Immagini della pagina
PDF
ePub

sich der Mythus vor uns entfaltet, doch nicht errather können, was er denn eigentlich will? Wie oft ist nicht ein wirkliches Mifsverständnifs, wie es bei dem Übergang vom Symbol zum Mythus, oder auf dem weiten Wege vom Orient zum Occident leicht entstehen kann, als Veranlassung eines Mythus entweder nachzuweisen, oder doch vorauszusezen, wobei denn natürlich von einem Zusammenhang zwischen Bild und Idee nicht mehr die Rede seyn kann *). Die Hauptregel ist aber immer bei der Ausmittelung des Zusammenhangs zwischen Idee und Mythus, die Hauptbegriffe auf ihre natürlichen Anschauungen zurückzuführen. Man nehme z. B. den schon sonderbarer lautenden Homerischen Mythus von der Fesselung des Zeus durch die Heere, den Poseidon und die Athene, und seine Befreiung durch Briareus oder Aigaion (ενάλιος θεος Hesych) Jl. 1. 400. und führe diese Personen auf die -natürliche Anschauung des Verhältnisses eines Obern, Mittlern und Untern zurück, so werden wir nicht im Zweifel seyn können, dafs hier von einem in der Natur entstandenen Aufruhr der Elemente, und dem Aufhören desselben die Rede ist. Wir können uns nicht enthalten, hier als Beispiel noch einen Mythus anzu

*) Wie oft hat sich dagegen auch sonderbar genng neben dem mythischen Ausdruck zugleich der symbolische erhalten, wie B. Od. I. 8. .

Thörichte, welche die Rinder dem leuchtenden Sohn Hy

perions

Schlachteten, jener darauf nahm ihnen den Tag der Zurückkunft.

Hier ist als Ursache und Wirkung ausgedrückt, was eine und dieselbe Thatsache ist. Die durch viele Monathe und Jahre verspätete Rückkehr ist symbolisch ein Schlachten der Sonnenrinder. Ebenso ist in der Erzählung Her. IX. 74. neben dem mythischen Ausdruck auch der symbolische stehen geblieben.

führen, bei welchem die Deutung vermittelst der Auffassung seiner symbolischen Anschauung zugleich auch ein historisches Interesse hat. Herodot erzählt II. 141. von dem Zuge, welchen Sanacharibos, der Arabier und Assyrier König mit grofser Heeresmacht gegen Aegypten machte: Als der Priesterkönig Sethos, welchem von den Kriegern auch nicht ein einziger Mann folgte, sondern lauter Krämer und Handwer ker und Müssige vom Markte, bei Pelusium angekommen, kam bei Nacht ein,Schwarm Feldmäuse über die Widersacher, die zernagten ihre Köcher und Bogen und auch die Schildhaben, also dafs sie am folgenden Morgen, da sie wehrlos geworden, flohen und kamen viele ums Leben. Und noch jezo stehet dieser König von Stein bei dem Tempel des Hephästos, und hat eine Maus auf der Hand, und spricht in Buchstaben also: Siehe mich an und sey fromm. Im A. T. Es. XXXVII. 36. wird Sancheribs Niederlage nach der theokratischen Ansicht einem Engel zugeschrieben. Was aber sowohl schon dieser Ausdruck, als auch die Natur der Sache sehr wahrscheinlich macht, finden wir bei Joseph. Antiq. X. 2. ausdrücklich angegeben, dass nämlich Sancheribs Heer auf dem Wege nach Aegypten und auf dem Rückwege nach Jerusalem gröfstentheils durch eine Pest aufgerieben worden. Wie verhalten sich nun dazu Herodots Feldmäuse, welcher bekanntlich der Einzige der ältern Profanschriftseller Sancherib und seinen Zug gegen Aegypten erwähnt? Man vergleiche die Stellen 1. Sam. V. und VI. 4. 5. wo erzählt wird, die Philister seyen, weil sie die Bundeslade der Israeliten hinweggenom. men, mit einer Landplage von Jehova gestraft worden.

[ocr errors]

Diese wird beschrieben durch den Ausdruck bey

Beule, Geschwulst, welcher wahrscheinlich gleichbedeutend ist mit Hügel, Erhöhung, wodurch auch

[ocr errors]

eine Geschwulst bezeichnet werden konnte. Um nun von dieser Plage befreit zu werden, sollten die Phi lister dem Jehova ein Schuldopfer darbringen wie VI. 4. 5. erzähltird, nämlich nach der Zahl der fünf Fürsten fünf goldene Beulen und fünf goldene Mäuse, Maus, besonders Feldmaus, wie auch Herodot von uus apspaio spricht, v. 5. Machet Bilder, eurer Beulen und Bilder eurer Mäuse. Man begreift nicht wie die Mäuse neben den Beulen erwähnt werden, ohne die Voraussezung, dafs die Mäuse der symbolische Ausdruck für die Beulen sind, ohne Zweifel deswegen, weil die Gestalt und Farbe der Beulen Aehnlichkeit mit der Gestalt und Farbe der Feldmäuse hatte. Dies findet nun vollkommen seine Anwendung auf die Herodoteische Erzählung, bei welcher, sobald einmal die Feldmäuse ihre symbolische Bedeutung verloren hatten, die mythische Umänderung sich von selbst ergab, und das Ganze nichts Befremdendes mehr haben kann. Die Zurückführung aber des Mythus auf das Symbol und des Symbols auf die ihm zu Grunde liegende Anschauung giebt uns hier auf einem ganz unverdächtigen Weg eine erwünschte Bestätigung einer historischen Begebenheit, über welche wir aus den sonstigen, Nachrichten nur wenig wissen.

