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gewesen, den antarktischen Zirkel zu besuchen, ohne ein paar Hundert fette Kapaunen bei sich zu haben, womit er sich auf seiner Reise von Cadiz nach Vera - Cruz wohlweislich zu versorgen wußte; so dürfte vielleicht seine Philosophie minder hochtrabend gewesen sein. Was diesen Verdacht gar sehr bestätigt, ist, daß er die Abwechselung in Mexico nicht fand, die er doch zur See so häufig angetroffen zu haben vorgab *). Gleichwohl durchreiste er daselbst große Striche ungebautes Land und weitläuftige Wälder und sahe die Natur in einem sehr wilden Zustande. Er gesteht zwar, daß sie reich und schön sei; allein in wenig Tagen ward ihm die Mannigfaltigkeit ihrer Reize schon unschmackhaft und gleichgiltig, und doch versichert man uns von diesem Mann, er sei zugleich Astronom, Botanist, Zoolog, Mineralog, Che mist und Philosoph gewesen!

Wir unsrerseits waren bei der Abreise von Neu-Seeland von der erhabnen Philosophie des französischen Abts sehr weit entfernt. Wenn noch ja etwas die traurige Aussicht der Zukunft in unsern Augen mildern konnte, so wars die Hoffnung, daß die Reise um den Südpol in irgend einer hohen, noch unbefahrnen Breite, wenigstens nicht länger als den bevorstehenden Sommer über dauern und daß wir innerhalb acht Monaten wieder nach England zurückkommen würden. Diese Hoffnung erhielt das Volk während des größten Theils der Reise und des bösen Wetters bei gutem Muthe. Am Ende zeigte sich freilich, daß dieser Gedanke nichts mehr als ein füßer Traum gewesen war; allein dann trösteten wir uns schon wieder mit der gewissen Aussicht, daß wir statt dessen auf den glücklichen Inseln des heißen Erdstrichs abermals einige Monate zubringen würden.

*) S. 22.

Dreizehntes Capitel.

Zweite Fahrt in die südlichen Breiten von Neu-Seeland nach Easteroder Oster- Eiland.

Am Morgen nach unsrer Abreise von Neu-Seeland hatten wir einen Nord-Nord - Westwind, bei dem das Thermometer auf 64 Grad stieg. Die beiden folgenden Tage stand es auf 54, dann auf 48 und als wir ungefähr unterm 49. Grade füdlicher Breite waren sank es auf 441⁄2. Am 28. November erblickten wir eine Menge Seehunde oder vielmehr Seelöwen, die eine Strecke weit vom Schiff vorbei gingen und ihren Weg nach den Küsten des Landes zu nehmen schienen, welches wir soeben verlassen hatten. Von dieser Zeit an bis zum 6. December sahen wir große Haufen von blauen und andern Sturmvögeln, nebst verschiedenen Arten von Albatrossen, Skua's oder grauen Mewen, viel Pinguins und viel Seegras. Gedachten Tages befan= den wir uns um 7 Uhr Abends im 51. Grade 33 Minuten südlicher Breite und unterm 180. Grade der Långe; folglich ge= rade auf dem Punkt der Antipoden von London. Hier nöthigte die Erinnerung dort zurückgelaßner häuslicher Glückseligkeit und gesellschaftlicher Freuden, jedem Herzen, das noch väterliche oder kindliche Liebe zu fühlen im Stande war, eine Empfindung des Heimwehes ab! Wir waren die ersten Europåer und ich darf wohl hinzusehen die ersten menschlichen Creaturen, die auf diesen Punkt gekommen, den auch nach uns vielleicht Niemand wieder besuchen wird. 3war trågt man sich in England mit einer Erzählung von Sir Francis Drake; der zufolge er auf der andern Halbkugel gerade über den Strich weggesegelt sein soll, in welchem auf der diesseitigen der mittlere Bogen der alten Brücke von London befindlich ist. Das ist aber ein Irrthum, denn er lief nur långs der Küste von Amerika hin und es schreibt sich jene Sage vermuthlich nur davon her, weil er unter den Periócis oder unter 180 Grade der Långe und unter demselben Zirkel der nördlichen Breite an der Küste von Californien durchgegangen ist.

