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welcher den Zuhörern Ciceros und seiner Nebenbuhler auf dem Forum klar wurde. Ein merkwürdiges Beispiel der Wirkung, die ein wohlberechneter Tonfall hervorbrachte, erzählt Cicero selbst als Ohrenzeuge des Tribuns Carbo Orat. 63. Deinde, Patris dictum sapiens temeritas filii comprobavit. hoc dichoreo tantus clamor concionis excitatus est, ut admirabile esset. Ib. 50. conciones saepe exclamare vidi, cum apte verba cecidissent. Nach diesem allen kann eine Beobachtung aus dem ersten Jahrhundert bei Quintil. I, 6. extr. überraschen: tota saepe theatra et omnem Circi turbam exclamasse barbare scimus.

44) G. N. Kriegk de peregrinationibus Romanorum academicis, Ien. 1704. 4. Wenig bedeutend I. Geo. Walch Parerga acad. n. 4. Hauptsächlich erläutert er die litterarische Reise Ciceros, die umfassendste von allen, die er selber ausführlich beschreibt. Damals hatten schon Athen, Rhodus' und Mytilene das Uebergewicht; Massilia wird von Tac. Agr. 4. gerühmt, Mediolanium von Plin. Epp. IV, 13. genannt. Apollonia in Epirus, Suet. Aug. 8. 89. 94. f.

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Bücherwesen und litterarische Subsidien. Je mehr die Römer am Ende der Republik mit Griechischer Litteratur vertraut wurden, mit je gröfserem Eifer sie lasen und schrieben, desto dringender war der Anlafs für bequeme Handhabung des litterarischen Materials zu sorgen. Die vermögenden Männer empfanden das Bedürfnifs einer Büchersammlung, zugleich fanden sich Ordner und Verwalter des Büchervorraths, und, Rom wurde seitdem der Sammelplatz wie für Kunstschätze, so für die Bildung der alten Nationen und ihrer Vertreter. Der gröfsere Verbrauch bewog sie den Schreibestoff zweckmäfsiger einzurichten und zu verbessern; die Vervielfältigung der Exemplare ging rasch und leicht von statten; bald knüpften sich hieran auch Anfänge des buchhändlerischen Vertriebs, die neuesten Schöpfungen der Litteratur kamen augenblicklich in Umlauf und wurden bis in entfernte Winkel des Römischen Reichs verbreitet. Die Zeit Ciceros schrieb viel, Fabriken von scriptores oder litteratores (später antiquarii) empfingen ein autographum, welches man für den ausgedehnten Verkehr in mehrfachen Abschriften umsetzte; schon damals aber wurden aus Eilfertigkeit mehr oder weniger fehlerhafte Codices geliefert, doch theuer bezahlt 45). Hieraus folgte bald als eine Nothwendigkeit, dafs man Grammatiker zur Revision herbeizog; bereits unter den ersten Kaisern verglichen mehrere die zusammengestellten Handschriften, merkten Varianten an und interpungirten die für den Schulgebrauch bestimmten Texte, auch führten diese Kritiker gewöhnlich die Aufsicht über öffentliche Sammlungen. Von den Schreibern kamen die Codices in die Hände der bibliopolac oder librarii, welche seit Horazens Zeit (Sosi) in den besuchtesten Plätzen Roms (wie im Argiletum)

die Bücher, überglättet und oft mit prächtigen Einbänden ausgestattet, auf dem Lager hielten (tabernae librariae, pilae, sigillaria) und einen gewinnreichen Erwerb daraus zogen. Unter den Kaisern stieg der Einfluss jener Geschäftsmänner auf die Litteratur, sie bestimmten das Schicksal der jüngsten Produktionen, und wenn sie zunächst den Ruf beliebter Autoren durch Versendung ihrer frischen Arbeiten bis in ferne Provinzen trugen und ihre Popularität an Stelle jeder sonstigen Entschädigung begründeten, so wirkten sie mittelbar für Verbreitung und Sicherung der Lateinischen Sprache noch auf barbarischem Boden 46).

