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civis konnte die iuris praecepta, honeste vivere, alterum non laedere, ius suum cuique tribuere, erfüllen, denn er allein hatte, in der Civitas, die Macht, die Kraft hiezu. Er allein war im Stande, als ein iustus auf die Erfüllung jener praecepta seine voluntas constanter et perpetuo zu richten, und so ein munificus et liberalis, ein omnes magis quam sepse diligens, ein aliis natus potius quam sibi zu seyn und immer mehr zu werden. Denn die naturalis ratio schliefst das Alles, und somit jede Religio, d. h. jede Verbindlichkeit zu irgend einer Handlung um der Civitas willen, nothwendig aus. Wessen Gesetz die Natur ist, der ist sich selbst sein Allerhöchstes, und das Ziel der natürlichen Vernunft kann vernünftiger Weise kein anderes seyn, als die Triebe, Begierden und Leidenschaften in dasjenige System zu bringen, wodurch das Interesse des Einzelnen mit dem Interesse des Ganzen harmonisch wird. Die na

turalis ratio des Menschen, den Grund ihres Daseyns nicht ausser sich, sondern in sich selber habend, ist ganz consequenterweise die, Alles auf sich zu beziehen, Alles sich selbst zuzueignen, zu sich herzureifsen, sich selbst vor allen und zuerst zu lieben, nicht für Andere,

sondern für sich selbst sich geboren zu achten. Und lässt die humana, naturalis vita von diesem Streben einmal ab, so ist dieses nur augenblicklich der Fall, und weil es ihr schwer fällt, immer consequent zu seyn. Wohl kann sie einen flüchtigen Blick auf das ihr entgegengesetzte Gebiet werfen; doch zu einer voluntas, zu einer constans et perpetua voluntas, bringt sie es hier schlechterdings nicht. Ihre voluntas gleicht vielmehr der voluntas defuncti, quae ambulatoria est usque ad vitae supremum exitum. Fr. 4. Dig. de adimendis vel transferendis. Wer aber möchte das eine voluntas nennen?

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Locke 22) sagt treffend: »Toga, tunica, pallium are words easily translated by Gown, Coat and Cloak; but we have thereby no more true ideas of the fashion of those habits amongst the Romans, than we have of the faces of the taylors who made them; «< und Niebuhr zeigt, wie »der Paralogismus der Homonymie << sich noch viel weiter erstrecke, als auf diese >> Gegenstände des täglichen Lebens, welche uns mit den Römern gemein sind,«< wie derselbe insbesondere »über die wichtigsten Ge

»

22) John Locke, An Essay concerning Human Understanding, London 1748. Book III. Chapt. 9.: » Abuse of the words. «

genstände der römischen Gesetzgebung schreiend falsche Meinungen hervorbringt, Meinungen, bei denen die Stimme des Rechts Verdammniss über wahrhaft makellose Thaten und Unternehmungen aussprechen, oder ein ahnendes leidenschaftliches Gefühl für Gröfse und Hoheit den gefährlichsten Folgerungen das Wort reden muss 23). «

Dieser Paralogismus hat denn auch das Gebiet der civilis vita auf mannigfaltige Weise

23) Niebuhr, Römische Geschichte. Thl. I. S. 8. ff. Das Lesen der römischen Classiker ist dem Deutschen, für den diese Lectüre zunächst nichts anderes ist, als ein Uebertragen der römischen Worte in die deutsche, durch Luthers Bibelübersetzung allererst gebildete Sprache, deshalb ein so sehr interessantes, weil dasselbe auf der einen Seite mit Gewalt den Leser abstöfst, auf der andern aber mit Macht ihn anzieht: ja häufig beides zugleich thut. Schwer ist's, die sichere Mitte zu behaupten. Dennoch hofft der Verfasser, in dieser Abhandlung von der abstofsenden sowohl, als der anziehenden Kraft sich unberührt erhalten zu haben. Es giebt einen sicheren Leitstern, der mitten hindurch zu führen vermag: sollte hie und da der Verfasser dennoch von der Mitte abgewichen seyn, so war dieses nur da und dann möglich, wann und wo er seinen Stern aus den Augen verlor. Doch der Stern bleibt, auch wenn ihn das Auge nicht sieht.

befleckt. Das dahin gehörige Wort virtus heifst wörtlich Männlichkeit oder Mannhaftigkeit, und wenn man durch den Begriff Männlichkeit auch an den entgegengesetzten der Weiblichkeit erinnert werden sollte, so fördert dies das richtige Verstehen des Wortes virtus mehr, als es dasselbe hindert. Zuvörderst muss das einleuchtend seyn, dass, wenn dass, wenn man bei virtus an Tugend denkt, die Begriffe in nicht geringerem Grade verwirrt werden, als wenn man unter einem Consul einen Bürgermeister, oder gar unter einem Civis einen Bürger sich vorstellt. Wenn man z. B. in dem bekannten Verse:

Hora, dies, et vita fugit; manet unica virtus: Stunden und Tage, das Leben vergeht; es bleibt nur die virtus.

für virtus Tugend setzt, so erscheint der ganze Gedanke verdreht und falsch; ein unverständliches aber und lächerliches Ende würde er in der Mannhaftigkeit finden. Und doch liegt in ihm ein so tiefer und schöner Sinn: nämlich der, dass das Ewige, welches in der Zeit enthalten ist, nicht durch dieselbe verschlungen werden kann, dass das Ewige in der Zeit, über die Zeit siegt, dass es ewig bleibt. Denn dem Römer galt die humana vita, ebensowohl als

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