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Auch Seegott ist er ursprünglich mehr folgerungsweise. Seine Beherrschung der See besonders zu betonen fand die ältere Zeit keinen Grund. Dem Homer heisst Poseidon noch nicht Gebieter des Meeres obwohl er ihn sagen lässt: yav ἔλαχον πολιὴν ἅλα ναιέμεν αἰεί (Ι1. XV, 190). Er nennt ihn am liebsten den Erderschütterer, den Beweger des Bodens. In painoxos ist die umgebende Fluth nur indirect bezeichnet, in xvavoxαíτns höchstens angedeutet. Viel bestimmter heissen jüngere Dichter den Poseidon einen Gebieter der See, Pindar 01. VI, 103 δέσποτα ποντόμεδον; Aeschyl. Sept. 122 ποντοuédov avag. Die Meeresherrschaft') kam dem Poseidon allerdings auch in alter Zeit zu, aber so dass sie sich aus seiner auf die Erschütterung der ganzen Erdoberfläche sich erstreckenden Befugniss von selber ergab.

Das Wort Poseidon bedeutet vielleicht Ζεὺς δεσπότης. Man kann von der äolischen Form Ποτειδάν oder Ποτιδάν (vgl. Iloridavía, lokr. Stadtname) ausgehn. Dan ist Zeus. Die beiden ersten Silben gehen auf skt. patis Herr zurück, welchem Stamme auch griech. πότνια δεσπότης δέσποινα angehören. 2) Danach ist Poseidon ursprünglich ein modificierter

bezeichnen. Auch erläutert diese Erklärung nicht alles; denn es bleibt auffallend, dass sonst keinem unter den altgriechischen Wassergeistern die Befugniss zusteht, die Erde zu erschüttern. Unklar bleibt, wie ein allgemeiner Süsswassergott eine so grosse Bedeutung habe erlangen können. Quellen, Flüsse und Seen bilden kein Ganzes, es wird die Gottheit eines bestimmten Gewässers Acheloos, Spercheios, Styx

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angerufen. Ein bestimmter Flussgott konnte eher zu allgemeinem Ansehn gelangen, als ein blosser Repräsentant des лótiμov vowę. Dies lehrt das Beispiel des eifrig verehrten Acheloos, wogegen Okeanos, der Vater der Flüsse, eine unbedeutende Figur geblieben ist.

1) Ein griechischer Ennosigäos ohne Macht über das Meer ist selbst in seinem eigensten Amte (Erdbeben) nicht denkbar, da die See oft in verheerendster Weise bei den tellurischen Revolutionen wirksam ist. In dem an Küsten und Inseln so reichen Griechenland ist es ein häufiger Fall, dass sich die Schrecknisse eines Erdbebens durch die Nähe der See steigern. Vgl. z. B. das was Pausanias VII, 24 (Helike) oder Thukydides III, 89 (Orobiä auf Euböa) erzählt.

2) Pape - Benseler III S. 1239; Welcker gr. Gott. I S. 623 Note; G. Curtius gr. Etymol. n. 377. Die Etymologie von skt. patis kann wahr sein. Ich meinerseits würde es nicht bedauern, wenn sie auf Irrthum beruhte und das Wort Пotsidav sich seinem ersten Theile nach als fremd erwiese. Dann könnte man sagen rótviaι und лóñoi (dryopisch col) wären Namen von Gottheiten einer stammfremden Ur

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Zeus, der Wortsinn: Gott der Herr, Herrgott. Auch der delphische Monatsname Poitropios, attisch Poseideon, ist hier zu erwähnen. Die erste Silbe mag den Herrn oder Gott bedeuten (vgl. déoлоiva), und der Monat benannt sein von gewissen Opfern τà лоiτρóлiα, mit welchen man sich an den Herrgott (an Poseidon) wendete (τoέñoμai); vgl. Zavinɛtis, Ζηνὸς ἱκέτης. Ποιτρόπιος lässt sich nicht als Monat der [Winter]wende (ô no̟ò̟s tàs tooñàs μýv) erklären, weil dann auch der Ενδυςποιτρόπιος auf die Wende (τροπαί) bezogen werden müsste. Diese negative Einsicht bahnt freilich noch nicht den Weg um für den räthselhaften Monatsnamen Endyspoitropios,1) attisch Munychion zu einer positiven Meinung zu gelangen.

