hier wie dort eine Trennung des Bildes von der Idee, nur mit dem Unterschied, dafs dort die Idee dem Bilde weicht, hier das Bild der Idee, welche, vom Bilde getrennt, jezt nur noch in die untergeordnete Sphäre der Vorstellung und des Begriffs fallen kann. Im Orient ist dieser den Unterschied der beiden Hauptperioden bezeichnende Uebergang der Formen auch räumlich zur Erscheinung gekommen, wie wir schon oben angedeutet haben. Während im höhern Asien das lichtanbetende Iran, und das Brahmanische Indien über der Reinheit des Symbols strenge wacht, haben sich sowohl die nördlichen und nordöstlichen als auch die westlichen Länder dem Idolendienst zugewandt. Wie die Namen jener, Turan und Tschin, offenbar einen religiösen Begriff enthalten, so möchten wir auch für diese einen gleichen Namen ansprechen. Es ist bekannt, dafs der Name Syrien und der gleichbedeutende Assyrien (vgl. Herod. VII. 63. die Sylbe As hat wohl nur eine verstärkende Bedeutung) in einem sehr weiten und unbestimmten Umfang gebraucht wurde, und überhaupt alle Länder vom mittelländischen Meer bis gegen Persien hin begriff, so dafs ursprünglich der Name Syrien westlich denselben Gegensaz gegen Iran bezeichnen konnte, welcher nördlich durch den Namen Turan gegeben war. Dies bestätigt die für uns wenigstens sehr wahrscheinliche Etymologie des Namens Syrien, Sur,

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