In denselben Zeitraum fällt die häufige Stiftung umfassender Bibliotheken, besonders für öffentlichen Gebrauch 47). Eine Büchersammlung besafsen als Zierde des Luxus damals erst wenige vermögende Männer, zum Theil durch Neigung bestimmt; die liberalen unter ihnen wie Lucullus vergönnten auch anderen solche zu benutzen; dann sammelten Forscher wie Varro für gelehrtes Studium, daneben Cicero und seine gebildeten Zeitgenossen. Auf den Villen, wo sie dem Genufs ihres otium lebten, umgaben sie sich gern mit den besten Denkmälern der Schrift und Kunst; selbst das Mal wurde durch den Vortrag von acroamata oder anagnostae gewürzt 48). Erst Asinius Pollio widmete seine Bibliothek einer allgemeinen öffentlichen Benutzung; prächtiger und bedeutender waren die beiden öffentlichen bibliothecae (Griechischer und Lateinischer Bücher), die von Augustus in fürstlichen Räumen aufgestellt wurden, vor allen die reich verzierte Palatina. Unter den nächsten Kaisern wuchs die Zahl der Sammlungen in den meisten Revieren Roms, keine durfte sich aber in Vollständigkeit mit der Ulpia des Trajan vergleichen, die durch den Besitz von Seltenheiten und alten Urkunden glänzte; diese so gehäufte Büchermasse wurde noch durch Abschriften ergänzt, wofür Exemplare Griechischer Bibliotheken dienten, und mochte leicht den litterarischen Schatz der Alexandrinischen Könige aufwiegen. Man schmückte sie ferner mit Bildern berühmter verstorbener Autoren, mit Büsten zum Theil von kostbarem Metall, und die Reichen leisteten hier einen beträchtlichen Aufwand; was aber wichtiger war, die in Tempelräumen und Hallen aufgestellten Sammlungen vereinigten in Gespräch oder Studien ein erlesenes Publikum und boten der Wissenschaft einen dauernden Anhalt, da kundige Grammatiker ihnen als Ordner und kritische Bibliothekare beigegeben waren und den Beruf hatten ihren Gebrauch

allgemein nützlich zu machen. Gleichzeitig gerieth aber das Bibliothekwesen auf den Abweg des üppigen Luxus und der äufserlichen Mode. Reiche Männer von geringer Bildung überboten sich in der Anhäufung und im Schmuck der Büchervorräthe, besonders auf ihren Landsitzen; anmafsende Schöngeister und Halbgelehrte nutzten diesen bequemen Stoff für seichtes Räsonnement und Kompilationen; eine solche Leichtigkeit des Lernens und Buchmachens verführte die Römer immer mehr zur oberflächlichen Vielwisserei, die durch die verschwenderische Fülle der Mittel genährt seit dem ersten Jahrhundert der Kaiserzeit aufkam 49).

Ein so gesteigerter Reichthum an Subsidien wurde besonders der befseren diplomatischen Einrichtung der Bücher günstig. Der gröfsere Bedarf an Büchern und der Fleifs im Schreiben führte bald auf gröfsere Bequemlichkeit und Sparsamkeit im Raume. Bereits hatte man für den politischen Gebrauch eine symbolische oder Chiffer-Sprache und auf Anlafs der Verhandlungen im Senat ein System abgekürzter Wortzeichen und Schriftzüge (siglae, notae), den ersten Versuch in der Stenographie, gefunden 50). Die Kunst der gewöhnlich benannten notae Tironianae, die das Herkommen in Etymologie und Orthographie zu beobachten pflegten, wuchs durch die sehr verschiedenen Beiträge der Schriftkundigen mehrere Jahrhunderte lang bis zum umfassenden und kunstgerechten Corpus heran, und war sowohl im Privatgebrauch als in den Fabriken der Schreiber allgemein verbreitet. Mit solchen wurde die Mehrzahl der gelesensten Autoren abgeschrieben, noch häufiger aber mit einer durchgreifenden Anwendung schwieriger Kompendien auch die Masse der Urkunden und juristischen Bücher abgefafst. Als man später die Texte in kleinere Schrift umschrieb, entstanden hieraus Fehler von Belang und in ansehnlicher Menge, deren Divination für die philologische Kritik ein wesentlicher und fruchtbarer Gesichtspunkt ist. Neben diesem Gebrauch der notae war eine der nächsten Aufgaben, die hart gedrängten mühsamen Formen der litterae quadratae oder Kapitalschrift fliefsender und knapper zu gestalten. Langsam entwickelte sich daraus eine Majuskel in mässigen und mehr verbundenen Zügen, welche bis zum Beginn des Mittelalters herabgingen; doch blieb das Schreiben der für den Leserkreis bestimmten Exemplare noch immer erschwert. Mindestens schied man regelmässiger die Glieder des Satzes (distinguere), und auch die Kritiker sorgten dafür 51). Leichter handhabte man Schrift uud Schreibestoff im Privatge

