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gemäß, in Schuß zu nehmen wagten, so kam unzweifelhaft mit anscheinender Einstimmigkeit die Uebergabe an die Punier zu Stande. (9) Nachdem der Befehlshaber der Besaßung, Lucius Atilius, und diejenigen römischen Soldaten, welche bei ihm waren, heimlich in den Hafen herabgebracht und eingeschifft worden waren, um nach Regium gebracht zu werden, nahmen sie den Hamilkar und die Punier mit der Bedingung, daß sogleich ein Vertrag unter völliger Gleichheit geschloffen würde, in die Stadt auf. (10) Dieses Versprechen wäre beinahe denen, die sich ergeben hatten, nicht gehalten worden, da der Punier sie beschuldigte, sie hätten hinterlistiger Weise die Römer entlassen, während die Lokrer vorschüßten, jene seien von selbst entflohen. (11) Es seyten auch die Reiter ihnen nach, wenn etwa durch irgend einen Zufall die Brandung in der Meerenge die Schiffe aufhalten oder ans Land treiben könnte. Und Jene zwar, denen sie nachseßten, erreichten sie nicht; sie erblickten aber andere Schiffe, die von Messana über die Meerenge nach Regium überseßten. (12) Es waren römische Soldaten, welche vom Prätor Claudius abgesandt worden, um die Stadt durch eine Besaßung zu behaupten. Daher zogen sie sogleich von Regium ab. (13) Den Lokrern wurde auf Befehl Hannibal's der Friede unter den Bedingungen bewilligt, daß sie frei nach ihren eigenen Gesezen leben, die Stadt den Puniern offen stehen, der Hafen in der Gewalt der Lokrer sein sollte; und das Bündniß sollte zu Recht bestehen, daß der Punier den Lokrer und der Lokrer den Punier im Frieden und Krieg unterstüßte.'

1. Ut ex Campania in Bruttios reditum est (näml. ab Hannone), Anknüpfung an das im vor. Buche Kap. 46 § 8 Berichtete: Hannibal ab Nola remisso in Bruttios Hannone, cum quibus venerat copiis, ipse Apuliae hiberna petit, circaque Arpos consedit. Das im Folgenden Erzählte ist zum Theil schon im vor. Buche Kap. 30 § 6 ff. (f. im Folg.), vermuthlich nach einer andern Quelle, berichtet worden.

adiutoribus et ducibus Bruttiis, die Bruttier standen auf Seite der Punier und unterstüßten dieselben gegen die römischgesinnten griechischen Städte; vgl. im vor. Buche a. a. O.: isdem ferme diebus et Bruttiorum exercitus Crotonem Graecam urbem circumsedit, opu

lentam quondam armis virisque, tum iam adeo multis magnisque cladibus adflictam, ut omnis aetatis minus duo milia civium superessent. itaque urbe a defensoribus vasta facile potiti hostes sunt; arx tantum retenta, in quam inter tumultum captae urbis e media caede quidam effugere. et Locrenses descivere ad Bruttios Poenosque prodita multitudine a principibus. Regini tantummodo regionis eius et in fide erga Romanos et potestatis suae ad ultimum manserunt.

Graecas urbes, 'die griechischen Städte', d. i. die von griechischen Kolonisten in Unteritalien gegründeten Städte, die von den Römern gewöhnlich mit dem Gesammtnamen Magna Graecia ('Großgriechenland') bezeichnet werden. Vorzugsweise nannte man so die um den tarentinischen Meerbusen gelegenen griechischen Pflanzstädte Tarent, Sybaris, Croton, Caulonia, Siris (Heraclea), Metapontum, Locri und Regium. temptavit, das ist die handschriftlich am besten beglaubigte Schreibung des Wortes statt des gewöhnl. tentavit; temptare, eigentl. berühren, betasten, dah. insbesond.: feindlich berühren, angreifen, bedrohen, beunruhigen; vgl. im Folg., Kap. 7 § 1: praemissis Hippocrate atque Epicyde cum binis milibus armatorum ad temptandas urbes, quae praesidiis tenebantur Romanis. 26, 38, 5; nec consul Romanus temptandis urbibus, sicunde spes aliqua se ostendisset, deerat. 33, 5, 3: urbis quidem amplius temptandae in praesentia conatu abstitit, u. v. a. partis, 'der Partei', bei Livius mehrmals auch im Singular (statt des häufigern Plurals in diesem Sinne); so 35, 50, 4: ab iis qui Romanae partis erant. 45, 31, 3: qui partis Romanorum fuerant. ibid. § 5: partis eius fautores.

