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(Abdruck aus der Preußischen Gesez-Sammlung von 1854 S. 359-362.)

(Nr. 4039.) Patent über die Publikation des Beschlusses der Deutschen Bundesversammlung vom 26. Januar 1854 wegen gegenseitiger Auslieferung von Personen, welche wegen gemeiner Verbrechen oder Vergehen zur Untersuchung gezogen worden find. Vom 10. Juni 1854.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von

Preußen 20. 20.

thun kund und fügen hiemit zu wissen:

Die Deutsche Bundes - Versammlung hat in ihrer diesjährigen dritten Sizung wegen gegenseitiger Auslieferung gemeiner Verbrecher auf dem Deutschen Bundesgebiete, folgenden Beschluß gefäßt:

Artikel I.

Unter Vorbehalt fortdauernder Wirksamkeit der durch den Bundesbeschlußz vom 18. August 1836 bezüglich der Auslieferung politischer Verbrecher getroffenen Anordnungen, für deren Ausführung die folgenden Artikel gleichfalls in Anwendung zu bringen sind, verpflichten sich die Bundesstaaten gegenseitig, Individuen, welche wegen anderer Verbrechen oder Vergehen (ausschließlich der Abgabendefrau dation und der Uebertretungen von Polizei- und Finanzgesehen) von einem Gerichte desjenigen Staates, in welchem oder gegen welchen das Verbrechen oder Vergehen begangen worden, verurtheilt oder in Anklagestand versezt sind, oder gegen die ein gerichtlicher Verhaftsbefehl dort erlassen ist, diesem Staate auszuliefern, vorausgesezt, daß nach den Geseßen des requirirten Staates die veranlassende strafbare Handlung gleichfalls als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und die Strafe noch nicht verjährt ist.

Ausnahmen treten nur ein:

1) wenn das betreffende Individuum ein Unterthan des um die Abliefe-
rung angegangenen Staates ist;

2) wenn wegen derselben strafbaren Handlung, welche den Auslieferungs-
Antrag veranlaßt hat, die Kompetenz der Gerichte des um die Auslie-
ferung angegangenen Staates nach den Gesezen desselben begründet ist;
3) wenn der Auszuliefernde in dem um die Auslieferung angegangenen
Staate wegen anderer Handlungen einer Untersuchung oder Strafhaft
oder wegen Schulden oder sonstiger civilrechtlicher Verbindlichkeiten einem
Arreste unterliegt.

Abdruck No 13.
B. II.
Bundesbeschluß.

Artikel II.

In dem Falle des Artikels I. Ziffer 3. hat die Auslieferung erst nach erfolgter Freisprechung oder erstandener Strafe, beziehungsweise nach aufgehobenem Arreste, Platz zu greifen.

Artikel III.

Mit der Person sind alle Gegenstände, welche sich in deren Besitz befinden, wie auch andere, die zum Beweise der strafbaren Handlung dienen können, zu übergeben.

Artikel IV.

Die Auslieferung erfolgt auf Ansuchen der zuständigen Gerichtsbehörde, oder, wenn es sich um die Ergreifung eines entwichenen Strafgefangenen handelt, der Verwaltungsbehörde der betreffenden Strafanstalt, an die Justiz- oder Polizeibehörde des Bezirks, in welchem sich der Angeschuldigte befindet.

In dem Ansuchen ist das Verbrechen oder Vergehen, dessen das betreffende Individuum beschuldigt wird, oder wegen dessen dasselbe verurtheilt worden, sowie die Zeit der verübten strafbaren Handlung, im leßteren Falle unter Bezeichnung des Gerichtes, welches die Verurtheilung ausgesprochen hat, und des wesentlichen Inhalts des Erkenntnisses anzugeben.

Die um die Auslieferung angegangene Behörde hat sofort die nach den Landesgesehen erforderlichen Einleitungen zur Erwirkung der Prüfung und Bescheidung des Antrags zu treffen, und es wird sodann die zugestandene Ausliefe rung an dem der Verhaftung zunächst liegenden Grenzorte, an dem sich eine zur Uebernahme geeignete Behörde befindet, vollzogen.

Artikel V.

Ist die Auslieferung von mehreren Staaten nachgesucht worden, so erfolgt dieselbe an den Staat, welcher das desfallsige Ansuchen zuerst gestellt hat.

Artikel VI.

Die Kosten der Ergreifung und die des Unterhaltes des verhafteten Individuums, wie der mit zu übergebenden Gegenstände, werden dem ausliefernden Staate von dem Tage der Verhaftung an, in den Artikel I. 3. erwähnten Fällen aber vom Tage der Freisprechung oder beendigten Straf- oder Arresthaft an, bis einschließlich dem der Auslieferung, unmittelbar nach erfolgter Uebersendung der Kostenspezifikation an das die Auslieferung nachsuchende Gericht durch letzteres erstattet.

Artikel VII.

Der Transport solcher, aus Deutschen Bundesstaaten oder auch aus andern Ländern auszuliefernder Individuen wird in jenen Bundesstaaten, welche sie als Zwischengebiet berühren, unbehindert gestattet werden; übrigens unterliegt

diese Verbindlichkeit zur Durchlieferung denselben Ausnahmen und Beschränkungen, welche in Artikel I. Ziffer 1. bis 3. inkl. für die Verpflichtung zur Auslieferung festgesezt sind.

Artikel VIII.

