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schwierigkeit gibt es noch einen andern grund, weshalb wir an der überlieferten lesart anstosz zu nehmen berechtigt sind. denn was soll crudelissimum nomen leniebat bedeuten? wohl könnte man es allenfalls rechtfertigen, wenn es hiesze : odium crudelissimi nominis tyranni leniebat, aber so wie man die stelle jetzt liest kann man ihren sinn mehr erraten als durch ungekünstelte und natürliche deutung feststellen. daher erklärt sich auch der früher unternommene, aber jetzt als mislungen angesehene versuch die schwierigkeit durch veränderung des leniebat in tegebat zu beseitigen. der sinn der ganzen stelle kann meiner ansicht nur der sein, dasz Dion durch die treue hingabe an die ihm übertragenen pflichten und durch sein gewinnendes wesen sich die zuneigung des tyrannen zu erwerben und seinen grausamen sinn zu besänftigen verstand, ebenso wie es auch von Atticus in dessen lebensbeschreibung 5, 1 heiszt: habebat avunculum Q. Caecilium, equitem Romanum, familiarem L. Luculli, divitem, difficillima natura: cuius sic asperitatem veritus est, ut, quem nemo ferre posset, huius sine offensione ad summam senectutem retinuerit benivolentiam. in einem ähnlichen zusammenhange heiszt es von Tarquinius Priscus bei Livius I 34, 12, dasz er liberaliter dextreque obeundo officia sich die freundschaft des königs Ancus Martius zu verschaffen gewust habe. zu einer richtigen und sinnentsprechenden lesart gelangen wir aber, wenn wir einerseits Sall. b, Iug. 11, 8 neque lenitur animus ferox, anderseits die worte des Livius XXIII 16, 1 hac comitate Marcelli ferocis iuvenis animus adeo est mollitus zum vergleiche heranziehen. ganz besonders zeigt letztere stelle eine überraschende ähnlichkeit mit der unsrigen, wenn wir mit leichter änderung lesen: crudelissimum animum tyranni sua humanitate leniebat.*

NEUMARK IN WESTPREUSZEN.

JULIUS LANGE.

* [ich habe diesem aufsatze die aufnahme nicht versagen wollen, obgleich infolge eines irrtums in betreff der hsl. überlieferung der positive teil seines resultats höchst unwahrscheinlich ist (um so überzeugender aber der negative). leniebat nemlich steht in keiner hs. (auch nicht im Voss. A, wie JMHeusinger glaubte; ich habe diesen codex vor jahren selbst in händen gehabt und verglichen), sondern es ist eine conjectur Lambins, die aber wohl in allen neuern ausgaben aufnahme gefunden hat. in allen hss. mit ausnahme weniger jüngerer, die tegebat haben, steht tenebat. aber nomen tenebat in animum leniebat zu verwandeln ist doch wohl allzukühn. es musz etwas anderes dahinter stecken. aber was? darüber mögen andere scharfsinnigere kritiker sich die köpfe zerbrechen. ich habe mich vor 46 jahren im Philol. IV (1849) s. 318 über diese stelle ausgesprochen, bald darauf Nipperdey im spicilegium criticum (1850) s. 41 opusc. (1877) s. 48, beide ohne schlagendes resultat.

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A. F.]

ERSTE ABTEILUNG

FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE

HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FLECKEISEN.

55.

NUNDINALFRAGEN.

