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Besondere Polem i f.

Erster Abschnitt.

Vom Indifferentis mus.

S. 1.

Der Indifferentismus ist die religiös - scheinende Nichtunterscheidung dessen, welches zu unterscheiden zum Wesen des wahren Glaubens gehört.

Der Indifferentismus, welcher Gegenstand der Polemik ist, kann nicht der absolute sein, welcher sich ohne völlige sittliche Abstumpfung nicht denken låßt. Weil er innerhalb des kirchlichen Lebens auftritt und sich erhalten will, muß er wenigstens soviel religiöses Leben noch in sich tragen, daß er einen Beweggrund findet, die Religion von der Irreligion zu unterscheiden, ja er muß sich selbst in irgend einem Sinne als religiós vorkommen. Wie sich alles Fal sche an einem Wahren findet, indem es sich nur durch Entstellung dieses Wahren in der Menschheit festsehen konnte : so entwickelt sich auch der Indifferentismus an dem Wahren der relativen Gleichgültigkeit gegen das Aeußere und Unwesentliche der Religion. Relativ darf diese nur sein, weil

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jedes, was in den Bereich der Religion eintritt, in irgend einer Beziehung nicht gleichgültig ist, wäre es auch nur insofern, als das Nichtgleichgültigansehen gewisser überwie gend zufälliger Dinge im kirchlichen Leben nicht gleichgültig muß angesehen werden, weil es den Blick in Ansehung des Unterschiedes des Wesentlichen vom Unwesentlichen trübt. Aber an sich ist es eine Frucht des wahren Glaubens, das Zufällige und Kleine in der Neligion in Vergleich mit dem Großen und Wesentlichen gleichgültig anzusehen. Der Irre thum tritt nun ein, wenn diese gute Gleichgültigkeit entstellt wird zur gleichgültigen Nichtunterscheidung des Wesens der Religion von dem Zufälligen. Der Indifferentismus leugnet nicht das Dasein der Religion, er verwechselt sie nicht mit der Natur und Welt, allein jene gilt ihm nicht mehr als diese, er achtet sie nicht, insofern sie etwas Anderes ist als Natur und Welt, sondern insofern es der Beachtung ihres Andersseins als diese nicht bedarf, und diese unglückliche und unwahre Gleichachtung setzt sich darum so fest bei ihm, weil er sie für religiös hält. Die Gleichgültigkeit gegen die wahre Religion stellt sich ihm als etwas Religiöses dar, und darin besteht der Indifferentismus als Irrthum. Sos lange er blos Stumpfheit und Schlaffheit des religiösen Sinnes ist, kann er auch durch alle moralische Kräfte, die im Wesen der Religion liegen, geheilt werden. Aber ins dem er in Verbindung mit religiösen Vorstellungen sich als einen Grundsatz, als eine Lehre und Denkart innerhalb der Kirche, aufrecht erhalten will, wird er zum verderblichen Irrthume, der, auf seine Weise die ganze Wahrheit umgehend und ihre Wirkung paralysirend, doch den Schein behålt, keinem einzigen Dogma sich mit Bestimmtheit entgegenzustellen.

Die Lüge, welche an der Ausbildung des Indifferentismus, obwohl denen unbewußt, die, noch innerhalb der Kirche stehend, an diesem Irrthume kranken, Theil hat, ist die Leugnung, daß die Religion etwas von der Selbstentwickelung

des kreatürlichen Seins Verschiedenes sei, daß es eine an dere Beziehung des Menschen zu Gott als die durch sein natürlich-sinnliches Dasein begründete gebe, also im Grunde die Behauptung, daß die höheren und niederen Beziehungen des Menschen schlechthin einerlei seien. Von dieser Lüge befruchtet entwickelt sich nun die Trägheit der Kirchenglieder, welche die Anstrengung des Geistes scheut, die zur klaren Unterscheidung der Religion von Natur und Welt nöthig ist, die Hoffart, welche über diese Unterscheidung als einen niederen Standpunkt hinweg zu sein glaubt, und der eitle Selbstbetrug, als wenn die Religiosität viel zu fest und zu reich in dem Individuum sei, um jener Unterscheidung zu bedürfen. So bildet sich dann die Meinung, als wenn das eben die wahre Religiosität sei, nur das Gemeinsame aller Religionen gelten zu lassen, und die verschiedenen positiven Gestaltungen såmmtlich nur als untergeordnete, dem Verschwinden bestimmte und auf der Schwachheit der Religios sitåt beruhende Standpunkte zu betrachten. Hier vermischt sich die wichtige apologetische Wahrheit, daß alle nichtchristliche positive Religionen nur soviel Werth haben, als sie Fähigkeit besißen in die ewiggültige positive Form der christs lichen Religion überzugehen, mit der Lüge, daß das Positive und Konkrete des Christenthums nichtig und vergånglich sei, und diese Vermischung der Wahrheit und der Lüge ist der Indifferentismus.

