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Erster Abschnitt.

Philosophische Grundlegung.

Erstes Capitel.

Ableitung und Bestimmung des Begriffs der Mythologie durch Entwicklung der.. Begriffe:

Symbol, Allegorie, Mythus.

Wenn wir die Mythologie zuerst nur ganz allgemein eine Geschichte oder vielmehr Darstellung der mythischen Religionen nennen, so ist eben damit schon die Grundansicht bezeichnet, von welcher wir bei der Deduction des Begriffs der Mythologie ausgehen zu müssen glauben. Der Inhalt dieser Wissenschaft gehört in das Gebiet der Religion, ihre Form aber ist durch das Mythische bestimmt. Da aber Inhalt und Form jeder Wissenschaft in einem nothwendigen Zusammenhang sich gegenseitig bedingen, so ist nun auch hier unsere erste Aufgabe zu entwickeln, in welchem Verhältnifs bei dieser Wissenschaft, die wir darzustellen versuchen, Form und Inhalt zu einander stehen, oder auf welche Art das Mythische, welches wir vorerst als den Hauptbegriff voranstellen, mit dem Religiösen in eine Einheit zusammen getreten sey.

Baurs Mythologie,

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Dabei müssen wir auf das innerste Wesen der Thätigkeit des menschlichen Geistes zurückgehen. Die reine Thätigkeit, die wir als das eigentlichste Wesen des Geistes sezen müssen, ist im allgemeinen ein stetes, lebendiges, durch das Selbstbewusstseyn vermitteltes Wechselverhältnifs zwischen einem Subjectiven und Objectiven, einer innern und äussern Welt. Sie ist dann aber von doppelter Art. Ihr unmittelbarer Gegenstand ist zunächst das durch die sinnliche Anschauung gegebene, welches, wenn es einmal die geistige Thätigkeit erregt hat, aus dem Objectiven in das Subjective erhoben, und, in Vorstellungen und Begriffen aufgefasst, zu einer mit Bewusstseyn verbundenen Erkenntnifs gebracht werden soll, und es ist dies der Weg der logischen oder vielmehr psychologischen Abstraction, die, von einem Untersten ausgehend, den groben Stoff des sinnlichen Objects aus seinem empirischen Grund und Boden gleichsam loszureissen, und zu vergeistigen strebt, um ihn in das Bewusstseyn des Geistes aufnehmen zu können. Auf der andern Seite aber mufs dem realen Seyn der ausser uns liegenden sinnlichen Welt ein nicht minder reales, ja vielmehr in einem weit höhern Sinn so zu nennendes Seyn der übersinnlichen Welt gegenüberstehen, mit welchem der erkennende Geist, wenn auch nicht auf die gleiche doch anf irgend eine ähnliche Weise in ein Verhältnifs mufs kommen können. Dieses höhere Seyn ist uns aufgeschlossen in den Ideen der übersinnlichen Welt, die sich dem menschlichen Gemüth durch die Vernunft gewissermafsen mit derselben Nothwendigkeit aufdringen, wie die Objecte der sinnlichen Welt durch die Sinne. Aber verhüllt liegen sie ursprünglich in dem dunkeln Grunde des Gemüthes, und sie müssen erst durch mehrere Akte der geistigen Thätigkeit aus demselben in das Licht des Bewusstseyns erhoben werden. Und zwar geschieht

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dies auf einem dem zuvor angegebenen gerade entgegengesezten Wege. Wie nämlich die Objectender Sinnenwelt durch die Abstraction gleichsam vergeistigt werden müssen, wenn sie fähig seyn sollen, in Ge meinschaft mit dem Geistigen zu treten, so müssen die Ideen der übersinnlichen Welt aus ihrem reingeistigen abstracten Seyn heraustreten, um in einer conereteren Gestalt in die Sphäre des klaren Bewulst seyns fallen zu können, in welchem Abstractes und Concretes, Geist und Materie, durch gegenseitige Beschränkung sich verbinden. Bewirkt wird dies durch diejenigen Vermögen des Gemüthes, die in Beziehung auf die sinnliche und übersinnliche Welt in einin gleichen Verhältnifs einander entsprechen. Wie die Einbildungskraft die durch die Sinne empfangenen Objecte der Sinnenwelt inbAnschauungen und Bilder gestaltet, ohne welche Begriffe nicht möglich sind, so haben in der höhern Region der Erkenntnifs Vernunft und Phantasie die gleiche Function... Die Ver nunft ist das Vermögen für die Welt des Uebersinni lichen, die Ideen, aber die Phantasie mufs diese Ideen zu idealen Bildern umschaffen, und ihnen ein gleich sam leibliches Leben leihen, damit sie vom Bewufst seyn ergriffen und festgehalten werden können. Da aber die Phantasie, die wir hier, wie schon aus ihrer Stellung neben der Vernunft erhellet, in ihrer höch sten Bedeutung, nicht blos als das Vermögen der Dichtung, sondern als das Vermögen der höchsten geistigen Productivität nöhmen, in einer höhern Ordhung dasselbe ist, was in einer niedern die Einbile dungskraft ist, und beide Vermögen, obgleich in ihren Aeusserungen sehr verschieden, doch in einer und derselben Grundkraft zusammenhängen, indem die Einbildungskraft? die es zunächst mit den Anschauungen der Sinnenwelt zu thun hat, und aus diesen ihre Bilder schafft, ebenso auch die idealen Urbilder der

