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deutung:,,die ächten, die rechten, die wahren"; das ist schon begreiflich, wie die Soldaten, die aus Furcht den Namen gaben, das verstanden. Weiter nun geht Tacitus nicht, und mehr können wir aus ihm nicht entnehmen, als daß die Soldaten des Caesar die Deutschen des Ariovist aus Angst die ächten nannten, germanos; wenn wir einen bestimmten Sinn suchen, was sie als Ergänzung zu ächt dachten, so müßen wir bei andern Schriftstellern danach suchen. Und diese Belehrung finden wir bei Strabo, einem Schriftsteller, der sehr zuverläßig und genau ist, und zudem unter Augustus und Tiberius schrieb, gerade in der Zeit, in welcher man noch dem Entstehen des Wortes Germani ganz nahe war, und noch wissen konnte, wie es gemeint war. Dieser nun sagt aufs bestimmteste, die Römer hätten die Germanen so genannt, um sie als ächte, yvýcioι zu bezeichnen; nämlich als ächte Galater, Kelten. Er sagt ausdrücklich, weil die Germanen vor den Kelten sich nur dadurch unterscheiden, daß sie noch wilder, größer und blonder, röther seien, so scheinen ihm die Römer sie mit Recht Germani genannt zu haben, ὡς ἂν γνησίους Γαλάτας φράζειν βουλόμενοι, um sie als die ächten Kelten zu bezeichnen, denn germanus sei lateinisch ächt. Es ist höchst wunderlich und fast unglaublich, daß die gelehrten Leute so übersetzen, als sage Strabo, daß die Römer die Germanen Brüder der Gallier nennen. γνήσιοι Пalátaι kann doch unmöglich Brüder der Galater heißen, sondern ächte Galater. So hätten wir also von einem sehr gewichtigen Gewährsmann die vollständige Erklärung des Namens Germani, die bei Tacitus noch keine Ergänzung nothwendig hatten. Ich glaube auch wirklich, daß Tacitus nicht mehr deutlich wuste, was Strabo noch wuste, daß die Germani die ächten Kelten hießen; denn er scheint allerdings die Germanen als ein ganz anderes Volk als die Gallier darzustellen. Laßen wir vorerst diese Frage bei Seite, ob die Gallier und die Germanen wirklich demselben Volksstamm, dem keltischen, angehörten, so ist zu untersuchen, ob die Ergänzung, die Strabo gibt, in die Stelle des Tacitus Licht wirft; ob also es denkbar ist, daß die Soldaten Caesars die Deutschen des Ariovist aus Furcht ächte Kelten nennen konnten. Hier ist nun zu merken, daß die Römer seit den Zügen des Brennus den grösten Schrecken vor den Galliern oder Kelten hatten, und nicht anders wusten, als daß ihrem Reich von den Kelten der Untergang drohe. Dafür einige Belegstellen. Sallust. Iug. 114, 2: 'illimque usque ad nostram memoriam Romani sic habuere, alia omnia virtuti suae prona esse, cum Gallis pro salute non pro gloria certare'. Cicero in der Rede de provinciis consularibus 13, 33: 'nemo sapienter de re publica nostra cogitavit iam inde a principio huius imperii quin Galliam maxime timendam huic imperio putaret'. Justin. XXXVIII 4, 9 läßt den Mithridat sprechen: 'Gallorum nomen semper Romanos terruit'. Nun muß man

ferner wißen, daß nach der vorherrschenden Ansicht der Römer die Gallier, die unter Brennus Rom erobert hatten, nicht aus Italien oder Gallien gekommen waren, sondern aus dem Norden, dasselbe Volk wie die Kimbern. Da dieß aus Livius nicht hervorgeht, so will ich die beweisenden Stellen angeben:

Diod. Sic. V 32: Die wildesten seien die im Norden wohnen, den Skythen benachbart. Das seien die Kimmerier und Kiußpo: diese seien es, welche Rom eroberten.

