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III. Die Heilkräfte der Teplitzer Bäder bei einzelnen Krankheitsformen.

Die Krankheiten, welche die Teplitzer Bäder zu

heilen oder zu mildern vermögen, sind:

A. Die Gicht und ihre Folgekrankheiten.

In dieser Krankheit bietet Teplitz ein wahrhaft souveraines Heilmittel. Die Gicht ist jedoch so verschiedenartig in Bezug auf Natur und Form, dass es fast keine Heilquelle gibt, die nicht in Gichtfällen Rühmliches geleistet hätte. Ich kenne keine Monographie eines Mineralwassers, wo dieser nosologische Proteus im Register der Heilanzeigen fehlen möchte.

Welche Fälle der Gicht, frägt es sich daher, sind es, die für die Anwendung der Teplitzer Bäder sich eignen, und welche, die ihren Gebrauch untersagen?

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Es ist zwar wider meinen Grundsatz, mich in diesen gedrängten Blättern über das Wesen einer Krankheit näher auszusprechen, indem diess der Pathologie anheimfällt; allein man hat in der neusten Zeit das Wort Gicht auf eine so grosse Reihe krankhafter Phänomene ausgedehnt, dass es nöthig wird, früher über den Begriff dieses Uibels sich zu verständigen, um zur klareren Erkenntniss der Anzeigen und Gegenanzeigen für dessen Varietäten zu gelangen.

Die eigentliche Urquelle dieses Leidens ist das Pfortadersystem. Eine erbliche Anlage, ein eigenthümlicher Habitus, eine sitzende Lebensart, zweckwidrige Diät, deprimirende Gemüthsaffecte, Excess im Coitus, Aufenthalt in verdorbener Luft, Unterdrückung der Hautfunktion

und ähnliche feindliche Einflüsse vermögen im grossen Gefässstamme der Pfortader und seinen Verzweigungen Hemmung und Trägheit der Cirkulation und dadurch jene Stockung und venöse Blutüberfüllung daselbst zu begründen, die wir mit Plethora abdominalis bezeichnen. Gefühl von Druck, Opletion, Palpitation des Pfortaderstammes, Auftreibung der Präcordien, abnorme Funktion der Leber, des Darmkanals und der adnexen Gebilde sind die unmittelbaren Folgen, daher gespannter Unterleib, Zungenbelag, Appetitlosigkeit oder unmässiger Hunger, Verstopfung oder Diarrhoe, Blähungen, Säurebildung und Sodbrennen, Schwindel, Brustbeengung, Schlaflosigkeit und Gemüthsverstimmung. Schreitet diese venöse Unterleibsdyskrasie vorwärts, só bildet sich nach und nach im Pfortaderblute durch Störung der normalen Krasis ein pathisches Produkt sauerer Natur, welches, wenn es ein gewisses Maximum erreicht hat, vom Organis mus als etwas ihm Fremdartiges unter Begleitung einer Reihe eigenthümlicher Erscheinungen ausgeschieden wird. Dieser von der Naturkraft eingeleitete Ausstossungsprozess geschieht in doppelter Richtung, und zwar entweder durch das arterielle System oder durch das venose. Im ersten Falle entsteht die mit arterieller Gefässreizung verbundene akute Gicht, im zweiten die Hämorrhoide mit ihren manigfachen Formen. Insofern das Geschlecht, die Causalmomente, die endemischen oder epidemischen Einflüsse eine Prävalenz der arteriellen oder venösen Sphäre verursachen, vermögen auch solche das primäre Pfortaderleiden zu bestimmen, in Form der Gicht oder der Hämorrhoiden aufzutreten. Stehen beide Systeme in einem gewissen Gleichgewichte, dann nehmen auch beide an dem Elimi nationsprozesse Antheil, so, dass Gicht und Hämorrhoiden in ihrem Erscheinen abwechseln. Dem Gesagten zufolge entspringen beide Krankheitsformen, Gicht und Hämorrhoiden, aus derselben nosogenetischen Quelle und bloss

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in der Ausscheidungsweise des pathischen Produktes liegt ihre Differenz.

Uibrigens ist die Ausscheidung stets an gewisse Organe gebunden. Diese sind die äussere Haut, die fibrösen und serösen Membranen, die Gefässe und Schleimhäute. Die ersten drei wählt grösstentheils die Gicht, die letzten zwei die Hämorrhoide. In der Gicht übernehmen Haut und Nieren die kritische Ausscheidung, in den Hämorrhoiden fällt solche dem Darmkanal anheim. Häufig tritt indess die Entscheidung in Form der Lysis auf.

Gelingt es der Naturkraft mittelst der Energie des arteriellen Gefässsystems eine vollkommene Entfernung des pathologischen Produktes zu Stande zu bringen, so kömmt eine von Fieber begleitete regelmässige Gelenksentzündung (als Podagra, Chiragra, Gonagra u. s. w.) zum Vorschein, die sich mittelst der bekannten allgemeinen und lokalen Krise terminirt.

