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Von den Philosophen und Naturforschern des Altertums sind höchst wahrscheinlich nicht wenige entweder früher Ärzte gewesen oder es später geworden. Es ist durchaus nicht leicht, gerade von den Verhältnissen der Heilkünstler Roms ein anschauliches Bild zu geben. Hauptquellen bleiben die flüchtigen Erwähnungen eines oder des anderen Arztes in Briefen, in Reden vor Gericht, in den Werken der römischen Encyklopädisten, in satirischen und dramatischen 1) Becker-Rein, Gallus II2, 100 ff. = Becker-Göll, Gallus II3, 139. Böttiger-Fischer, Sabina 24. Drumann, r. G. III 22, 51. 676, 33. V 136, 20. Becker-Marqu., Hdb. IV 127. Marqu. VA 162, 959 Privatl. I 158, 5. II 749 ff. (Vв 353 ff.). Momms., r. G. I 192. 928. II 457. Friedl., Sitteng. 13, 288. 435. II2 353, 8. 464. Ritter, Heilkünstler im alten Rom. 3 ff. 7 f. 19 f. 21. 35. 39. u. s. Vgl. auch Goldhorn, de archiatris. Lipsiae 1840. 8. Schuch, Altert. p. XVIII. Kurt Sprengel, Pragmatische Geschichte der Arzneikunde I (Halle 1792); 4. Aufl. besorgt von J. Rosenbaum. Lpg. 1846, I. S. 199-225. Hecker, Gesch. d. Heilkunde II. E. Isensee, Gesch. d. Medizin I (Berlin 1840). S. 103–180. - L. Choulant, Handbuch der Bücherkunde der älteren Medizin. 2. Aufl. Lpg. 1841, bes. S. 161 ff. Raynaud, A. G. M., de Asclepiade Bithynio medico ac philosopho. Paris 1862. Appul. flor. 4, 19. Ch. G. Gumpert. Asclepiadis Bithyni fragmenta. Vimar. 1794. Weise, gr. W. i. d. lat. Spr. XVIII, pp. 266-272.

Dichtungen, dann die alten Gesetzsammlungen und vor allem die nicht so leicht verwüstbaren Zeugen der Vergangenheit: die in Stein oder Metall gegrabenen Inschriften verschiedener Art und die Stempel oder Firmen alter Ärzte, besonders der Augenärzte 1).

Neben anderen Beweisen für die hohe Bildungsstufe des griechischen Volkes ist der wohl glänzend zu nennen, welcher uns darlegt, wie lange vorher, ehe die Römer auch nur entfernt daran dachten, daß es außer den Göttern und ihren Priestern Ärzte geben könnte, griechische Arzte den Priestertrug von sich warfen, als Ärzte ohne den leisesten Anstrich von Mystik und Charlatanismus aufzutreten wagten und in der That für sich, für ihren Beruf und für ihren Stand in allen Kreisen der Bevölkerung die ehrendste Anerkennung gewinnen konnten. Soweit es uns bekannt ist, wurde diese Grenze durch einen Sprößling der Familie der Asklepiaden, der Nachkommen und Priester des Asklepios, den Hippokrates überschritten und von ihm die Fessel, welche die Wunderspielerei für die freie Entwicklung der ärztlichen Wissenschaft bildete, abgeworfen. 200 Jahre nach Hippokrates, i. J. 219 v. Chr. (535 d. St.), finden wir Archagathus als den ersten griechischen Arzt angeführt, der nach Rom übersiedelte, um dort seine Kunst auszuüben). Aber weder er noch seine dann immer zahlreicheren Nachzügler fanden in Rom, namentlich unter den Gebildeten besonderen Anklang. Trotzdem scheint es nicht recht wahrscheinlich, daß Rom früher gar keine Ärzte, ja selbst, daß es keine griechischen Ärzte besessen haben sollte. Wohl war die Heilkunde in Rom mehr als 5 Jahrhunderte unbekannt, da die einfache Lebensweise und Abhärtung selten ein Bedürfnis davon aufkommen ließ: geschah dies aber doch, so gab es Hausmittel und Beschwörungsformeln für Mensch und Vieh. Aber zu feindselig und bestimmt gegen alle Medizin und gegen alle Griechen trat der alte Cato, der Mann des eisernen Körpers und Geistes, schon 65 Jahre vor der Ankunft des Archagathus auf, als daß man nicht voraussetzen müßte, daß unangenehme Erfahrungen oder der Gegensatz, in welchem sich Catos Ansichten mit dem Gebahren, mit den Lehren und der Nationalität von zu seiner Zeit eingewanderten Fremdlingen befanden, diese hohe Erbitterung des alten rauhen Mannes hervorgerufen haben. Schon daß er selbst ein altes Kräuterbuch, ein commentarium, besaß Plin. 29, 8:

