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s. 217), dasz die folgenden worte nunc rationem videtis esse talem nicht etwa auf eine viel spätere periode hinweisen. sie bilden nur den gegensatz zu den voraufgehenden worten. da die einzelheiten (discriptio) bei den zuhörern als bekannt vorausgesetzt werden, so gibt der redende jetzt nur das princip (ratio) jener ordnung an. ich kann daher Mommsen nicht beistimmen, wenn er ao. s. 275 anm. 1 sagt: 'wenn Ciceros Scipio, nachdem er an die Servianische verfassung gelangt ist, es für überflüssig erklärt sie seinen mit ihr wohl bekannten zuhörern aus einander zu setzen und lediglich die wesentlich durch die erste classe gegebene majorität und damit die in ihr vorwaltende politische tendenz kurz hervorhebt, so konnte er also nur sprechen in beziehung auf die derzeitigen centuriatcomitien.' selbst bei der durchaus annehmbaren voraussetzung Mommsens, dasz Cicero diese differenzen, die ihm nicht unbekannt sein konnten, für wenig erheblich erachtet habe, kann er nicht von Zweitens jener gesprochen und diese im sinne gehabt haben. aber zeigt die summe von 193 centurien, dasz Cicero oder vielmehr Scipio bei Cicero nur an die Servianische centurienordnung gedacht haben kann. denn wie man auch die einzelheiten der reformierten centurienordnung ansehen mag, das eine ist sicher, dasz man nicht alle einzelheiten in bezug auf die zahl der classen und centurien verändert habe, um schlieszlich wieder durch allerlei künsteleien zu jener ursprünglichen summe von 193 centurien zu gelangen. der gedanke, dasz diese möglichkeit ernstlich erwogen werden müsse, ist schon an sich unwahrscheinlich genug, kann aber nicht weiter in frage kommen nach den worten des Livius I 43, 12 nec mirari oportet hunc ordinem, qui nunc post expletas quinque et triginta tribus duplicato earum numero centuriis iuniorum seniorumque est, ad institutam ab Servio Tullio summam non convenire.

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Allerdings ist mit der zurückweisung dieser auffassung von Ciceros worten die grösze der zu überwindenden schwierigkeiten vermehrt. denn auf der andern seite sind sowohl die 70 centurien der ersten classe als auch die éine centurie der fabri sicherlich der ursprünglichen ordnung fremd. die 2 35 70 centurien der ersten classe können doch erst existiert haben post expletas quinque et triginta tribus. demnach ist also, ehe irgend welche andere streitige einzelheiten in erwägung gezogen werden, vor allen dingen die frage zu lösen: wie ist es zu erklären, dasz Cicero in seiner schrift de re publica bei einer solchen grundfrage der römischen verfassung früheres und späteres combinieren und durcheinander wirren konnte? 3

Die antwort hierauf zu geben ist dann nicht schwer, wenn man beachtet, dasz Cicero hier die ansichten des Scipionenkreises bietet und mit einer gewissen peinlichen sorgfalt seine angaben

3 Klebs' auskunft (s. 214), dasz Cicero nur einen flüchtigkeitsfehler begangen habe, ist zu wohlfeil, um ernsthaft genommen zu werden.

solchen schriften entlehnt, die in jenen kreisen gelesen wurden. so entnimt er in der einleitung (I 14, 21-16, 25) manches dem Sulpicius Gallus, ohne daran anzustoszen, dasz dessen ansatz des todestages von Romulus nicht der seinige ist. viele annalistische angaben, zb. II 31, 54 f. sind einem ältern annalisten, wie ich anderswo zu zeigen hoffe, dem Piso entlehnt, trotzdem sie mit einigen von Ciceros eignen angaben in andern schriften in widerspruch stehen. vor allem aber gibt er ja zahlreiche chronologische angaben aus Polybios, trotzdem sie zu den seinigen in scharfem gegensatz stehen.