Hier ist nun aber auch der Punct, von welchem aus die Behandlung des Mythus die verschiedensten Richtungen nimmt, Während dem einen der Mythus die Sprache uralter Naturpoësie und tiefsinniger Symbolik redet, nimmt ihn ein anderer als ein Gewebe yon Mährchen, und will, wie Creuzer sagt Briefe über Hom, S. 181.,,das Zauberband des Mythus immer mehr in einen Faden prosaischer Geschichten zerlegen." Und doch haben beide Behandlungsweisen und Ansichten ihre eigene Wahrheit, aber die Einseitigkeit ist auf beiden Seiten gleich grofs, wenn man den Mythus nach seinem ganzen Inhalt und Umfang in die

"

[ocr errors]
[ocr errors]

eine oder andere Form gewaltsam hineinzwingen will. So wenig zu läugnen ist, dafs der Mythus, wenn er seine eigenthümliche Periode und somit sich selbst überlebt hat, zum Mährchenhaften, Prosaischen, Geistund Bedeutungslosen herabsinkt, so wenig kann in Abrede gezogen werden, dafs die in der Vernunft nothwendig liegenden und zum Bewusstseyn kommenden Ideen der intelligibeln Welt in der symbolischmythischen Form, die nach dem Organismus des menschlichen Geistes zur Versinnlichnng des Idealen dienen soll, irgend einmal ihren Ausdruck gefunden haben müssen. Die Anerkennung dieses Sazes ergiebt sich aus der obigen Deduction, und mufs der historischen Untersuchung über den Sinn und die Bedeutung der einzelnen Mythen nothwendig vorangehen. Der so eben angeführte Briefwechsel zwischen Creuzer und Hermann enthält eine sehr lehrreiche Zusammenstellung jener beiden divergirenden Ansichten von der Behandlung des Mythus.

Wenn wir auch hier wieder die Hauptpuncte der bisherigen Entwicklung in eine allgemeine Uebersicht zusammenfassen, so classificirt sich das ganze Ge schlecht des Mythus auf folgende Art: Der Mythus zertheilt sich gleich anfangs in zwei Hauptzweige den philosophischen und historischen, von welchen jeder nach den drei Momenten die wir bei der Untersuchung des Mythus unterschieden haben, eine dreifache Abstufung zulässt. Auf die erste Stufe stellen wir denjenigen philosophischen Mythus, in welchem das Symbolische, oder wenn man es so nennen will, das Mystische des Inhalts das Vorwaltende und Ueberwiegende ist. Dem Orphischen Mythus haben wir hier bereits seine Stelle angewiesen, es gehört aber hieher auch diejenige Art des philosophischen Mythus, die wir z. B. in Hesiods Theogonie finden, da auch hier die mythische Form nur als Mittel dient, damit eine philosophische oder religiöse Idee ihren Ausdruck

[ocr errors]

finde, und nur darauf gesehen wird, was gesagt werden soll, nicht aber, wie es gesagt werde. Der historische Mythus gehört in dieselbe Classe, je mehr das historische Element, das er sich einverleibt hat, von dem vollen Gehalt der Idee zurückgedrängt, und ihm unterwürfig gemacht ist, ohne jedoch ganz aufgehoben zu seyn. Die zweite Stufe müssen wir denjenigen philosophischen und historischen Mythen einräumen, in welchen der Zauber der Kunst die beiden Elemente zu einem harmonisch schönen Ganzen in einander geschlungen hat. Der Gedanke durchdringt seinen Ausdruck, als könnte er nur in ihm zum Bewufstseyn kommen und sich aussprechen, und der Ausdruck hinwiederum schlingt sich so leicht und gefällig um den Gedanken, als wollte er sich diesem ganz hingeben, ohne jedoch sein eigenes Wesen aufzuopfern. Es erhellt von selbst, dafs hicher das eigentliche Epos gehört, und zumal das Homerische. Aber auch diejenige Art, wie der philosophische Mythus bei Homer (man vergl. z. B. Odyss. VIII. 266. und besonders auch den Homerischen Hymnus auf die Demeter) bei der Darstellung philosophischer Ideen verfährt, bezeichnet diese Stufe. Auf die dritte Stufe endlich sezen wir die Sage und das Mährchen, die wir bereits oben characterisirt haben. Die Idee verschwindet hinter der Form, welche nun, der Idee entäussert, ihre Realität ganz allein in sich selbst hat. Wahrheit und Dichtung stehen nun einander getrennt gegenüber. Wie wir es bei dem Symbol bemerkt haben, so sind auch hier die beiden Gegensäze des Nothwendigen und Freien auf jeder dieser Stufen in einem umgekehrten Verhältnifs zu einanäer.

Zum Schlusse dieses Abschnitts fügen wir noch die grammatische Bestimmung des Wortes Muog hinzu: Dieses Wort kommt nebst mehreren verwandten Zeitwörtern von der Wurzel ve her, und ist ursprüngBaurs Mythologic.

5

« IndietroContinua »