Profitetur (Cato) esse commentarium sibi quo medeatur filio, servis, familiaribus . . . solam hanc artium graecarum nondum exercet Romana gra

1) Auch die Augenärzte, deren Namen wir aus ihren Stempeln noch kennen, sind, nach ihren cognominibus zu schließen, meist griechischen Ursprungs und wegen der Häufigkeit der Namen Iulius und Claudius meist aus dem 1. und der 2. Hälfte des 1. christl. Jahrhunderts; C. L. Grotefend, Die Stempel der griechischen Augenärzte gesammelt und erklärt, Hannover 1867. 2) Plin. 29, 6: Cassius Hemina . . . auctor est, primum e medicis venisse Romam Peloponneso Archagathum. Oben haben wir schon erwähnt, daß bereits während des 3. samnitischen Krieges der Dienst des Aesculapius auf Befehl der sibyllinischen Bücher von Epidauros nach Rom verpflanzt worden, um einer damals herrschenden Epidemie Einhalt zu thun; sicherlich wurden auch seitdem im Tempel des Gottes auf der Tiberinsel die von den griechischen Asklepiospriestern allenthalben geübten Wunderkuren nicht unterlassen

vitas in tanto fructu; paucissimi Quiritium attigere, et ipsi statim ad Graecos transfugae; immo vero auctoritas aliter quam graece eam tractantibus, etiam apud imperitos expertesque linguae, non est.

beweist, daß bereits vor Archagathus eine Art ärztlicher Behandlung gebräuchlich war, welche zwar zumeist von den wenigen bevorzugten Römern, welche sich ein gewisses encyklopädisches Wissen angeeignet haben, im engeren Kreise der Familie und Freunde geübt wurde, mitunter jedoch auch erwerbsmäßig von Leuten, die sich diesem Berufe förmlich widmeten und meistens, wenn nicht durchaus, Griechen waren, betrieben worden sein mochte.

Zu jener Zeit aber, in welcher Archagathus nach Rom auswanderte, wo eine immer wachsende Menge von Vertretern aller Künste und Gewerbe, Philosophen und Redekünstlern nebst den Arzten nach Rom zu strömen begann, weil der Bedarf nach ihnen dort zu steigen anfing und der wachsende Reichtum Roms anderseits reichen Gewinn versprach, zu jener Zeit war mit dem Verluste der Freiheit auch die Blütezeit des griechischen Volkes sowie griechische Kunst und Wissenschaft längst vorüber. Es ist ferner nicht wahrscheinlich, daß gerade die angenehmsten Persönlichkeiten und die vorzüglichsten Charaktere unter den Ärzten Griechenlands nach Rom zu übersiedeln sich bewogen gefühlt hätten. Es mochten sogar mitunter recht verkommene Individuen, unbrauchbare Gehilfen von Arzten, ja selbst Nichtärzte in Rom ihr Glück auf diesem Wege versucht und trotz aller Unkenntnis durch Verschmitztheit und Reklame sowie durch Beschwindlung Leichtgläubiger gefunden haben.

In Rom blieb, im Gegensatz zu Athen, bis in die spätesten Zeiten die Ausübung der ärztlichen Kunst ein freies Gewerbe, welches an keinerlei Beweise der dazu erlangten Tüchtigkeit von seiten desjenigen, welcher sich damit befassen wollte, geknüpft war. Damit nun, daß die Griechen in Rom in die Mode kamen, die Einheimischen verdrängten und sich bereicherten, wurde die Reaktion sehr bald wachgerufen, und spießbürgerlicher Neid wie moralische Entrüstung der rauhen Republikaner wußten bald nichts als Böses von den Fremdlingen zu erzählen; ja sie griffen, namentlich was die griechischen Arzte anlangt, begierig jede Anekdote auf, welche den Stand und die Nation in den Augen der Menge herabzusetzen vermochte. Selbst diejenigen, welche die wissenschaftlichen Errungenschaften der griechischen Medizin schätzten und sammelten, wie der ältere Plinius, verachteten die ausübenden Ärzte, welche von ihrer Praxis lebten, und haßten die Griechen, welche in dieser Eigenschaft nach Rom kamen. Diesem Umstande ist es denn auch zuzuschreiben, daß selbst in den späteren Jahrhunderten nur wenige Freigeborene und römische Bürger sich mit der Arzneikunde befaßten 1). Es kam hinzu, daß der Mangel jeder Verantwortlichkeit vor dem Gesetze die Schleusen jeglicher Art der Verleumdung über dem Haupt der griechischen Ärzte öffnete. Noch Plinius klagt und er vollendete seine Encyklopädie i. J. 77 n. Chr., daß es kein Gesetz gäbe, welches die Unwissen

1) Vgl. die oben angeführte Stelle bei Plin. 29, 8.

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