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durch die fast gleichen versanfänge qua und quae entstanden ist. beide vershälften sind also für ursprünglich zu halten, und es ist entweder qua nimium placui, Tellus, ait, hisce vel istam | quae facit, ut laedar mutando perde figuram oder quae facit, ut laedar, Tellus, ait, hisce vel istam | qua nimium placui mutando perde figuram zu lesen. die ursprüngliche fassung des ganzen musz also etwa folgende gewesen sein:

victa labore fugae spectans Peneidos undas

"fer pater' inquit opem, si flumina numen habetis,

qua nimium placui, Tellus' ait 'hisce vel istam

quae facit, ut laedar mutando perde figuram.

wie dem jedoch sei, so viel scheint fest zu stehen, dasz eine doppelte anrufung an unserer stelle stattgefunden hat und dasz inquit durch ait wieder aufgenommen worden ist.

Ein doppeltes ait bietet XIV 383 ff.

'non impune feres, neque' ait 'reddere Canenti:

laesaque quid faciat quid amans, quid femina, disces
rebus' ait 'sed amans est laesa et femina Circe.'

so liest nemlich M, und es scheint nicht geraten zu sein das erste ait mit Heinsius in enim zu ändern. ebenso unsicher ist das urteil über den vorletzten vers, welchen man ziemlich allgemein tilgt. zwingende gründe dazu gibt es nicht. zu disce rebus oder disces vgl. III 350. 368. IV 550. IX 127 ua.

BERLIN.

WILHELM Bannier.

(43.)

ZU TACITUS.

Die oben s. 416 von KHachtmann begründete conjectur inter umida statt inter undas zu Tacitus ab exc. I 64 ist schon im jahrgang 1882 dieser jahrbücher s. 142 von Hermann Schütz (in Potsdam) veröffentlicht worden.

D.

TH. 0.

79.

ZUR RETTUNG DES AVIANUS.

WEITERE BEMERKUNGEN ÜBER DIE APOLOGI AVIANI.

In der abhandlung zu den apologi Aviani' (programm Strasburg W.-Pr. ostern 1894) habe ich den beweis dafür versucht, dasz dem verfasser jener prosaischen nachbildungen ein besserer Avianus zu gebote gestanden hat, als der uns erhaltene ist. die gründe für diese ansicht waren aus dem inhalt der apologi gewonnen, der den fabeln Avians eine innere geschlossenheit gibt, die sie in dem heutigen texte des dichters nicht mehr haben, und gleichzeitig aus der ausdrucksweise des nacherzählers, die unverkennbar auf die abhängigkeit von einem vorliegenden originale hinwies.

Nur an éiner stelle war zur unterstützung der vorgebrachten erwägungen auch eine in den apologi erhaltene lesart herbeigezogen worden sie ersetzte das matte meliora petit in der moral, die der fabel (2) von der schildkröte und dem adler angehängt ist, durch das malende, zu dem erzählten vorgange vortrefflich passende nimis alta cupit. es hätte auf grund der ausgabe Fröhners noch auf mehrere solche hervorstechende lesarten hingewiesen werden können, die die vorlage des paraphrasten weit über unsere besten hss. nach alter und wert setzen lassen; es unterblieb, da diese abweichungen neben den oben hervorgehobenen verschiedenheiten des inhalts geringe beweiskraft hatten.

Die kürzlich von Hervieux veranstaltete ausgabe Avians' bereichert unsere kenntnis der lesarten, die des paraphrasten original enthielt, aber auszerordentlich, und ihre anzahl gibt den abweichungen jetzt eine bedeutung, auf die sie bis dahin keinen anspruch hatten.

Vier gedichte hat nemlich der verfasser der apologi nicht in prosa umgesetzt, sondern wortgetreu aus seinem Avianus herübergenommen. Fröhner teilte in seiner ausgabe nur diese thatsache mit, Hervieux bringt auch die vier gedichte ganz zum abdruck. zwar hat jener einzelne auffallende lesarten derselben in seinem kritischen apparat verzeichnet, die neue ausgabe zeigt aber, dasz er sehr merkwürdige übersehen hat. so werden die vier stücke für die Avianfrage besonders wichtig. erweist sichd er text hier wesentlich besser, dh. originaler als in unsern ältesten hss., so gewinnt die ansicht, dasz die inhaltlichen verbesserungen, die die apologi für eine reihe von fabeln bieten, auch auf eine vorzüglichere vorlage zurückzuführen sind, eine neue unterstützung.

