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allein so viel steht fest, dafs das Glück ihn wenig begünstigte, und aus, den Äufserungen des Schriftstellers selbst, namentlich im Prooemium des Jugurtha (4, 4) darf man vermuten, dafs die damals höchst traurigen Verhältnisse des römischen Staatslebens schon gleich beim Beginn seiner Laufbahn dazu beitrugen, den Widerwillen gegen öffentliche Geschäfte, den er später unverhohlen aussprach, in ihm zu begründen.

Ob und welche amtliche Stellungen in Krieg oder Frieden Sallust vor der Quästur innegehabt, wann er diese verwaltet, ist nicht überliefert, nur so viel zu erschliefsen, dafs er sie vor dem Volkstribunat bekleidet hat, welches in die Zeit des Höhepunktes der Anarchie fiel. Das Jahr 52 begann nicht nur ohne Konsuln, sondern mit einem Interregnum ohne Interrex; die einzige Behörde, deren Wahl zu stande gekommen, waren die Volkstribunen, welche die Verwirrung schürten. In den Strafsen schlugen sich Milo, der sich um das Konsulat bewarb, und Clodius an der Spitze ihrer Banden. Erst nachdem Clodius von Milos Gefolge erschlagen, Milo selbst durch den Zwischenfall unmöglich geworden und die Anarchie aufs höchste gestiegen war, wurde Cn. Pompejus zum Konsul ohne Amtsgenossen gemacht. Unter den heftigsten Gegnern und Anklägern des Milo und des Cicero, der ihn verteidigte, befand sich auch Sallust, zum Teil vielleicht aus Privatfeindschaft gegen ersteren; er liefs es im Verein mit seinen Kollegen an feindseligen Reden gegen beide nicht fehlen, soll sich aber nachher mit ihnen ausgesöhnt haben. Dagegen erscheint er fortwährend als eifriger Gegner des Pompejus, was sich auch aus seinen Schriften ergiebt, und als ebenso entschiedener Anhänger des Cäsar, so dafs es nicht zu verwundern war, wenn er im Jahre 704 (50), als schon die Anzeichen zu dem im nächsten Jahre ausbrechenden Bürgerkriege da waren, mit anderen dieser Partei Angehörigen aus dem Senat gestofsen wurde. Als angebliche und erwünschte Ursache diente denen, welche die Sache betrieben, sein schon erwähnter anstöfsiger Lebenswandel. Sallust begab sich in Casars Lager und nahm später an einem der unglücklichen Feldzüge gegen die Pompejaner in Illyrien teil. Im Jahre 707 (47) unter der Diktatur des Cäsar wieder in den Senat aufgenommen, wurde er, wahrscheinlich als einer der zehn für das nächste Jahr designierten Prätoren, vom Diktator als Vermittler an die gegen ihn im Aufstand befindlichen Legionen in Campanien gesandt, geriet aber hierbei in die gröfste Lebensgefahr und entging der Ermordung durch die ihn verfolgenden Aufständischen nur durch eilige

Flucht nach Rom. Noch am Ende desselben Jahres begann der Afrikanische Krieg, den Sallust als Prätor mitmachte. Er wurde mit einer Flottenabteilung nach der Insel Cercina (jetzt Kerkennas) geschickt, um den Gegnern, welche dieselbe besetzt hielten, einen dort befindlichen Getreidevorrat zu entreifsen, und führte dies Unternehmen mit gröfserem Glücke aus als die Gesandtschaft nach Campanien, indem es ihm gelang die Feinde zu verjagen und eine bedeutende Menge Proviant in Cäsars Lager zu schaffen. Als darauf nach der Schlacht bei Thapsus im April des Jahres 708 (46) der Krieg beendigt war und ein grofses Stück von Numidien, westlich bis zum Flufs Ampsaga, als neue Provinz Afrika (später besondere Provinz Numidia) zu der älteren hinzugefügt wurde, erhielt Sallust mit dem Titel eines Prokonsul den Oberbefehl daselbst.

Bei der Verwaltung dieses Amtes soll er sich durch die in solcher Stellung häufigen Erpressungen stark bereichert haben. Ob er aber das Mafs des in diesem Punkte Erlaubten und Hergebrachten, welches nach römischen Begriffen sehr grofs war, wirklich überschritten hat, läfst sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden; auch dadurch, dafs die nach seiner Rückkehr im Jahre 709 (45) in Rom deshalb gegen ihn angestellte Klage erfolglos blieb, wird nach keiner Seite hin etwas bewiesen, da es unbekannt ist, ob der mächtige Einflufs des Cäsar oder die geringe Schuld des Angeklagten mehr gewirkt haben mag: genug, er besafs nachmals bedeutende Reichtümer, die er unter anderem auf grofsartige Gartenanlagen verwendete. Diese wegen ihrer Pracht und Ausdehnung berühmten horti Sallustiani lagen, wie auch das Haus Sallusts, welches erst bei Alarichs Einmarsch durch Brand zerstört wurde, in der Nähe der später erbauten porta Salaria und wurden nachher Eigentum der Kaiser, von denen einige, wie Vespasianus und Aurelius, sie zu bewohnen pflegten.