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bevölkerung, die indogermanischen Einwanderer hätten dieselben vorgefunden und mit Zusetzung von Dan Zeus das halbgriechische Wort Poteidan gebildet. Vgl. oben S. 4 Note 3. Das dryopische лóñoɩ angehend ist angenommen, dass die Dryoper Barbaren gewesen sind. (Bursian Geogr. I S. 193. 106 glaubt, dass sie lelegischen (jonischen) Stammes waren und dem Apollon dienten (Verhandl. der Phil.-Vers. 1862, S. 69), und dass die Dorier den dryopischen Apollocultus adoptierten.) 1) Bei den Aeoliern wurde τέκτον στόμα statt τέκτων στόμα gesprochen; vielleicht also evdus vdos (s. Stephan. s. v.), und dies für Evdovi, vdov, im Hause. Auf Grund dieser Deutung kann man weitere Versuche machen. 1) Endyspoitropios componiert aus лоιTónια (dem Poseidon gebrachtes Opfer) und ëvdvs Evdov (im Hause). Der Endyspoitropios ist danach ein Monat des Poseidon, ein durch vdvs specialisierter Poitropios. Nach Wescher-F. n. 224 hiess der delph. Endyspoitropios in Amphissa Poitropios. (In n. 360 freilich entspricht der amphiss. Poitropios dem delph. Theoxenios, was auf einem Versehen beruhen mag.) Der von der Heimath scheidende Seemann brachte also in diesem Monate dem Poseidon Opfer dar, welche τὰ ἔνδυςποιτρόπια hiessen. Hierbei missfällt es dass vdov,,im Hause" den Sinn von ,,daheim, im Vaterlande" haben müsste. Sollte über diesen Zweifel hinwegzukommen sein, so wäre die Erklärung annehmbar. Endyspoitropios (att. Munychion) ist die Zeit der beginnenden Seefahrt, und die Delphinien (in Athen am VI. Munychion begangen) mochten vor Alters dem Poseidon Delphinios gelten; s. Festjahr, Endyspoitropios. 2) Endyspoitropios, componiert aus vdúsлoi[va] (déonoiva, weibliche Gottheit, Hera) und toέñoμαι, (sich wenden an), zu beziehn auf Bräuche die der Hera galten; s. Festjahr a. O. Was der Vorschlag dɛo in dέoToιvα bedeute, ist unklar. Hier ist angenommen dass er aus évdos ἔνδον entstanden oder vielmehr verdorben sei, also ὁ δεσπότης (der Hausherr) und ἡ δέσποινα (die Hausfrau) eigentlich ἡ ἔνδον δεσπόζουσα und ὁ ἔνδον δεσπόζων sagen wollen.

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Heilige Zeiten des Poseidon. Obwohl Poseidons Meeresherrschaft eine Folge seiner Haupteigenschaft (Ennosigäos) ist, konnten doch im praktischen Leben der Dienst des Ennosigäos und der Dienst des Pontomedon nicht zusammenfallen, weil jener andere Zeiten hat als dieser.

Den Dienst des Ennosigäos angehend sind die sismischen Wendepunkte des Jahres in's Auge zu fassen. Nach Dr. Jul. Schmidt's Beobachtungen bebt der Boden Griechenlands am seltensten im Dec. und Juni, am häufigsten im Sept. und Februar uns. Kal., in den stehenden Jahreszeiten war Poseidon gnädiger als in den Uebergangsjahreszeiten. Die Alten1) achteten hierauf, so wie auch im heutigen Griechenland das Volk seine bestimmten Ansichten hat, wann Erdbeben zu erwarten sei. 2) Nach den später vorzutragenden Hypothesen hat man den Poseidon als vorzugsweise hold und gnädig im Poitropios (Dec.) und Iläos (Juni) gefeiert, während den Bräuchen des Bysios (Februar) ganz andere auf Gewaltübung Poseidons hinauslaufende Vorstellungen zu Grunde liegen. Das herbstliche Maximum des Erdbebens scheint ähnlich (Hader in der Götterwelt) benutzt zu sein und zwar im Heräos, dem es einzeln angehört, meistens nahe vorangeht. S. unten S. 16 ff. und Festj. unter den Monaten.