In fabel 19 de abiete et dumis sind es nur zwei lesarten, die allein der paraphrast hat. die tanne rühmt sich dort gegenüber dem

1 LHervieux: les fabulistes latins depuis le siècle d'Auguste jusqu'à la fin du moyen âge. Paris, Firmin Didot et Cie, 1894.

dornbusch ihrer vorzüge, insbesondere ihrer bestimmung als mast und damit als träger der windgebauschten segel zu dienen;

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at tibi deformem quod dant spineta figuram,

despectam cuncti praeteriere viri,

heiszt es dann in der gemeinen überlieferung recht nüchtern und prosaisch, wie viel mehr ursprüngliche empfindung hat da doch des paraphrasten

at te deformem, cui dant spineta figuram,

despectam cuncti praeteriere viri.

hier hat die tanne bei dem te bereits den schlusz des satzes im sinne oder doch in der empfindung; das gibt der anrede schon den verächtlichen ton und der grammatisch enge anschlusz der worte, welche die gründe ihrer verachtung enthalten, ein anschlusz an die anrede, der durch die form des attributs (te deformem und cui dant spineta figuram) erreicht wird, steigert diesen ton wirkungsvoll bis zu seiner höhe in despectam. wie armselig ist dagegen die gewöhnliche überlieferung! für das ohr und die empfindung des hörers ist da gar kein zusammenhang vorhanden, er beruht lediglich auf dem gedanken, der unterordnenden kraft des quod.

Am anfange ferner heiszt es nach der allgemeinen überlieferung:
Horrentes dumos abies pulcherrima risit,

cum facerent formae iurgia magna suae,
indignum referens cunctis certamen haberi,
quos meritis nullus consociaret honor.

als dat. pl. vom masculinum wird meritis niemand fassen, weniger weil der dativ bei consociare sonst kaum nachweisbar sein möchte, als darum weil es eine vox media ist. der abl. des neutr. gibt wieder eine geschraubte ausdrucks weise: denn welche verdienste und vorzüge hätten die dornen, um deretwillen ihnen überhaupt eine ehre zu teil werden könnte? des paraphrasten adverbiales merito überhebt uns aller schwierigkeiten: es wird ihnen mit fug und recht überhaupt für nichts (nullus honor = nullius rei h.) ehre zu teil, und so kann auch von einer gleichstellung keine rede sein.2

Die fabel 38, die heute die überschrift de pisce et phoecide führt, lautet nach den ausgaben:

Dulcibus e stagnis fluvio torrente coactus

aequoreas praeceps piscis obibat aquas.

illic squamigerum despectans inprobus agmen
eximium sese nobilitate refert.

non tulit expulsum patrio sub gurgite phycis
verbaque cum salibus asperiora dedit:

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vana laboratis aufer mendacia dictis,

quaeque refutari te quoque teste queant.

2 in cunctis steckt übrigens noch eine auch von dem paraphrasten nicht geheilte verderbnis. Ellis las dumis, das nur lautlich zu weit abliegt. vielleicht curtis?

nam quis sit potior, populo spectante probabo,
si pariter captos umida lina trahant.
tunc me nobilior magno mercabitur emptor,
te simul aere brevi debile volgus emet.'

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das war nun wieder eine fabel, die an ungeschickter anlage das denkbare leistete. einem fluszfische, es wird nicht gesagt, ob einem groszen und kostbaren oder kleinen und wertlosen, es kann also auch ein starker und teurer gewesen sein, stellt sich die unbedeutende neunauge gegenüber und will seinen thörichten stolz durch den hinweis auf den höhern preis brechen, der für sie auf dem markte einst gezahlt werden würde. aber von dieser sinnlosigkeit weisz das original, das der paraphrast vor sich hatte, nichts. durfte dem so unbestimmt bezeichneten fluszfisch nur ein meeresbewohner gegenüber gestellt werden, der jeden, auch den grösten süszwasserfisch an gewicht und wert weit hinter sich liesz, so geschieht dies im texte der apologi: sie lesen nemlich nicht phycis, sondern phoca, und zur bekräftigung dieser lesart bietet die alte Trierer hs. phocas. (daran aber, dasz die robbe nicht unter die squamigeri gehört, daran ist um so weniger anstosz zu nehmen, als auf dem squamigerum in z. 3 gar kein nachdruck liegen kann, weil der fluszfisch selber ein squamiger ist, der gegensatz also nur der zwischen flusz- und meerbewohner ist.) Eine ganz eigenartige verbesserung erhält der eingang von fabel 26, die heute die überschrift de leone et capella trägt. die ersten zeilen lauten da nicht:

