Immagini della pagina
PDF
ePub

werflich und nichts der Beachtung würdig sei. Chriftus erschien nicht, um Licht auszulöschen, sondern um die Fülle des Lichtes vor aller Welt anzuzünden; er war nicht gekommen, die geistigen Schäße, welche der rechte Gebrauch der von Gott dem Menschen verliehenen Gaben der Intelligenz und des Gemüths seit Jahrtausenden verarbeitet und gesammelt hatte, der Vergessenheit zu überliefern, sondern im Gegentheil wollte er die Menschen durch Reinigung und Heiligung ihrer Gesinnung, durch die Wiedergeburt ihres Herzens zur Benuzung dieser Schäße erst recht befähigen, und sie zugleich von den Blendwerken und Verkehrtheiten erlösen, vor welchen sie alle menschliche Weisheit bis dahin zu bewahren nicht vermögend gewesen war. Christi Sinn und Vorschriften machten es seinen Jüngern wesentlich zur Pflicht: und das Gute zu behalten."

„Alles zu prüfen

XV.

Dem denkenden Geist offenbart sich bei aufmerksamer Betrachtung die Gerechtigkeit und Weisheit der Weltregierung.

1) Die einflußreichsten Ereignisse hatten gewöhnlich einen kleinen Anfang; ihre Folgen wurden erst durch die Umstände und den Kampf mit ihnen groß. Dagegen sah man die größten, überlegtesten menschlichen Entwürfe in der Ausführung erfolglos bleiben oder nur zu geringem Ergebniß führen. Das durch wird es dem denkenden Geiste klar, daß eine höhere Macht mit einem das Ganze umfassenden Blick den Gang der Begebenheiten überwache, und daß diese Macht durch die sich vielfach durchkreuzenden und widerstrebenden Unternehmungen der Menschen keine Veränderung und keinen Eintrag erleide, sondern unverrückt einen Willen vollziehe, dem alle irdischen Mächte nichts anhaben können und der alle Voraussicht des menschlichen Geistes zu Schanden macht 1).

1) „Die Art und Weise des göttlichen Wirkens ist so mannigfach, so unberechenbar, so unausforschbar, der Mittel und Wege sind hierbei so viele, und die Vermittlung selbst ift so bewunderungswürdig, daß die göttliche Weisheit ihrer Ueberschwänglichkeit wegen hier dem menschlichen Verstand unergründlich ist.“ J. Sengler die Idee Gottes Thl. II. Abth. 2. S. 500.

Der Gesichtskreis, von welchem sich der Geist des Menschen zu dem Gedanken von der Regierung des Weltalls erheben kann, ist indessen ein sehr beschränkter. In die unermeffenen Räume, in welchen sich die zahllosen großen Weltkörper bewegen, ist ihm nur ein entfernter Einblick vergönnt. Durch geschärfte Beobachtung hat er sich zwar von dem regelmäßigen Lauf der Bewegung von vielen derselben eine solche Kenntniß verschafft, daß er ihn zu berechnen vermag. Aber selbst seinem bewaffneten Auge ist ein großer Theil der Sternenwelt (wohl der größte) noch ganz entrückt, und in Hinsicht der innern Beschaffenheit und der Bewohner aller dieser Weltkörper find ihm nur Muthmaßungen erlaubt 2). Eine etwas genauere unmittelbare, jedoch immerhin beschränkte Kenntniß dies ser Art ist ihm nur in Bezug auf den Planeten, den er felbst bewohnt (die Erde) zugänglich, und dieser Planet, wie klein ist er nicht im Vergleich mit vielen andern Weltkörpern, und wie klein erst im Verhältniß zu dem ganzen Schöpfungsraume! Von den Einflüssen der verschiedenen Weltkörper auf einander und insbesondere auf unsere Erde ist uns (außer der gegens seitigen Anziehung) so viel als nichts bekannt.

Der Weltplan des Schöpfers übersteigt weitaus den Kreis unserer Erkenntniß 3). Doch berechtigen uns alle Thatsachen,

2) Am wenigsten ist man über die eigentliche Beschaffenheit der Sonne einig. Ihr schneller Umschwung um ihre Are bewirkt vielleicht ihren feurigen Lichtglanz. Dem Lauf der Kometen sind wir auf der Spur. Das Wesen ihres Kerns und ihres Schweifs ist uns aber noch unbekannt. Von ihrem Einfluß auf die Erde wissen wir so viel als nichts. Der Glaube, daß ihr Erscheinen schweres Unheil verkündet, ist grundlos. Bollmann, die Kometen. Xarau 1835. Nach den Berechnungen der Sternkundigen übertrifft die Sonne die Größe der Erde vierzehnhunderttausendmal, der Planet Jupiter 1479 mal, der Planet Uranus 80 mal.