Mit diesen dem sismischen Gotte zukommenden Zeiten konnte das poseidonische Delphinienfest, wenn es ein solches bei und in Delphi gab, s. Note 1 der vor. S., nicht coïncidieren, da der Anfang der Seefahrt seine Zeit für sich hat.

Die delphische Gäa. Obwohl die vorhin 3) erwähnte Ueberlieferung, das Orakel sei Gemeingut der Gäa und des Poseidon gewesen, Glauben verdient, hat Gäa doch für Delphi grössere Wichtigkeit; Poseidon war ihr nur beigeordnet. Aeschylos nennt sie Eum. 2 nowτóμavτis, sie galt ihm sowohl für die erste Quelle der Zukunftskunde als auch für das erste Organ,1) durch welches die Kunde von den zukünftigen

1) Aristot. Meteor. II 8, 11, wo Frühjahr und Herbst als die sismischen Jahreszeiten bezeichnet werden.

2) Bauernregeln S. 16 und 90.

3) S. oben S. 1.

4) Von einer in Gäa's Namen waltenden góμαvτis findet sich bei Aeschylos nichts. Ebenso ward in den Eumolpien des Musäos gesagt, Gäa habe selber geweissagt, Poseidon hingegen einen Gehülfen gehabt

Dingen an die Fragenden kam. Er erwähnt a. O. auch des Poseidon, ohne jedoch ihn in besondern Bezug zur Gäa zu setzen oder des älteren Anrechts zu gedenken, welches derselbe an den Besitz Delphi's und des Orakels hatte.

In der Genealogie des Delphos erscheinen Poseidon und Meläna als Aeltern des Delphos. Vielleicht indess ist Meläna oder Melantho, womit nur Gäa yaĩa uέlaiva gemeint sein kann,1) eine willkührliche Umbildung von Keläno, welcher Name eine der sieben Atlastöchter bezeichnet, und sind in alter Zeit Poseidon und Keläno, nachmals Apollon und Keläno als Stammgottheiten der Delphier angesehn worden.2)

Gäa und ihre Zukunftskunde konnten niemals aus dem Gedächtnisse verschwinden, da die seit uralter Zeit gleichmässig geübten Bräuche und ebenso unverändert bewahrten und benannten Heiligthümer sichern Anhalt gewährten; man hatte eben den Gäadienst nicht gewaltsam umgeformt, sondern so schonend wie möglich behandelt. Aeschylos, den Uebergang des Orakelsitzes von Gäa an Themis, von dieser an Phöbe, und von Phöbe an Apoll erwähnend, weist darauf hin, dass hier an gütliches Ueberlassen nicht an Zwang und Gewalt zu denken sei.3) Apoll hatte den Poseidon aus dem Mitbesitze des Orakels nicht aber Gäa hinausgedrängt, sondern nur sich neben Gäa gestellt, Poseidons Platz einnehmend. So blieb denn die Orakelstätte nach wie vor der Erde Mund, oτóua vñs,1) und der Athem der Erde erfüllte die pythische Priesterin

für seine Orakel, καὶ τὴν μὲν χρᾶν αὐτὴν, Ποσειδῶνι δὲ ὑπηρέτην ἐς τὰ μαντεύματα εἶναι Πύρκωνα Pausan. X 5, 6. Aeschylos nennt weiterhin als zweite Seherin nach Gäa ihre Tochter Themis, als dritte Phöbe, ebenfalls Gäa's Tochter; von Mittelspersonen ist auch hier nicht die Rede. Eine secundäre Version giebt der Gäa eine Gehülfin, die Bergnymphe Daphnis. Pausan. a. O. § 5. Der Name deutet auf Lorbeer, und der Lorbeer kam vermuthlich erst durch die apollinische Religion in Aufnahme; die altdelphische Zeit hat wohl keine Lorbeernymphe neben Gäa anerkannt.