Je weiter wir gegen Süden kamen, desto tiefer fiel das Thermometer. Am 10. des Morgens, da uns der Wind entgegen blies, sank es auf 37 Grad. Mittags hatten wir den 59. Grad südlicher Breite erreicht und noch kein Eis gesehen, dagegen sich vorm Jahre (am 10. December) schon zwischen dem 50. und 51. Grade südlicher Breite welches gezeigt hatte. Die Ursache dieses Unterschiedes ist schwer zu bestimmen. Der vorjährige Winter mochte vielleicht kälter als der diesjährige gewesen und aus dieser Ursache die See damals mit mehr Eis angefüllt sein als jest; wenigstens versicherten uns die Einwohner am Cap, daß fie einen weit hårtern Winter gehabt hätten als sonst. Vielleicht hatte auch ein starker Sturm das Eis um den Südpol her zertrümmert und die einzelnen Stücke so weit gegen Norden getrieben als wir sie vorgedachtermaßen fanden. Vielleicht hatten beide Ursachen gleich vielen Antheil daran.

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Um 11. des Nachts nahm die Kålte zu. Das Thermometer stand auf 34 Grad und um 4 Uhr des andern Morgens zeigte sich eine große Insel von Treibeis, neben welcher wir eine Stunde nachher vorbei fuhren. Unerachtet uns vors erste nur dies einzige Stück zu Gesicht kam, so mußte doch in der Nachbarschaft mehr vorhanden sein, denn die Luft war mit einem Male so viel kålter geworden, daß nach Verlauf weniger Stunden, nåmlich um 8 Uhr, das Thermometer bereits auf 3111⁄2 Grad gesunken war. Um Mittag befanden wir uns im 61. Grade 46 Minuten südlicher Breite. Um folgenden Morgen war das Thermometer wieder um einen halben Grad gestiegen und wir liefen mit einem frischen Winde gegen Osten, ohne uns an das dicke Schneegestöber zu kehren, bei dem man oft kaum zehn Schritte weit vor dem Schiff hinsehen konnte. Unser Freund Maheine hatte schon an den vorhergehenden Tagen über die Schnee- und Hagelschauer große Verwundrung bezeigt, denn diese Witterungsarten sind in seinem Vaterlande gänzlich unbekannt. Weiße Steine, die ihm in der Hand schmolzen, waren Wunder in seinen Augen, und ob wir uns gleich bemühten, ihm begreiflich zu machen, daß sie durch Kälte hervorgebracht würden, so glaube ich doch, daß seine Begriffe davon immer sehr dunkel geblieben sein mögen. Das heutige dicke Schneegestöber seßte ihn in noch größere Verwunderung und nachdem er auf seine Art die Schneeflocken lange genug betrachtet, sagte er endlich, er wolle es bei seiner Zurückkunft nach Tahiti weißen Regen nen

nen.

Das erste Stück Eis, welches uns aufstieß hatte er nicht zu sehen bekommen, weil es am frühen Morgen vorbei trieb, da er noch schlief. Desto größer war sein Erstaunen, als er zwei Tage nachher, ungefähr unterm 65. Grade füdlicher Breite, ein ungeheures Stück Eis erblickte. Um folgenden Tage stießen wir auf ein großes Eisfeld, das unserm Weiterfegeln gegen Süden ein Ende, ihm aber viel Freude machte, weil ers für Land hielt. Wir erzählten ihm, es sei nichts weniger als das, sondern es bestehe blos aus erhärtetem, süßen Wasser: Allein da war an keine Ueberzeugung zu denken, bis wir ihn auf dem Verdeck an das offne Wasserfaß brachten und ihm augenscheinlich zeigten, wie sich das Eis dort nach und nach ansehte. Dennoch blieb er dabei, daß ers auf allen Fall und, um es von anderm Lande zu unterscheiden, weißes Land nennen werde. Schon auf Neu-Seeland hatte er sich eine Anzahl dünner Stöckchen gesammelt, die er sorgfältig in ein Bündelchen zusammenband und als ein Tagebuch gebrauchte. Jedes dieser Stöckchen bedeutete bei ihm eine von den Inseln, die wir seit unserer Abreise von Tahiti entweder besucht oder doch wenigstens gesehen hatten. Er konnte also jezt schon neun oder zehn solcher Hölzchen aufzeigen und wußte sie alle bei ihren Namen in eben der Ordnung herzunennen, wie die Inseln der Reihe nach gefolgt wa= ren. Das weiße Land oder Whennua tea-tea war das lehte. Er fragte sehr oft, wie viel andre Länder wir noch auf unserm Wege nach England antreffen würden? und dafür machte er ein besonderes Bündelchen, welches er alle Tage eben so fleißig durchstudirte als das erstere. Die Langweiligkeit unsrer jeßigen Fahrt mochte ihn vielleicht begierig nach dem Ende machen, und die eingesalzenen Speisen nebst dem kalten Wetter trugen wohl ebenfalls das ihrige dazu bei, ihm das Reisen nachgerade zu verleiden. Seine gewöhnliche Beschäftigung bestand in Abtrennung der rothen Federn von den Tanz-Schürzen, die er zu Tonga= Tabu gekauft hatte. Er band acht oder zehn Stück derselben vermittels einiger Cocosnußfasern in kleine Büschchen zusammen. Die übrige Zeit brachte er mit Spazierengehen auf dem Verdeck zu, oder er besuchte die Officiere, oder er wärmte sich beim Feuer in des Capitains Cajůte. Bei müßigen Stunden machten wir uns seine Gesellschaft zu Nuße, um in der tahitischen Sprache weiter zu kommen: Unter andern gingen wir das ganze Wörterbuch mit ihm durch, welches wir auf den Societäts