Viderat excelsa pascentem rure capellam

comminus esuriens cum leo ferret iter, sondern im pentameter: cum lupus esuriens de prope ferret iter. für diese lesart spricht, dasz sie mit lupus die übereinstimmung zwischen der römischen fabel und ihrem vorbilde, der griechischen, herstellt (fab. Aesop. 270 ed. Halm) und dasz ein comminus sehr leicht für de prope zur erklärung beigeschrieben werden, in den text dringen und die weitern veränderungen veranlassen konnte, während das umgekehrte, der ersatz von comminus durch de prope, gar nicht anzunehmen ist. nun ist de prope allerdings sonst wohl nicht nachweisbar; es liegt also nahe, darin eine conjectur des mittelalters zu sehen; dessen latein bietet aber de prope auch nicht, nach Du Cange wenigstens nicht. so werden wir es doch im texte behalten und den andern zusammensetzungen der formwörter wie insuper, desuper, exadversum, circumcirca, econtra anreihen und in ihm eine bestätigung für die oft hervorgehobene eigentümlichkeit des dichters sehen. müssen, dasz er vor der anwendung vulgärer redeweisen inmitten seiner Vergilischen reminiscenzen nicht zurückscheut.

An das folgende:

et prior 'heus' inquit praeruptis ardua saxis
linque nec hirsutis pascua quaere iugis,
sed cytisi croceum per prata virentia florem
et glaucas salices et thyma grata pete.'

schlieszen sich die worte, mit denen die ziege den räuber zurückweist. sie lauten nach den hss. übereinstimmend:

ille gemens 'desiste, precor, fallaciter' inquit,

'securam placidis insimulare dolis'.

nur eine einzige, auch sonst bemerkenswerte hs. des britischen museums gibt das allein richtige instimulare, und dieses hat auch der paraphrast. was dann die hss. weiter bieten :

vera licet moneas, maiora pericula tollas.
tu tamen his dictis non facis esse fidem.

nam quamvis rectis constet sententia verbis

suspectam hanc rabidus consiliator habet.

das ist mit seinem ersten distichon von jeher eine crux für erklärer und hgg. gewesen. Lachmann strich es einfach weg. die annahme, dasz irgend ein abschreiber etwas zugedichtet habe, war zu seiner zeit die nächstliegende; heute sind wir conservativer, vielleicht zu conservativ denn auch der fehler der auslassung, der einem abschreiber doch viel näher lag als der freie zusatz, wird selten einmal bei dichtern angenommen. hier braucht er allerdings nicht zur erklärung herbeigezogen zu werden, es gibt andere heilmittel. Fröhner änderte tollas in celas; damit stand tu tamen in der luft; aber diese ungeschicktheit galt ja als echt Avianisch. Ellis wollte. ohne änderung auskommen, aber seine erklärung passt eben auch nur zu dem vorausgesetzten ungeschickten dichter: "though the dangers you urge are true and though you suppress the greater danger (of following your advice), after all you cannot make me believe what you say.' Baehrens las: vera licet moneas monitisque pericula tollas; das liegt weiter ab von der überlieferung und gibt auch keinen rechten sinn. der paraphrast las nur einen buchstaben anders, statt tollas nemlich tollam, und stellte damit einen glaubhaften zusammenhang und fortschritt der gedanken her. mag immer wahr sein, woran du erinnerst, mag ich die gefahren mir noch gröszer vorstellen (tollere hier also synonym von augere), du wirst durch deine worte mein vertrauen doch nicht gewinnen, denn so schön sie klingen, durch den mund, aus dem sie kommen, werden sie verdächtig.'

Die meisten und glänzendsten verbesserungen erfährt aber die fabel 25. nach der gewöhnlichen überlieferung lautet sie: Flens puer extremam putei consedit ad undam

vana super vacuis rictibus ora trahens.

callidus hunc lacrimis postquam fur vidit obortis,
quaenam tristitiae sit modo causa rogat.

ille sibi abrupti fingens discrimina funis
atque auri queritur desiluisse cadum.

nec mora, sollicitam traxit manus inproba vestem.
exutus putei protinus ima petit.

parvulus exiguo circumdans pallia collo

sentibus inmersus delituisse datur.

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