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2. Regium (jo, ohne h, ist die im Lateinischen üblichere Schreibung), die altberühmte, schon dem Herodot (s. bei dems. 1, 166) be= kannte griechische Küstenstadt an der südlichsten Spike Italiens und dem Fretum Siculum, zu Anfange des ersten messenischen Krieges, Ol. 9, 3 (= 744 v. Chr.), von einer Mischung äolischer Chalkidenser aus Euböa und dorischer Messener unter Anführung des Antimnestos aus Zankle oder Messana in Sicilien gegründet. Jest Reggio ge=

Locrenses, die Einwohner von Lokri.

nannt. Locri (Λοκροί), auch mit dem Beinamen Epizephyrii (Enεpópio, das westliche Lokri' im Gegensage zu dem im eigentlichen Griechenland), eine der ältesten griechischen Städte in Unteritalien, von den ozolischen Lokrern an der südöstlichen Spiße des Bruttierlandes, wo früher Sikuler gewohnt hatten, gegründet. Von ihrem berühmten Gesetzgeber Zaleukos erhielt sie eine demokratische Verfassung, die ihr, auch nach ihrer Eroberung durch die Römer, ungeschmälert blieb (Liv. 29, 21, 7: Locrensium deinde contionem habuit praetor, atque iis libertatem legesque suas populum Romanum senatumque restituere dixit). Vor der Stadt befand sich ein alter und reicher Tempel der Proserpina (Liv. 29, 18, 3: fanum est apud nos Proserpinae, de cuius sanctitate templi credo aliquam famam ad vos pervenisse etc.).

CAP. II.

(1) 'So zogen sich die Punier von der Meerenge zurück, unter Murren der Bruttier, weil sie die Städte Regium und Lokri, die sie bereits zur Plünderung bestimmt hatten, unversehrt hatten verlassen müssen. (2) Daher bieten sie für sich selbst fünfzehn Tausend von ihrer jungen Mannschaft auf, bewaffnen sie und ziehen zur Belagerung von Kroton, ebenfalls einer griechischen Seestadt, aus, (3) indem sie glaubten, daß ihre Macht einen bedeutenden Zuwachs erhalten würde, wenn sie an der Seeküste eine durch Mauern starke Hafenstadt in Besig genommen hätten. (4) Die einzige Sorge beunruhigte sie, daß sie nämlich einerseits nicht recht wagten, die Punier nicht zur Hilfe herbeizurufen, damit es nicht schiene, als hätten sie etwas nicht ganz wie Bundesgenossen gethan; andrerseits daß, wenn der Punier wiederum mehr als Vermittler des Friedens denn als Helfer im Kriege erschienen wäre, für die Freiheit von Kroton, ebenso wie früher für die Lokri's vergebens gekämpft würde. (5) Daher schien es ihnen das Beste zu sein, an Hannibal Gesandte zu schicken und sich von ihm die Zusicherung geben zu lassen, daß Kroton, sobald es eingenommen wäre, den Bruttiern gehören sollte. (6) Hannibal antwortete, die Berathung hierüber komme denen zu, welche am Plage wären, und verwies sie an

Hanno; von Hanno aber erreichten sie nichts Bestimmtes. (7) Denn sie (die Punier) wollten nicht, daß die berühmte und reiche Stadt ge= plündert würde, und hofften, daß, wenn der Bruttier sie belagerte, von den Puniern aber offenbar wäre, daß sie diese Belagerung weder guthießen, noch unterstühten, sie desto eher zu ihnen abfallen würden. (8) In Kroton war unter den Bürgern (Einwohnern) weder Ein Entschluß noch Ein Wille. Gleichsam die eine Krankheit hatte alle Staaten Italiens ergriffen, daß das niedere Volk mit den Optimaten in Zwiespalt war, der Senat die Römer begünstigte und das Volk zu den Puniern hinneigte. (9) Diese Uneinigkeit in der Stadt meldet ein Ueberläufer den Bruttiern: Aristomachus sei der Führer des Volkes und rathe zur Uebergabe der Stadt; und in der verödeten Stadt und auf den weit auseinander liegenden Mauern seien nur spärliche Posten und Wachen der Senatoren; da, wo nur immer Leute aus dem Volke Wache hielten, stehe der Zugang offen. (10) Auf den Rath und unter der Führung des Ueberläufers umzingelten die Bruttier die Stadt, und vom Volke aufgenommen, eroberten sie auf den ersten Angriff die ganze Stadt außer der Burg. (11) Die Burg hielten die Optimaten besezt, nachdem sie sich schon lange vorher einen Zufluchtsort für einen solchen Fall in Bereitschaft hielten. Eben dahin flüchtete Aristomachus, als wenn er gerathen hätte, die Stadt den Puniern, nicht den Bruttiern zu übergeben.'