Wenn nun Cicero, bzw. Scipio bei Cicero, auch in seiner schilderung der Servianischen centurienordnung die anschauungen jener ältern schriftsteller, vor allen des Polybios widerspiegelt, so dürfte wohl jene bedenkliche anomalie, dasz in die Ciceronische darstellung elemente über die zustände späterer zeit geraten sind, gehoben erscheinen. denn wenn ein mann wie Polybios, der vorzugsweise ein bild jener römischen einrichtungen zu geben suchte, wie sie seit dem decemvirat im wesentlichen unverändert in Rom bestanden, die hauptprincipien der centurienordnung dem griechischen publicum klar machen wollte, so durfte er nur die spätere form derselben aus historischer zeit ins auge fassen. auch hätte sich wohl Cicero eines bedenklichen anachronismus schuldig gemacht, wenn er den männern des Scipionenkreises bereits die resultate der antiquarischen forschungen eines Varro und eines L. Aelius Tubero' in den mund gelegt hätte.

Wenn diese ausführung das richtige getroffen hat, so ist damit nicht nur das bedenkliche von Ciceros angaben gehoben, sondern es ist, wie dies Mommsen klar genug erkannt hat, die Ciceronische stelle auch noch in einer andern hinsicht bedeutsam, um das wesen der reformierten centurienordnung klar zu legen. es musz nemlich aus Ciceros worten dann mit notwendigkeit der schlusz gezogen werden, dasz in der reformierten centurienordnung, ohne dasz gerade die summe 193 festgehalten wäre, die majorität noch nicht völlig bei den 88 centurien der ersten classe und der ritter gelegen habe, dasz vielmehr erst durch den hinzutritt einiger centurien der 2n classe die majorität erreicht werden konnte. eine weitere notwendige folge dieses ergebnisses ist dann die andere, dasz die stimmcenturien jener reformierten centurienordnung nicht identisch sein können mit jenen 35018 centurien, in welche die aushebungsliste des römischen

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4 vgl. Matzat röm. chron. I s. 145 f. 345 f., Soltau röm, chron. s. 190 f. ich habe in meiner röm. chron, s. 274 gezeigt, dasz die von Cicero überlieferten regierungsjahre der römischen könige auf das gründungsjahr des Fabius Pictor ol. 8, 1 hinführen. es ist ein verkehrtes Vorurteil, wenn man annimt, die einzelheiten der Servianischen verfassung hätten den alten Römern ebenso festgestanden wie heutzutage unsern schülern. erst die gelehrten des Varronischen kreises werden wohl die einzelheiten durch combination festgestellt haben. 7 der bericht des Livius I 43 weist ebenso wie Dionysios IV 13 f. auf einen antiquarischen berichterstatter, wie fr. 4 des Tubero zeigt, wahrschein lich direct auf diesen letztern hin. zu Tubero vgl. Hermes XXIX s. 629.

volkes zerfiel, und welche mit recht seit Pantagathus als die grundlage der centurienreform angesehen worden ist. ohnedies finden beide annahmen ihre bestätigung durch die gewichtige autorität von Cicero Phil. II 33, 82 ecce Dolabellae comitiorum dies! sortitio praerogativae: quiescit. renuntiatur: tacet. prima classis vocatur, renuntiatur. deinde ita ut adsolet suffragia. tum secunda classis vocatur. quae omnia sunt citius facta quam dixi. confecto negotio bonus augur 'alio die' inquit (Mommsen röm. staatsrecht III s. 272 anm. 3). Der specielle versuch Mommsens dieses so eben nachgewiesene princip der reformierten centurienordnung im einzelnen durchzuführen kann nicht befriedigen. denn wenn die 35 × 2 × 4 — 280 centurien der 2n bis 5n classe auf 100 stimmcenturien verteilt werden sollten, so wäre damit das princip jener ganzen reform, dasz die tribus die grundlage der abstimmungsordnung sein sollte, wieder beseitigt worden. auch beruht ja Mommsens construction auf der oben zurückgewiesenen voraussetzung, dasz die summe der centurien vor wie nach der reform gleich (193) geblieben sei.

