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wir freilich Angaben, die auf Pictors,,klassische" Schilderung zurückgehen. Aber was will das sagen? Mufs etwa auch Livius in der zweiten Dekade, weil aus ihm (durch Orosius und Eutropius) solche Angaben sogar mit Berufung auf Fabius erhalten sind, aus Fabius selbst geschöpft haben?

Auch Appians Quelle glaubte man längst in Fabius. Pictor gefunden zu haben. Erwiesen ist aber durch die älteren Untersuchungen nichts weiter, als dafs Appian im Hannibalischen Kriege der annalistischen Tradition folgt.1) Auf Pictor riet man, ebenfalls nach Niebuhrs Vorgang, weil er in griechischer Sprache geschrieben, und weil er Annib. 27 erwähnt wird. Aber schon Wölfflin und Friedersdorff in den später anzuführenden Untersuchungen, obwohl sie mit der hergebrachten Meinung nicht brachen, hatten doch immer wieder grofse Bedenken; und in neuerer Zeit scheint man immer mehr die Unmöglichkeit erkannt zu haben, auf diesen vortrefflichen zeitgenössischen Berichterstatter Entstellungen zurückzuführen, wie wir sie beispielsweise über den Hasdrubalischen Vertrag bei Appian finden. Man beachte auch, dafs Niebuhr von Pictor eigentlich ein sehr ungünstiges Urteil hatte, und dafs ihm als die Urquelle für den Hannibalischen Krieg einschliefslich der Nachrichten karthagischen Ursprungs jener Cincius Alimentus galt, qui captum se ab Hannibale scribit.

Über die Erkenntnis, dafs Pictor nicht Appians Quelle sein könne, ist man seither nicht hinausgekommen.

Denn

1) S. besonders Buchholz: D. Quell. des Appian und Dio Cassius für d. Gesch. d. 2. pun. Krieges. Progr. Pyritz 1872. C. Peter hatte Appian und Dio, was zwar bequem aber ganz unhaltbar war, aus den,, fabulierenden griechischen Schriftstellern Silenos, Sosylos, Chaireas" abgeleitet; und so noch H. Peter, nur mit Weglassung des ersten Namens.

die Beziehungen zur gens Sempronia, welche man 1) hat finden. wollen, sind sehr schwach. Anderseits ist selbst der rein annalistische Charakter Appians unsicher geworden seit der, in der Hauptsache sogar von L. Ranke anerkannten, Entdeckung Kellers, 2) dafs in der Libyke die Hauschronik der numidischen Königsfamilie stecke, und dafs Appians Quelle Juba sei.

Ich halte freilich von dieser Entdeckung ebenso wenig als von der zu fast unbestrittener Geltung gelangten Hypothese von Soltau,) dafs Plutarchs Fabius und Marcellus aus Juba geschöpft seien. Übrigens hat man sich nicht darum gekümmert,4) dafs Plutarch mit der Annibaike, in der gerade eine Hauptbeweisstelle für Juba gefunden wird, in hellem Widerspruch steht und also beide Hypothesen unmöglich richtig sein können.

Dafs in Dio Cassius Coelius stecke, hat für die Anfänge des Krieges Posner,5) für den afrikanischen Schauplatz Zielinski) nachgewiesen. Das ist wichtig. Aber wenn Posner der Böttcherschen Ansicht über Livius beipflichtete, so erhebt sich die Frage wiederum, wieso beides sich zusammenreimt.

1) Vollmer: Die Quellen der 3. Dekade des Livius. Progr. Düren 1881.

2) Der 2. pun. Krieg und seine Quellen. Marburg 1875. 3) De fontib. Plutarchi in secundo bello Pun. enarrando. Diss. Bonn 1870.

4) Vollgraff: Greek writers of roman history, Leyden v. d. Hoeck 1880, welcher die verschiedenen Hypothesen über Appian und Plutarch nur zu sanguinisch zu einem Gebäude vereinigt hat, läfst den Marcellus auffälligerweise ganz aus dem Spiel. Aber auch der Fabius stimmt ja mit Appian ganz und gar nicht!

5) Quib. auctorib. in bello Hannibalico enarrando usus sit Dio Cassius. Diss. Bonn 1874.

6) Die letzten Jahre des 2. pun. Krieges. Leipzig Teubner 1880.

Und auch Zielinski hat einen ähnlichen Fehler, aufser anderen, gemacht, indem er seinen Satz auf Appian ausdehnte.

Von den Schriftstellern dritten Ranges sollte, als Böttcher den Coelius,, entdeckt" hatte, bald dieser bald jener aus ihm geschöpft haben. Ernsthafter war die Frage, welche Mommsen in der Abhandlung über den Scipionenprozefs aufwarf- und ihre Bejahung hätte eine gute Aussicht eröffnet ob nicht alles Nichtlivianische in der Schrift De vir. ill. auf Antias zurückgehe. Allein zahlreiche neuere Untersuchungen1) über dies Buch und über die vielfach verwandte Kompendienliteratur haben zu anderen Ergebnissen geführt, welche recht interessant sind. Zunächst ist Livius, auch die Bearbeitung, auf welche die Periochae, Eutropius, Orosius u. s. w. zurückgehen, von dem Verfasser schwerlich benutzt, hingegen erstens Viten, wahrscheinlich des Nepos, zweitens aber ein Geschichtsbuch, welchem grofsenteils dieselben Annalisten wie Livius vorlagen. Und aus dem nämlichen Geschichtsbuch haben Ampelius, Florus 2) und Eutropius geschöpft,

1) Zur Orientierung vgl. den vortrefflichen Jahresbericht über Eutropius von Eussner, Philol. XLV S. 509 ff., dazu jetzt noch die wichtigen Arbeiten von Rosenhauer: Symbolae ad quaest. de fontib. libri de vir. ill. Gratulationsschrift für Würzburg, Kempten 1882 und der Bericht im Philol. Anz. Separatheft I S. 733-759, sowie Vinkesteyn, de fontib. libri de vir. ill. Leyden Brill 1886. Letzterer will von Benutzung von Viten nichts wissen, weil Rosenhauers Beweise nicht zwingend seien. Aber überzeugend sind sie gewifs.