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1) Welcker gr. G. I S. 326. Aeschyl. ed. Dindorf p. 519. — Pausan. X 6, 4: Meläna (T. des Kephisos) und Apoll, Aeltern des Delphos.

2) Poseidon und Keläno (Plejade), Aeltern des Lykos, Apollodor III 10, 1, 3, wo Lykos, wie Lykoros im Stemma des Delphos (Pausan. X 6,3), auf Lykoreia anzuspielen scheint. Apoll und Keläno (T. des Hyamos), Aeltern des Delphos, Pausan. X 6, 3.

3) Siehe Festjahr Bysios.

4) Ulrichs Reisen.

mit dem Geiste der Weissagung. Aus uralter Zeit stammte auch die Verehrung, welche man einem Steine erwies, dem sogenannten Erdnabel, oupalòs yns, der für den Mittelpunkt der bewohnten Oberfläche galt. Etwas jünger, aber doch auch vermuthlich aus der poseidonischen Zeit herrührend wird der pythische Heerd, foría, gewesen sein (aus welchem sich im Verlauf die persönliche Göttin Hestia gebildet hat). Der Nabelstein nämlich, obwohl eigentlich ein Bätyl1) d. h. Behausung der Gottheit (hier der Gäa), diente wohl anfänglich zugleich als Altar um der Gäa Opfergaben darzubringen; aber schon frühzeitig muss das Bedürfniss neben dem Nabelstein eine eigentliche Opferstätte erschaffen haben, eben jenen ganz dicht bei dem oupalos yns hergerichteten pythischen Heerd. Beide Heiligthümer wurden in historischer Zeit vom Tempel Apolls umschlossen.2) Es wird endlich auch eine besondere Weihstätte der Gäa erwähnt.3)

Der delphische Gäadienst war mehr dem Ernste1) zugewendet oder nahm doch frühzeitig diese herbe Richtung, so dass die Milde und Freundlichkeit der mütterlichen Erde nicht zur Geltung kam. Ohne Zweifel hatte Gäa in der altdelphischen Religion auch das Amt den Menschenkindern eine Nährerin zu sein, aber sie nährte sie nur weil sie musste. Eleusis,

1) Ulrichs Reisen I S. 78.

2) Ebendas. I S. 92 Note 58 z. E. Ulrichs und Bursian geogr. Gr. I S. 176 verlegen die fotía nebst dem oupalós in die Cella, Fr. Wieseler hingegen (Jahn's Jahrb. LXXV, 10 S. 678) in das Adyton.

3) Tò tñs vñs isgóv, Plutarch. de Pythiae orac. 17.

4) Auch von der jüngeren pythischen Religion (Zeus und Apoll) dürfte gelten, dass trübe Lebensansichten in Delphi mehr als in Athen heimisch waren. Die vornehmste Gruppe in der Cella des Tempels, die Mören den persönlichen Göttern Zeus und Apoll gegenüber darstellend, sagte den Menschen, dass die seelenlose Macht der Dinge ebenso ewig sei wie die durch Gebet und Opfer zu gewinnenden Götter, dass kein noch so grosses Wohlwollen des Zeus oder Apoll die gewaltige Möra und den Tod aus der Welt schaffen werde. Das war eine sehr ernste Lehre. Der Tod wurde wohl als etwas Gutes und Erwünschtes anerkannt, das Erdendasein gering geschätzt. Mit dem Geiste der delphischen Religion stimmen schwermüthige Gedanken wie Pindar Pyth. VIII, 95 τί δέ τις κτλ., Soph. Ο. C. 1225 μὴ φῦναι τὸν ἅπαντα ving loyov ntλ. Herod. I, 31 (Kleobis und Biton durch sanften Tod belohnt), andererseits eine schwärmerische Versenkung in das Glück der Heroën Pindar. Ol. II, 68.

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