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einheimisches Volk konnte ihren Fortschritt hemmen. Die Urbewohner Siciliens die Sikeler oder Sikaner 1, ohne Zweifel stammverwandt mit der ältesten Bevölkerung Italiens, waren durch das Meer abgeschnitten von ihren natürlichen Bundesgenossen in einem Kampfe mit fremden Eindringlingen, und auf ihre eigenen Kräfte beschränkt konnten sie nicht gefährlich werden wie die lucanischen und bruttischen Barbaren es den Griechen in Italien wurden. Nur einmal fanden sie in Duketius einen einheimischen Führer, der den Ehrgeiz, aber nicht die Fähigkeit hatte, in Sicilien ein national ficilisches Reich zu gründen. Im Ganzen und Großen war Sicilien von den ältesten Zeiten bis in die Neuzeit verurtheilt der Kampfplag und der Kampfpreis fremder Völker zu sein.

Die Entstehung und Entwickelung der griechischen Städte in Sicilien gehört der Geschichte Griechenlands an. Auch die Kämpfe derselben mit Karthago um den Besiß der Insel haben nur eine mittelbare Beziehung auf die Geschichte Roms. Wir können also nur flüchtig dabei verweilen. Es wird uns genügen zu sehen, wie in Folge der unstäten Politik der zwieträchtigen Griechen, und der ziellosen vorübergehenden Anstrengungen Karthago's weder das eine Volk noch das andre zu einer vollständigen, unbestrittenen Herrschaft über die Insel gelangte, und so eins nach dem andern der folgerechten Staatskunst und nachhaltigen Thatkraft der Römer unterliegen mußte.

Im Westen der Insel hatten die Karthager uralte phönizische Niederlaffungen in ihrem Besig, unter denen Motye, Panormus, und Solus die bedeutendsten waren. Die Griechen hatten sich auf der Südseite bis Selinus und auf der nördlichen bis Himera vorgewagt, und es schien, daß im Laufe der Zeit auch die leßten punischen Vesten in ihre Hände fallen müßten. Karthago wünschte friedlichen Besiz zu Zwecken des Handels, und hatte sich bisher von größeren kriegerischen Unternehmungen fern gehalten. Da trat um die Zeit der Perserkriege ein Umschwung in der friedlichen Politik der Karthager ein. Sie benußten innere Streitigkeiten der Griechen 2 und sandten zum ersten Male, eine bedeutende Heeresmacht nach Sicilien, als wenn sie es auf die Eroberung der ganzen

1) Man hat sich vergeblich bemüht einen Unterschied zwischen Sikelern und Sikanern nachzuweisen. Sie sind offenbar ein und dasselbe Volk, oder doch Zweige desselben Stammes, etwa wie Sabiner und Samniter. S. Forbiger in Paulys Real-Encyclop. Bd. V. S. 1159 ff.

2) Himera, Selinus, Messana und Rhegium hielten zu den Karthagern..

Kämpfe der Griechen und Karthager um Sicilien.

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Insel abgesehen hätten. Dieser Angriff auf die Griechen im Westen trat ein zu derselben Zeit, als das Mutterland der Hellenen der Wucht des persischen Angriffs schien erliegen zu müssen. Aber um dieselbe Zeit, wo bei Salamis die griechische Freiheit aus ungleichem Kampfe siegreich hers vorging, überwanden die ficilischen Griechen unter der Führung Gelons, des Herrschers von Gela und Syracus, das große karthagische Heer vor Himera und machten somit den Eroberungsplanen der Karthager auf geraume Zeit ein Ende 3. Von nun an trat Syracus als das Haupt der griechischen Macht mehr und mehr hervor. Die nicht weniger gewaltsamen als staatsklugen und kriegerischen Herrscher Gelo und Hiero verstanden es, die beweglichen, gewandten und unruhigen Griechen in Sicilien zu zügeln, und ihnen die Art von stetiger, fester Regierung zu geben, die allein ihnen auf die Dauer zuträglich zu sein schien. Sobald aber die stramme Herrschaft der Tyrannen der sogenannten Freiheit Plaz gab, entfesselten sich alle wilden Leidenschaften in den einzelnen Städten und in dem Städtebunde der sicilischen Griechen. Das syracusanische Reich zerfiel, welches unter gleich kräftigen Fürsten, wie Gelo und Hiero sich vielleicht über ganz Sicilien hätte ausdehnen können. Jede Stadt erlangte ihre Unabhängigkeit wieder. Ueberall wurden die gewaltsamen Anordnungen der syracusanischen Fürsten umgestürzt, die Volksherrschaft wieder