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Phantasie shehr und mehr in sinnliche, den sinnlichen Anschauungen entsprechende » Bilder umzuwandeln pucht so muss die Thätigkeit eines neuen Vermögene hinzukommen, das die freie Willkühr der Einbildungskraft, die zulezt alles: Ideale in Sinnliches, alle Wahrheit in Dichtung, verkehren würde, beschränkt, und das Concrete wieder auf das Abstracte zurückführt. Es ist dies die Thätigkeit des Verstandes, welchen wir, wie die Vernunft das Vermögen der Ideen, die Phantasie und die Einbildungskraft das Vermögen der Bilder und Anschauungen sind, so im allgemeinen als das Vermögen der Begriffe bestimmen, das zwar auch schon zu den Anschauungen und Bildern die dabei nothwendige verbindende Einheit hinzuthut, aber dann besonders nach seinem eigenthümlichen Charac ter die Anschauungen und Bilder soviel möglich ih rer mehr sinnlichen und concreten Hülle zu entklei den, und der reinen Abstraction der Begriffe zu nä hern sucht, so dafs die durch den Verstand hervorge, brachte Klarheit der Begriffe recht eigentlich der helle und gleichsam durchsichtige Mittelpunkt des Bewusst. seyns, desTrägers der sämmtlichen Vermögen der Gemü❤ ther ist, und dadurch erst die verschiedenen Vermögen des menschlichen Gemüthes, in ihrem gegenseitigen Verhältnifs zu einander, zu einem lebendigen organisch verbundenen Ganzen werden. Vernunft und Verstand als die Vermögen des reinen abstracten Denkens, stehen nun dem bildenden, schaffenden Vermögen, der Phantasie und Einbildungskraft gegenüber, und hieraus ergeben sich uns zwei wesentlich verschiedene Formen der intellectuellen Thätigkeit, deren Produc to Philosophie und Poesie in demselben Verhältnifs, wie jene Vermögen zu einander stehen. Dafs die Philosophie als die Wissenschaft des Absoluten die von der Vernunft dargebotenen und durch die Phantasie belebten Ideen der intelligiblen Welt vorzüglich

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mit der Klarheit und Schärfe des Verständes kuaffast sen, und auf dialectischem Wege in folgerechter Ent wicklung der Begriffe aufstellen soll, wird hier nur deswegen bemerkt, um auf der einen Seite ihre Ver↓ schiedenheit von der Poesie, auf der andern ihre Ver wandtschaft mit derselben bestimmen zu können. Auch die Phantasie, oder ihr Product die Poesie, hat es mit den Ideen des Absoluten zu thun wenn wir sie in ihrer höchsten und würdigsten Bedeutung nehmen, die freilich, während die meisten sie nur in ihrer niedern Region üben und kennen lernen, nur von wenigen wahr haft verstanden oder geahnet wird. Und doch, was ist es denn anders, was uns in den hohen Werken der geistvollsten Dichter jeder Zeit und Nation so tief er greift, wenn sie uns bald die übersinnliche Welt in ihrem allgewaltigen Einflusse auf das Irdische, die vielfachen und wunderbaren Verwicklungen des menschlichen Lebens, seine grausen Widersprüche und furchtbaren Katastrophen vor Augen stellen, bald uns an die äusserste Grenze zwischen Wirklichkeit und Traum, Seyn und Nichtseyn, Verstand und Wahnsinn hinfüh ren, wo auf einer schwindlichten Höhe der unendli che Abgrund des Nichts sich schauervoll vor uns aufthut, sind es nicht Ideen der erhabensten Speculation in welchen die Poesie auf dem Gebiete der Philoso phie einhergeht? Die philosophische Tiefe der Ideen ist es allein, die solchen Producten das wahre Gepräge des Dichtergenius aufdrückt, und wer nicht aus den Meisterwerken der Dichtkunst dieselbe Befriedi gung für den philosophirenden Geist zu schöpfen weifs, die die Werke der Philosophen uns darbieten, ist nimmermehr in die innere Tiefe derselben eingedrungen. Aber ebenso bestimmt ist auf der andern Seite der Character, der die Poesie von der Philoso phie unterscheidet. Was diese durch abstracto Be griffe lehrt, stellt jene durch Anschauungen und Dil

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