Die Verhafteten und die mit zu übergebenden Gegenstände werden auf dem Wege nach dem Bundesstaate, an welchen die Auslieferung erfolgt, ebenso verpflegt und behandelt, und es wird in gleichem Maaße hierfür Vergütung ge leistet, wie dieses für die eigenen Unterthanen in denjenigen Staaten vorgeschrieben ist, von welchen die Auslieferung vollzogen wird, oder durch welche der Trans. port führt.

Artikel IX.

Von der ausliefernden Behörde ist ein Transportausweis auszufertigen und mit dem Verhafteten zu übergeben. Diejenigen Staaten, durch welche der Transport führt, haben die auf ihrem Gebiete erwachsenen Kosten vorschußweise zu bezahlen, dieselben auf dem Transportausweise quittiren zu lassen, und so dem nächstfolgenden Staate in Anrechnung zu bringen, welcher lettere bei der Auslieferung an die requirirende Behörde durch diese den vollen Ersag erhält.

Artikel X.

Durch die vorstehende Uebereinkunft werden die zwischen einzelnen Deutschen Staaten bestehenden Auslieferungsverträge in soweit außer Wirksamkeit gesetzt, als dieselben Bestimmungen enthalten, welche mit den durch diese Uebereinkunft begründeten gegenseitigen Verpflichtungen im Widerspruche stehen, oder nicht etwa besondere Verabredungen über den Vollzug von Auslieferungen und die Kosten derselben in sich fassen.

Die Erneuerung der mit auswärtigen Staaten bestehenden AuslieferungsVerträge wird in einer mit dem Inhalte dieser Uebereinkunft übereinstimmenden Weise erstrebt werden.

Artikel XI.

Auf das Gebiet des Herzogthums Limburg findet dieser Bundesbeschluß keine Anwendung.

Wir bringen hierdurch diesen Bundesbeschluß zur allgemeinen Kenntniß Unserer Behörden und Unterthanen, und wollen, daß die in demselben enthaltenen Bestimmungen, und zwar nicht blos in Unseren zum Deutschen Bunde gehören. den, sondern auch in allen übrigen Landestheilen Unserer Monarchie in Ausfüh rung gebracht werden sollen.

So geschehen und gegeben Berlin, den 10. Juni 1854.

v. Manteuffel.

(L. S.)

v. d. Heydt.

Friedrich Wilhelm.

Simons. v. Raumer. v. Westphalen. v. Bodelschwingh. Gr. v. Waldersee.

D. Auslieferungsverträge.

12

(Abbruck aus der Preußischen Gefeß-Sammlung für 1854 . 555, 556.)

Abdruck No 14.
B. II.
Preußen

(Nr. 4099.) Bekanntmachung der Ministerial-Erklärung vom 20. Oktober 1854, betreffend Desterreich. Ungarn. die gegenseitige Anwendung des durch das Patent vom 10. Juni 1854 veröffentlichten Beschlusses der Deutschen Bundesversammlung vom 26. Januar 1854 wegen gegenseitiger Auslieferung gemeiner Verbrecher auf die zum Deutschen Bunde nicht gehörigen Landestheile des Königreichs Preußen und Kaiserthums Desterreich. Vom 27. Oktober 1854.

Die Königlich Preußische und die Kaiserlich Desterreichische Regierung find dahin

übereingekommen, die Bestimmungen des in der dritten Sigung der Deutschen Bundesversammlung vom 26. Januar 1854 gefaßten Beschlusses wegen gegen seitiger Auslieferung gemeiner Verbrecher auf dem Deutschen Bundesgebiete (Gesetz-Sammlung für die Preußischen Staaten Jahrgang 1854 S. 359 ff.) auch auf die nicht zum Deutschen Bunde gehörigen Theile ihrer beiderseitigen Staaten auszudehnen, so daß also die Bestimmungen dieses Bundesbeschlusses auch auf diejenigen Fälle volle Anwendung finden sollen, in welchen das gemeine Verbrechen oder Vergehen, wegen dessen durch eine Kaiserlich Desterreichische Behörde bei der Königlich Preußischen Regierung die Auslieferung eines Individuums begehrt wird, in einem nicht zum Deutschen Bunde gehörigen Kron lande des Desterreichischen Kaiserthums oder von den Angehörigen eines solchen Kronlandes gegen den Kaiserstaat begangen wurde, sowie umgekehrt auch auf den Fall, wenn die Königlich Preußische Regierung nach Maaßgabe des erwähnten Bundesbeschlusses von der Kaiserlich Desterreichischen Regierung die Auslieferung eines Individuums in Anspruch nimmt, welches ein gemeines Verbrechen oder Vergehen in einem nicht zum Deutschen Bunde gehörigen Landestheile des Preußischen Staates begangen hat, oder welches einem solchen Landestheile angehört.

Vorstehende Bestimmungen finden ferner auch dann Anwendung, wenn sich die Individuen, deren Auslieferung verlangt wird, in Landestheilen des requirirten Staates aufhalten, welche nicht zum Deutschen Bunde gehörig sind. Zu Urkund dessen ist gegenwärtige Ministerial Erklärung ausgefertigt worden, und es soll dieselbe nach erfolgter Auswechselung gegen eine übereinstimmende Kaiserlich Desterreichische Ministerial-Erklärung öffentlich bekannt gemacht werden.

Berlin, den 20. Oktober 1854.

Der Königlich Preußische Ministerpräsident, Minister der
auswärtigen Angelegenheiten.

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