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Im Vorhergehenden ist versucht worden, die geschichtliche Tradition, die wir ausser Livius besitzen, auf ihre Urquellen zurückzuführen; auch hier steht eine ältere, reinere, glaubwürdigere, auf primäre Quellen zurückgehende Tradition bei Polybius und Diodor einer jüngeren, interpolierten, rhetorisch bearbeiteten, auf secundären und tertiären Quellen basierenden Tradition bei Appian, Dio Zonaras, Corn. Nepos, Plutarch, Silius Italicus, den sogenannten Epitomatoren des Livius und der Schrift de viris ill. gegenüber. Die römische Geschichtschreibung wurde immer mehr eine Disciplin der Rhetorik 1). Von allen ältern römischen Annalisten und Historikern fand nur Einer Gnade vor den Augen Ciceros, und das war Coelius Antipater, da er nicht nur ein narrator, sondern auch ein exornator rerum war (de or. 2. 12. 54, legg. 1. 2. 6). Seine Methodologie der Geschichtschreibung hat Cicero in der Schrift de or. 2. 15. 62-3 aufgestellt; besonders verlangt er vom Geschichtschreiber, der nach ihm in erster Linie Redner sein muss, Wahrhaftigkeit, ferner gute Ausführung (exaedificatio) nach materieller Seite in der Chronologie und Topographie, nach formeller Seite aber in pragmatischer Behandlung der Geschichte und Charakterschilderung ausgezeichneter Männer. Das Wichtigste aber ist und bleibt ihm die Form und in formeller Schönheit und rednerischer Leistung sieht er die Vollendung der Historie.

Ebenso nennt Dionys von Halikarnass die Geschichte eine vлóεσs gyroginý (de Thuc. iud. 9) und stellt Rhetoren und Historiker auf eine Linie, lässt auch in seiner Archäologie in eingeflochtenen, nie gehaltenen Reden das Licht seiner Beredtsamkeit glänzen. Auch Dio Cassius verspricht im Eingange seiner römischen Geschichte, (1. 2) gleichen Eifer auf eine zierliche Form wie auf den Inhalt seiner ausgewählten Geschichten zu verwenden und legt ebenfalls den handelnden Personen lange, wohl ausgearbeitete Reden in den Mund. Auch Diodor versucht sich bisweilen in solchen Paradereden. — Die römische Geschichtschreibung hatte den Charakter der Staatsgeschichte, sie war die Lehrmeisterin für das öffentliche Leben und die Staatskunst und zugleich das wirksamste Mittel, auf dem Forum, in der Curie oder im Richtercollegium zu glänzen, und so hat Dionys in erster Linie die politischen Redner (περὶ τοὺς πολιτικοὺς διατρίβοντες λόγους), dann die Philosophen und endlich diejenigeu, die in ihrer Musse an Geschichtswerken Gefallen fanden, als Publikum in's Auge gefasst 2). Daraus erklärt sich, dass die Geschichtschreibung immer mehr ein opus oratorium, eine Hülfswissenschaft der Beredtsamkeit, wurde. - Selbstverständlich ist auch Livius nicht frei geblieben von dieser Ansicht, die der Zeitströmung angehörte. Er tritt mit einer gewissen Scheu in den grossen Kreis der römischen Historiker, ,,die entweder im Stofflichen Neues vorzubringen oder durch schriftstellerische Kunst das rohe Altertum zu besiegen hoffen", und tröstet sich, falls sein Name bei der grossen Menge von Schriftstellern in Vergessenheit oder im Dunkeln bleiben. würde, mit dem Gedanken, dass diese ihn an Adel und Bedeutung übertreffen und mit der Freude, die ihm aus der stillen Arbeit, die Geschichte des berühmtesten Volkes der Erde zu schreiben, zu teil geworden ist. — (praefatio). Dabei lässt aber auch Livius die handelnden Staatsmänner meist in langen, trefflich geordneten Reden die Motive ihrer Handlungen auseinander setzen oder auf die Stimmung und die Entschliessungen der Massen einwirken.

Die Furcht des Livius, dass sein Name im Dunkeln bleiben würde, ist eine unbegründete gewesen; er hat mit seinem Geschichtswerke die tanta scriptorum turba überlebt, und im Folgenden soll nun versucht werden, die wiederholt angeregte Frage nach Livius Verhältnis zu seinen Vorgängern nochmals genauer zu untersuchen.

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1) cf. Berns Zu Ciceros Ansicht von der Geschichte. Siegen, 1880. 2) Dion. Hal. Ant. 8.

