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stand in seine kalte, und an sich todte Formen hineinzwingen will, müssen durch den innigsten Lebenshauch erwärmt werden, und, durch Phantasie und Einbildungskraft beseelt, in Bild und Gestalt sich kleiden, wenn sie diejenigen Gefühle und Zustände im Menschen anregen sollen, die das Wesen der Religion ausmachen. Darum ist es auch die Religion allein, die în Beziehung auf das Absolute, womit sie es wie die Philosophie zu thun hat, sich nicht blos wie diese, nur an die eine Seite des geistigen Organismus hält, sondern der Totalität des Gemüths angehört. Indem `sich in ihr Vernunft, Phantasie und Verstand durch, dringen, und in dieser wechselseitigen Durchdringung sich auch des Gefühls und Willens bemächtigen, wird der ganze Mensch von ihr ergriffen, und somit auch, was dem Philosophen nur in der Erkenntnifsform der Verstandes besteht, in einen beharrlichen Zustand verwandelt, der die unmittelbarste Verbindung des endlichen Wesens mit den Unendlichen und Absoluten ist. Die Phantasie, die als das wahrhaft schöpferische Vermögen diesen Uebergang der Philosophie zur Religion hauptsächlich vermittelt, damit das Lebendige mit dem Lebendigen in eine unmittelbare Wechselwirkung zusammentreten könne, erfüllt diesen ihren hohen Beruf eben durch die Bilder und Anschauungen, die zu ihrem Wesen gehören, und wa rum sollten wir nun nicht auch den beiden Hauptfor men, in welchen sich ihr bildendes und schaffendes Vermögen ausprägt, dem Symbol und dem Mythus, eine wahrhaft religiöse Bedeutung zugestehen wollen? Wie schon die Alten das Symbol und den Mythus in dieser hohen Bedeutung erkannten, und der göttliche Platon insbesondere neben den abstractesten Specu lationen auch dem Mythus, seine eigenthümliche Stelle einräumt, und auf diese Art so gerne seine Darstellung zwischen dem Abstract - pbilosophischen, und

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Mythisch-religiösen, als den beiden Elementen der Erkenntnifs des Idealen und Absoluten, gleichsam in der Mitte schwebend erhält, ist hier nur kurz zu erinnern, an einem andern Orte aber weiter auszuführen. Hier aber ergeben sich uns, nachdem wir das Symbol und den Mythus auf den Begriff der Religion zurückgeführt haben, noch einige Folgerungen, die zur vollständigen Bestimmung des Begriffs des Mythus wesentlich gehören.

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1. Der Mythus, den wir hier als die vollkommenste Form, in welcher sich die Ideen des Absoluten, als eines wahrhaft Lebendigen, versinnlichen können, zugleich auch statt des Symbols, das er in sich aufnimmt, nennen, trägt das Gepräge einer göttlichen Offenbarung. Er ist eine der Religion angehörende Form, und soll das Göttliche in sich aussprechen und zum Bewusstseyn bringen. Der helle Strahl aber der Erkenntnifs übersinnlicher Dinge, der zuerst in das einmal erregte religiöse Bewufstseyn hereinfiel, und das Dunkel des dumpfen, unbestimmten, gleichsam bewufstlosen Ahnens mit einem neuen Licht erleuchtete, wie hätte er nicht dem Menschen, dem sich auf einmal der Blick in eine höhere Ordnung der Dinge er öffnete, zu welcher er bisher noch nicht das Auge zu erheben vermochte, als ein göttlicher Strahl, als ein aus der höheren Welt ihm übernatürlicher Weise mitgetheiltes Licht erscheinen sollen? Jene Einsichtvollen und Erleuchteten, die das eigene Licht auch in andern leuchten liefsen, und dem unnennbaren Gefühl, das in der verschlossenen Brust sich kaum zu regen begann (cfr. Herod, II. 52.) zuerst Namen und Sprache verliehen, die zuerst das Göttliche in sinnlicher Form aufstellten, in sichtbaren Zeichen und Bildern vorzeigten und deuteten, und so gleichsam nar die lichten Momente waren, in welchen das gemeinschaftliche Bewusstseyn aller sich zur Klarheit eines

individuellen Bewufstseyns erhellte, wofür konnten sie anders gelten, als für Organe der Gottheit, die in ihnen selbst in die Erdennacht des menschlichen Daseyns sich milde und freundlich herabläfst? Das Göttliche, das das zuerst erwachende Bewufstseyn mit einem so heiligen Schauer seiner Gegenwart ergreift, wie kann es dem schwachen, hüiflosen Sterblichen der sich so tief unter ihm erblickt, anders als durch sich selbst kund gethan werden, wie sollte die wohlthuende Befriedigung, die den innersten Regungen und Bedürfnissen des Herzens zu Theil geworden, nicht als ein Geschenk des Himmels verehrt werden dürfen? Und wie sollte denn, auch auf einer höhern Stufe der Erkenntnifs und Bildung, das Verhältnifs zwischen Religion und Offenbarung verschieden gedacht werden können von dem Verhältnifs zwischen der Idee und dem Bilde, dem innerlich Gedachten und Empfundenen, und dem äusserlich Ausgesprochenen und Dargestellten? Wo überhaupt das Göttliche auf eine ganz neue und eigenthümliche Weise die Tiefe des Gemüthes bewegt, und sich in der Sphäre des Bewufstseyn's dargestellt hat, da reden wir mit Recht von einer Offenbarung des Göttlichen, und wenn selbst Muhammed die Innigkeit seiner Ueberzeugung von der Göttlichkeit seiner Sendung so ausspricht, im Koran Sure 53.