brauch, wobei die Rücksicht auf Eleganz und äufseren Glanz soweit zurücktrat, dafs öfter gestrichen, kleiner und gedrängter geschrieben, sogar Ränder und Rückseite von Rollen angefüllt wurden. Daran erinnern Ausdrücke wie libri liturarii, opisthographi, charta adversa, ferner die Nennung von tabulae ceratae und pugillares, auf welche man seine Studien und sonst den ersten stilistischen Versuch hinwarf. Endlich gewann aufser anderem die Bequemlichkeit nach allen Seiten auch durch passendes Format, da neben den langen, cylinderförmigen, in Columnen abgetheilten Rollen die viereckigen Codices und gehefteten Bücher auf Pergament sich verbreiteten, an denen die Kunst einen freien Spielraum für Verzierungen, Malereien und sogar für Bilder neben oder in den Texten fand.

Herm. Hugo de prima scribendi origine et universa rei litterariae antiquitate, Antv. 1617. vermehrt von Trotz, Traiecti 1738. 8. Hauptschrift Chr. G. Schwarz de ornamentis librorum et varia supellectile rei librariae vett. (diss. 6.) Altorf. 1717. 1725. ed. Leuschner, Lips. 1756. 4. Winckelmann Sendschreiben von den Herkulanischen Entdeckungen, Werke Theil 2. Martorelli de regia theca calamaria, Neap. 1756. II. 4. Becker Gallus I. p. 156. ff. (II. p. 308. ff. 2. Ausg.) auch über Bibliotheken und Bücherkauf. Krause Exc. IV. seiner Gesch. d. Erziehung u. s. w. Für mehreres Detail s. Encykl. de Philol. p. 131. fg.

I. Lipsius de Bibliothecis, in seinen Opera, vereinigt mit ähnlichen Schriften in der Sammlung von I. A. Schmidt de bibliothecis atque archivis VV. Cl. libelli et commentt. (c. praef. de scriptis et bibliothecis antediluvianis!) antehac ed. I. I. Maderus. Sec. ed. Helmst. 1702. 4. Nova accessio, ib. 1703. Accessio altera, ib. 1705. Hauptschrift Silvestri Lürsenii de templo et bibliotheca Apollinis Palatini liber. Acc. dissertatt. de Apolline, et de bibliothecis veterum, cummaxime Rom. Franeq. 1719. 8. Falster Quaest. Rom. p. 128. sqq. Uebersicht in J. F. Facius Collectaneen zur Gr. u. Röm. Alterthumskunde, Coburg 1811. Num. 2.

45) Schreibestoff: an der Spitze stehen die Aegyptischen Papyre, welche man durch Leimen und Glätten verbesserte, die Sorten wurden nach Feinheit und Stärke durch Namen wie charta Augusta (eine Art Briefpapier), Livia, Claudia unterschieden, Plin. XIII, 24. Ausführlich wenn auch nicht immer genau Salm. in Vopisci Firm. 3. p. 696. sqq. Abschreiber, bekannt aus den Fabriken des Atticus, wo bereits schnell und fehlerhaft geschrieben wurde: Cic. ad Qu. Fr. III, 5. extr. De Latinis vero, quo me vertam nescio: ita mendose et scribuntur et veneunt. Andere Klagen über die Fehler der MSS. und

Bernhardy, Grundr. d. Röm. Litt. IV. Aufl.

