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aufweist, und dafs wirklich Polybios entlehnt nur der verfrühte sicilische Abschnitt ist. Dasselbe gilt vom folgenden Jahre. Zu 213 v. Chr. steht der Übertritt Tarents, reinpolybianisch, zwar an rechter Stelle, Livius meint aber seine Ansetzung gegen Polybios rechtfertigen zu müssen; das Kennzeichen fehlt also nicht. Sicilien wird erst 212 v. Chr. wieder bedacht, aber mit zwei Polybianischen Abschnitten, von welchen der erste vor, der zweite noch hinter dem verfrühten und gröfstenteils Polybianischen Bericht über Spanien steht. Jenen hat Livius aus zwingenden chronologischen Gründen an die rechte Stelle gerückt (also eine Ausnahme, welche die Regel bestätigt), der andre ist natürlich wieder verfrüht. 211 v. Chr. bringt Livius zum ersten Mal einen Polybianischen Bericht über Makedonien, natürlich verfrüht, bricht ihn aber ab, wo er zu tief ins folgende Jahr hineingreift.

Jetzt die erste wirkliche Ausnahme. Die allgemeine Betrachtung, mit welcher Polybios das Jahr 210 einleitete, macht sich Livius an rechter Stelle zunutze, obwohl er damit über die letztentlehnten Stücke zurückgreift. Und wunderbar, er läfst sich hierdurch nicht stören, zu Ende dieses Jahres vorher ist wohl nichts Polybianisch den spanischen Bericht von 209 einzureihen und so 211 seiner irrigen Jahresgleichung zurückzukehren. Ja er polemisiert dabei gegen die Chronologie seiner römischen Quellen. Mufs man deshalb diesmal noch annehmen, dafs er in gutem Glauben verfuhr, so ist das hingegen ausgeschlossen beim folgenden Jahr 209 v. Chr., wo der Fall der Stadt Tarent Polybianisch und richtig datiert ist, Livius also nicht mit einer Betrachtung, sondern mit einer langen Erzählung abermals zurückgreift und dann doch wieder den spanischen Bericht von 208 v. Chr. einrückt. Bei Tarent hätte Livius

eine chronologische Bemerkung machen müssen, wenn er noch in seinem Irrtum befangen gewesen wäre, ebenso bei dem spanischen Bericht, wo mehrfach eine römische Nebenquelle auftritt. Das Schweigen war uns ein Zeichen seines Schuldbewusstseins; Livius hat nur eben die Dinge vorläufig gehen lassen, wie sie gehen mochten.

nur

Wo nun aber zu 208 v. Chr. Spanien an die Reihe kommen sollte der italische Schauplatz zeigt keine Spur von Polybios ging es mit Vorwegnehmen nun durchaus nicht weiter, und Livius wählt die Auskunft, sich über Spanien einfach auszuschweigen. Wäre es nur dabei geblieben! Hätte er, nachdem so ein Jahr gewonnen, jetzt, indem er wegen Griechenlands seinen griechischen Gewährsmann zurate zicht, den Faden unmittelbar, wo er ihn vor Jahresfrist verlassen, wieder aufgenommen! Statt dessen greift er noch ein Jahr zurück, so dafs die Kapitel über Griechenland in diesem wie auch im folgenden Jahre verspätet sind!! Wahrlich ein error pejor priore.

Von langer Dauer konnte derselbe freilich nicht sein. An der Spitze von 206 v. Chr. steht richtig die Polybianische Würdigung Hannibals, und der spanische Bericht dieses Jahres ist auch Polybianisch und in Ordnung. Dafs Livius dabei kein Wort über die neue Irrung verliert, ja dafs er, um nicht dazu genötigt zu sein, Griechenland schr störender Weise in diesem Jahr ganz leer ausgehen läfst, ist seinem früheren Benehmen nur entsprechend. Die Beendigung des makedonischen Krieges 205 v. Chr. ist das letzte Polybianische Stück überhaupt aufser dem afrikanischen Kriegstheater.

Die weit überwiegenden nichtpolybianischen Teile verdankt Livins auch hier keineswegs einer und derselben Quelle.

Hauptsächlich zwei Schattierungen kann man oft unterscheiden und die bessere für Coelius, die schlechtere für Valerius beanspruchen. Es kommen aber auch bessere Stücke vor, die nicht Cölianisch, und schlechtere, welche nicht Valerisch sein können, und mag man da immerhin an Piso und Claudius denken, welche wir ja einmal in dieser Dekade citiert finden. Einige Stellen stammen aus einer Quelle, welche sich als noch später und verfälschter denn Valerius charakterisiert.

