Immagini della pagina
PDF
ePub

nengüsse schienen manchem von uns vorzuwerfen, daß er unempfindlich sei; und in der That scheint man bei unserer Erziehung den natürlichen Bewegungen des Herzens zu viel Einhalt zu thun; man will, daß wir uns derselben in den mehresten Fållen schämen sollen, und darüber werden sie endlich unglücklicherweise ganz unterdrückt. Auf diesen Inseln hingegen laffen die unverdorbnen- Kinder der Natur allen ihren Empfindungen freien Lauf und freuen sich ihrer Neigung für den Nebenmenschen: Mollissima corda

Humano generi dare se natura fatetur

Quae lacrymas dedit; haec nostri pars optima sensus.

Juvenal.

Elftes Capitel.

Reise von den Societäts - Inseln nach den freundschaftlichen Inseln und Nachricht von unserm Aufenthalte daselbst.

Um 10 Uhr waren wir glücklich zum Rief von Hamaneno hinaus und steuerten nunmehr nach West-Süd-West, sodaß uns die Inseln Raietea, Taha und Borabora noch immer im Gesicht blieben. Unerachtet es nicht länger als einen Monat her war, daß wir zu Tahiti angekommen; so befanden wir uns doch von den Folgen jener langen und beschwerlichen Reise, die wir während der schlimmsten Jahreszeit im kalten und nassen Klima zugebracht hatten, allerseits hergestellt. Selbst diejenigen, die vom Scorbut am mehresten gelitten, waren wieder so gesund als die übrigen. An dieser schleunigen Eur hatten die frischen Kräuter und Baumfrüchte der Societåts-Inseln wahrscheinlicherweise den wirksamsten Antheil; denn als wir von un serm ersten Erfrischungsplah, Uetepieha, absegelten, hatten sich die Kranken schon merklich gebessert, unerachtet wir dort noch kein frisches Fleisch gekostet hatten. Um desto sicherer konnten.

wir uns jest auch für den nächsten Monat eine gleiche Fortdauer von Gesundheit versprechen, weil wir mit frischen Lebensmitteln hinlänglich versehen waren. Wir hatten nåmlich in jedem Schiff zwischen zwei und dreihundert Schweine, eine große Anzahl Hühner und einige Hunde, ingleichen eine ansehnliche Menge von Bananen vorräthig, welche lehtere auf dem Hintertheil des Schiffs, wie in einem Obstgarten, umher lagen. Zwar verursachte der Mangel an Raum, daß einige Schweine crepirten, und der hartnäckige Widerwille der alten Schweine gegen das ungewohnte Futter, welches sie bekamen, brachte uns ebenfalls um eine große Anzahl. Wir geriethen aber bald auf eine gute Methode diesem Uebel vorzubeugen, indem wir alle Schweine schlachteten und einsalzten, denen der enge Raum nicht bekommen wollte. Auf diese Weise blieb das Fleisch eßbar und saftig, wenigstens war es ungleich schmackhafter und gesunder als das Pöckelfleisch, welches wir noch aus England her vorräthig hatten, denn dieses war nunmehro dermaßen mit Salz durchdrungen, daß, wenn man es auswässerte, zugleich alle Kraft und Saft_mit_wegge= wässert ward. Die einzige Unannehmlichkeit, welche wir von unserm Aufenthalte auf diesen Inseln verspürten, bestand darin, daß viele unsrer Seeleute, wegen ihres genauen Umgangs mit liederlichen Frauenspersonen, leiden mußten. Doch waren die dadurch verursachten Krankheiten so gutartig, daß sie durch die gelindesten Mittel geheilt und keiner von den Patienten am Dienst gehindert wurde.

Unser junger Freund -Hedidi, den wir statt des Tahitiers Porea mitgenommen, war ungemein seekrank, weil er an die Bewegung des Schiffs nicht gewöhnt war. Doch erzählte er uns, indem wir nach dem hohen Pik von Borabora aussahen, daß er auf dieser Insel geboren und mit - Puni, dem kriegerischen Könige, verwandt sei, der Taha und Raietea erobert hatte. Er entdeckte uns auch, daß er eigentlich Maheine heiße, aber seinen Namen mit einem Befehlshaber auf Eimeo, der sich -Hedidi genannt, vertauscht habe. Diese Gewohnheit ist, wie ich schon bemerkt, auf allen diesen Inseln eingeführt. König -Puni befand sich, nach der Aussage unsers Gefährten, dazumal eben auf der Insel Maurua, bei welcher wir Nachmittags vorüber kamen. Sie besteht aus einem einzigen, kegelförmigen Berge und ist, so viel wir aus den Beschreibungen der Einwoh

ner auf Raietea, welche persönlich da gewesen, abnehmen konnten, ungefähr von eben der Beschaffenheit als die übrigen Inseln.