Durch Cäsars Ermordung, welche in das zweiundvierzigste Lebensjahr Sallusts fällt, und die gleich darauf folgende neue Verwirrung aller Verhältnisse trat ein entscheidender Wendepunkt in seiner Laufbahn ein. Er zog sich von den öffentlichen Geschäften zurück und widmete sich ganz der Geschichtschreibung. Die Früchte seiner neuen Thätigkeit waren zuerst das Buch de con iuratione Catilinae, dann das Buch de bello Iugurthino, endlich Historiarum libri quinque, die Staatsund Kriegsereignisse Roms von 676 (78) bis 687 (67) umfassend. Über die Beweggründe zu der Wahl gerade dieser Gegenstände und Abschnitte läfst sich mit Wahrscheinlichkeit etwa Folgendes

sagen. Vor den durch genaue Beobachtung sowie durch eigene Erfahrung geschärften Blicken des denkenden Mannes lag das sittliche Verderben der römischen Welt, als Grundursache der damaligen Zustände, offen und klar da. Dieses sollte zuerst in seiner ganzen furchtbaren Ausdehnung und in seinen tiefen Gründen den Zeitgenossen vor Augen treten, zur Erkenntnis und Warnung; und dazu wählte er mit richtigem Urteil ein schlagendes Beispiel, die Verschwörung des Catilina, das Ereignis, in welchem jenes Verderben am grofsartigsten und offenbarsten erschienen, in welchem es wie ein lange im stillen gewachsenes böses Geschwür endlich zum Ausbruch gekommen war. Wir erkennen den leitenden Gesichtspunkt in dem ganzen Verlauf der Darstellung und vor allem in den Reden des Cäsar und Cato vor dem Senat, welche man wohl mit Recht als den Kern des gesamten Gemäldes ansieht. Die äufsere Begebenheit aber, welche jene Fülle von Übeln in ihrem Schofse getragen und zur allmählich reifenden Frucht gehabt hatte, war der erste Bürgerkrieg mit seiner blinden Verfolgungswut und allen seinen das Staatsleben zerrüttenden Greueln gewesen; dessen erste verborgene Keime lagen nach der von Sallusts Standpunkt aus natürlichen Anschauung in den Thatsachen, welche auf die Unterdrückung der Gracchischen Unruhen folgten, und namentlich den Verhältnissen, wie sie während des Jugurthinischen Krieges in Rom bestanden. Dies, sowie die Bedeutsamkeit des Krieges selbst, ferner der Umstand, dafs in der Art seiner Beendigung der erste Anstofs zur folgenschweren Feindschaft zwischen Marius und Sulla gegeben war, und endlich auch die eigene Bekanntschaft Sallusts mit Land und Volk von Numidien führte ihn zur Wahl des Stoffes für sein zweites Werk, das wir somit als eine vortreffliche Einleitung zur Geschichte des Bürgerkrieges betrachten können. Als nun endlich die Kräfte des Schriftstellers immer mehr gewachsen waren, unternahm er die dritte Arbeit von etwas gröfserem Umfang und breiterer Anlage. Davon aber ist uns leider aufser etlichen darin eingeflochtenen Reden und Briefen nur eine allerdings nicht ganz geringe Zahl von Fragmenten übrig geblieben, welche in einigen Zusammenhang zu bringen den Bemühungen der gelehrten Forscher erst neuerdings gelungen ist (namentlich Kritz in zwei Ausgaben, der gröfseren die frühere Gesamtausgabe des Sallust abschliefsenden, 1853, und der kleineren, 1856; desgl. Dietsch, 1859. Eine neue Ausgabe der nachweisbaren Reste bereitet auf breiterer Grundlage B. Maurenbrecher vor, wozu die Prolegomena

1891 erschienen sind). Hier nur soviel: den Anfang der Historien machte das Todesjahr des Sulla, das Ende fiel in die Zeit, in welcher die dem Sallust verhafste Macht des Pompejus sich zu entfalten begann; ebenso hatte der Jugurthinische Krieg mit der Erhebung des Marius geschlossen.

Bald nach der Vollendung dieser Schrift starb Sallust, nach der gewöhnlichen Annahme am 13. Mai 719 (35), nach einer andern Meinung erst an demselben Tage des folgenden Jahres, und erlebte somit nicht die endliche Lösung der Wirren seiner Zeit in dem Sieg des Octavianus und der neuen durch ihn eintretenden Ordnung der Dinge.