Gleich 216 v. Chr. steht die von Antias eingeschmuggelte Schlacht von Nola zwischen Berichten, deren besserer Charakter durch Vergleich mit Dio und Appian oder mit angeführten Varianten dargethan werden kann. 215 v. Chr. hingegen beginnt mit der sicher aus Valerius geschöpften Verhandlung Hannibals mit König Philipp, und auch der Rest macht durchgängig denselben Eindruck. Über 214 v. Chr. läfst sich einiges Gute sagen, besonders über den (nichtpolybianischen) makedonischen Bericht, jedoch nichts Bestimmtes. Zum folgenden Jahr konnte die Einnahme von Arpi als reinere Tradition gegen Appian, zu 212 hinwiederum der Tod des Gracchus als gleichen Ursprungs, also valerisch rekognosziert werden; hier hat aber Livius kritische Bemerkungen aus Coelius beigegeben. Die kontrollierende Zuziehung dieses Schriftstellers übt Livius noch eine Zeit lang. Denn dem Marsch nach Rom 211 v. Chr., welcher aus dem noch verfälschteren Annalenwerk als Antias stammt, fügt er die Lesart des Coelius, dem Strafgericht über die Capuaner aus derselben Quelle wieder zwei Lesarten bei, welche für die des Coelius und die des Antias gelten können.

210 v. Chr. ist der Abfall Salapias und die Schlappe von Herdonea nicht in Antias' Art, obwohl auch recht lügenhaft,

209 v. Chr. die erlogenen Siege des Marcellus wiederum wohl Antiatisch, sein Untergang aber zum nächsten Jahre ebenso wie die kritischen Erörterungen Cölianisch.

Von 207 v. Chr. schieden wir erfundene Siege über Hannibal und Zahlen aus der Schlacht am Metaurus als Valerisch aus; der Rest war von ziemlich guter Qualität, aber der erste erkennbare Fall der Art wohl nichtcölianisch. Nach einem ereignislosen Jahr folgt die Debatte um Scipios Provinz, zu welcher das Material Valerius geliefert hat. Denselben hat Livius mit Coelius kombiniert, ohne der Gefahr der Doppelerzählung zu entgehen, bei den Operationen Magos in Norditalien; über den glücklichen Fang der römischen Flotte bei Sardinien hat er in seiner Ratlosigkeit es vorgezogen, beide zu Worte kommen zu lassen. Die Tendenzen der verschiedenen Bearbeitungen hat er hier, wie meistens, nicht geahnt. Die beiden in 204 v. Chr. übergreifenden Geschichten, Einholung der Mater Idaea, Frevel und Strafe des Pleminius, sind als besseren Charakters, letztere aufserdem als nichtcölianisch zu bezeichnen. Hier wird die Darstellung des Antias über einen Punkt mitgegeben, dort die von ihm aufgenommene Legende in kritischem Tone erwähnt. Für 203 v. Chr. ist Antias Quelle gewesen wenigstens bei der erlogenen Niederlage Magos und bei der Schlappe Hannibals vor Kroton, welche entweder zu der vorjährigen an demselben Orte hinzuerfunden ist oder dieselbe ersetzen sollte. Gleichfalls aus Antias scheinen die letzten Mafsregeln Hannibals in Italien herzurühren und noch einiges von 202 v. Chr. In den Verhandlungen mit Makedonien. aber tritt der Unbekannte wieder auf, der die äufserste Stufe der Fälschung darstellt.

Sechster Abschnitt.

Die Tradition in ihren erkennbaren Umbildungsstufen.

Ehe ich die im Titel versprochene Skizze gebe, ist es geraten, meinen Standpunkt in bezug auf vier das Quellenverhältnifs betreffende Kardinalfragen festzulegen.

I. Livius geht zum guten Teil auf Polybios zurück. Zunächst ist das mit Sicherheit zu behaupten, wo eigenstes Eigentum des Polybios sich bei ihm findet, so bei der lacinischen Tafel, der Beschreibung Neukarthagos, der Vorgeschichte Masinissas und gewifs grofsenteils den griechischen Angelegenheiten; ferner bei den Erörterungen. über die saguntinische Streitfrage, über Hannibals Verfahren gegen die italischen Bundesgenossen seit Capuas Fall, über die Kriegslage im Jahre 210 v. Chr., über Scipios Charakter, über Hannibals Plan in der Schlacht von Zama; bei Beobachtungen über Taktik, über römische Verhältnisse. recht augenfällig: mos vetustus erat Romanis S. 450, versteckter S. 235. Und alle diese Stellen ziehen schon viele andre mit sich. Wir beobachten ferner zahlreiche Mifsverständnisse (worüber das Nähere weiter unten bei „Livius“), zahlreiche Spuren Polybianischer Chronologie ich verweise besonders auf S. 443 und Polybianischer Schreibweise. Denn welcher Römer sagte: Romani decernunt provinciam S. 476! welcher Annalist bestimmte ein römisches

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