In Betreff der Quellen des Livius in der dritten Dekade sind die Ansichten bekanntlich sehr geteilt. Auf der einen Seite stehen diejenigen, welche behaupten, Livius habe den Polybius schon in der dritten Dekade benutzt, wie es für die 4te und 5te Dekade von Nissen (Untersuchungen über die 4te und 5te Dekade des Livius, Berlin 1863) für die griechisch-orientalischen Verhältnisse nachgewiesen ist.

Dies behaupten: C. Peter über die Quellen des 21. und 22. B. des Livius; Pr. Pfort. 1863. - H. Peter: Histor. Rom. rell. Leipzig 1870. Woelfflin Antiochus von Syrakus und Coelius Antipater. Winterthur 1872 und T. Livi ab urbe condita L. XXI und XXII Leipzig 1873. Luterbacher: de fontibus librorum XXI et XXII. Argent. 1875. Zielinski: die letzten Jahre des 2. pun. Krieges, Leipzig 1880, der eine Polybische und Coelische Überlieferung bei Livius unterscheidet. — Die gegenüberstehende Ansicht, dass die Ähnlichkeiten zwischen Livius und Polybius auf eine gemeinsame Quelle, Silenos, zurückzuführen seien, den Polybius direct benutzte, Livius durch Vermittlung des Coelius, vertreten: Niebuhr, Vorlesungen über römische Geschichte I p. 49; Schwegler, Röm. Geschichte I p. 110; Michael, In wie weit hat Livius den Polybius als Hauptquelle benutzt? Torgau 1859. Tillmanns 1) quo libro Livius Polybii historiis uti coeperit, Jahns Jhbb. 1862 p. 844 ff. — Weissenborn und Hertz schliessen sich in ihren Ausgaben des Livius einer einmal von Nitzsch aufgestellten Ansicht an, dass Livius besonders den Fabius henutzt habe. Böttcher Kritische Untersuchungen über die Quellen des Livius im 21. und 22. Buche, Leipzig 1869, wies zuerst auf Coelius Antipater als Quelle des Livius hin. Diese Untersuchungen wurden weiter geführt von Vollmer quaeritur unde belli punici secundi scriptores sua hauserint, Götting. 1872. Hesselbarth de pugna Cannensi, Gött. 1874; Friedersdorff, Livius et Polybius Scipionis rerum scriptores, Gött. 1869 p. 9. Ackermann, zur Geschichte der Barciden, Rostock 1876 p. 53. Heynacher, Über die Stellung des Silius Italicus unter den Quellen zum 2. punischen Kriege; Prog. Ilfeld 1877. Linke, die Controverse über Hannibals Alpenübergang. Breslau 1873. - Besonders aber trat Nitzsch Römische Annalistik p. 13 ff. der Böttcher'schen Ansicht bei und hat gewichtige Gründe für dieselbe vorgebracht und endlich auch Schaefer in einer Beurteilung der Böttcherschen Untersuchungen Sybels Hist. Zeitschrift XXIII p. 436 f. Nur stimmt Letzterer Böttcher nicht bei, die römischen Berichte bei Livius ebenso wie die punischen ausschliesslich auf Coelius zurückzuführen. Wenn auch vielfach in den römischen Berichten, wo Polybius und Livius übereinstimmen, Fabius zu Grunde liegt, den Polybius so gut wie Coelius hier für ihren besten Gewährsmann erkannt haben, so findet sich — ist die Ansicht Schaefers bei Livius öfters eine getrübte und gefälschte Erzählung, für die Coelius schwerlich einzustehen hat. Für diese Berichte, zu denen Schaefer die ausgeschmückte Schilderung des Alpenübergangs, die Geschichte von der Verwechslung yon Casilinum und Casinum, besonders aber die rhetorische und mit falschen Motiven verwebte Schilderung der Verhandlungen über die Gleichstellung des Minucius mit Fabius, rechnet, welche weiter fortschreitet in der verkehrten Vorstellung, als sei es die Absicht des römischen Senats und seiner Führer gewesen, auch im J. 216 keine Schlacht zu liefern, sondern mit einer Streitmacht von mehr als 80000 Mann in der Defensive zu beharren" ist ein anderer römischer Annalist verantwortlich.

Diese im Sinne der spätern Optimaten zugestutzte Erzählung beruht nach Schaefer auf

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1) Diese Gelehrten negieren nur die Benutzung des Polybius durch Livius im Allgemeinen gegen Lachmann de fontibus historiarum T. Livii und Lucas de ratione qua Livius usus est opere Polybiano. 1854.

Valerius Antias, den Livius nemais ganz bei Seite legte und den er dreimal in der dritten Dekade neben Coelius citiert.