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Drei erwägungen führen unabhängig von einander auf eine andere lösung des problems. zunächst folgt aus Cicero de re publ. II 22, 39 dasz, wenn wir die centurienanzahl einer der untern classen mit x bezeichnen, 89 > 2x und 89 4x ist. daraus folgt dann, dasz x > 22 und < 44 gewesen sein musz. wenn nun weiter das princip der centurienreform beobachtet wird, dasz die tribus die grundlage, die classen die unterabteilungen der tribus bildeten, so kann nur die zahl der tribus, dh. 35 in frage kommen, oder mit andern worten die altersunterschiede, welche in jeder classe auf der aushebungsliste zu einer strengen scheidung von einer centuria iuniorum und einer centuria seniorum geführt haben, müssen für die abstimmung ignoriert sein. zb. die tribus Sucusana iuniorum musz mit der tribus Sucusana seniorum ein corpus foederatum gebildet haben (vgl. GWilmanns exempla inscriptionum lat. II n. 1704 und daneben 1701).

Sodann führt der merkwürdige umstand, dasz bei der abstimmung der reformierten centurienordnung die centurien oder die halbtribus der ersten classe niemals durch den zusatz classis primae ausgezeichnet worden sind (Livius XXIV 7, 12. XXVI 22. XXVII 6, 3), namentlich unter berücksichtigung des in solchen dingen überaus peinlichen römischen staatsrechts, mit notwendigkeit zu der annahme, dasz eine solche hinzufügung hier überflüssig war. das war sie aber nur, wenn in den übrigen classen einer tribus iuniores und seniores für die abstimmung nicht geschieden waren.

Endlich führt die centuria quae ad summum usum urbis fabris tignariis est data gegenüber den zwei centurien der alten Servianischen centurienordnung darauf hin, dasz bei der reform, abgesehen von der ersten classe, die altersunterschiede nicht beachtet worden sind.

Somit ist als resultat der untersuchung festzuhalten: das römische volk, welches nach Cicero p. Flacco 7, 15 submota contione, distributis partibus, tributim et centuriatim discriptis ordinibus, classibus,

aetatibus zusammentrat, ordnete sich, entsprechend den tabulae iuniorum seniorumque mit ihren 35 × 5 × 2 (= 350) centuriae peditum und 18 centuriae equitum, zu denen auszer der centuria proletariorum noch zwei zusatzcenturien gehörten, in 371 centurien. ® bei der abstimmung aber gaben in den 4 untern classen die iuniores und seniores nur je eine stimme zusammen ab. bei den 70 (I) + 35 (II) + 35 (III) + 35 (IV) + 35 (V) + 18 + 2 + 1 231 stimmcenturien gaben die centurien der 2n classe den ausschlag. wenn zu den von Cicero genannten (70 +18+1) 89 centurien von der 2n classe noch 27 centurien hinzutraten, so trat ein, was Cicero hervorhebt: confecta est vis populi universa, reliquaque multo maior multitudo.. neque excluderetur suffragiis, ne superbum esset, nec valeret nimis, ne esset periculosum.

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Es scheint mir notwendig zu sein gleich an dieser stelle darauf aufmerksam zu machen, wie diese erklärung der reformierten centurienordnung auch auf die zeit und den ursprung derselben einiges licht werfen kann. merkwürdigerweise nennt Mommsen diese reform demokratisch (röm. staatsr. III s. 280) und legt sie dem entsprechend in die zeit des Gaius Flaminius 'des kühnen vorkämpfers der volkspartei' kurz vor beginn des zweiten punischen krieges. augenscheinlich ist gerade das entgegengesetzte urteil geboten, einerlei ob man (mit Mommsen) 193 oder 231 stimmcenturien ansetzt. denn wenn das richtig ist, was Cicero II § 40 sagt: illarum autem sex et nonaginta centuriarum in una centuria tum quidem plures censebantur quam paene in prima classe tota, so war die reform, welche die grosze mehrzahl des römischen volkes der abstimmung factisch beraubte, noch sehr aristokratisch. ja ihre einführung kann dann nur in eine zeit fallen, da die römische plebs erst die anfänge ihrer freiheit zu erringen suchte. eine solche gestalt konnte die reformierte centurienordnung nur erhalten zu einer zeit, als es galt das für eine abstimmung widersinnige vorwiegen der ersten classe, welches für die Servianische heeresordnung passte, zu beseitigen. kurz, man kann die centurienreform nur in die zeit setzen, als man die Servianische heeresordnung durch die manipularordnung beseitigte und die comitia centuriata an die stelle des exercitus centuriatus setzte. dies habe ich bereits gezeigt in meinem buche über die entstehung und zusammensetzung der altrömischen volksversamlungen (Berlin 1880) abschnitt 4, namentlich s. 361 ff.

