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Kurz wir sahen aus so vielen zusammenstimmenden Umstånden, daß es Zeit sei, die höhern südlichen Breiten zu verlassen, und nach einem Hafen zu eilen, wo wir unsere Leute erfrischen und die noch wenigen übrigen Schafe retten könnten, welche den Einwohnern der Südseeinseln zum Geschenk bestimmt waren.

Am 16., da wir uns ungefähr unterm 58. Grade südlicher Breite befanden, leuchtete die See des Nachts, welches uns, der angezeigten hohen Breite und der Kålte des Himmelsstrichs wegen, merkwürdig dünkte, obgleich das Leuchten hier nicht so stark als am Cap, sondern nur in einzelnen Funken zu sehen war. Das Thermometer stand am Mittag auf 331⁄2 Grad, und in der Nacht vom 16. und 19. ließ sich das Südlicht wiederum sehen; am leßtern Mal machten die Lichtsäulen einen Bogen über den ganzen Himmel, und waren leuchtender als wir sie zuvor je gesehen hatten. Nunmehr fingen wir auch, wie bereits gemeldet, endlich an nach Nordosten hinauf zu steuern, um das Südende von Neu-Seeland zu erreichen. Auf diesem ganzen Strich hatten wir starke Winde, und sahen oft Seegras, besonders Felskraut, ingleichen eine große Menge von Sturm- und andern Seevögeln. Von den lettern belustigten uns vornehm lich einige große, graue Mewen, die auf einen großen weißen Albatros Jagd machten. Der Långe seiner Flügel ungeachtet konnte er ihnen doch nicht entgehen, und, wenn sie ihn eingeholt hatten, suchten sie ihm vornehmlich von unten unterm Bauche beizukommen, wo er, wie sie wissen mußten, am wehrlosesten sein mag. Der Albatros hatte alsdann kein anderes Mittel ihrer los zu werden, als daß er sich aufs Wasser seßte, da sein fürchterlicher Schnabel sie dann in Respect zu halten schien. Diese Mewen sind stark und raubsüchtig. Auf den Faroerinseln reißen sie oft mals Låmmer in Stücke und bringen solche in ihre Nester. Die Albatrosse sind dem Anschein nach weniger raubsüchtig, und leben mehrentheils von kleinen Seethieren, besonders von den Mollusken- und Medusenarten. Sobald wir über den funfzigsten Grad der südlichen Breite nach Norden hinauf kamen, hatten wir ihrer eine große Menge um uns, dagegen waren nur wenige einzelne so weit gegen Süden vorgedrungen als wir, und folglich müssen sie eigentlich wohl nur unter dem gemäßigten Himmelsstrich wohnen.

Je weiter wir nun nach Norden hin gelangten, je mehr Seehunde kamen uns von der Küste von Neuseeland her ents

gegen, und am 25. sah man den Stamm eines Baumes und verschiedene Klumpen Gras vorüberschwimmen, deren Anblick unsere Matrosen mit neuem Muthe belebte. Kurz nachher erblickte man in Nord-Ost zu Ost, Land, und unerachtet solches damals noch weit entfernt zu sein schien, so befanden wir uns doch, mit Hülfe eines günstigen Windes, am Nachmittag um 5 Uhr nur noch wenige Meilen weit von einer gebrochenen, felfigen Küste, wo verschiedene Öffnungen uns eine geräumige Bai oder Sund erwar ten ließen, und hinter welcher, im Innern des Landes, hohe Berge emporragten. Da wir der Küste so nahe waren, wurde das Senkblei ausgeworfen, man fand aber mit 30 Faden keinen Grund; desto unvermutheter war es uns, als die Schildwache plöhlich vom Mastbaum herabrief, daß wir dicht an einigen Felfenklippen wären. Das Schiff ward dieferwegen in größter Eile umgewandt, und, da das Wetter zu gleicher Zeit dunkel und regnig ward, so entfernten wir uns sicherheitshalber vom Lande. Am folgenden Morgen fand sich, daß der vor uns liegende Theil von Neuseeland gerade die vom Cap West südwärts gelegene äußerste Spiße dieses Landes war, welche Capitain Cook auf seiner vorigen Reise, in der Endeavour, noch nicht untersucht hatte.