Die lösung der aufgabe, die wahre zeit altrömischer dh. aus der zeit des freistaats oder dem anfang der alleinberschaft stammen. der data nicht blosz dem jahr, sondern auch dem tage nach durch umsetzung auf julianischen stil zu bestimmen, gewinnt eine wesentliche förderung, wenn das kalenderdatum eines markttages vorliegt oder ermittelt werden kann. so konnte dank der angabe, dasz auf den 21 november 697, 1 januarius 702 und 1 januarius 714' nundinen gefallen sind oder (im j. 714) wenigstens hätten fallen sollen, die tagsumme fast jedes einzelnen jahres von 698 bis 702 und aller von da bis 713 genau bestimmt werden; die periodische wiederkehr des wochenmarktes von 8 zu 8 tagen (nono quoque die) bewies, dasz vom ersten datum bis zum zweiten und von diesem bis zum dritten eine durch 8 teilbare zahl von tagen verflossen ist. mehr nundinendata sind nicht überliefert; doch besasz der römische wochenmarkt mehrere eigenschaften, welche der chronologischen forschung in anderer weise zu statten kommen: von der ansage der comitien bis zu ihrer abhaltung sollte ein trinundinum verflieszen, am markttag selbst durften entweder alle oder gewisse volksversamlungen nicht stattfinden und sein zusammentreffen mit bestimmten kalendertagen, welches als unheilbringend bezeichnet wird, sollte durch besondere masznahmen verhütet werden. über alle diese punkte bestehen meinungsverschiedenheiten; dem entsprechend wird im nachstehenden zunächst die dauer des trinundinum (cap. I), dann die frage, für welche versamlungen der markttag unbrauchbar war (II), hierauf

1 aus diesem datum (= 1 jan. 40 vor Ch.) berechnen sich die julianischen kalenderdata der nundinen für die zeiten vor wie nach Christi geburt; aus dem 4jährigen schaltkreis und der achtzahl der marktwochentage ergibt sich periodische wiederkehr gleichen nundinalcharakters in je 32 jahren. 2 streitig ist nur die frage, ob das j. 698 oder (wie andere wollen) 700 die zahl von 377 tagen gehabt hat.

Jahrbücher für class. philol. 1895 hft. 8.

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das alter und das mittel seiner fernhaltung vom neujahr (III) und von den nonen (IV) behandelt werden. von der lösung dieser fragen, besonders der dritten hängt das urteil über die systeme ab, welche behufs der eingangs bezeichneten aufgabe geschaffen worden sind: während ich der superstition vom wochenmarkt einen chronologischen wert nur als kriterium der taggleichungen und zwar blosz der für die letzten jahrzehnte des vorcaesarischen kalenders aufgestellten zuerkannt habe, sind Matzat, Seeck, Holzapfel, Soltau und Olck der ansicht, dasz sie auf die gestaltung des kalenders selbst schon seit früherer zeit einen mehr oder weniger tiefgreifenden einflusz geübt habe, weichen aber hinsichtlich des beginns und der art desselben weit von einander ab. hier ist es wegen der mangelhaftigkeit der überlieferung nötig die prüfung der einzelnen meinungen an ihren consequenzen vorzunehmen; zu dem ende sind die drei verhältnismäszig am besten controllierbaren kalenderdata, je eines aus 217, 216, 215 vor Ch., einer neuen untersuchung unterzogen worden (cap. V). einen anhang über jahrgleichungen (cap. VI) beizugeben veranlaszte der umstand, dasz seit dem erscheinen meiner letzten dieses thema betreffenden arbeiten deren ergebnisse in vielen punkten bestritten worden sind und in meiner zeitrechnung der Gr. und R. (handb. d. class. altertumsw. v. IwMüller I2 713 ff.) wenigstens auf die bis 1892 gemachten einwendungen zu antworten der zugemessene raum nicht gestattete. auch hier wäre es nicht möglich dies auch nur annähernd vollständig zu thun; doch werden alle den kern der sache, die jahrgleichung im ganzen und groszen treffenden angriffe mit éinem schlage hinfällig, wenn es gelingt die für den grundlegenden synchronismus der Alliaschlacht und einnahme Roms, 364 varr. — 381 vor Ch., schon angeführten gründe aufrechtzuerhalten und durch neue zu bestätigen. hier und anderwärts ist auch manche frühere behauptung teils ausdrücklich teils stillschweigend verbessert oder zurückgenommen worden; eine ergänzung meiner zeitrechnung der Gr. und R. bildet die bestimmung der januarkalenden von 44 vor Ch. bis 196 nach Ch. am schlusz des cap. IV.