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Im Folgenden soll nun diese Schaefer'sche Ansicht, dass in der dritten Dekade besonders zwei Hauptquellen Coelius und Valerius Anțias contaminiert sind und dass Livius von Polybius wahrscheinlich völlig unabhängig ist, nochmals untersucht und begründet werden.

Die beste Antwort über seine Quellen giebt Livius selbst; je häufiger er seinen Gewährsmann nennt, gleichviel ob er zustimmt oder ihn widerlegt, desto dringender hatte er den Wunsch, sich mit ihm auseinander zu setzen, d. h. desto grössere Wichtigkeit hat er ihm beigemessen.

In der dritten Dekade werden nun folgende 11 Annalisten und Geschichtschreiber mit Namen angeführt, am häufigsten Coelius an 10 Stellen, Valerius Antias an 7, alle übrigen Fabius, Silenus, L. Cincius Alimentus, Ennius, Polybius, Claudius Quadrigarius, Clodius Licinus, Piso nur einmal. Ausserdem führt Livius aber sehr häufig seine Quellen, ohne Namen zu nennen, an mit Worten wie sunt qui, alii-alii tradunt, in quibusdam annalibus invenio, quidam auctores sunt, memoriae proditur, ut fama est, alibi-alibi, seu-seu, ferunt etc. Durch Heranziehung der übrigen Nachrichten über den zweiten punischen Krieg, durch Vergleichung und Vermutung, lässt sich oft auch diese unbenannte Quelle des Livius sicher oder doch annähernd, ob römisch oder karthagisch, bestimmen und die Unabhängigkeit des Livius von Polybius erweisen. So würden auch die Worte Mommsens 1),,wer die Augen nicht dem hellen Sonnenschein verschliesst, kann sich auch darüber nicht täuschen, dass Livius die Fabischen Annalen nicht unmittelbar, sondern nur durch die Vermittlung von Macer, Antias, Tubero benutzt hat und alle bei ihm vorkommenden Anführungen des Fabius aus zweiter Hand sind", ebenfalls für die Geschichte des Hannibalischen Krieges eine Bestätigung finden.

L. 21. 1

in parte operis mei licet mihi praefari, quod in principio summae totius professi plerique sunt rerum scriptores, bellum omnium maxime memorabile, quae unquam gesta sint me scripturum, quod Hannibale duce Carthaginienses cum populo Romano gessere etc.

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L. XXI beginnt Livius die Erzählung des Krieges mit einigen einleitenden Worten, die schon an den auf Coelius beruhenden Bericht bei Zonaras erinnern :

1) Fabius und Diodor, Hermes. 13. 3. 330.

Zon. 8. 21 p. 175
τῷ δ ̓ ἐχομένῳ ἔτει (a. 218) περιφανῶς οἱ ̔Ρω-
μαῖοι τοῖς Καρχηδονίοις ἐξεπολεμώθησαν, καὶ
ὑπόλεμος οὗτος τῷ μὲν χρόνῳ πολὺ ἐλάσσων
τῶν προτέρου συμβέβηκε, τοῖς δ ̓ ἔργοις τοῖς
τε παθήμασι καὶ μείζων καὶ χαλεπώτερος.
ἐπῆρε δὲ τοῦτον μάλιστα ὁ ̓Αννίβας στραταρ-
χῶν τῶν Καρχηδονίων.

Daran schliesst sich bei Beiden die Erzählung vom Schwure des neunjährigen Knaben Hannibal, der „Löwenbrut" des grossen Hamilkar Barkas, den Pol. 3. 11. 5-9 und nach ihm Corn. Nep. Hann. 2. 3-5 ausführlicher, am ausführlichsten jedoch Sil. Ital. 1. 70 f., der den Elissatempel statt des Jupitertempels erwähnt und beschreibt, erzählen, auch die c. 3 gegebene Charakteristik Hannibals stimmt mit der Coelischen bei Dio C. f. 54. 1-10 vielfach überein.

Auch das Verhältnis zwischen Hamilkar und Hasdrubal erwähnt Livius mit einem, ut ferunt einer römisch annalistischen Quelle, die sich bei Nep. Ham. 3 wieder findet.