Unser armer Freund bekam erst am folgenden Nachmittage seinen Appetit wieder, da er sich denn, zum Anfang, ein Stück von einer achtundzwanzigpfündigen Dorade schmecken ließ, die einer unsrer Leute gefangen hatte. Wir wolltens ihm auf unsre Art zubereiten lassen; er versicherte aber, es schmecke roh besser und bat sich nur eine Schaale Seewasser aus, um den Fisch darin einzutunken; dabei biß er wechselsweise in einen Klumpen Mahei, oder fauren Brodfruchtteig, der ihm statt Brods diente. Ehe er sich jedoch zum Essen niedersehte, nahm er ein Stückchen von dem Fische und etwas Mahei, als ein Opfer für Eatua oder die Gottheit, und sprach dabei ein paar Worte aus, die wir für ein kurzes Gebet hielten. Eben diese Ceremonie beob= achtete er auch ein paar Tage nachher, als er ein rohes Stück vom Haifisch verzehrte. Alles das überzeugte uns, daß seine Landsleute gewisse bestimmte Religionsbegriffe hegen und selbst eine Art von ceremoniösen Gottesdienst beobachten, den sie viel leicht seit der ersten Trennung von ihren Vorfahren auf dem festen Lande mögen beibehalten haben.

Bis zum 23. feßten wir unsern Lauf fort ohne daß irgend etwas merkwürdiges vorgefallen wåre; an gedachtem Tage aber erblickten wir bei Aufgang der Sonne eine niedrige Insel, die zur Linken des Schiffes lag. Nach dieser steuerten wir hin und fanden gegen Mittag, daß sie aus zwei Theilen bestand. Einer Observation zufolge war unsre südliche Breite damals 19 Grad 8 Minuten. Das Land war mit einer Menge Buschwerk und andern dick belaubten Bäumen bewachsen, über welche die hohen Gipfel der Cocospalmen in großer Anzahl empor ragten. Mit Hülfe der Fernglåser bemerkten wir, daß die Küste sandig, hin und wieder aber mit Grün überwachsen war, welches wahrscheinlicherweise nichts anders als das in diesem Himmelsstrich_ge= wöhnliche Schlingkraut (Convolvulus Brasiliensis) sein mochte. Beide Inseln oder beide Stücke Land hingen, dem Ansehn nach, durch einen Felsenrief zusammen; schienen aber, so angenehm sie auch aussahen, dennoch ganz unbewohnt zu sein. Capitain Cook nannte diese Insel, dem nunmehrigen Grafen von Bristol zu Ehren, Hervey - Eiland. Tages zuvor hatte sich ein Vogel, der im Fluge und Gesange einem Sandläufer (Sandpiper) glich, neben dem Schiffe sehen lassen, und könnte, dem Erfolge nach

[ocr errors]