Appian IIII 2: Die Gallier, welche Rom eroberten, seien vom Norden gekommen μοῖρα Κελτῶν τῶν ἀμφὶ τὸν Ρῆνον ἱκανή (unter Antonin.).

Besonders Strabo III 3, 2 p. 192: Die Сηкoavoí seien von Alters her Feinde der Römer; und sie hätten sich oft mit den Germanen verbundet (πρὸς Γερμανούς προσεχώρουν) zu ihren Zügen nach Italien und hätten dabei ihre Macht bewiesen, denn diese (die Germanen) seien stark gewesen mit den Sequanern, und schwach ohne sie.

Nun wird man sehr leicht begreifen, wie im Lager des Caesar der Name Germani ob metum a victore gegeben wurde. Als sie gegen Ariovist geführt werden sollten, wurden sie von der grösten Furcht ergriffen, weil sie glaubten, jetzt beginne der Kampf mit denjenigen Kelten, von welchen ihnen und dem römischen Staat der Untergang vom Schicksal bestimmt sei. Nicht mehr mit den verweichlichten Kelten in Italien und dem südlichen Gallien hätten sie jetzt zu fechten, sondern mit denjenigen, die aus dem Norden kommend noch ihren ganzen Ungestüm und unbezwingliche Tapferkeit bewahrt hätten, mit denjenigen, welche schon einmal unter Brennus Rom erobert, ein zweitesmal als Kimbren die grösten Heere vernichtet hätten und jetzt zum drittenmal ihre vom 'Schicksal ihnen gegebene Aufgabe Rom zu vernichten gewiss erfüllen würden; mit den ächten Kelten, mit den Germani hätten sie zu kämpfen, und da helfe keine Tapferkeit. So also sprachen damals die angsterfüllten Römer und in dieser Angst erfanden sie den Namen Germani.

Auf diese Weise steht alles im schönsten Einklang. Aber Tacitus selbst hat das ganze Gewicht, den ganzen Inhalt dieser Worte schwerlich selbst erfaßt. Er hat diese Worte, wie er selbst sagt, von andern entlehnt, vielleicht von Livius. Er selbst wuste nicht mehr, daß zu Germani ursprünglich in Gedanken Galli ergänzt wurde, wie wir das von Strabo wißen.

Dieß ist zugleich die richtige Ansicht: denn obgleich damals die Germanen noch nicht der römischen Herrschaft ein Ende machten, so haben sie es doch später gethan und sich so in der ganzen Geschichte, auch nachmals in der Reformation als germani, als die wahren Feinde und Besieger der römischen Macht, bewiesen. (Jacob Grimm brieflich.)

Der Name Kelten-Helden. Diese Gleichung ist schon von Leibniz richtig erkannt; nachher ganz verworfen, von mir wieder

vorgebracht (Kelten und Germanen S. 154 f.), gebilligt von Jac. Grimm in seiner Abhandlung: von Vertretung männlicher durch weibliche Namensformen 1858 (Kleinere Schriften Band III Seite 372); z. B. im Heliand: populus ist helitho folk. helithos fast gleich die Leute. Das ist nur euphonisch. ags. häled, plur. sehr häufig häled statt hälepas. Im Hildebrandslied helidos; in Eigennamen helid auch Ĥalid. Ob es dasselbe ist wie Falátaι? und aus Galtus Gallus geworden? in meinem Buche habe ich so geschrieben und Galat mit Gaut zusammengebracht.

mox a se ipsis] Caesar IIII 7: die Tencterer nennen sich Germani.

III.

memorant] Die Gewährsmänner des Tacitus sind einige römische Schriftsteller, aus denen Tacitus schöpfte, wahrscheinlich Plinius oder vielleicht Livius, nicht etwa die Deutschen selbst (apud eos).

primum] supple eum. Den Hercules nennt Tacitus noch Cap. 9 als einen Gott, dem geopfert wird; von diesem wird dort gehandelt werden. Ebenso Cap. 34 Herculis columnas: hier aber ist er primus fortium virorum; in den späteren deutschen Quellen ist das Sigfrid, von dem es z. B. in der Edda, z. B. Gripisspá 7, 1-4 heißt: þú munt madr vera

und 23, 5-8:

52, 5-8

mæztr und sólu,
ok hæstr borinn
hverjum iöfri.
hvíat uppi mun
meðan öld lifir,
naddels bođi!
nafn þitt vera.
munat mætri maðr

á mold koma

und sólar sjöt

en þú, Sigurðr! þikkir.