Hier endigte sich nun unsre erste Fahrt in die hohen füdlichen Breiten, auf welcher wir vier Monate und zwei Tage ohne Land zu sehen zugebracht hatten, aber diese ganze Zeit über von der allwaltenden Vorsehung von besondern Unglücksfällen bewahrt, durch mancherlei Gefahren sicher hindurch geführt und, einige wenige ausgenommen, allerseits bei beständig guter Ge= sundheit erhalten worden waren. Dies war um so viel mehr zu verwundern, als wir auf der ganzen Reise vom Vorgebirge der guten Hoffnung an, bis nach Neu-Seeland, unaufhörlich mit Mühseligkeiten zu kämpfen gehabt hatten, und von denselben desto mehr befürchten konnten, je weniger sie irgend jemand vor uns versucht und erfahren hatte. Unfre Segel waren zerrissen, unser Tauwerk in Stücken, das Schiff ward entweder durch die Wellen auf das heftigste hin und her geworfen, oder wenn das nicht geschah, so legte es der Wind ganz schief auf die Seite, wodurch, nebst dem beständigen Handthieren der Matrosen im Takelwerk, die Cajüten überall wandelbar wurden; die schrecklichen Wirkungen und Folgen fürchterlicher Stürme, die der treffliche Geschichtschreiber von Anson's Reise, mit so natürlichen, schwarzen Farben geschildert hat das alles waren ge

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wissermaßen nur die geringsten unserer Plagen. Noch außer diesen mußten wir mit der Strenge eines ungewöhnlich rauhen Klima's kämpfen; Matrosen und Officiere waren beständig Regen, Hagel oder Schnee ausgeseht; das Tau- und Takelwerk war durchaus mit Eis überzogen und wehe den Händen, welche daran arbeiten mußten; unser Vorrath von frischem Wasser konnte nicht anders, als mit Treibeis ersetzt werden, und das Aufnehmen desselben aus eiskaltem Seewaffer ging ohne erfrorne und blutige Hånde nicht ab; unaufhörlich mußten wir befürch= ten gegen die hohen Eismassen anzulaufen, womit der unermeßliche südliche Ocean gleichsam angefüllt ist; und dergleichen Gefahr kam oft so schnell und so vielfältig, daß die Leute selten ihre gewöhnlichen Ruhestunden genießen konnten, sondern den Wachthabenden alle Augenblicke zu Hülfe kommen und das Schiff mit unablässiger Vorsicht regieren, oder in der äußersten Geschwindigkeit wenden mußten. Auf solche Weise war denn die lange Zeit, welche wir in offner See ohne Land zu sehen und ohne irgend eine Art von Erfrischungen zu genießen zubringen mußten, wohl in der That nicht anders als eine stete Reihe von Mühseligkeit und Elend zu nennen. Auch die Angeln und Leinen, welche schon im November waren ausgetheilt worden, hatten bis jezt noch zu nichts gedient, weil in diesen höhern Breiten das Meer überall grundlos war, und nirgends andre als Wallfische zum Vorschein kamen. Doch ließ sich auch, da wir nun einmal nicht so glücklich waren Land zu treffen, nichts besseres erwarten; denn es ist bekannt, daß man, nur im heißen Himmelsstriche allein, fern von Ufer und Sandbånken in unergründlichen Gegenden der See, mit der Angel Fische zu fangen hoffen kann

Atrum

Defendens pisces hiemat mare.
Horatius.

Zu allen diesen Unannehmlichkeiten gesellte sich endlich noch die düstere Traurigkeit, welche unter dem antarktischen Himmel herrscht, wo wir oft ganze Wochen lang in undurchdringliche Nebel verhüllt zubringen mußten, und den erfreulichen Anblick der Sonne nur selten zu sehen bekamen, ein Umstand, der schon allein vermögend ist den Entschlossensten und Lebhaftesten niedergeschlagen zu machen. Wenn man dies alles überdenkt, so

ist es wahrlich zu verwundern und als ein deutliches Merkmal der göttlichen Obhut anzusehen, daß wir von allen den Folgen nichts erlitten, welche von so mannigfaltigem und gehäuftem Elend zu gewarten und zu befürchten waren.

Fünftes Capitel.

Aufenthalt in Dusky - Bai. Beschreibung derselben. Nachricht von unsern Verrichtungen.