2. ad Crotonem oppugnandum, Croto od. Croton (griech. Koótwv), Hafenstadt an der Ostküste des Bruttierlandes am Aesarusflusse (Esaro), Kolonie der Achäer (Herod. 8, 47), eine der reichsten und blühendsten Städte Italiens, berühmt durch Pythagoras, der hier seine Schule errichtet hatte. Vgl. auch zu Anf. des folg. Kap.

CAP. III.

(1) 'Die Stadt Kroton hatte vor der Ankunft des Pyrrhus in Italien eine Mauer, welche im Umfange sich zwölftausend Schritte erstreckte. (2) Seit der in diesem Kriege stattgefundenen Verwüstung wurde kaum die Hälfte bewohnt; der Fluß, welcher mitten durch die Stadt geflossen war, floß jezt außerhalb der mit Gebäuden beseßten

Orte vorbei, und die Burg war von den bewohnten Theilen weit entfernt. (3) Sechzehntausend Schritt von der Stadt entfernt war ein berühmter Tempel der Juno Lacinia, berühmter noch als die Stadt selbst, bei allen Völkerschaften ringsum heilig gehalten. (4) Ein Hain daselbst, dicht besezt von Wald und von schlanken Tannenbäumen umgeben, hatte in seiner Mitte Weideplähe, wo das der Göttin heilige Bieh jeder Art ganz ohne Hirten weidete; (5) und abgesondert kehrten die betreffenden Heerden jeder Art des Nachts zu ihren Ställen zurück, ohne durch die Nachstellungen von wilden Thieren oder durch die Nachstellungen von Menschen jemals verlegt zu werden. (6) Großer Nugen wurde daher von diesem Vieh gezogen, und es war von dem Ertrage eine goldene, massive Säule gefertigt und geweiht worden; und der Tempel war auch durch seinen Reichthum, nicht nur durch seine Heiligkeit berühmt. (7) Und bei so berühmten Orten werden in der Regel noch einige Wunder hinzugedichtet. Es geht die Sage, daß in dem Vorhofe des Tempels ein Altar sei, dessen Asche kein Wind jemals bewege. (8) Aber die Burg Krotons, die auf einer Seite in das Meer hineinragte, während die andere nach dem Lande zu gekehrt war, wurde ehemals nur durch ihre natürliche Lage geschüßt, später wurde sie auch mit einer Mauer umgeben da, wo sie vermittels der rückwärts gelegenen Felsen von Dionysius, dem Tyrannen von Sicilien, durch List eingenommen worden war. (9) In dieser Burg hielten sich da= mals, da sie hinlänglich sicher zu sein schien, die Optimaten der Krotoniaten, während sogar ihre eigene Bürgerschaft mit den Bruttiern sie belagert hielt. (10) Zulegt bitten die Bruttier, da sie sahen, daß die Stadt mit ihren eignen Streitkräften uneinnehmbar sei, nothge= drungen um die Hilfe des Hanno. (11) Dieser versuchte, die Krotoniaten unter den Bedingungen zur Uebergabe zu bewegen, daß sie zugäben, daß eine Kolonie der Bruttier dahin geführt würde und dadurch die verödete und durch Kriege verlassene Stadt die alte Menge wieder erhalte; aber er konnte von Allen Niemanden außer den Aristomachus bewegen. (12) Sie versicherten, daß sie lieber sterben würden, als mit den Bruttiern vermischt sich zu fremden Religionsgebräuchen, Sitten und Gesezen, und bald auch zu einer fremden Sprache wenden.

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