Die Contamination zweier Quellen, der Annalen des Antias mit den historiae belli Punici alterius des Coelius und die dem Livius daraus erwachsenden chronologischen Schwierigkeiten zeigen sich nun gleich 21. 15 in den Worten „octavo mense, quam coeptum oppugnari, captum Saguntum

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quidam scripsere (cf. Coelius bei Zon. 8. 21 p. 178, Pol. 3. 17. 9.), inde Carthaginem novam in hiberna Hannibalem concessisse (Pol. 3. 33. 5); quinto deinde mense, quam ab Carthagine profectus sit, in Italiam pervenisse. (Pol. 3. 56. 3.) quae si ita sint, fieri non potuit, ut P. Cornelius. Tib. Sempronius consules fuerint, ad quos et principio oppugnationis legati Saguntini missi sint (Liv. 21. 6, Zon. 8. 21 p. 177) et qui in suo magistratu cum Hannibale, alter ad Ticinum amnem, ambo aliquanto post ad Trebiam pugnaverint." Hätte Livius den Polybius genauer eingesehen, so wäre ihm diese chronologische Schwierigkeit erspart geblieben, ihm klar geworden, dass die Einnahme von Sagunt und die Gesandtschaften der Saguntiner nach Rom schon ins J. 219 fielen, dass M. Livius und L. Aemilius Paulus und nicht ein Scipio damals Consuln waren und dass den M. Livius Salinator hauptsächlich die Schuld traf, Sagunt preisgegeben zu haben, da Aemilius Paulus im J. 219 durch seinen Sieg über Demetrius von Pharos Illyrien unterwarf.

So kommt er, sei es aus Schonung für seinen Geschlechtsgenossen, sei es aus Unkenntnis zu dem verzweifelten Auswege „aut omnia breviora aliquanto fuere, aut Saguntum principio anni, quo P. Cornelius Tib. Sempronius consules fuerunt, non coeptum oppugnari est sed captum", was beides wieder dem Polybius widerspricht. — M. Livius Salinator, der aus Hass gegen die Tribus, durch die er wegen schlechter Verwaltung seines Consulats im J. 219 verurteilt war, (Liv. 27. 34) einen neuen Salzzoll einführte und daher den Namen „Salzmann" erhielt, (L. 29. 37) der grollend sich auf sein Landgut zurückgezogen hatte und 8 Jahre lang vom öffentlichen Leben sich fern hielt, bis ihm durch die Invasion Hasdrubals in Italien das Consulat fürs J. 207 wieder aufgenötigt ward, der auch nach seinem Siege seinen Groll gegen das undankbare Volk nicht aufgab, gehörte also zu der saumseligen Friedenspartei des Fabius in Rom, durch die Italien der Schauplatz des Krieges geworden war.

Die Quelle des Livius, welche die Eroberung von Sagunt und Roms zögernde Politik in das Consulatsjahr eines Scipio und eines Sempronius, die den von den spätern Optimaten bestgehasstesten Geschlechtern angehörten, verlegte, ist also eine gefälschte, Fabische, die Namen der ersten römischen Gesandtschaft (L. 21. 6) P. Valerius Flaccus und Q. Baebius Tamphilus, die auch Cicero Phil. 5. 27 1) erwähnt, deuten auf den in Ciceros Zeit gelesensten römischen Annalisten Valerius Antias, den auch Livius seinem Annalenwerke zu Grunde legte und besonders für römische Stadtgeschichte benutzte, während er die eigentliche Kriegsgeschichte nach Coelius erzählte.

c. 25 beruft Livius sich auf 3 Quellen, welche die Namen der im Bojerlande beschäftigten triumviri ad agrum ads., die dort bei Mutina von den Bojern gefangen wurden, verschieden angeben: 1) quidam: C. Lutatius, C. Servilius. M. Annius (cf. Liv. 27. 21, 30. 19)

M. Acilius, C. Herennius, C. Lutatius

2) 3)

P. Cornelius Asina, C. Papirius Maso, C. Lutatius.

Der einfache Bericht bei Polyb. 3. 40. 9 f. gehört also sicher nicht zu Livius Quellen, da dieser nur den C. Lutatius und 2 namenlose praetorii nennt. Die genauen Zahlenangaben der im folgenden Gefecht bei Tannetum erschlagenen 700 Römer, die 6 erbeuteten signa militaria und die Ansicht, dass der Angriff gegen römische Gesandte, nicht gegen die einem Senatshistoriographen unbequemen triumviri a. a. a. gerichtet war, weisen auf Val. Antias hin.

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c. 28 giebt Livius die variata memoria über den Transport der Elephanten über den Rhodanus, den karthagischen Bericht, der mit Pol. 3. 46 übereinstimmt, und den annalistischen,

1) Liv. Phil. 5. 27 non enim ad Hannibalem mittimus, ut a Sagunto recedat, ad quem miserat olim senatus P. Valerium Flaccum et Q. Baebium Tampilum, qui, si Hannibal non pareret, Carthaginem ire iussi sunt.