8 nicht in 373 centurien, wie gewöhnlich angenommen wird, da in der reformierten centurienordnung nur je eine centuria der fabri und tibicines war. das ist aus Ciceros bericht de re p. II § 39 zu entnehmen. ZABERN IM ELSASZ. WILHELM SOLTAU.

43.

ZU TACITUS.

Als Germanicus im j. 15 nach Ch. nach glücklichen unternehmungen in Deutschland sein heer zurückführt, wird Caecina von ihm beauftragt mit den seinem commando zugewiesenen truppen auf einem andern wege heimzukehren, und ihm dabei die weisung gegeben den marsch über die sog. pontes longi, eine für ein im feindeslande befindliches heer äuszerst gefährliche stelle, so schnell wie möglich zurückzulegen. da dieser von L. Domitius vor längerer zeit angelegte damm, der durch ein sumpfiges terrain führte (ab exc. I 63 cetera limosa, tenacia gravi caeno aut rivis incerta erant), sich in einem ziemlich traurigen zustande befindet, beschlieszt Caecina, um die erforderlichen reparaturen vornehmen zu können, an ort und stelle ein lager aufzuschlagen und bereitet sich zugleich darauf vor, die in der nähe weilenden Germanen bei einem etwaigen angriff zurückzuschlagen. in dieser schwierigen lage werden die Römer durch die anstürmenden feinde bald darauf in die gröste bedrängnis gebracht, indem sie genötigt werden sich zu wehren und zu gleicher zeit die zur ausbesserung des damms nötigen arbeiten fortzusetzen. darüber berichtet Tacitus c. 64 folgendes: et cuncta pariter Romanis adversa: locus uligine profunda, idem ad gradum instabilis, procedentibus lubricus, corpora gravia loricis; neque librare pila inter undas poterant: contra Cheruscis sueta apud paludes proelia, procera membra, hastae ingentes ad vulnera facienda quamvis procul.

Auffallender weise hat man an dem ausdruck inter undas bisher keinen anstosz genommen, und doch liegt die frage so nahe: wie kann in einem terrain, das Tac. in so anschaulicher form als sumpfig und morastig schildert, überhaupt von undae die rede sein? auf einem boden, in dem das wasser der von den bergen flieszenden bäche (rivi) das land so zu sagen durchfressen hat, so dasz wasser und land eine schlammige und schlüpfrige masse bilden, ist die entstehung von undae ein ding der unmöglichkeit. selbst bei einem starken sturme, von dem übrigens Tac. in unserer stelle gar nichts erwähnt, würden die durch die überreste des landes in unendlich viele kleine teile geschiedenen wassermengen schwerlich in irgend welche bewegung versetzt worden sein, die den Römern das schleudern der wurfspeere hätte erschweren können. man vergleiche mit der vorliegenden situation die beschreibung, die Tac. in c. 70 von dem zuge des P. Vitellius gibt. hier wird der heereszug, der an der küste marschiert, durch den einbruch einer sturmflut in die gröste not gebracht, und wir verstehen es, wenn der schriftsteller die worte gebraucht: non vox et mutui hortatus iuvabant adversante unda. in diesem falle handelt es sich um bewegte oder richtiger gesagt durch den sturm gepeitschte wassermassen, die sich weit über das land mit gewaltiger wucht ergieszen, wie uns in den vorhergehen

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