2) Für Florus und Ampelius mufs m. E. noch ein Mittelglied angenommen werden, schon eine Art Kompendium, da der Schematismus (bellorum genera quattuor: gentile, sociale, servile, civile; belli species, belli causa) bei beiden vorkommt. Zieht man dahin auch die fünf Verfassungsphasen Ampel. 29, so ist eine Spur davon selbst De vir. ill. 21: Populus Romanus, cum seditiosos magistratus ferre non posset, decem viros legibus scribendis creavit.

letztere beiden neben Livius und zwar jener mehr, dieser weniger. Insofern hat aber auch Mommsens Frage, wie mir scheint, das Richtige getroffen, als jenes verlorene Geschichtsbuch sich wohl je länger je mehr, wie im wesentlichen ja auch Livius, an Antias angeschlossen hatte.

Soviel wird man aus dieser Skizze entnehmen, dafs der Bau von Grund auf neu begonnen werden müfste, und dafs es endlich an der Zeit wäre, die ganze Dekade und alle daneben hergehenden Darstellungen in betracht zu ziehen. Vermutungen über die Quelle des einen Schriftstellers müfsten, was so oft versäumt worden ist, möglichst an den andern erprobt werden.

Aber ist nicht vielleicht das ganze Unternehmen doch im wesentlichen aussichtslos? Viele haben es aufgegeben, und wer es durchzuführen verheifst, thut wohl die. Hilfsmittel, auf welche er vertraut, den Weg, welchen er einzuschlagen gedenkt, im voraus anzudeuten. Zunächst die Polybiosfrage mufs lösbar sein und stünde nur in dem m. E. glücklicherweise nicht zutreffenden Falle mifslicher, dafs die Benutzung indirekt wäre. Die Frage ist denn auch im Streit der Meinungen gefördert worden, und die Wage neigt sich immer mehr zum Vorteil der Peterschen Partei, welche anfangs durch Böttchers Schrift stark ins Gedränge gekommen war. So habe ich Gelegenheit genommen auf verschiedene Fälle hinzuweisen, wo schon Weifsenborn in den neueren Auflagen die Benutzung anerkannt hatte. Auch Mommsen, der übrigens in seinen Vorlesungen von jeher betont hatte, dafs der Auszug aus der lacinischen Tafel Liv. XXI 21 auf irgend eine Weise von Polybios selbst herstammen müsse, und (in privater Mitteilung) auch beim Poübergang Benutzung des Polybios zugegeben hatte, hat sich neuerdings von Zielinski überzeugen lassen und den afrikanischen Krieg in seinem Auf

satz über Zama preisgegeben. Das Beste, was über die Quellenfrage im Anfang der Dekade geschrieben ist, ist Wölfflins Untersuchung.1) Er suchte der Sache von einer neuen Seite beizukommen durch den Nachweis, dafs Coelius die Ereignisse wesentlich von Polybios und von der Wahrheit abweichend dargestellt habe und nicht den Polybios ähnlichen Stücken des Livius, sondern den abweichenden zu grunde liege. Im einzelnen hat Wölfflin einige Fehlgriffe gethan und ist besonders darin zu weit gegangen, dafs er dem Coelius auch zur Last gelegt hat, was blofs Verwirrung des Livius ist. Aber sein Weg ist gut. Bei scharfer Beleuchtung des Cölianischen wird das Polybianische bei Livius vielfach von selbst kenntlich werden. Es werden sich ferner im Laufe der Untersuchungen manche Kennzeichen für Polybios ergeben, davon eines besonders scharf, nämlich die sich eine ganze Zeit hindurch fortsetzende Verrückung der Polybianischen Abschnitte um ein Jahr. Somit mache ich mich anheischig die Polybiosfrage vollständig zu lösen.

Was die rein römischen Partieen betrifft, so ist also zunächst der Cölianische Anteil in manchen Teilen bestimmbar. Ein Hilfsmittel, allerdings kein unbedingtes, da er keineswegs Coelius allein wiedergiebt, ist dabei Dio Cassius. Plutarch dagegen, dessen Fabius nach Soltau ja den (durch Juba vermittelten) Coelius darstellen sollte, hat nur irregeführt und wird sich vielmehr ganz überwiegend aus Livius und Polybios zusammengearbeitet zeigen. Von der Ansicht Heynachers,2)

1) Antiochos von Syrakus und Coelius Antipater. Winterthur 1872. Weiter führte die Sache sein Schüler Lutterbacher: De fontib. libr. 21 et 22 Titi Livii, Diss. Strafsburg 1875. Für den afrikanischen Krieg gelangte zu ähnlichen Ergebnissen Zielinski.

2) Über die Stellung des Silius Italicus unter den Quellen zum 2. pun. Krieg. Progr. Ihlfeld 1877.

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