Nach einer Fahrt von einhundertzweiundzwanzig Tagen, auf welcher wir ungefähr dreitausend fünfhundert Seemeilen in offner See zurückgelegt hatten, kamen wir endlich am 26. März zu Mittage in Dusky-Bai an. Diese Bai, welche an der Nordseite des Cap West liegt, hatte Capitain Cook auf seiner vorigen Reise, in der Endeavour, bereits entdeckt, ihr auch damals schon einen Namen gegeben, ohne sie jedoch selbst zu besuchen *). Aus großer Ungeduld bald vor Anker zu kommen, wünschten wir daß solches gleich an der Mündung der Bai thunlich sein möchte. Allein da das Senkblei dort eine allzu große Tiefe, nåmlich von vierzig Faden anzeigte, und etwas weiter hin gar mit sechzig Faden kein Grund mehr zu finden war, so mußten wirs uns gefallen lassen, noch ungleich weiter hinein zu segeln. Das Wetter war indessen schön und in Verhältniß zu demjenigen, das wir bisher hatten empfinden müssen recht erquickend warm. Sanft wehende Winde führten uns nach und nach bei vielen felsigen Inseln vorbei, die alle mit Bäumen und Buschwerk überwachsen waren, deren mannigfaltiges, dunkleres Immergrün, evergreen, mit dem Grün des übrigen Laubes, welches die Herbstzeit verschiedentlich schattirt hatte, malerisch vermischt war und sehr an= genehm von einander abstach. Ganze Schaaren von Wasservogeln belebten die felsigen Küsten, und das Land ertönte überall vom wilden Gefang der gefiederten Waldbewohner. Je långer

*) Siehe Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 8. dritter Band, pag. 249.

wir uns nach Land und frischen Gewächsen gesehnt hatten, desto mehr entzückte uns nun dieser Prospect, und die Regungen der innigsten Zufriedenheit, welche der Anblick dieser neuen Scene durchgängig veranlaßte, waren in eines Jeglichen Augen deutlich zu lesen.

Um drei Uhr Nachmittags kamen wir endlich unter der Spige einer Insel vor Anker, woselbst wir einigermaßen gegen die See gedeckt und der Küste so nahe waren, daß man sie mit einem kleinen Taue erreichen konnte. Kaum war das Schiff in Sicherheit, als unsere Matrosen ihre Angeln auswarfen, und in wenig Augenblicken sah man an allen Seiten des Schiffs eine Menge vortrefflicher Fische aus dem Wasser ziehen, deren viel versprechender Anblick die Freude über unsere glückliche Ankunft in der Bai ungemein vermehrte. Wir fanden sie von vortrefflichem Geschmack, und da wir zumal so lange darauf ge= fastet hatten, so war es kein Wunder, daß uns diese Neu-See= ländische Mahlzeit als die herrlichste in unserm ganzen Leben vorkam. Zum Nachtisch ergößte sich das Auge an der vor uns liegenden, wildnißartigen Landschaft, die Salvator Rosa nicht schöner hätte mahlen können. Sie war ganz im Geschmack dieses Künstlers und bestand aus Felsen, mit Wäldern gekrönt, deren Alter in die Zeiten vor der Sündfluth hinauf zu reichen schien, und zwischen welche sich aller Orten Wasserbäche mit schaumendem Ungestům herabstürzten. Zwar hätte es bei weitem nicht so vieler Schönheiten bedurft um uns zu entzücken, denn nach einer langen Entfernung vom Lande ist es wahrlich sehr leicht, selbst die ödeste Küste für das herrlichste Land in der Schöpfung anzusehen. Und aus diesem Gesichspunkte muß man auch die feurigen Beschreibungen der wilden Klippen von Juan Fernandez und der undurchdringlichen Wälder von Tinian betrachten.

Gleich nach Tische wurden zwei Boote ausgeseht, um verschiedene Gegenden der Bai zu untersuchen, hauptsächlich aber um für unser Schiff einen sichern Hafen ausfindig zu machen, indem unser jeßiger Ankerplah offen, unbequem und nur fürs erste gut genug gewesen war. Wir machten uns diese Gelegenheit zu Nuße Untersuchungen in der Naturgeschichte anzustellen, und trennten uns, um von beiden Booten und ihren verschiedenen Entdeckungen zu gleicher Zeit Gebrauch zu machen. Beide Partheien fanden bequeme und wohlgedeckte Hafen, nebst

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