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ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE

HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FLECKEISEN.

67.

EIN AUFSATZ VON WILHELM VON HUMBOLDT ÜBER GRIECHISCHE URGESCHICHTE AUS DEM JAHRE 1807.*)

1.

Kleinasien ist so genau mit Griechenland verbunden, dass dessen hier erwähnt wird. Unter den Klein-Asiatischen Völkern waren nun gewiss nicht Westlichen oder Europäischen Ursprungs: die Cilicier, Phönicier, Beck I 92 und die Paphlagonier', Syrer, zu denen die Heneter gehörten. Mannert Th. 6 H. 3 S. 4 höchst wahrscheinlich solchen Ursprungs waren die Pelasger, unbekannt woher? Beck I 90. Mannert 1. c. 432. 402 die Phryger (Freie) Beck 1. c. Mannert 1. c. 79. Thracier, Bithyner, gleichfalls Mannert 1. c. 545. die Lydier (Leute) gleichfalls Beck I 91. Mannert l. c. 350. die Mysier, gleichfalls da sie die Bithynier aus Thracien vertrieben hatten, Mannert 1. c. 404. die Dardaner2 aus Samothracien, Mannert 1. c. 453. die Lycier, Kretische Barbaren, Mannert 1. c. 150. —

*) [abweichend von der in diesen jahrbüchern seit jahrzehnten herschenden orthographie ist in diesem aufsatze die zu anfang dieses jahrhunderts gebräuchliche schreibweise in übereinstimmung mit dem mscr. beibehalten worden.]

1 Schlözer Nord. Gesch. 282 rechnet die Paphlagonier zum Phrygischen Stamm. 2 Nach Clavier zum Apollodor II 442 war Dardanus ein Pelasger aus Arcadien. Aber Diod. Sic. V 48 nennt ihn ausdrücklich bei den Samothraciern geboren. S. dagegen Dion, Ant. I 38, wo Dardanus allerdings ein Arkadier, es aber sonderbar ist, dass, nach Atlas Tode, gleich seine Söhne und nicht er regieren, und was auch schou andre bemerkt haben, dass Dionas sein Sohn in der Hungersnoth in Arkadien bleibt, und er mit dem andern Sohn auswandert. Teucer, der schon vor Dardanus in Troas war, soll ein Athenienser gewesen seyn. Dion. 1. c. 3 Tenedos soll von Tennes bevölkert seyn. Mannert 1. c. 510 nennt ihn einen Thracischen Fürsten. Aber Diodor V 83 und Pausan. Phoc. 13 sagen nur dass Kyknos in Troas sein Vater war. Auffallend ist der Unterschied im barbarisch scheinenden Namen des Sohnes und dem griechischen des Vaters. Tennes könnte selbst mit Thyni zusammenhängen. Sollte dieser Tennes etwa bloss vom Namen Tenedos entstanden und dem späteren Kyknos aufgedichtet worden seyn?

Jahrbücher für class. philol. 1895 hft. 10 u. 11.

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Mit den Kariern' ist es sehr zweifelhaft, ob sie auch aus Kreta, oder anderswoher aus Westen stammen, oder Eingebohrne sind. Waren, wie sie selbst sagten, die Lydier und Mysier ihre Stammverwandten, so waren auch sie Thracischen Ursprungs. Mannert 1. c. 185.

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Alle Auswanderungen nach Asien sind nur von den späteren, secundairen zu verstehen. Die ursprünglichen geschahen aus Asien und der Thracische und Pelasgische Stamm sassen um das schwarze Meer. Schlözer, Nord. Gesch. 272. Dass der Phrygische und Thracische Stamm durch den Gothischen mit dem Germanischen und durch den Armenischen mit dem Persischen Einer ist scheint erwiesen. Schlözer 1. c. 274. 285. — Aber ob der Pelasgische Eins mit ihm war? ist schwer zu entscheiden. Ich würde es behaupten wegen der Verwandtschaft des Griechischen und Deutschen. Schlözer scheint nur im Griechischen (1. c. 274. 275) Thracische Wörter anzuerkennen und also beide Stämme zu scheiden. Aber dass er alle Griechen für Pelasger hält, scheint aus S. 283 hervorzugehen.