3) Der Sieg des Gelo bei Himera war ein beliebtes Thema der Ruhm, und Uebertreibungssucht der Griechen. Die sicilischen Griechen wollten natürlich hinter denen des Mutterlandes nicht zurückbleiben. Der Angriff der westlichen Barbaren wurde also dem der asiatischen als Gegenstück an die Seite gestellt (Diod. XI, 20). Wenn Mardonius bei Platää 300,000 Mann in die Schlacht führte, so durfte auch das karthagische Heer bei Himera nicht geringer sein. Zu demselben Zwecke wurde auch das Zusammentreffen der Schlacht bei Himera an demselben Tage mit der bei Thermopylä oder Salamis erfunden. Ja man nahm in späterer Zeit sogar einen ursächlichen Zusammenhang an zwischen dem Angriff der Karthager auf Sicilien und dem der Perser auf Griechenland. Man traute dem Perserkönig den weitsehenden Plan zu, zugleich in Often und Westen das Griechenvolk zu bewältigen, und während er mit seinen asiatischen Völkern nach Hellas zog, die Karthager, als Stammgenossen, und abhängige Colonisten der Phönizier gegen Sicilien zu heßen. Herodot (VII, 165) weiß Nichts von solchen Planen, die auch weit über den Horizont schon der geographischen Kenntnisse der Perserkönige hinausgingen. Die Verwickelungen zwischen Griechen und Karthagern in Sicilien fließen bei ihm aus örtlichen Ursachen. Außerdem war Karthago durch seine Macht und geographische Lage in einer Stellung, welche seine Politik von so fernliegenden Einflüssen vollständig frei halten mußte. Vgl. Dahlmann, Forschungen. Herodot S. 186.

hergestellt, die vertriebenen Bürger zurückgeführt, die Anhänger der Tyrannen vertrieben. Troß dieser mit Besizesstörungen und Wirren aller Art verbundenen Revolutionen genoß Sicilien während eines halben Jahrhunderts einer großen Blüthe 4, und die Karthager machten keinen Versuch die Grenzen ihrer sicilischen Besizungen zu erweitern. Erst nach dem unglücklichen Ausgang der athenischen Erpedition gegen Syracus, als diese Stadt, siegreich aber ermattet und durch bürgerlichen Zwist zerrüttet, den Krieg gegen Athen im ägäischen Meer fortseßte, erhoben sich die Karthager, siebzig Jahre nach ihrer großen Niederlage vor Himera abermals zu einem kräftigen Angriff gegen die griechischen Städte Siciliens. Das halbgriechische Segesta, welches schon die Veranlassung zu dem Einmischen der Athener in die innern Angelegenheiten der Insel gegeben hatte, rief farthagische Hülfe an in einem Grenzstreite mit der Nachbarstadt Selinus. Hamilkar, der Enkel des bei Himera gefallenen Hannibal, landete mit einem großen Heere in Sicilien und eroberte in rascher Aufeinanderfolge Selinus und Himera, die er mit allen Greueln barbarischer Kriegsführung zerstörte. Der größte Schlag für die sicilischen Griechen war aber der Fall von Akragas oder Agrigentum, der zweiten Stadt der Insel, deren herrliche Tempel und gewaltige Mauern gebrochen und deren reiche Kunstwerke nach Karthago geschleppt wurden. Seit der Eroberung Milets durch die Perser war über keine hellenische Stadt ein gleich schreckliches Unglück hereingebrochen. Unwiderstehlich wälzte sich der Strom der punischen Eroberer an der Südküfte der Insel weiter nach Osten. Vergeblich hatten die Syrakusaner ihm schon bei Agrigent Einhalt zu thun versucht. Das Mißlingen ihres Unternehmens führte einen innern Umschwung herbei, der die Republik stürzte und dem älteren Dionysius die Alleinherrschaft verschaffte. Aber auch Dionysius war nicht im Stande das weitere Vordringen der Karthager zu hemmen. Gela fiel in ihre Hände und Camarina wurde von seinen Einwohnern verlaffen. Die ganze Südküste der Insel war jest in ihrer Gewalt und Syracus schien ihre nächste Beute werden zu müssen. Da gelang es Dionysius einen Vertrag zu schließen, worin er ihnen die Herrschaft über sämmtliche eroberte Städte überließ und selbst von ihnen als Herrscher von Syracus anerkannt wurde. Die Karthager gestatteten nun den vertriebenen Einwohnern und andern Griechen, sich in den zerstörten

4) Curtius, Griech. Gesch. II. S. 487 ff.

Kämpfe der Griechen und Karthager um Sicilien.

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Städten anzusiedeln. An eine militärische Behauptung der gewonnenen festen Pläge, oder gar eine Colonisation in römischer Weise scheint die farthagische Staatsklugheit nicht gedacht zu haben. Von ihrer Seefeftung Motye aus glaubten sie wahrscheinlich das eroberte Gebiet in ruhigem Gehorsam erhalten zu können, nachdem sie ihre griechischen Feinde vollständig gebrochen oder gedemüthigt hatten.