I. Die dauer des trinundinum.

1. 'Die gangbare berechnung des trinum nundinum' auf 17 tage' schreibt Mommsen röm. staatsrecht III 376 'ist lediglich confusion der neueren'; er bezieht sich auf seine röm. chronologie s. 243, wo er erklärt hat, sie beruhe blosz darauf, dasz man sich verkehrter weise gewöhnt habe, trinum nundinum nicht als ein neutrum sing. (gleichbedeutend mit tria nundina, 3 achttägige wochen, also 24 tage), sondern als gen. plur. (dh. trinarum nundinarum, 3 anfangstage der achttägigen woche) aufzufassen. diese erklärung

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3 in ausdrücken wie in trinum nundinum promulgare, indicere, petere ua. an sich kann man die nundinen ebenso wohl als den letzten wie als den ersten tag einer woche auffassen, für den letzten spricht sogar

stand aber mit zwei ansichten in zusammenhang, von welchen er die eine ausdrücklich, die andere thatsächlich aufgegeben hat: éinmal dasz nundinae einen festen monatstag (a. d. IX kal.) bezeichne, vgl. staatsr. III 373; sodann dasz das wort in der bedeutung markttag, anfangstag der achttägigen woche erst bei schriftstellern des dritten und vierten nachchristlichen jh. vorkomme. dasz nundinae von jeher den markttag bezeichnet habe, erkennt jetzt auch Mommsen an, während umgekehrt der gebrauch eines substantivs nundinum im sinn der marktwoche bis jetzt nur aus der kaiserzeit und auch aus ihr blosz an einer einzigen stelle, Quintilian II 4, 35 sive non trino forte nundino promulgata sive non idoneo die.. dicitur lata esse sive ferri (rogatio), nachgewiesen ist. ist der text in ordnung und trino nundino nicht etwa unter dem eindruck des folgenden idoneo die aus trinum nundinum verdorben, so darf man nundinum als eine ähnliche spätbildung aus dem gen. plur. ansehen wie das neutrum sing. sestertium. die hauptsache ist, dasz die gangbare meinung dem trinundinum nicht 17, sondern mindestens 17 tage3 gibt, so zb. Huschke das römische jahr s. 279, Herzog röm. staatsverw. I 1092, am bestimmtesten Lange röm. alt. II 470: 17-31 tage; richtiger 17-30 tage, bei einzählung beider grenztage 18-31, dh. im niedrigsten fall' die zeit von einem wochenmarkt bis zum nachtag des dritten, im höchsten die vom nachtag éines marktes bis zum vortag des fünften, zb. wenn auf den 8 16 24 mai nundinen fielen, so konnte die ansage an einem der 8 tage 1-8 mai, die (an nundinen unstatthafte) abstimmung an einem der 7 tage 25-31 mai stattfinden.

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Da die staatsr. ao. gegen die dauer von genau 17 tagen vorgebrachten gründe nichts beweisen können, so bleiben von Mommsens beweisen nur zwei belege übrig, von welchen aber einer nicht brauchbar ist. an zwei tagen im jahr fanden calatcomitien für errichtung von testamenten statt; diese findet er in dem 24 martius (IX kal. apr.) und 24 majus (IX kal. iun.) wieder, welche im römischen kalender mit Q · R · C · F (quando rex comitiavit, fas) bezeichnet sind, und vermutet, die comitien seien am 1 märz und i mai bei der abrufung des monats angekündigt worden. eine blosze vermutung liefert indes noch keinen beweis, und nicht an den kalenden (an welchen blosz angezeigt wurde, ob die nonen am 5n oder 7n tag eintreffen würden), sondern an den nonen wurden die sacralen acte des monats, zu welchen auch die calatcomitien gehörten, angesagt; auch ist es fraglich, ob die zwei tage der testamentscomitien der 24 märz und 24 mai gewesen sind: Herzog röm. staatsv. I 110 leugnet es. der andere beleg ist nicht ausreichend. am 4 januarius 696 fanden

die ableitung des wortes; ich folge lediglich der mehrheit, durch welche die andere auffassung üblich geworden ist.