Die Denk- und Handlungsweise eines Autors in Verbindung mit seinen Lebensverhältnissen steht in genauer Beziehung zu seinen Schriften; und zwar gilt dies für das Altertum noch mehr als für die neuere Zeit, und für Sallust vielleicht mehr als für viele andere. Wir haben gesehen, dafs er sich längere Zeit in keiner Weise über den allgemeinen Charakter seines Volkes und seiner Zeit zu erheben schien. Ruhmbegierig und ehrgeizig liefs er sich auf das Feld hintreiben, wo von jeher dem Römer Ruhm und Ehre erwuchsen; die herrschenden Laster verachtete er vielleicht, aber er entging ihren Verlockungen ebenso wenig, wie fast alle andern; die herrschenden Klassen hafste er mit demselben Recht und demselben Unrecht wie die andern es thaten. Diese Fehler trübten seinen Charakter; aber sie brachten ihm nicht den sittlichen Untergang. Vielmehr wurde ihm Zeit gewährt sich aus dem Strudel des Verderbens herauszureifsen; und nicht blofs Zeit, sondern auch eine wesentliche Hülfe, dadurch dafs er an sich selbst erfuhr, wie das bisherige Treiben teils ohne Erfolg bleiben, teils von sehr schlimmem Erfolg für seinen Ruf bei Mit- und Nachwelt werden mufste. Denn seine hochfliegenden Pläne auf dem Felde der politischen Ehren verwirklichten sich nur in geringem Mafse und stürzten ihn in Leiden und Gefahren; seinen bösen Begierden durfte er nicht unbemerkt nachgehen, wie viele andere, sondern mufste empfindliche Schmach und Strafe deshalb leiden. Nur seinen Reichtum rettete er aus dem Schiffbruch der vergänglichen Güter und genofs ihn in Mufse. So wurde ihm das Verlassen des bisherigen Weges ebenso durch seine eigenen Schicksale, wie durch den gewaltigen Sturz seines grofsen Gönners erleichtert, und bei dem Nachdenken über diesen Wechsel in seinem Zustande, welcher mit dem des Staates und Volkes so viel Verwandtes hatte, bei dem Siege, den sein besseres Teil in ihm erringen wollte, mufste

mit dem Entschlufs zur Geschichtschreibung und der Wahl seines Gegenstandes zugleich auch die ganze Auffassungsweise desselben und der Ton, in welchem er ihn behandeln sollte, von selbst kommen. Und wie sich ihm, dem früher Bemerkten gemäfs durchaus natürlich, die Vergleichung der damaligen Zustände mit den früheren besseren, das Wesen und fortschreitende Walten der Kräfte, die zu solcher Veränderung gewirkt hatten, als Objekt der Behandlung ergab, so sollten die Früchte der neu ergriffenen Thätigkeit auch in ihrer Form im stande sein, einigen zur Strafe, andern zur Warnung, ihm selbst aber zur Beruhigung zu dienen, welche er darin suchte, dafs er neben dem Nutzen für andere auch sein altes Ideal, die Unsterblichkeit seines Namens, im Auge behielt und dies auf eine edlere Weise als früher, durch Thaten des Geistes, zu erreichen strebte. Diesen Zwecken aber zu genügen und namentlich den beabsichtigten starken Eindruck auf die Gemüter der Leser zu machen, dazu war wohl kein Ton und Ausdruck geeigneter und überdies keiner der Stimmung des Schriftstellers angemessener, als der, dessen wesentlichste Eigenschaft wir am kürzesten durch ‘Schärfe' bezeichnen können. Scharf einschneidend, gewissenhaft prüfend und genau abwägend, dann bestimmt und entschieden richtend, treffend charakterisierend, nirgends verschwimmend und überfliefsend, so sind die Gedanken und so ist die Rede Sallusts.

Warum aber hat er bei solcher Strenge und Schärfe im Gericht über andere sich selbst, wo es die Gelegenheit bot, so gelind behandelt? Wie konnte er, wenn es ihm nicht an Selbsterkenntnis oder an Wahrheitsliebe gebrach, im Prooemium des Catilina sein Inneres als insolens malarum artium bezeichnen und nur die ambitio als Urheberin seines übeln Rufes vorschieben? Diese Schonung gegen sich im Vergleich mit der scharfen Gerechtigkeit im Urteil über andere hat ihm die bittersten Vorwürfe zugezogen, und viele mögen damals dem Grammatiker Lenaeus beigestimmt haben, als dieser, ein Freigelassener des Pompejus, wegen einer vermutlich in den Historien vorgekommenen tadelnden Äufserung Sallusts über Pompejus eine Schmähschrift voll Gift und Galle gegen ihn verfafste. Jetzt aber kann man, mit den tiefer liegenden Beweggründen unbekannt, Sallusts Verfahren weder genügend entschuldigen noch unbedingt verdammen: einerseits ist ihm billigerweise soviel Urteil zuzutrauen, dafs er wufste, warum er nicht lieber von seiner Jugend ganz schweigen als einen durchsichtigen Schleier darüber hängen wollte; andererseits bleibt es für uns und selbst für

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