2.

Auch Italiens muss aus denselben Gründen, wie Kleinasiens, erwähnt werden. Nach Dionysius von Halicarnass verhielt es sich mit seinen Urbewohnern folgendergestalt:

In der Gegend von Rom waren die ursprünglichen Bewohner: Sikeler. I 8.

Diese werden vertrieben von den bergbewohnenden Aboriginern (opoc Dion. I 10 p. 11 v. 24), die sich zwischen dem Tiber und Liris ansiedeln, und zur Zeit der Eroberung Trojas den Namen Lateiner annehmen. Ib.

Die Aborigines waren nach einigen Eingebohrne (origo), nach andern Flüchtlinge vieler Völker (aberro), nach andern Pflanzvölker der Ligyer. Ib. 9.

Die Abkunft der Ligyer ist zweifelhaft, man hält sie aber für Hellenen, und wenn dies ist, so waren sie unter Oenotrus und Peucetius eingewanderte Arkadier. Ib.

So waren also die Aboriginer, nach Dionysius nicht leicht Barbaren, I 10 p. 11 v. 28 und wenn sie Griechen waren, die ersten in Italien eingewanderten Griechen und Oenotrer. Ib. Als solche setzt er sie den Pelasgern, Kretern und andern später Eingewanderten entgegen. Ib. v. 15.

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4 Schlözer 1. c. 284 nennt sie Pelasger. 5 I 10 p. 11 v. 28 unterscheidet Dionysius die Aboriginer von den Ligyern, und nennt diese ausdrücklich Barbaren. 6 Alte zum Theil schon zu Dionysius Zeit zerstörte Städte der Aboriginer. I 10. 11. Zu merken ist hierbei, dass die Aboriginer nicht eher Städte bauten I 8 p. 7 v. 45 als bis die Pelasger und andre Hellenen sich zu ihnen gesellten. Die Städte lassen sich wenigstens zum Theil Griechisch etymologisiren. Palatium Reate Tribola auf einem Hügel Vesbola (sollen Trebola und Suessula seyn. Hätte vielleicht Dion. geirrt und das lange o für ein kurzes genommen, so gehörten sie zu Bola, und liessen sich von ßwλoc,

Zu den Aboriginern gesellten sich Pelasger.

Sie waren von Argos nach Thessalien, damals Haemonien gegangen, von da durch die Kureten und Leleger, die nachherigen Aetolier und Locrer, und andre Parnassumwohner unter Deucalion vertrieben und zerstreut worden. In der Zerstreuung hatten sich die meisten über Dodona nach Italien gewandt, wo sie am Spinitischen Ausfluss des Po landeten, und von Barbaren bedrängt, über die Apenninen nach Umbrien zogen, hier, wiederum von einer grossen Macht dieser bedrängt, ihre Zuflucht zu den Aboriginern nahmen, und sich friedlich mit diesen verbanden.

Beide zusammen vollendeten nun die Vertreibung der Sikeler aus Italien, verdrängten auch die Aurunker und verbreiteten sich bis Campanien, wo sie ein neues Larissa' bauten. Ib. I 12-15.

Die Sikeler zogen nach Sicilien, wo sie vorfanden die Sicaner, einen Iberischen (so auch Diod. Sic. V 6 der jedoch hinzusetzt, dass andre sie zu Autochthonen Siciliens machen) Stamm, der von den Ligyern verdrängt worden war. Ueber die Bevölkerung von Sicilien von Italien aus herrschen verschiedene Meynungen, indem einige die Sikeler von den Umbrern und Opikern, oder den letzten allein vertrieben, andre von den Umbrern und Pelasgern vertriebene Ligyer hinüberziehen lassen, andre zwei Züge annehmen: Elymer, von Oenotrern, und Ausoner von Iapygern verdrängt. Ib. I 15.

Im zweiten Menschenalter vor Troja geriethen die Pelasger in so viele Unglücksfälle, dass sie sich bald darauf (es dauerte jedoch bis nach dem Trojanischen Krieg) theils in Hellas zurück, theils in das übrige Barbaren land zerstreuten, ihre Ueberreste nur von den Aboriginern, und meistentheils in die Gegend des nachherigen Roms gerettet wurden, und ihre Plätze Tyrrhener einnahmen. Ib. I 15-17.8

Pelasger und Tyrrhener werden verwechselt. Daher Pelasgische Tyrrhener. Ib. I 17. Thucydides 1. 4 p. 156 Ed. Steph. 1564.