Nein, bei dem Sterne, der jezt unte geht,
Nein euer Freund hat nicht geirrt, es hat
Ihn nichts getäuscht, er redet nicht, was blos
Gefühl ihm eingab – Offenbarung ists,
Die er verkündigt. Es lehrte ihn

Der Engel Gabriel. Der Mächtige

Und Starke kam zu ihm herab, Es stand
Der Engel dort am höchsten Horizont,
Und näherte sich dera Propheten dann
Was Mohamed hier sah, war kein Gesicht,

Das seine Phantasie erschuff. Wie könnt'
Ihr also mit ihm streiten über das
Was er gesehen?

Oder Sure 83;

Ja bei den fünf Planeten, die sich schnell
Bewegen und verbergen, bei der Nacht,
Die immer kommt und wiedergeht, und
Bei der Morgenröthe Glanz, der Koran kam
Aus jenes hehren Engels Munde, der

Am Throne steht, des Thronbeherrschers Gunst
Genicfst, und dem die Engel dienen, der
Untrüglich ist.

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was wir

so ist hier an und für sich ganz dasselbe, von dem Mythus als einer Form der Offenbarung des Göttlichen behaupten müssen. So sind demnach auch von diesem Gesichtspunkt aus Religion und Offenbarung in ein unmittelbares und untrennbares Verhältnifs zu einander gesezt. Von welcher Art aber diese ursprüngliche Offenbarung seyn müsse, dafs für sie gerade die bildlichen Formen des Symbols und Mythus bestimmt sind, geht aus der bisherigen Ausfüh rung von selbst hervor.

2. Was aber einmal geoffenbart worden, und dem lebhaft gefühlten Drange des Gemüths zu Hülfe gekommen, wird schnell ein Gemeingut aller. Es ist ja dasselbe Bedürfnifs, dieselbe Angelegenheit des Herzens, die alle vereinigt. So verwandeln sich die religiösen Ideen und Gefühle, wenn sie einmal in Worte ausgesprochen und in Bilder übergetragen sind, in eine lebendige Ueberlieferung, die von Munde zu Mund, von Geschlecht zu Geschlecht fortgeht, mit der wachsenden Zeit selbst an Heiligkeit wächst, und indem sie, rückwärts und vorwärts betrachtet, ein Unendliches darbietet, die Idee des Absoluten, die das

Object aller Religion ist, selbst in sich darstellt. Die ewige Zeit selbst ist die Trägerin des heiligen Glaubens.

Πατριες παραδοχας, ας θ' ομηλικας χρόνῳ
Κεκτημέθ', εδεις αυτα καταβαλλει λογος,

Ουδ', ει δι ακρων το σοφον ευρηται φρενών.

sagt Eurip. Bacch. 182. mit Recht von dem Glaubensgrund der alten traditionellen Lehre. Der Glaube des Einzelnen verliert sich in die allgemeine Uebereinstimmung aller, und findet in dieser den sichersten Ruhepunkt seiner Ueberzeugung. Vox populi, VOX Dei, gilt hier im eigentlichsten Sinne. Diese äussere Auctorität der Tradition unterscheidet ebenfalls bestimmt den populär-mythischen Glauben von der philosophischen Ueberzeugung, die auf innern selbststän dig erkannten Gründen beruht. Die philosophische Ueberzeugung ist immer nur Sache der Individualität, in dem religiösen Glauben aber, wiefern in ihm die Ueberzeugung des Einzelnen mit der Ueberzeugung aller zusammenfällt, das individuelle Bewusstseyn in der höhern gemeinschaftlichen Einheit eines über alle Zeit hinausliegenden Bewufstseyns aufgeht, spricht sich das allgemein menschliche Interesse aus während jene niemand angemuthet werden kann, kann ohne diesen das wahrhaft menschliche Leben gar nicht bestehen, und dieser leztere Begriff liegt eben auch darin, dafs die Tradition die Grundlage des mythischen religiösen Glaubens ist. Dafs diese beide Begriffe, Offenbarung und Tradition, wie sie dem Mythus schon an und für sich, vermöge seiner Bezie hung auf das Religiöse, wesentlich zukommen müssen, so auch wirklich in dem religiösen Leben der Völker in der engsten Beziehung auf den mythischen Religionsglauben stunden, wird hier nur im allgemeinen bemerkt, in der folgenden Darstellung aber auch in

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