Aber sie hatten die Thatkraft des griechischen Volkes zu gering angeschlagen. Dionysius, befestigt im Besize seiner Herrschaft über Syracus, rüstete sich zu einem neuen Kriege wider Karthago, und fiel dann plöglich (397 v. Chr.) in das karthagische Gebiet ein. Sein Angriff war unwiderstehlich. Sogar die Inselstadt Motye im äußersten Westen Siciliens, der Hauptsiz der karthagischen Herrschaft, wurde angegriffen und endlich nach verzweifelter Gegenwehr genommen, nachdem ein künstlicher Damm sie mit dem festen Lande in Verbindung gesezt hatte.

Die Eroberungen der Griechen sowohl wie der Karthager in Sicilien waren von kurzer Dauer. Nachdem Dionysius durch Verwüstung der Stadt, und durch schreckliches Wüthen gegen die überlebenden Vertheidiger Mothes Rache genommen hatte für die Zerstörung der Griechenstädte durch die Karthager, zog er ab, um sich mit andern Planen zu beschäftigen, als wäre Karthago hinlänglich gedemüthigt und von Sicilien vertrieben. Aber schon im folgenden Jahre (396 v. Chr.) eroberten diese mit leichter Mühe Motye wieder 5 und wandten sich mit einem großen Kriegsheere und einer Flotte nach dem Osten der Insel, wo sie Messana eroberten und dann nach Zurückwerfung des Dionysius diesen in Syracus belagerten.

So wandelbar war das Kriegsglück in Sicilien, und so von Zufälligkeiten abhängig, daß die Frage, ob die Insel karthagisch oder griechisch sein sollte, fast innerhalb Jahresfrist zweimal zur Entscheidung kam, und

5) Wahrscheinlich hatten die Dämme, durch die Dionysius die Inselstadt mit dem Festlande Siciliens verbunden hatte, die insulare Lage derselben so beeinträchtigt, daß die Vortheile derselben verloren gegangen waren. Deshalb wurde auch von den Karthagern Mothe nicht wieder hergestellt. Sie verlegten den Schwerpunkt ihrer Macht nach Lilybäum, welches, wenn es überhaupt früher als Stadt bestand, doch höchstens ein ganz unbedeutender offener Flecken gewesen war. Jezt wurde Lilybäum befestigt, daß es allen Belagerungen widerstand. S. Schubring, über Motye-Lilybäum im Philologus 1866. ·

daß die Hoffnungen der beiden Nebenbuhler vom Höchsten zum Tiefsten auf und nieder schwankten. An den festen Mauern von Syracus scheiterte das Glück Karthago's, wie zwanzig Jahre früher die Blüthe der athenischen Bürgerschaft ebendaselbst zu Grunde gegangen war. Eine verderbliche Pest brach im Heere der Belagerer aus und nöthigte Himilko, den karthagischen Feldherrn, zu eiliger Flucht, und zu schimpflicher Aufopferung des größten Theiles seines Heeres, der aus geworbenen fremden Söldnern bestand. Nun war Dionysius wieder mit einem Schlage unbestrittener Herrscher von ganz Sicilien und er konnte daran denken sämmtliche Griechenstädte im Westen des ionischen Meeres unter seine Botmäßigkeit zu bringen. Er begann jeßt seine Raub- und Verheerungszüge gegen Caulonia, Hipponium, Croton und Rhegium, welche unsägliches Unheil über diese sonst so blühenden Städte brachten, zu derselben Zeit, wo sie von den italischen Völkern, den Lucanern, Bruttiern und Samnitern, bedrängt wurden. Die blutige Niederlage, welche die Thuriner von den Lucanern erlitten und die Eroberung des schmählich behandelten Rhegium 6 durch Dionysius waren die beklagenswerthesten Ereignisse dieser für hellenisches Wesen so verhängnißvollen Zeit. Hätte Dionysius eine nationale Politik verfolgt, und statt im Bunde mit den Lucanern über die griechischen Städte herzufallen, die Griechen zum Angriff auf die Karthager geführt, so hätten diese höchst wahrscheinlich Sicilien räumen müssen. Aber seine mattherzige Kriegsführung gegen die Feinde des hellenischen Stammes stand im schroffsten Gegensaße zu der Ausdauer, die er bei der Verknechtung seiner eignen Landsleute an den Tag legte. Nach kurzen Feindseligkeiten (383 v. Chr.) machte er Friede mit Karthago, worin er ihnen das westliche Sicilien bis an den Fluß Halycus überließ. Dann, nach langer Ruhe versuchte er (368 v. Chr.) zum letzten Male einen Angriff auf die karthagischen Orte, eroberte auch Selinus, Entella und Eryr, und belagerte Lilybäum, welches nach der Zerstörung von Motye von den Karthagern stark befestigt und zu ihrem Hauptbollwerke in Sicilien gemacht worden war. Nachdem er hier zurückgeschlagen worden war, ruhte der Krieg ohne Friedensschluß. Dionyfius starb kurz darauf. Die Karthager benußten weder die Unfähigkeit seines Sohnes, des jüngern Dionysius, noch die Zerrüttung der syracusanischen Macht in der dionischen Revolution, um ihre Herrschaft weiter

6) Gleichzeitig mit der Zerstörung Roms durch die Gallier.

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