Die Gicht aber kann auch unregelmässig auftreten, was entweder gleich beim Beginn der Krankheit oder nach mehreren vorausgegangenen regelmässigen Ausbrüchen der Fall ist. Es ist nämlich die Nothwendigkeit eines Gichtanfalles vorhanden, allein dieser kann wegen Mangel an arterieller Gefässthätigkeit oder wegen materiellen Hindernissen, welche die Naturkraft umdämmern und umlagern, oder wegen Präponderanz eines Organs in Betreff seiner krankhaft erhöhten Reizbarkeit nicht völlig zu Stande kommen. Hier dauern die sogenannten molimina ad arthritidem fort und die Gicht erscheint unter der Maske anderer Krankheiten jeder Art, indem der Krankheitsstoff, anstatt ausgestossen oder in äussere Gelenke abgelagert zu werden, auf wichtige, edle und empfindliche Organe abgesetzt wird. Aehnliche Zufälle bieten dann die verschiedenen Formen der anomalen und chronischen Gicht und werden nicht selten sehr gefährlich, theils weil die befallenen

Organe in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, theils dadurch, dass die Natur vergebens heftige Stürme aufbietet, den Krankheitsstoff auszustossen oder wenigstens von den edlen Gebilden zu entfernen.

Oft ist nämlich die gichtisch entzündliche Reizung der Gelenke bereits ausgesprochen, allein sie verlässt solche als Folge äusserer schädlicher Potenzen, oder eines plötzlichen Sinkens der austreibenden Naturkraft, und befällt inuere prädisponirte Theile — arthritis retrograda, metastatica oder die krankhaften Erscheinungen fixiren sich nirgends, sondern geben sich bald in diesem, bald in jenem Theile kund arthritis vaga oder es ging eine regelmässige Gelenksgicht voran, allein später treten wegen abnehmender vitaler Energie die Zufälle der anomala hervor arthritis atonica.

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Endlich müssen wir noch jene Anomalie berühren, wo die Gichtmaterie zwar auf die Gelenke abgelagert wird, allein statt wieder allmälig aufgesogen und durch Schweiss und Urin abgeschieden zu werden, daselbst zurückbleibt, Gichtknoten bildet, und später harte, schmerzlose Anschwellungen, Anchylosen, Contrakturen, Lähmungen und andere organische Entartungen veranlasst, die jedoch bloss als lokale Folgen der atonica angesehen werden können.

Wenn wir nun das Wesen der Gicht betrachten, so geht daraus in Bezug der Heilung eine doppelte Indication hervor; und zwar:

1. das sich bildende Krankheitsprodukt sauerer Natur zu neutralisiren,

2. das bereits gebildete auszuscheiden.

Der ersten Indication entsprechen die Teplitzer Bäder in einem sehr geringen Grade. Hier ist zwar der Gehalt unserer Thermen an reinen und erdigen Alkalien nicht ganz zu übersehen, indem diese, resorbirt, die pathische Säure neutralisiren, und so gewissermassen die Bildung des ursächlichen Momentes der

Gicht beschränken, allein diese Eigenschaft unserer Wässer ist, da solche schon an und für sich sehr stoffarm sind und noch dazu durch die Haut einverleibt werden, als eine höchst unbedeutende Nebenwirkung zu betrachten.

Teplitz ist daher keineswegs im Stande allein das Entstehen der Gicht zu verhüten, und ebensowenig die bereits entstandene radical zu heilen, indem es die sich immer erneuernde Bildung des pathischen Produktes nicht abzuwehren vermag.

Auf eine um so glänzendere und wahrhaft unübertreffliche Weise jedoch erfüllt Teplitz die Anforderung der zweiten Indication, nämlich die der Ausscheidung. Wo es sich darum handelt, den von der Natur eingeleiteten allmäligen Eliminationsprozess nach Aussen zu unterstützen, den normalen Gichtparoxismus hervorzurufen, oder die anomale Gicht zur normalen zurückzuführen, oder endlich die lokalen Folgen beider und die dadurch herbeigeführten Störungen theilweise oder wo möglich ganz zu beseitigen, da leistet Teplitz oft Unglaubliches und verdient unter den deutschen Bädern gewiss den ersten Rang einzunehmen.

Die Art dieser bezeichneten Wirkungen wird erklärlich, wenn wir bedenken, dass unsere Thermalbäder (bei einer Temperatur von 29o R. und darüber) einerseits die ganze arterielle Sphäre bethätigen und so zur Bildung der akuten Gelenksentzündung anregen, anderseits aber die Haut, so wie das uropoetische System, also jene Gebilde, mittelst welcher die Naturkraft die der Gichtkrankheit zu Grunde liegende Anomalie durch Ab- und Ausscheidung der dem Leben entfremdeten Substanzen auszugleichen beabsichtigt, zu ihrer Function mächtig auffordern, indem sie nämlich theils die krankhaften Hindernisse der Transpiration entfernen, theils durch ein allgemein erhöhtes Resorptionsvermögen des Lymphsystems die Urinsekretion vermehren.

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