Nach den Pelasgern nennt Dionysius noch drei Einwanderungen: die des Evander aus Palantium in Arkadien, die mit zwei Schiffen ankamen, und sich, mit Bewilligung der Aboriginer, dem Palatinischen Hügel festsetzten. Dion. Ant. I 20. 21.

auf

die des Hercules aus Iberien. Mehrere seines Heeres, des Umherziehens müde, setzten sich auf dem Saturninischen, nachmals Capitolinischen Hügel fest. Ib. I 21. Sie verbanden sich nachher

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Tiora, auch Matiene genannt

Cotylia mit einem See in der Nähe (KOTUAη).

Batia

Sune (erinnert an Sunium)
Corsula Issa
Lista, die Mutterstadt

7 Vd. Prol. Chron. nr. 83. Sollte die Stadt der Aboriginer Issa mit der Endung von Larissa zusammenhängen? 8 Als die einzige Stadt der Pelasger, die lang übrigblieb, und ihre alte Gestalt behielt, und nicht lange vor seiner Zeit Name und Bewohner wechselte, nennt Dionysius I 17 Kroton in Umbrien, nachher Kotornia genannt. Man hält sie für Cortona.

mit den Bewohnern des Palatins. Ib. I 28. Diese Ankömmlinge waren theils Peloponnesier und zwar Pheneaten und Epeier aus Elis, theils unter Laomedon weggenommene Troer, theils ein Gemisch mehrerer Stämme. Ib. I 21.

die des Aeneas bei Laurentum. Ib. I 28.

Ausser diesen eingewanderten Stämmen nennt Dionysius barbarische Völker, nemlich:

Sikeler, Ligyer (erhellt aus I 10 p. 11 v. 28), Umbrer, Tyrrhener, Ausoner, Elymer, Iapyger, Opiker, Aurunker, Marser, Samniter und Bruttier, und endlich noch ungenannte.

Ueber den Ursprung der Tyrrhener herrscht Ungewissheit. Nach einigen sind sie Eingebohrene; nach andern Fremdlinge aus Lydien, nach einer dritten Meynung Pelasger, und zwar entweder so, dass die Pelasger den Namen der Tyrrhener, oder die Tyrrhener, als sie zu wandern anfingen, den der Pelarger (Störche) der nachher in Pelasger verwandelt wurde, angenommen hatten. Dionysius behauptet, dass sie, der Sprache und Sitten nach, weder Pelasger, noch Lyder sind. Er hält sie für Eingebohrne. Sie haben, sagt er, eigne Sprache und eigne Gebräuche, und nennen sich unter sich, nach einem ihrer Anführer Rasen. Ib. I 17-20.10

Von den Umbrern sagt Dionysius bloss, dass sie ein vorzüglich mächtiges, altes und weit verbreitetes Volk waren. Ib. I 13.

Aus allem Vorigen sieht man, dass in Dionysius nur allenfalls über die verschiedenen geschehenen Einwanderungen, nicht aber über die Urvölker Italiens Belehrung zu schöpfen ist.

Sucht man nun diese in den Alt-Italiotischen Sprachen, so ist wohl nicht zu läugnen, dass, wie Lanzi durchaus behauptet, der Schlüssel zu diesen nur das Griechische und Lateinische ist. Volscisch, Oscisch, Samnitisch und Umbrisch sind fast durchaus Eins mit dem Etrurischen, und dies besser aus dem Griechischen, als aus irgend einer barbarischen Sprache erklärbar. Nur einzelne Wörter werden in dem letzten Fall seyn, wie auch im Lateinischen und Griechischen.

Die Sprache also, die wir aus den Monumenten kennen, ist so gut als ganz Griechisch und giebt zur Entscheidung der Frage über die Urvölker nichts an die Hand. Aber die Monumente sind auch nicht ausserordentlich alt. Keins kann bis an den Trojanischen Krieg hinaufgeführt werden; wenige gehören ins 1. und 2. Jahrhundert Roms. Dann konnte auch die Sprache der Monumente sehr verschieden seyn von der Volkssprache.