3) Hat Gott völlig aufgehört zu schaffen? Sind seine Plane zur Bildung neuer Welten erschöpft? Findet seine Macht ihre Grenzen? Wer mag dies denken und mit welchen

€ 452 eeee

zu deren Erkenntniß der Mensch gelangt ist, zu der Annahme, daß der Schöpfer die Weltordnung auf allgemeine Geseße gegründet hat, die physische auf Geseße der Nothwendigkeit, die sittliche auf Geseze der Freithätigkeit. Die einen und die andern Geseze beabsichtigen nur Gutes, nur eine Ordnung, vermöge welcher alles Einzelne zur Erhaltung und Förderung des Ganzen dienen soll. Der Mensch kann nur zu seinem Nachtheil dieser Weltordnung sich zu entziehen streben, und so oft er den Gesichtspunkt der allgemeinen Weltordnung aus den Augen verliert, wird er die Weltregierung nur unrichtig zu beurtheilen vermögen. Auch die Geschichte der Menschengattung wäre für uns ein ganz unlösbares Näthsel, wenn wir sie nicht mit fteter Berücksichtigung ihrer Doppelnatur und ihrer Willensfreiheit betrachteten. Der Mensch verlangt oft von andern, was das Maß ihrer Kräfte übersteigt; Gott hingegen verlangt dies von keinem Menschen. Aus der Geschichte der Völker geht aber hervor, daß in dem Gang ihrer Schicksale jederzeit die nämlichen Geseze, welche der Schöpfer den physischen, den geistigen und sittlichen Dingen vorgezeichnet hat, zur Geltung gekommen sind, daß mithin: weder Zufall, (blindes Ohngefähr), noch Willkür, sondern göttliche Anordnung (was die Endentscheidung betrifft) die Welt regiere.

2) Mit immer gleicher Wage schreitet die göttliche Nemesis, die das Ungerechte, das Böse nie aus dem Auge laffende Gerechtigkeit über dem Leben der Völker und der Einzelnen einher. Bald schnell, bald zögernd, oft ganz überraschend wirft ihr leiser Augenwink den stolzesten Bau der Tirannei,

Scheingründen will man dies behaupten 2" Bode's Anleit. zur Kenntniß des gestirnten Himmels. S. 603.

der Anmaßung, des Frevels, des Uebermuths, der Lüge und Arglist in den Staub. - Schon vor und seit Hiob hat zwar die Wahrnehmung, daß oftmals Mißgeschicke den Guten wie den Bösen, den Weisen wie den Thoren treffen, Zweifel gegen die Gerechtigkeit der Weltregierung erregt 4). Diese Zweifel lösen sich jedoch bei der Betrachtung der wahren Beschaffenheit dessen, was wir Uebel in der Welt nennen, und des wahren Verhältnisses zwischen den Mißgeschicken und Leiden und der Bestimmung des Menschen. Alles, was wir Uebel nennen, ist eine Abweichung vom Guten, von der von Gott ursprünglich geseßten Ordnung. Omnia mala ex bonis initiis orta sunt sagt schon der Heide Sallustius.

[ocr errors]

a) Die Uebel find theils physische, theils moralische. Die physischen sind Wirkungen und Folgen des Kampfs zwischen unausgeföhnten Gegensäßen in der materiellen Natur. Es ist ein Unrecht gegen Gott und Menschen, Gegenden, die oft von vulkanischen Ausbrüchen oder Erdbeben oder andern Landplagen heimgesucht werden, als mit göttlichem Fluch belastet vorzustellen. Auch. solche Gegenden können tugendhafte Menschen bewohnen. Doch Gottes Fluch trifft nur die Bösen. Jene Landplagen werden auch meist durch große Vorzüge aufgewogen. Das moralische Uebel dagegen besteht in dem Widerstreit des freithätigen Geistes mit dem Willen Gottes des Unendlich-Guten. Dies ist das eigentlich Böse, dessen Möglichkeit mit der Wahlfreiheit des menschlichen Willens gegeben ist. Viele Krankheiten des Menschen sind mehr sittliche als physische Erzeugnisse. b) Dem Menschen ist der edle Beruf zugetheilt, freithätig in sich selber nach Uebereinstimmung seines

4) Nach Hiob hat der Verfaffer des Buchs des Predigers diese Zweifel am stärk= ften vorgetragen.

« IndietroContinua »