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c. 38 folgt dem nach Coelius erzählten Bericht über Hannibals Alpenübergang ein kritischer Excurs. Zunächst kann unter den quidam auctores, die Hannibal in 5 Monaten nach Italien kommen, in 15 Tagen die Alpen überschreiten lassen, ebenso wohl Coelius, der die Entfernung von NeuKarthago bis zur Poebene fast übereinstimmend mit Polybius angab (Coel. f. 15 duodeciens C. milia passuum longe = Pol. 3. 39 c. 9000 Stadien) wie Polybius (3. 56. 3) gemeint sein. — Auch bei den verschiedenen Angaben über die Zahl der Truppen, die Hannibal mit nach Italien brachte, lassen sich wesentlich 2 Zahlen unterscheiden:

den wir auch bei Front. 1. 7. 2 und Zon. p. 182 finden (xarà τòv лógov έreqαιovνío). licherweise haben sich beide Berichte bei Coelius gefunden. 1)

qui plurimum: 100000 ped. 20000 eq. (cf. Oros. 4. 14, Eutrop. 3. 8)

'qui minimum: 20000 ped. 6000 eq (cf. Pol. 3. 60);

Denn die Angabe des L. Cincius Alimentus, der als Gefangener in Hannibals Lager war, der aber die Zahl der Soldaten Hannibals mit den ihm in Italien zuströmenden Galliern und Ligurern zusammenfassend Hannibals Heer auf 80000 ped. 10000 eq. angab, wird Livius wohl ebenfalls seiner Hauptquelle, Coelius, entnommen haben, so dass auch hier wieder dessen Angaben der übertriebenen des Val. Antias gegenüber stehn.

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Schwieriger ist die Entscheidung über die vielbestrittenen topographischen Fragen, über welchen Pass Hannibal gezogen ist. Die Worte des Livius, id cum inter omnes constet (dass Hannibal zuerst zu den Taurini gekommen sei) 2) eo magis miror ambigi, quanam Alpes transierit, et vulgo credere Poenino, atque inde nomen ei iugo Alpium inditum -- transgressum, Coelium per Cremonis iugum dicere transiisse; qui ambo saltus eum non in Taurinos sed per Salassos montanos ad Libuos Gallos deduxerint" lassen die Frage unentschieden. Die meisten neuern Forscher (cf. Mommsen R. G. I. p. 579) haben sich unter den 2 Pässen, die allein für diese Frage in Betracht kommen können, dem Kl. St. Bernhard und dem Mt. Genèvre, für den ersteren entschieden. Dem steht nur die bestimmte Angabe des Polybius bei Strabo p 209 entgegen, der von den 4 Alpenpassen διὰ Λιγύων, διὰ Ταυρίνων, διὰ Σαλασσῶν, διὰ ̔Ραιτῶν den zweiten als denjenigen bezeichnete, „îv 'Avvíßas diî29". Der dritte Pass durchs Gebiet der Salasser teilte sich nach Strabo p. 203 wieder nach zwei Richtungen διὰ τοῦ Ποινίνου d. h. Gr. St. Bernhard und διὰ Κεντρώνων, unter dem doch wohl nur der Kl. St. Bernhard zu verstehen ist. Möglicherweise war das iugum Cremonis des Coelius, das noch jetzt in dem Namen Cramont, einem Berge in der Nähe von Courmayeur am Kl. St. Bernhard, über den der Weg nach Aosta durchs Thal der Dora Baltea führt, anklingt, ein Gesamtname für einen grösseren Teil der Alpen; denn die Unterscheidung in SeeCottische und Grajische Alpen gehört doch wohl frühestens dem ersten Jahrhundert v. C. an.

διλύει.

Wie verwirrt zu den Zeiten des Coelius und Polybius noch die geographischen Begriffe über jene Gegenden waren, beweist das Zeugnis eines Zeitgenossen Cato f. 37, der gerade die Lepontii und Salassi zu den Taurini rechnet. Polybius nennt absichtlich bei der Erzählung des Alpenübergangs gar keine Namen, wohl aus dem einfachen Grunde, weil auch ihm trotz seiner Wanderungen in den Alpen manches über jene Localitäten unklar und unsicher geblieben war. Nach alle dem erscheint die Frage, ob nicht doch der Bericht des Coelius bei Livius, nach dem Hannibal durchs

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1) Böttcher 1. c. p. 383.

2) Nur Pol. 3. 56. 3 erzählt, Hannibal sei zuerst zu den Insubrern gekommen, gehört also nicht zu den ,,omnes"; Böttcher 1. c. p. 387 schliesst mit Recht daraus, dass Pol. eben nicht zu den Quellen des Livius gehörte.

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