5 für die von volkstribunen geleiteten tribusversamlungen betrug die mindestdauer 16 (bei inclusiver zählung 17) tage, weil sie (s. u.) auch an nundinen stattfinden konnten.

die comitien statt, in welchen das gesetz des volkstribunen Clodius über die auspicien angenommen wurde (Cic. in Pis. 9); es war also, schreibt Mommsen, wenn am 10 december, dem antrittstag der tribunen promulgiert, am 24n tag seit der promulgation zur abstimmung gebracht worden. einen vollen beweis könnte auch dieser fall nicht bringen, weil der tag der promulgation nicht bekannt ist; aber auch wenn der 10 december als promulgationsdatum überliefert wäre, würde damit die herkömmliche bestimmung des trinundinum nicht widerlegt sein: sie umfaszt auch den 24n tag.

Besitzen wir kein anderes beispiel als dieses, so kommt es auf die innern gründe an. der hauptgrund für die ausdehnung und zugleich beschränkung auf 24 tage liegt in der zurückführung der formel auf ein substantiv nundinum mit der bedeutung achttägige marktwoche; ein solches ist aber, wenn überhaupt, erst spät, nach vielbundertjährigem bestehen der frist aufgekommen oder wenig stens nachweisbar. den fall gesetzt, es habe schon bei ihrer einführung bestanden, so hätte jede volksversamlung, in welcher eine abstimmung stattfand, am ende der woche, dem vortag der nundinen stattfinden müssen. dies ist schon an sich unwahrscheinlich, weil das römische jahr 45-48 marktwochenschlusztage enthielt, von diesen aber fast die hälfte nicht comitial war und auch nicht abzusehen ist, warum man sich in der wahl der comitientage in solche schranken gebannt hätte; es ist auch nachweislich nicht geschehen: zb. die abstimmung über Ciceros rückkehr aus dem exil fand am 4 sextilis 697 und die über Milo am 8 aprilis 702 statt, beide am vorletzten tag der marktwoche (vgl. die data oben s. 497). man müste also unter nundinum jede reihe von 8 tagen verstehen, gleich viel ob sie mit dem wochenmarkt anfieng oder nicht; dann versteht man wieder nicht, warum gerade die einer typischen anwendung für fristen sonst nicht gewürdigte zahl 24 gewählt worden wäre. sinn und zweck hat das trinundinum als eine frist, in welcher 3 nundinen vorkommen: weil die land bewohner am markttag, aber nicht alle an jedem in die stadt kamen, muste sowohl dafür gesorgt werden, dasz jeder gelegenheit hatte den gegenstand der abstimmung vor dem tag derselben zu erfahren, um mit sich und andern über ihn zu rate zu gehen, als auch dafür, dasz die antragsteller oder bewerber und ihre gegner an mehreren nundinen zu ihnen sprechen konnten.

Auch an einem nach weis fehlt es nicht. das gesetz des volkstribunen C. Manilius über das stimmrecht der libertinen wurde am letzten (29) december 687 angenommen, aber am nächsten tage vom senat für ungültig erklärt (Cassius Dion XXXVI 42), nach Asconius zu Cic. Cornel. s. 65 propter celeritatem actionis. nach Mommsen hätte die promulgation wahrscheinlich gleich am 10 december, die abstimmung also am 20n tage stattgefunden; die ungebührliche beschleunigung findet er in der nichteinhaltung der 24 tage. man könnte auch an andere gesetzübertretungen denken; doch wozu vermutungen aufstellen, wenn ein die zeitfrage anlangend unantastbares

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