Sigurðarkviða II 14, 5 ff. sjá mun ræsir

Fáfnismál 23, 4-6

ríkstr und sólu u. s. w.

manna þeirra

er mold trođa

þik kveð ek óblaudastan alinn.

Nibel. 730, 3: der beste, der ie ûf ors gesaz.

Sollte schon zu Tacitus' Zeit ein anderer diese erste Stelle inne gehabt haben?

Bei den Gothen nach Jornandes 5 wurden von den Fürsten, von Amali die Thaten der Helden besungen: ante quos etiam cantu maiorum facta modulationibus citharisque canebant: und genannt wird Ethespamara (ohne Zweifel Atepomarus, 'Аτεπо

μάpoc ráλλwv Bacileúc Plutarch parallel. 30. fluv. 6, 4) Hanala, Fridigern Widigoja: et aliorum, quorum in hac gente magna opinio est, quales vix heroas fuisse miranda iactat antiquitas... von diesen wird nur noch Widigoja von Priscus bei Jornandes 34 erwähnt: venimus in locum illum, ubi dudum Widigoia, Gothorum fortissimus, Sarmatum dolo occubuit. Daß die Gallier Lieder von den tapfersten Thaten der Vorfahren hatten, ist vielfach bezeugt, aber die Namen der besungenen Helden sind nicht erhalten. Das Rolandslied bei der Schlacht von Hastings. (Malmesbury 1. III. cap. 1.)

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Es ist nicht etwa unarticuliertes Geschrei gemeint, sonst hätte er nicht sagen können: Herculem canunt. Solche Schlachtgesänge erwähnt Tacitus öfters: Histor. II 22, wo von den Germanen im Heer des Vitellius die Rede ist, die unter Caecina Placentia belagern: cohortes Germanorum, cantu truci et more patrio nudis corporibus super umeros scuta quatientium (während der Schlacht). Das waren dieselben Soldaten des Vitellius, deren Stolz das römische Heer beleidigte, Histor. II 74: quod truncus corpore, horridi sermone ceteros ut impares invidebant. IIII 18 von dem Heer des Civilis: ut virorum cantu, feminarum ululatu sonuit acies. Ann. I 65 vom Heer des Arminius in der Nacht vor der Schlacht barbari festis epulis, laeto cantu aut truci sonore subiecta vallium ac resultantis saltus complerent. Ann. IIII 47 die cohors Sugambra cantuum et armorum tumultu trux. Ammian. XXXI 7, 11 vom Jahr 377: barbari vero maiorum laudes clamoribus stridebant inconditis.

Von den Galliern Silius Italicus (zur Zeit des Domitian) Punica III 345-348 vom gallischen Heer des Hannibal: 'misit dives Gallaecia (das nach Strabo von reinen Kelten bewohnt war) pubem, barbara nunc patriis ululantem carmina linguis, nunc pedis alterno percussa verbere terra, ad numerum resonas gaudentem plaudere caetras'. IIII 213-215: Ein Gallier Vosegus haut einem Römer den Kopf ab 'iubaque suspensam portans galeam atque inclusa perempti ora viri, patrio divos clamore. salutat'. Caesar von den Eburonen V 37 'tum suo more victoriam conclamant atque ululatum tollunt'. Diodor. V 29: 'èππαιανίζοντες καὶ ᾄδοντες ὕμνον ἐπινίκιον (vorher τὰς τῶν προróvшv ȧvdpaɣalíac éžuμvoûci u. s. w.). Livius X 26, 11 von den Senones Galli: 'Gallorum equites, pectoribus equorum suspensa gestantes capita et lanceis infixa ovantesque moris sui carmine'. XXXVIII 17 (in Kleinasien): ad hoc cantus incohantium proelium et ululatus et tripudia, et quatientium scuta in patrium quendam morem horrendus armorum crepitus'. Polyb. ÎI 29, 6 (ann. u. 529 οἷς ἅμα τοῦ παντὸς στρατοπέδου συμπαιανίζοντος a. Chr. 225 Sieg des Aemilius).