zu urtheilen, der Vorbote dieser Insel gewesen sein; allein dergleichen Anzeichen sind, wie ich schon mehrmals angemerkt habe, sehr trüglich. Wir sahen zum Beispiel drei Tage nachher von neuem einen Vogel, der sich sogar ins Tackelwerk seßte, trafen aber gleichwohl kein andres Land an. Von Hervey-Eiland, welches unter dem 19. Grade 18 Minuten füdlicher Breite und unterm 158. Grade 54 Minuten westlicher Länge von Greenwich gelegen ist, steuerten wir immer westwärts bis zum 1. Dctober, an welchem Tage um 2 Uhr Nachmittags, Land! gerufen wurde. Es lag gerade vor uns und schien ziemlich hoch zu sein. In Zeit von vier Stunden waren wir kaum noch zwei oder drei Seemeilen von der Küste. Die Berge waren mit Holz überwachsen und fielen zwar nicht prächtig, doch ganz angenehm ins Auge. Am südwestlichen Ende bemerkten wir eine kleine felsige Insel und nördlich ein flaches Land, das sich weiter hin erstreckte. Die Gegend und alle Umstånde überzeugten uns, daß die vor uns liegende Insel eben dieselbe sei, welche Abel Janßen Lasmann im Jahr 1643 Middelburgh genannt, und daß die nördliche, ein von eben diesem Seefahrer entdecktes und Amsterdam genanntes Eiland sei. Des einbrechenden Abends wegen legten wir bei, gingen aber mit Tages Anbruch um die südwestliche Spiße von Middelburgh herum und liefen sodann långs der westlichen Küste hin. Am Fuß der Berge schien etwas fla= ches Land zu sein, auf welchem junge Bananen standen, deren lebhaftes, frisches Grün mit dem verschiedentlich colorirten Buschwerk und der braunen Cocospalme ungemein schön contrastirte. Das Tageslicht war noch so schwach, daß wir an verschiedenen Orten die Hüttenfeuer der Einwohner durch die Büsche schimmern sahen, und bald darauf kamen'auch einige Leute am Strande zum Vorschein. Die Berge waren niedrig und ragten über die Meeresfläche kaum so hoch empor als die Insel Wight. Auf denselben gab es hin und wieder einzelne, sehr anmuthig zerstreute Klumpen von Bäumen, und zwischen diesen war der Boden so schön, als manche Gegenden in England, mit Gras überwachsen. Nunmehr stießen verschiedene von den Eingebornen ihre Canots ins Wasser und ruderten nach uns her. Einem derselben, das ziemlich dicht ans Schiff kam, warfen wir ein Tau zu, welches auch einer von den darin befindlichen Leuten sogleich auffing, seinen Kahn vollends heranzog und augenblicklich zu uns an Bord kam. Beim Eintritt überreichte er uns G. Forster's Schriften. I.

15

die Pfefferwurzel, deren bei den Societats-Inseln gedacht wor den ist, darauf berührte er unsre Nasen mit der seinigen, wie die Neu-Seelander zum Zeichen der Freundschaft zu thun pfle gen, und sehte sich alsdann ohne ein Wort zu sprechen auf dem Verdecke nieder. Der Capitain schenkte ihm einen Nagel, den er sogleich über den Kopf empor hielt und dabei das Wort Fagafetai hören ließ, welches allem Ansehn nach eine Danksagung bedeuten sollte. Bis auf den Unterleib ging er unbekleidet, von da aber bis zu den Knieen hatte er ein Stück braungefärbtes Zeug um sich geschlagen. Dieses schien mit dem tahitischen von einerlei Art und Arbeit zu sein; doch war es mit Leim oder Firniß steif und wasserdicht gemacht. Der Mann war von mittler Statur und hatte eine sanfte, ziemlich regelmäßige Ge sichtsbildung. An Farbe glich er den gemeinen Tahitiern *), das ist, er war hell mahagony- oder kastanienbraun. Den Bart trug er kurz geschoren und sein schwarzes Haar hing ihm in kurzen Locken um den Kopf, so kraus, als wenn es gebrannt wåre. Auf jedem Arme hatte er drei runde Flecke, ungefähr so groß als ein Wilder - Manns - Gulden, die in Form erhabener Punkte nach tahitischer Manier in die Haut punktirt, jedoch nicht mit schwarzer Farbe eingerieben waren. Der Figur nach stellten fie lauter in einander passende Zirkel vor, davon die äußersten am größten waren; die innern hingegen immer kleiner wurden. Außerdem hatte er noch andre schwarze Flecke auf dem Leibe. Im Ohrläppchen befanden sich zwei Löcher, darin er einen kleinen runden Stab trug, und an der linken Hand fehlte ihm der kleine Finger. Er blieb eine ganze Weile ohne ein Wort zu sprechen; indeß verschiedne Andre, die nach ihm sich an Bord wagten, weit gesprächiger waren und gleich nach verrichtetem Nasengruß uns in ihrer Sprache anredeten, von welcher wir damals noch kein Wort verstanden. Mittlerweile hatten wir die nordwestliche Spiße der Insel erreicht und kamen allda um 9 Uhr in einer offnen Rhede auf einem guten, sichern Grunde glücklich vor Anker. Kaum war dies geschehen, so drångten sich vom Lande her eine Menge Canots zu uns, in deren jedem

*) Da die Einwohner von Tahiti und den Societäts - Inseln fast in allen Stücken mit einander übereinkommen, so werde ich im Verfolg dieser Geschichte_jeden Gebrauch tahitisch nennen, der entweder zu Tahiti selbst oder auf den Societäts - Inseln üblich ist.

« IndietroContinua »