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Förderung der Volkskraft ewigen Bestand des Reiches verbürgen, die Schicksalsgöttinnen, in deren Augen die eben begangene Feier ein Unterpfand sein soll für die glückliche Zukunft, und die Mutter Erde, die im reichen Kranze der goldenen Saat blüht und Tieren und Menschen Gedeihen und Gesundheit verspricht. Das Gebet erfleht für das Volk des Romulus, was ihm zum Heile und zur Freude gereicht, der Jugend fromme Sitten, dem Alter ruhigen Frieden und allen Wohlstand und Nachwuchs und jegliche Zier. Dem Kaiser aber mögen die Götter Gewährung dessen verleihen, was er eben erbeten, denn ihm dankt Rom Sicherheit vor seinen Feinden und die Wiederkehr glücklicher Zeiten, in denen Treue und Friede und Tugend und all die göttlichen Segnungen wieder ihren Einzug halten: in deutlichem Anklange an die Worte Vergils wird die alte Prophezeiung von der Palingenesie und dem Eintritt des goldenen Saeculum als erfüllt gefeiert. Freudige, hoffnungsfrohe Stimmung durchzieht ebenso das Festlied wie die ganze Feier: mit keinem Worte werden die kaum vernarbten Wunden der Bürgerkriege erwähnt, die schlimme Zeit mit all ihrem Jammer und Elend ist versunken, nicht gedacht soll ihrer werden; verschwunden sind aus dem Festzeremoniell die dunkeln Unterweltsmächte, denen die Saecularfeier der Re- 19 publik gegolten hatte, das nächtliche Opfer an dem Altar im Marsfelde ist zwar geblieben, aber freundlichen, hilfreichen Gewalten wird es gebracht, nicht mehr die Totenfeier für das alte Saeculum wird begangen, sondern das Geburtsfest des neuen1), das gnädige Götter, vor allem das lichte Geschwister

1) Der Wechsel der Auffassung kommt auch in der Sprache zum Ausdrucke: saeculum condere ist bei Lucrez (III 1090: proinde licet quotvis vivendo condere saecla, mors aeterna tamen nilo minus illa manebit) nach Analogie von lustrum condere (s. darüber und über verwandte Anschauungen die gedankenreichen Ausführungen H. Useners, Rhein. Museum XXX 1875 S. 204 ff., vgl. auch R. Münsterberg, Wiener Studien XXIV 1902 S. 352 ff.) das Begraben des Jahrhunderts, bei Vergil (Aen. VI 792: Augustus Caesar Divi genus, aurea condet saecula qui rursus Latio regnata per arva Saturno quondam) und Statius (Silv. IV 1, 37: mecum altera saecula condes et tibi longaevi renovabitur ara Tarenti) die Begründung eines neuen Saeculum.

paar Apollo und Diana heraufführen, ihrem Schützlinge, dem neuen Herrscher, zu Liebe; das Kaiserreich ist der Friede und das Glück.

So lehrt der neue Fund, in welchem Sinne man vor zwei Jahrtausenden Feste feierte. Wie durch einen schmalen Spalt fällt ein Lichtstrahl in einen dunklen Raum und beleuchtet, was auf seinem Wege liegt; zur Seite bleibt vieles im Schatten liegen, unserm Auge nicht erkennbar, aber mit welchen Hoffnungen und Erwartungen man damals die Schwelle eines neuen Menschenalters überschritt, liegt vor unserm Blicke offenbar. Wieviel von diesen Hoffnungen Erfüllung fand, das zu verfolgen ist hier nicht meine Aufgabe. Aber, ob enttäuscht oder erfüllt, die Hoffnung auf eine neue bessere Zeit bleibt dem Menschengeschlechte in Ewigkeit. Wer kleinmütig ist, den mag wohl auch heutzutage, wo unzählige Fragen ungestüm Antwort heischen und im Wirrsal der Meinungen und Strebungen manchesmal Pfad und Führung zu versagen scheint, der Wunsch beschleichen, es möge ein neues Saeculum anbrechen, an dessen Pforte wir alles lassen könnten, was wir mit uns zu schleppen haben aus vergangenen Tagen von eigener und fremder Schuld und Verfehlung. Wir wissen, daß das Träume sind, daß kein Geschlecht die von früheren Generationen überkommene reiche Erbschaft guter und böser Vermächtnisse von sich werfen und die Arbeit von neuem beginnen kann, daß jede Zeit ihre Aufgaben nicht selbst sich stellt, sondern so wie sie sie vorfindet 20 mit ihnen sich abzufinden hat mit Einsetzung aller Kräfte und ohne darüber zu rechten, daß ihr ein schwereres Los gefallen sei als den Vätern. Nicht in der Hoffnung auf einen Umschwung der Zeiten können wir eine Stütze finden in Tagen der Not und Verzagtheit, wohl aber in dem unverrückbaren Glauben an die Zukunft unseres Volkes und was damit eines ist in dem festen Vertrauen zu dem Herrscherhause, das Preußen groß gemacht und Deutschland geeinigt hat. Muster unentwegter Pflichterfüllung und rückhaltlosen Einsetzens der ganzen Persönlichkeit, durch gemeinsam errungene Erfolge wie

Wissowa, Abhandlungen.

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durch gemeinsam getragenes Unglück mit dem Volke unlösbar verbunden, sind unsere Könige heute wie einst die Führer der Nation, deren Wohl und Wehe auch das unsre ist und deren Leitung wir vertrauensvoll folgen. Daß das so bleibe für alle Zeiten, daß es unserm erhabenen Monarchen vergönnt sei, das Staatsschiff, dessen Steuer die Vorsehung in seine Hand gelegt hat, sicher durch Klippen und Untiefen zu lenken, daß Gott ihn erleuchte, schütze und erhalte in diesem Jahre und fürderhin, das ist der Wunsch, den wir in Treue und Ehrfurcht unserm Kaiser und Könige zum heutigen Tage darbringen.