Wirklich über die Urvölker Italiens etwas zu entscheiden, bleiben also nur zwei Mittel übrig:

1. die Untersuchung der Eigennamen der Städte und Gegenden. 10 Lanzi

9 und zwar Sardianer. Plut. in Rom. Ed. Lond. I 71. tritt der Meynung bei, welche die Tyrrhener zu Lydern macht. Aber die Stelle des Dionysius scheint mir mehr innere Wahrscheinlichkeit zu haben. Wegen der Rasen hat man an Rhätien gedacht. Winckelmann hält die Tyrrhener für Pelasger. Fea's Uebers. I 163.

Aber da schon so sehr lange Griechen in Italien waren, dürfte des Uralten nur wenig, und stückweise geblieben seyn.

2. eine genaue Sichtung alles dessen, was in der Lateinischen Sprache Griechischen und barbarischen Ursprunges ist.

Allein auch da ist kaum glaublich, dass man soviel in sich Zusammenhängendes antreffen würde, als nöthig wäre, über wahre Urvölker zu entscheiden.

Es wird daher wohl immer nur dabei bleiben, dass man historisch weiss, dass es Urvölker in Italien gab d. h. solche die früher als die Griechen, und ohne dass man eine Epoche des Einwanderns angeben kann, eingewandert waren; dass aber die von ihnen hinterlassnen Spuren nicht (wie z. B. in Spanien) so zahlreich sind, dass daraus ihre wahre Abkunft ersehen werden könnte, sondern dass man der Hauptmasse des Griechischen nur einzelne fremdartige Theile beigemischt findet. Von diesen Theilen sind einige unläugbar Vaskisch, was aber nichts Bestimmtes schliessen lässt, weil Vaskische Elemente auch im Griechischen und Deutschen angetroffen werden. "

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Ursprüngliche Bewohner Griechenlands, Begebenheiten bis zu Danaus Einwanderung 1174 a. Chr. 12

Die ersten Bewohner Griechenlands, vor denen wir keine anderen kennen, und von denen auch die späteren sich nur durch Modificationen, als verschiedene Zweige, nicht als eine andre Nation unterscheiden, sind die Pelasger. Wo diese Pelasger, als Pelasger, vorkommen, sind sie nichts, als reine Griechen. Denn sowohl in Kleinasien (§ 1) als Italien (§ 2) waren sie nur aus Griechenland eingewandert.

Aber ursprünglich kamen sie von Osten her, wie sich aus allgemeinen Gründen der Erdbevölkerung annehmen lässt, und gehörten vermuthlich zum Phrygischen und Thracischen Stamm, wie wegen der Aehnlichkeit der Persischen, Griechischen und Deutschen Sprache nicht unwahrscheinlich ist (§ 1 S. 642).

Dass es VorPelasgische Völker in Griechenland gab, lässt sich allgemein mit Wahrscheinlichkeit annehmen. Ob die Telchinen

11 S. Beilage I [fehlt]. 12 Die erste Pelasgische Colonie ging etwa 6 Generationen nach dem ersten Inachus, und kurz vor dem zweiten (Iasus, Vater der Io) nach Italien. Clavier zu Apollodor II p. 204 nt. 21. 13 Im weitläuftigen Verstande würden es Genuriten, Kimmerier seyn. S. Schlözers Nord. Gesch. p. 281 § 12 und besonders p. 284 § 13, auch Potocki Dynasties du 2. livre de Manethon p. 48. Nach dem letzteren wäre diese Auswanderung der Genuriten durch den Einfall der Scythen entstanden und müsste ins 22. Jahrhundert vor Chr. gesetzt werden. In dieser ganzen Schrift kommt viel über die in Aegypten eindringenden und dort herrschenden Inachiden, aber auf eine Weise vor, die wenig Vertrauen zu der Richtigkeit der Behauptungen einflösst. 14 Dionysius v. Hal. spricht von Barbaren, welche die aus dem Peloponnes nach Thessalien gehenden Pelasger von da vertrieben. Ant. I p. 14 v. 28.

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