Es ist darum falsch und zerstörend, weil die wahre Religion, wie sie in Christus eine ewige Form angenommen hat, eben das höchste Bestimmte, die bestimmteste Wahrheit, das konkretgewordene Leben der Menschheit selbst sein will und ist, und eben damit das Bestimmtheit und reales Leben allem Geistigen und Freien in unserer Natur Mittheilende. Wird nun die Religion selbst als das schlechthin Unbestimmte, das Negirende, das Ununterscheidbare angesehen: so geråth alles ursprüngliche höhere Leben des Menschen, Sittlichkeit, Wissenschaft und Kunst, in diesen Karakter von Unbestimmt

heit, Abstrakzion und Negazion, welcher das innere Elend nur schlecht verhüllen kann selbst mit den glänzendsten Gaben des Geistes, des Wizes und des Gefühls. Weil dem Indifferentisten, ohne daß er es sich gestehen will, die Religion zwar nicht nichts ist, aber das Nichtigste, Gleichgültigste und Elendeste von Allem, was er außer seinem Selbst aufzufassen sich die Mühe giebt: so wird ihm unter der Hand, und ohne daß er es merkt, alles Uebrige elend, was, vermittelst einer lebendig gehegten Religion, den Menschen erheben und beleben kann. Da er in seinem Indifferentismus es nicht einmal der Mühe werth hält, gegen die Religion zu protestiren, wie Atheisten und Ungläubige thun (eine Richtung, in der sich vermittelst des Kraftaufwandes, den sie fordert, die Wahrheit durch den Widerstand noch geltend machen könnte): so wird sein eigenes Selbst in dieser Gleichgültigkeit elend, und der Gipfel dieses Elends besteht darin, daß er diese indifferentistische Nichtigkeit für Geist, ja für Religion hålt. Die Religion des Indifferentisten ist die leere und laue Nichtachtung aller religiösen Gestalt und Bestimmtheit, und führt eben damit zur traurigüten Verarmung an der Liebe, also am rechten Leben *).

Fragen wir, in wiefern eine solche Denkart sich denn

* Wenigstens gränzend an diese Gesinnung ist die Lehre des Spinoza (tractatus theologico - polit. cap. 14.), daß es in der Religion nicht sowohl auf Wahrheit, als auf Frömmig keit ankomme:,,Sequitur denique fidem non tam requirere vera, quam pia dogmata, hoc est, talia, quae animum ad obedientiam movent. Cum itaque uniuscuiusque fides ratione obedientiae vel contumaciae tantum, et non ratione veritatis aut falsitatis, pia vel impia sit habenda hinc sequitur, ad fidem catholicam sive universalem nulla dogmata pertinere, de quibus inter honestos potest dari conDenn wenn die Frömmigkeit nicht aus der Wahrheit fließt, die das allein ganz Bestimmte ist: so ist sie unbestimmt, also indifferentistisch).

troversia. "

noch in irgend einer Beziehung zur christlichen Kirche erhalten könne, so daß man berechtigt und verpflichtet sei, sie als einen kirchlichen Irrthum zu bekämpfen: so antworten wir: Gerade dadurch, daß dem Indifferentismus auch das Austreten aus der christlichen Kirche indifferent ist, so daß er sich das Darinbleiben gefallen läßt, und daß er eben dieses Nichtaustreten, vermöge dessen er sich nicht bestimmt unkirchlich äußert, sich selbst zu einer Art Religion macht. Hieraus ergiebt sich auch, daß die Unterscheidung von allgemeinem und besonderem Indifferentismus, nach welcher jener Gleichsehung aller Religionen, dieser nur die der christlichen Parteien enthalte, wie sie sich bei vielen Polemikern findet *), nicht haltbar sei. Denn der allgemeine Indifferentismus kann wenigstens nicht als ein solcher aufgefaßt werden, der nicht in der christlichen Kirche sein könne; denn eben weil er die anderen Religionen nicht höher achtet als die christ ́liche: so kann er sich auch mit einem gewissen allgemeinen Bekenntnisse dieser verbinden. Daß jemand alle christliche Religionsparteien für gleich gut hålt, während er doch das Christenthum selbst für besser hålt als alle andere Religionen, kann deshalb nicht wohl vorkommen, weil dieses leztere Interesse sich fast nothwendig zur Unterscheidung reinerer oder unreinerer Darstellung des Christenthums in der einen oder anderen Partei entwickeln muß. Wo diese nicht ist, ist auch das Interesse- für das Christenthum nur scheinbar. Wo ein solches mehr als scheinbar ist, kann kein eigentlicher Indifferentismus sein, sondern etwa nur ein mehr oder weniger unklarer Synkretismus, den die Polemik noch von den unglücklichen Calirtinischen Streitigkeiten her allzugern für Indifferentismus ausgab.

*) Walch Kap. 6. §. 3 u. 4. Schubert P. 1. Cap. VI. § 5,

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