Das Predigtamt im Urchristenthume. Die Entwickelung des Predigtamtes zur Zeit der Apostel und Eduard Leopold, Pastor prim., Probfte und Superintendenten zu Ülzen. DIVINITY SCHOOL LIBRARY. HARVARD UNIVERSITY Lüneburg. Herold und Wahlstab'sche Buchhandlung. 831 1846 Vorrede. Die vorliegende Schrift hat den Zweck, das Pre digtamt zur Zeit des Urchristenthums darzustellen : darzustellen, auf welche Art und unter welchen Umständen die Apostel und die apostolischen Schüler das Christenthum in die Welt einführten; und zu zeigen, daß und wie sich schon in dieser Periode nach bestimmten Formen und Verhältnissen ein Amt entwickelte, das der Verbreitung der Christuslehre, der Pflanzung und Organisirung chriftlicher Gemeinden diente. Ist dieser Gegenstand schon in vielen kirchenhistorischen und denen verwandten Schriften behan delt worden, so rechtfertigt sich eine neue Bearbeitung des selben jedenfalls durch den hochwichtigen Gegenstand und um so mehr, wenn, wie hier, in Form und Manier ein ganz eigenthümlicher Weg eingeschlagen wird. Mein Bestreben war, zunächst den angekündigten Gegenstand nach den heiligen Urkunden, kirchengeschichtlichen und andern dahin schlagenden Schriftstellern zu behandeln, und zwar möglichst vorurtheilsfrei auf historisch-kritischem Wege, so daß keine extreme Parthei sich darin abspiegele, sondern jeder forschende und gläubige Theolog sich irgendwie damit einverstanden finde. Dieses freilich sehr ferne Ziel habe ich mit irenischem Sinne im ersten Theile zu erreichen gestrebt. Um aber den Gegenstand auch practisch zu machen, habe ich vom Standpunkte des evangelischen Proteftantismus aus im zweiten Theile noch eine Beleuchtung des erften vorgenommen. Dieser zweite Theil, kein nothwendiger Ausfluß aus dem ersten, enthält nicht eine besondere Pastorallehre, sondern leitet den Blick von dem Bilde des Predigtamtes, welches das Urchristenthum vorhält, auf das Amt am Worte, wie es geführt werden soll, hin und erinnert uns, dem Principe des evangelischen Protestantismus gemäß, wie wir als evangelische Protestanten dasselbe beurtheilen, von demselben entlehnen und nach demselben uns bilden müssen und dürfen. Diese Anlage der Schrift schien mir geeignet, den Gegenstand auf dem Gebiete einer freien wissenschaftlichen Forschung zu erhalten und für die Beurtheilung desselben eine feste Basis zu gewinnen. Es ist bekannt, daß die Ansichten über das Wesen und die Bedeutung des Predigtamtes, über die Stellung, Functionen und Würde der Mitglieder desselben zu allen Zeiten verschieden gewesen und noch sind. Wo nun, wie in der katholischen Kirche, ein feststehendes und kategorisch gebietendes System über die hierher gehörigen Fragen und Meinungen entscheidet, da hört alle Forschung auf. Anders in der evangelisch - protestantischen Kirchengemeinschaft. Nach den Principien des evangelischen Protestantismus soll bei jeder Untersuchung zunächst das biblische Fundament ermittelt und gegründet und dann auf demselben weiter gebauet werden. Diese eben bezeichnete Methode ist nach den Grundfäßen und nach dem Geiste unserer Kirchengemeinschaft die einzig wahre und sichere; sie muß bei allen biblischen Forschungen in Anwendung kommen, vornehmlich in einer Zeit, wie die unsrige ist, wo man auf der einen Seite das Geschichtliche in Mythe verwandeln, auf der andern Seite den Weg einschlagen sieht, auf welchem man von den symbolischen Büchern zu der Bibel zurückkehrt. Von diesen Principien geleitet bin ich, bei der Ausarbeitung der vorliegenden Schrift zu Werke gegangen; habe zuvörderst das Predigtamt zur Zeit des Urchristenthums nach den heiligen |