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haec geht auf das Vorhergehende, wie cap. 18: haec munera ...... haec arcana sacra. Also hier,,solche Lieder", d. h. Lieder von den Heldenthaten der Vorfahren, Lieder, die Holtzmann, Germ. Alterthümer.

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bei der Schlacht gesungen werden. Um das deutlich hervortreten zu laßen, habe ich,,denn" hinzugesetzt und quorum aufgelöst.

relatus ist ein Wort, das nur in dieser Bedeutung bei Tacitus vorkommt, hier und Hist. I 30.

barditum] so die besten Handschriften. baritum Orelli und andere. Dagegen bei Ammian. Marc. XXVI 7, 17 pro terrifico fremitu, quem barbari dicunt barritum (uaritum V)' und XVI 12, 42 Cornuti enim et Braccati (der Name einer römischen Legion) . . . barritum ciere vel maximum: qui clamor ipso fervore certaminum a tenui susurro exoriens paulatimque adolescens ritu extollitur fluctuum cautibus inlisorum'. XXXI 7, 11: quam vocem) gentilitate appellant barritum'. Veget. epit. r. mil. III 18: 'clamor autem, quem barritum vocant, prius non debet adtolli, quam acies utraque se iunxerit'. Hieher gehört auch Pauli Festus p. 31, 10 Müller: barbaricum appellatur clamor exercitus, videlicet quod eo genere barbari utuntur'.

Wenn man barritus liest, wird zur Erklärung ein deutsches baren und barren angeführt, das,,schreien" heißen soll und in schwäbischen und schweizerischen Idiotiken gefunden wird, und friesisch bere (clamor), baria (clamare, nach Richthofen aber stets nur accusare, manifestare).

Andere, die auch barditus lesen, ziehen hieher aus der nächsten Zeile obiectis ad os scutis und erklären barditus als Schildgesang. Im Altnordischen heisst bardi clypeus, dieß ist aber eigentlich bordi, bord.

Andere wollen darin einen Beweis für deutsche Barden finden, die solche Heldenlieder sangen. Allerdings konnte es von bard,,Sänger" ein Verbum bardjan geben, wovon dann bardit abgeleitet richtig der relatus carminum wäre. Dazu kommt, daß wirklich bei den Meistersingern bar oder bart der Name einer Art ihrer Gesänge ist.

Jedenfalls hatten die Deutschen Sänger von Beruf, ob aber der Name der Barden auf die Gallier beschränkt war, oder auch bei den Germanen galt, kann nicht völlig ermittelt werden. Ich habe in meinem Buch „Kelten und Germanen" S. 91–93 wahrscheinlich zu machen gesucht, daß er auch bei den Germanen galt. Die alten Zeugnisse laßen sich ganz gut auf die Germanen beziehen. Amm. Marc. XV 9, 8 'et bardi quidem fortia virorum inlustrium facta heroicis conposita versibus cum dulcibus lyrae modulis cantitarunt'. Ammianus Marcellinus hat aus Timagenes geschöpft, der wie alle Griechen noch keinen Unterschied machte zwischen Germanen und Kelten. Bei Festus p. 34, 11 M.: 'bardus Gallice cantor appellatur, qui virorum fortium laudes canit' ist Gallice auch für deutsch gebraucht, vgl.: 'Cimbri sunt Gallice latrones'; Strabo: germanisch heißen Kiußpoi Räuber. Lucanus an jener Stelle I 447 ff.: vos quoque qui fortes animas belloque peremptas laudibus in longum vates

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