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X.

Argei.

(Pauly-Wissowa, Real-Encyclopädie Bd. II, 1895.)

In Rom wurde alljährlich am 14. Mai1) ein eigenartiger Sühnritus (uyiotos tov xadaquav Plut. Q. R. 86) vollzogen, indem nach vorangegangener Opferhandlung (Dion. Hal. I 38, 3) von der alten Holzbrücke 2) menschenähnliche Puppen aus Binsenstroh 3), siebenundzwanzig an der Zahl (so Varro, Dionys nennt 30) in den Tiber geworfen wurden: es war dies ein Akt des Staatskultes, an welchem die Staatspriester 4), Behörden (Praetoren) und Bürgerschaft (Dion. a. a. O.) beteiligt waren. Die Binsenpuppen führten den Namen Argei5). Derselbe Name kommt aber auch den Inhabern von 27 sacraria zu, die über die vier Regionen der servianischen Stadteinteilung verstreut

1) So Ovid. fast. V 621 ff. vgl. mit v. 603; to Maïov nɛgì tỷv navoέληνον Plut. Q. R. 32; τοῦ Μαΐου μηνός ebd. 86; dagegen μικρὸν ὕστερον ἐαρινῆς ισημερίας ἐν μηνὶ Μαΐῳ ταῖς καλουμέναις εἰδοῖς Dion. Hal. ant. I 38, 3.

2) De ponte sublicio Varro de 1. 1. VII 44, vgl. Ovid. fast. V 621. Plut. Q. R. 32. 86. Macr. S. I 11, 47; ảnò tỷs iegàs yɛqúqas Dion. Hal. a. a. O.; irrtümlich de ponte Mulvio Lact. inst. I 21, 6.

3) Simulacra hominum scirpea Varro a. a. O., vgl. Ovid. Dion. Plut. aa. 00. Fest. p. 334 a 23. 33. Paul. p. 15.

4) Varro a. a. O.; Pontifices und Vestalinnen nennt Dion. a. O., die letzteren allein Paul. p. 15. Ovid. fast. V 621; daß die flaminica Dialis zur Zeit dieser Maifeier zum Zeichen der Trauer sich nicht waschen und das Haar nicht kämmen durfte, bezeugt Plut. Q. R. 86, vgl. Gell. X 15, 30.

5) Varro Paul. Dion. a. a. O. Plut. Q. R. 32; Argaei Fest. p. 334a 27. 30; Arg<e>i simulacra Corp. gloss. lat. IV 207, 49.

lagen 1) und auch selbst Argei (Liv. I 21, 5: loca sacris faciendis, quae Argeos pontifices vocant) oder Argea 2) hießen; ihre Einrichtung galt manchen als ein Werk des Numa 3). Auf diese Argeerkapellen bezieht sich eine alljährlich wiederkehrende heilige Handlung, die allein Ovid fast. III 791 zum 16. und 17. März mit den Worten erwähnt itur ad Argeos1) und mit der 690 wahrscheinlich ein aus dem Pontifikalarchiv stammendes und von Varro de 1. 1. V 45—54 zu topographischen Zwecken exzerpiertes Verzeichnis sämtlicher Argeerkapellen in Zusammenhang stand, das, nach den vier servianischen Regionen geordnet, die Lage eines jeden sacrarium nach der Anhöhe, auf der es gelegen war, und nach benachbarten Baulichkeiten bestimmte 5); nach K. O. Müllers und Jordans einleuchtender Annahme gab dieses Verzeichnis der Argeerkapellen die Ordnung für die Prozession des 16. und 17. März.

Über Bedeutung und Herkunft dieser Festbräuche fehlte dem Altertume selbst jede authentische Überlieferung, so daß der Kombination völlig freier Spielraum gelassen war. Ein

1) Varro de 1. 1. V 45: reliqua urbis loca

außer Kapitol und Aventin olim discreta, cum Argeorum sacraria septem et viginti in quattuor partis urbis (so richtig L. Spengel; die Hs. hat: sacraria in septem et viginti partis urbi) sunt disposita.

2) Paul. p. 19; vgl. Fest. p. 334b 10; s. auch Corp. gloss. lat. II 19, 15 Argiarra aqidovuara, von Jordan, Top. II S. 281 verbessert Argea äɣia ἀφιδρύματα.

3) Liv. a. a. O. und besonders Ennius ann. frg. 121 Vahl. 2 (bei Varro de 1. 1. VII 44 und Fest. p. 355), der unter den Institutionen Numas aufzählt libaque fictores Argeos et tutulatos.

4) Vielleicht gehört ebendahin und nicht zu der Feier des 14. Mai aber vgl. Plut. Q. R. 86, s. o. S. 211 Anm. 4 die Angabe des Gell. X 15, 30: cum it ad Argeos (flaminica Dialis) . . . comit caput neque capillum neque depectit.

....

5) Über die topographische Erklärung der Urkunde vgl. insbesondere K. O. Müller in Böttigers Archaeol. u. Kunst I 1, 1828 S. 69 ff. H. Jordan, Topogr. d. Stadt Rom II S. 236 ff. 599 ff., vgl. I 1 S. 288. L. Spengel, Philol. XXXII 1873 S. 92 ff. W. Studemund, Philol. N. F. II 1889 S. 168 ff. und dagegen O. Richter, Die älteste Wohnstätte des römischen Volkes, Gymn.-Progr. Berlin 1891. Chr. Hülsen, Rhein. Mus. XLIX 1894 S. 414 ff. O. Richter, Topogr. 2 S. 38 ff.

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