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die Unlust der Buchhändler, Abschriften mit guten Texten vergleichen zu lassen, bei Strabo und Galen in Encykl. d. Philol. p. 119. Cobet de arte interpretandi p. 53. ff. Auch Livius nimmt bei gewissen Bedenken ein fehlerhaftes Exemplar an. Daher die Nothwendigkeit einer Revision (librariorum menda tolluntur, Cic. ad Att. XIII, 23.) und die Betriebsamkeit des Valerius Probus, Suet. ill. gr. 24. multa exemplaria contracta emendare ac distinguere et annotare curavit. Probus wandte hier nach dem Vorgang anderer Römischer Grammatiker das Alexandrinische System kritischer Randzeichen an (notae, Monographie des Sueton), wovon das verdorbene alte Anecdotum eines Pariser Codex (Zeitschr. f. Alterth. 1845. Num. 11. kommentirt von Bergk N. 14. ff.) ein Register gibt, mit dem übel erhaltenen Vorwort: His solis in adnotationibus hennii lucii et historicorum usi sunt varros. hennius. haelius aequae et postremo Probus, qui illas in Virgilio et Horatio et Lucretio apposuit ut Homero Aristarchus. Dann Fronto p. 210. Ciceronianos emendatos et distinctos habebis; adnotatos a me leges ipse. Merkwürdig kann hier scheinen dafs schon dem Cicero begegnet, was uns mit Setzern und Druckern widerfährt: ein Fehler den er ad Att. XIII, 44. in der Ligariana zu berichtigen bittet, ist stehen geblieben, dagegen ein anderer den er später Att. XII, 6. im Orat. 9, 29. entdeckt hatte, ab Aristophane, das statt ab Eupoli durch einen Gedächtnifsfehler_einschlich, ohne Variante beseitigt worden. Diese Thatsachen hat Géraud Essai sur les livres dans l'antiquité p. 204. ff. nach Analogie neuerer Verhältnisse richtig beurtheilt. Einmal war zufällig der ganze Vorrath von Abschriften bereits ausgegeben, und eine Aenderung liefs damals nicht mehr sich anbringen, vielleicht auch später nicht, wenn das Werk überhaupt wenig begehrt wurde (denn manches fand sogleich von Haus aus nur wenige Leser); zweitens aber liegt schon in diesen Anfängen der erste Grund für durchgreifende Varietäten, nicht blofs für eine doppelte Recension oder Bearbeitung (wie Cic. Acad.), sondern auch für Abweichungen im Texte, wo man bis in die Zeiten des Autors aufsteigt und die Berufung auf Interpolationen der Leser oder Grammatiker keine Wahrscheinlichkeit hat. In letzterem Falle scheint namentlich die diplomatische Kritik unseres Horaz bei den lyrischen Gedichten zu sein. Livius 38, 55. vermuthet in einem alten Text eher librarii mendum quam mendacium scriptoris. Auch Martialis II, 8. gibt seinen Abschreibern die Schuld. Noch begreiflicher redet ein Mann wie Gellius nur von verdorbenen oder verdächtigen Lesarten, er sucht die Vergleichung guter und schöner Handschriften (librum veterem, fidei spectatae, luculente scriptum XIII, 30.), und geht auf Autographa zurück (solche zum Theil kostbare des Cicero, Virgil, Augustus u. a. erwähnen Plin. XIII, 12. f. Quintil. I, 7, 20. 22. Suet. Aug. 87. Ner. 52.): wie I, 7. (gegen die heutigen codd. Cic.) IX, 14. ein theurer und vielleicht authentischer Codex von Aeneis B. 2. II, 3. Ferner erschien dringend eine Prüfung der MSS. durch Grammatiker, grammaticus quispiam de nobilioribus, ab emptore ad spectandos libros adhibitus V, 4. Es verstand sich dafs solche Bücher aus alten Zeiten, die durch namhafte Grammatiker (einige nennt Fronto Epp. p. 46.) bearbeitet oder revidirt waren, ein hohes Ansehn genossen. Auf antiqui libri des Ennius beruft sich schon Cic. Orat. 48. Bisher war man nun den Handschriften von hohem oder höchstem Alter günstig bis zum Aberglauben, und in vielen dringenden Fällen mochte man eher den Autoren einen Fehler in Sachen oder im Sprachgebrauch zumuthen als an der altergrauen Autorität zweifeln. Jetzt werden aber die Kritiker diesem in der Praxis schädlichen Vorurtheil entsagen, da sie fortwährend hören und noch öfter erfahren werden, wie sehr unsere Codices vom ältesten Datum (z. B. in Livius oder Persius) täuschen und selbst von den gröbsten Fehlern erfüllt sind, weil ihnen der emendator mangelte; wenn auch eine kritische Revision vorauf gegangen war, wie bei Livius im Auftrage der Symmachi. Uebrigens handeln von diesem Punkte der Römischen Diplomatik Lehrs de Aristarchi stud. Hom. p. 366-369. und Osann in seiner Bearbeitung des Anecdotum Romanum de notis veterum criticis, Giefsen 1851.

46) Ueber Betrieb und Bedeutsamkeit dieser Buchhändler, deren libelli (in omnibus libellis Catull. 55, 4.) bei allen grofsen Sammelpunkten geschäftiger

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