Inseln zusammengetragen hatten. Auf diese Art erlangten wir von seiner und den benachbarten Inseln manche Kenntniß, mit deren Hülfe wir bei unsrer Rückkunft wegen verschiedener Umstånde genauere und richtigere Nachfrage halten konnten als zuvor.

Am 15. des Morgens erblickten wir in mehrern Gegenden Eisfelder um uns her, und waren auf gewisse Weise damit so umringt, daß wir keine Möglichkeit vor uns sahen, weiter gegen Süden zu gehn, sondern vielmehr, um wieder ins Freie zu kommen, nach Nord-Nord - Ost steuern mußten. Der Nebel, der sich am Morgen schon gezeigt hatte, ward gegen Mittag immer dicker, dergestalt, daß wir von der Menge der Eisfelfen, die auf allen Seiten um uns her schwammen, die größte Gefahr zu besorgen hatten. Um 1 Uhr, da die Leute eben Mittag hielten, wurden wir durch den plöglichen Anblick einer großen Eisinsel, die dicht vor uns lag, in großen Schrecken geseht. Es war ganz unmöglich, das Schiff mit oder gegen den Wind herumzudrehen; das einzige, was uns zu thun übrig blieb, war dieses, so dicht als möglich am Winde hin zu versuchen, ob auf diese Weise der Gefahr auszuweichen sei. Man kann denken, in welcher fürchterlichen Ungewißheit wir die wenigen Minuten zubrachten, ehe sich unser Schicksal entschied, und in der That, es war ein bewundernswürdiges Glück, daß wir ohne Schaden davon kamen, denn die Eismasse blieb im Vorbeifahren kaum eine Schiffslänge weit von uns entfernt. Dergleichen und andern ähnlichen Gefahren sahen wir uns auf diesem unbeschifften Ocean alle Augenblicke ausgefeßt; doch waren die Leute bei weiten nicht so verlegen darüber als man håtte vermuthen können. Wie im Treffen der Tod seine Schrecken verliert, so segelten auch wir oft nur eine Hand breit neben immer neuen Gefahren ganz unbekümmert dahin, als ob Wind und Wellen und Eisfelsen nicht vermögend wären, uns Schaden zu thun. Die Eisstücke hatten diesmal wieder eben so verschiedne Formen als jene, welche wir auf unserer vorjährigen Fahrt vom Vorgebirge der guten Hoffnung nach Süden herab gesehen hatten. Wir konnten uns wechselweise Pyramiden, Obelisken, Kirchthürme und Ruinen dabei vorstellen und fanden mehrere Stücke darunter, die dem Eisblock, den wir im Jahre 1772 mit dem ersten Eise erblickt hatten, weder an Höhe noch an Ausdehnung etwas nachgaben, zum Theil auch oberhalb eben so platt waren.

Die Menge von Vögeln, die wir bisher angetroffen, würde

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